Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 12.01.2016


BPatG 12.01.2016 - 23 W (pat) 9/14

Patentbeschwerdeverfahren – "Halbleitermodul mit diskreten Bauelementen" – zum Zurückweisungsgrund der Nichtnennung der ermittelten Druckschriften – Erforderlichkeit der Setzung einer angemessenen Frist zur Beseitigung des Mangels


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
23. Senat
Entscheidungsdatum:
12.01.2016
Aktenzeichen:
23 W (pat) 9/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2006 016 345.1-33

hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Strößner und der Richter Dipl.-Phys. Brandt, Dipl.-Phys. Dr. Zebisch und Dr. Himmelmann

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Die vorliegende Anmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2006 016 345.1-33 und der Bezeichnung „Halbleitermodul mit diskreten Bauelementen“ wurde am 5. April 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt mit der ursprünglichen Bezeichnung „Halbleitermodul mit diskreten Bauelementen und Verfahren zur Herstellung desselben“ angemeldet und am 18. Oktober 2007 mit der DE 10 2006 016 345 A1 offengelegt. Gleichzeitig mit der Anmeldung wurde Prüfungsantrag gestellt.

2

Die Prüfungsstelle für Klasse H01L hat im Prüfungsverfahren auf den Stand der Technik gemäß den folgenden Druckschriften verwiesen:

3

D1 US 2004/0 145 039 A1,

4

D2 DE 10 2004 036 909 A1,

5

D3 US 2005/0 104 196 A1,

6

D4 US 6 274 937 B1,

7

D5 US 2006/ 0 022 332 A1,

8

D6 DE 10 2004 013 681 B3,

9

D7 US 5 459 368 A und

10

D8 DE 10 2004 010 001 A1.

11

Sie hat in drei Bescheiden und zwei Anhörungen ausgeführt, dass die Gegenstände der Ansprüche 1 der jeweils geltenden Anträge nicht patentfähig seien, da sie entweder nicht neu (§ 3 PatG) seien oder aber gegenüber dem ermittelten Stand der Technik auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhten (§ 4 PatG). Außerdem hat sie nach einer Änderung der Ansprüche auf eine fehlende Einheitlichkeit hingewiesen (§ 34 Abs. 5 PatG). Eine Patenterteilung sei nicht möglich, es müsse vielmehr mit der Zurückweisung der Anmeldung gerechnet werden.

12

Die Anmelderin hat den Ausführungen der Prüfungsstelle in zwei Eingaben und in den beiden Anhörungen widersprochen, wobei sie jeweils durch neue Anspruchssätze auf die Ansichten der Prüfungsstelle reagiert hat. Dabei hat sie in den Anhörungen jeweils 9 neue zusätzliche Anspruchssätze als Hilfsanträge 1 bis 9 und als Hilfsanträge 10 bis 18 eingereicht.

13

In der zweiten Anhörung am 30. September 2013 wurde die Patentfähigkeit der Gegenstände der zu diesem Zeitpunkt geltenden 19 Anträge diskutiert und seitens der Prüfungsstelle wurden Mängel der Anmeldungsunterlagen aufgezählt. Dabei wurde insbesondere das Fehlen einer Nennung der im Prüfungsverfahren ermittelten Druckschriften in der Beschreibung aufgeführt (§ 34 Abs. 7 PatG). Eine Frist zur Beseitigung der Mängel wurde nicht gesetzt. Die Anmeldung wurde in der Folge als Ergebnis der Anhörung am Ende derselben zurückgewiesen. In der schriftlichen Begründung der Zurückweisung, welche auf den 13. Dezember 2013 datiert ist, wurde als Zurückweisungsgrund die fehlende Aufnahme der im Prüfungsverfahren ermittelten Druckschriften in die Beschreibung angeführt, was bei allen bestehenden Anträgen der Fall sei.

14

In der elektronischen Akte des Deutschen Patent- und Markenamts findet sich hierzu eine PDF-Datei mit der Bezeichnung „Zurückweisungsbeschluss - Signiert“ und eine Signaturdatei „SIG-1“.

15

Gegen diesen, der Anmelderin am 18. Dezember 2013 zugestellten Beschluss hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom Montag, den 20. Januar 2014, am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen, Beschwerde eingelegt, welche sie in diesem Schriftsatz auch begründet hat.

16

Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2016, am selben Tag eingegangen, hat sie die Teilung der Anmeldung erklärt.

17

Der Senat hat mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung noch auf die Druckschriften

18

D9 US 2005/0 170 600 A1 und

19

D10 US 2004/0 063 246 A1

20

hingewiesen.

21

Im Verlauf der mündlichen Verhandlung am 12. Januar 2016 hat die Anmelderin die Teilungserklärung bestätigt und beantragt:

1.

22

Den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H01L des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. September 2013 (begründet mit Beschluss vom 13. Dezember 2013) aufzuheben;

2.

23

Ein Patent zu erteilen mit der Bezeichnung „Halbleitermodul mit diskreten Bauelementen“, dem Anmeldetag 5. April 2006 auf der Grundlage folgender Unterlagen:

24

- Patentansprüche 1 bis 14 vom 9. Mai 2007, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 9. Mai 2007,

25

- Beschreibungsseite 1 vom 5. April 2006, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 5. April 2006,

26

- Beschreibungsseiten 2 und 2a vom 20. Januar 2014, eingegangen am 20. Januar 2014,

27

- Beschreibungsseiten 3 bis 29 vom 5. April 2006, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 5. April 2006,

28

- 12 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 17 vom 4. Mai 2006, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 6. Mai 2006;

29

Der geltende Anspruch 1 lautet (Gliederung bei unverändertem Wortlaut eingefügt):

30

„1. Halbleitermodul1.1 mit diskreten Bauelementen (5,6,7)1.2 in einem Gehäuse (8),1.3 wobei das Halbleitermodul (1-4) einen Halbleiterchip (9,10) aufweist, der eine aktive Oberseite (11) und eine Rückseite (12) besitzt und1.4 auf einem Verdrahtungssubstrat (13) angeordnet ist, das mit dem Halbleiterchip (9) elektrisch in Verbindung steht, und1.5 wobei die diskreten Bauelemente (5,6,7) auf einem Zwischenträger (14) angeordnet und verdrahtet  sind,1.6 der auf dem Halbleiterchip (9,10) gestapelt ist und1.7 mit dem Verdrahtungssubstrat (13) und/oder dem Halbleiterchip (9,10) elektrisch in Verbindung steht, und1.8 wobei das Verdrahtungssubstrat (13) den Halbleiterchip (9,10), der Halbleiterchip (9,10) den Zwischenträger (14) und der Zwischenträger (14) die  diskreten Bauelemente (5,6,7) trägt,1.9 wobei der Zwischenträger (14) auf seiner Oberseite (18) die diskreten Bauelemente (5,6,7) auf Kontaktflächen (19) und1.10 auf seiner Unterseite (24) Flipchipkontakte (25) oder Lotkugeln (26) auf Kontaktanschlussflächen (22) aufweist,1.11 wobei die Flipchipkontakte (25) oder Lotkugeln (26) als Verbindungselemente (23) mit einer Verdrahtungsstruktur (27) auf der Oberseite (11) des Halbleiterchips (9) elektrisch in Verbindung stehen.“

31

Hinsichtlich des weiteren selbständigen Anspruchs 11 sowie der Unteransprüche 2 bis 10 und 11 bis 14 wird ebenso wie hinsichtlich der weiteren Einzelheiten auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

32

Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, erweist sich aber nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 12. Januar 2016 als nicht begründet, weil der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der Zusammenschau der Druckschriften D9 und D1 auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruht (§ 4 PatG) und damit nicht patentfähig ist.

33

1. Die in der elektronischen Akte des Deutschen Patent- und Markenamts als „Zurückweisungsbeschluss - Signiert“ bezeichnete PDF-Datei enthält, ebenso wie die Dokumentanzeige in der Signaturdatei, zwei Beschlusstexte, so dass eine präzise Bestimmung der Urschrift ebenso wie die Zuordnung der Signatur problematisch ist. Da der Tenor und die Gründe der doppelt vorhandenen Beschlusstexte jedoch übereinstimmen, ist der Inhalt der Entscheidung, die mit einer qualifizierten Signatur versehen werden sollte, zumindest bestimmbar (vgl. BPatG BlPMZ 2014, 355, 356 - Anordnung zur Erfassung von Berührungen auf einer Trägerplatte), weshalb der Senat keine Veranlassung sieht, das Verfahren deshalb nach § 79 Abs. 3 PatG an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

34

2. Die Erfindung betrifft ein Halbleitermodul mit diskreten Bauelementen in einem Gehäuse, wobei das Halbleitermodul mindestens einen Halbleiterchip aufweist. Der Halbleiterchip ist mit seiner Rückseite auf einem Verdrahtungssubstrat angeordnet, das mit dem Halbleiterchip elektrisch in Verbindung steht.

35

Ein Halbleitermodul ist aus der Druckschrift DE 102 20 538 A1 bekannt, die ein elektronisches Bauteil als Multichipmodul offenbart. Das Multichipmodul weist in einer Ausführungsform mindestens ein gestapeltes passives Bauelement auf, das auf einer koplanaren Fläche aus Oberseiten von Halbleiterchips und aus der Oberseite einer Kunststoffmasse, in welche die Halbleiterchips mit ihren Rückseiten und Randseiten eingebettet sind, montiert ist. Ein Nachteil des bekannten Multichipmoduls mit einem gestapelten passiven Bauelement ist, dass erst nach dem vollständigen Aufbau des Multichipmoduls die korrekte Funktion des passiven Bauelements getestet werden kann.

36

Aus der Druckschrift US 6,621,155 B1 ist ein Multichipmodul bekannt, das einen Halbleiterchipstapel mit passiven Bauelementen als Anpassungswiderstände aufweist. Die passiven Bauelemente sind auf dem obersten Halbleiterchip gestapelt, bzw. auf dem obersten Halbleiterchip fixiert und stehen über eine Verdrahtung mit den Halbleiterchips des Halbleiterchipstapels elektrisch in Verbindung. Dieses Multichipmodul mit gestapelten passiven Bauelementen hat den Nachteil, dass nur eine eingeschränkte Möglichkeit vorhanden ist, passive Bauelemente in dem Multichipmodul anzuordnen. Ferner hat das Multichipmodul den Nachteil, dass die Wirkungsweise und die Funktionalität der passiven Bauelemente erst nach dem Zusammenbau des gesamten Multichipmoduls geprüft werden können (vgl. S. 1, Z. 3 bis S. 2, Z. 5 der geltenden Beschreibung).

37

Hiervon ausgehend liegt der Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, ein Halbleitermodul mit diskreten Bauelementen in einem Gehäuse zu schaffen, wobei das Halbleitermodul mindestens einen Halbleiterchip aufweist, und der Halbleiterchip mit seiner Rückseite auf einem Verdrahtungssubstrat angeordnet ist, mit welchem der Halbleiterchip elektrisch in Verbindung steht. Ferner ist es Aufgabe der Erfindung, ein Halbleitermodul zu schaffen, das die Nachteile im Stand der Technik überwindet und mit kostengünstigen Verfahren herstellbar ist (vgl. S. 2a, Z. 5 bis 13 der geltenden Beschreibung).

38

Objektiv besteht die Aufgabe gemäß der Darstellung des Standes der Technik in den geltenden Unterlagen darin, ein Halbleitermodul mit einem Halbleiterchip und diskreten Bauelementen in einem Gehäuse zu schaffen, bei dem die Schaltung mit den diskreten Bauelementen vor dem Zusammenbau des Halbleitermoduls getrennt testbar ist.

39

Diese Aufgabe wird durch die Gegenstände der Ansprüche 1 und 11 gelöst.

40

Beansprucht werden demnach Halbleitermodule, bei denen neben einem Halbleiterchip, der üblicherweise ein IC ist, weitere diskrete Bauelemente vorhanden sind. Unter diskreten Bauelementen werden dabei vorzugsweise passive Bauelemente, also Widerstände, Spulen und Kondensatoren verstanden, jedoch auch aktive Bauelemente wie Einzeltransistoren oder Einzeldioden und auch Sicherungen.

41

Der Halbleiterchip weist eine aktive Oberseite und eine Rückseite auf. Bei dieser Angabe handelt es sich lediglich um eine Definition der „Oberseite“ dahingehend, dass diese die oder eine der aktiven Seiten des Chips ist.

42

Das Halbleitermodul weist zwei Substrate auf. Das eine wird als Verdrahtungssubstrat bezeichnet und steht mit dem Halbleiterchip elektrisch in Verbindung. Das andere wird als Zwischenträger bezeichnet. Auf ihm sind die diskreten Bauelemente angeordnet und verdrahtet. Die Bestandteile des Halbleitermoduls sind so angeordnet, dass sich zuunterst das Verdrahtungssubstrat befindet. Dieses trägt den Halbleiterchip. Selbiger trägt wiederum den Zwischenträger und dieser die diskreten Bauelemente. „Tragen“ bedeutet dabei nicht, dass sich zwischen den genannten Bestandteilen nicht noch weitere Bestandteile, so beispielsweise eine Abstandsplatte oder Lotkugeln befinden. Die ganze Anordnung befindet sich in einem Gehäuse.

43

Die Ansprüche 1 und 11 geben zwei verschiedene Bauformen des Halbleitermoduls an. Gemäß Anspruch 1 hat der Zwischenträger an seiner Unterseite Flipchipkontakte oder Lotkugeln und ist mittels dieser mit der Verdrahtungsstruktur auf der Oberseite des Halbleiterchips in elektrischem Kontakt. Die Anmeldung unterscheidet zwischen Flipchipkontakten und Lotkugeln, wobei letztere größer sind als die in Flipchipkontakten verwendeten Lotkugeln und in der Folge einen Zwischenraum herstellen, der die Kontaktierung des Halbleiterchips unterhalb des Zwischenträgers mit Hilfe eines Bonddrahtes ermöglicht.

44

3. Als zuständiger Fachmann zur Beurteilung der Erfindung ist hier ein berufserfahrener Physiker oder Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss zu definieren, der mit der Entwicklung von Halbleitermodulen aus Einzelbauteilen und deren Packaging betraut ist.

45

4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nicht patentfähig, da er sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Zusammenschau der Druckschriften D9 und D1 ergibt (§ 4 PatG).

46

Bei dieser Sachlage kann die Erörterung der Zulässigkeit der Ansprüche und der von der Prüfungsstelle aufgeworfenen Frage der Einheitlichkeit des Anspruchssatzes dahingestellt bleiben (vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121, II.1 – „Elastische Bandage“).

47

Druckschrift D9 beschreibt ein Halbleitermodul bestehend aus zwei Halbleiterchips mit integrierten Schaltkreisen, welche übereinandergestapelt in einem gemeinsamen Gehäuse untergebracht sind. Dieses Gehäuse weist auf seiner Unterseite ein Verdrahtungssubstrat auf, auf dem der untere der beiden Chips befestigt ist. Zwischen die beiden Chips ist ein Zwischenträger eingefügt, der primär die Aufgabe hat, den Abstand zwischen den beiden Chips zu vergrößern, so dass eine Kontaktierung der aktiven Oberseite des unteren Chips mittels Bonddrähten auch dann möglich ist, wenn der obere Halbleiterchip nicht kleiner als der untere ist. Aus diesem Grund ist auch der Zwischenträger kleiner als der untere Halbleiterchip. Der Zwischenträger kann aber auch noch eine weitere Aufgabe erfüllen, nämlich eine Umverdrahtung der Kontakte auf seiner Oberseite zu an anderen Stellen positionierten Kontakten auf seiner Unterseite, so dass über den Zwischenträger eine Anpassung des oberen Halbleiterchips an den unteren Halbleiterchip vorgenommen werden kann. Dabei gibt es ein Ausführungsbeispiel, bei dem nur dieser zweite Aspekt eine Rolle spielt, und das in Fig. 11 der Druckschrift D9 gezeigt ist (vgl. Abs. [0104] und [0105]).

48

Im Einzelnen offenbart Druckschrift D9 im Wortlaut des geltenden Anspruchs 1 ein

49

1. Halbleitermodul (vgl. den Titel: „Three-Dimensional Semiconductor Package, and Spacer Chip Used therein”)

50

1.2 in einem Gehäuse (mold resin enveloper 86, siehe Fig. 11),

51

1.3 wobei das Halbleitermodul einen Halbleiterchip (semiconductor chip 60) aufweist, der eine aktive Oberseite (oben) und eine Rückseite (unten) besitzt (vgl. Abs. [0090] und [0091]: „After the preparation of the package board 58, a rectangular semiconductor chip 60 is prepared. Similar to the aforesaid first embodiment, the semiconductor chip 60 comprises an LSI logic-circuit chip, such as ASIC/MPU or the like. Also, the logic-circuit chip 60 may have a rectangular area falling within a range from 5 mm 2 to 8 mm 2 , and may be produced from a monocrystalline silicon wafer by using various well-known processes. […] As shown in this drawing, the logic-circuit chip 60 has a plurality of electrode terminals or pads 62 formed along peripheral sides of a top surface thereof, and a plurality of electrode terminal or pads […] formed on a central area of the top surface encompassed by the peripheral electrode pads 62.”) und

52

1.4 auf einem Verdrahtungssubstrat (package board 58) angeordnet ist, das mit dem Halbleiterchip (60) elektrisch in Verbindung steht (vgl. Abs. [0093]: „As is apparent from FIGS. 5 and 6, the logic-circuit chip 60 is mounted on the heat-spreader layer 30 formed on the package board 58. Then, each of the peripheral electrode pads 62 of the logic-circuit chip 60 is electrically connected to a top end face of a corresponding via plug 32B of the package board 58 by an electrical wire or bonding wire 66, which may be a suitable metal wire, such as a gold wire, an aluminum wire or the like.”) und

53

1.5‘ wobei ein weiteres Bauelement (semiconductor device 68) auf einem Zwischenträger (spacer chip 70) angeordnet und verdrahtet ist (vgl. Abs. [0094]: „Thereafter, another semiconductor device 68 and a rectangular spacer chip 70 are prepared, and the semiconductor chip 68 is electrically attached to the logic-circuit chip 60 through the intermediary of the spacer chip 70, as best shown in FIG. 5.”),

54

1.6  der auf dem Halbleiterchip (60) gestapelt ist (siehe Fig. 11) und

55

1.7  mit dem Verdrahtungssubstrat (58) und/oder dem Halbleiterchip (60) elektrisch in Verbindung steht (vgl. die zitierte Stelle in Abs. [0094]), und

56

1.8‘ wobei das Verdrahtungssubstrat (58) den Halbleiterchip (60), der Halbleiterchip (60) den Zwischenträger (70) und der Zwischenträger (70) das weitere Bauelement (68) trägt (siehe Fig. 11),

57

1.9‘ wobei der Zwischenträger (70) auf seiner Oberseite das weitere Bauelement (68) auf Kontaktflächen und

58

1.10 auf seiner Unterseite Flipchipkontakte (bottom metal bumps 84) oder Lotkugeln auf Kontaktanschlussflächen aufweist (vgl. Abs. [0097]: „Also, the spacer chip 70 has a plurality of via plugs 78 formed in the silicon substrate 76, and a wiring layout pattern 80 formed on a bottom surface of the silicon substrate 76 and electrically connected to bottom end faces of the via plugs 78. Similar to the aforesaid via plugs 50, each of the via plugs 78 is composed of a suitable metal material, such as copper (Cu) or the like, and has a diameter which is on the order of 10 µm. Also, the wiring layout pattern 80 is formed of a suitable metal material, such as copper (Cu), aluminum (Al) or the like, and includes a plurality of conductive paths 80A, each of which has a width falling within a range from 1 µm to 2 µm. The spacer chip 70 is provided with a plurality of top metal bumps 82 bonded to respective top end faces of the via plugs 78, and a plurality of bottom metal bumps 84 suitably arranged and bonded to the wiring layout pattern 80, and each of the top and bottom metal bumps 82 and 84 serves as an electrode terminal.”),

59

1.11 wobei die Flipchipkontakte (84) oder Lotkugeln als Verbindungselemente mit einer Verdrahtungsstruktur auf der Oberseite des Halbleiterchips (60) elektrisch in Verbindung stehen (vgl. Abs. [0091]: „With reference to FIG. 7, the logic-circuit chip 60 is shown in a plan view. As shown in this drawing, the logic-circuit chip 60 has a plurality of electrode terminals or pads 62 formed along peripheral sides of a top surface thereof, and a plurality of electrode terminal or pads (not visible in FIG. 7) formed on a central area of the top surface encompassed by the peripheral electrode pads 62. The logic-circuit chip 60 is provided with a plurality of metal bumps 64 bonded to the electrode pads, and each of the metal bumps 64 serves as an electrode terminal.” und Abs. [0100]: „Thus, as best shown in FIG. 5, the spacer chip 70 can be mounted on the logic-circuit chip 36 such that the respective bottom metal bumps 84 of the spacer chip 70 are bonded to the metal bumps 64 of the logic-circuit chip 60.”).

60

Damit unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem aus Druckschrift D9 lediglich durch das Merkmal 1.1, dass das Halbleitermodul als weiteres Bauelement (68) an Stelle eines zweiten Halbleiterchips diskrete Bauelemente aufweist.

61

Dieser Unterschied beruht aber auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns. So offenbart Druckschrift D1 sowohl ein Ausführungsbeispiel eines Halbleitermoduls, bei dem auf einem Zwischenträger (interposer 118) ein Halbleiterchip (second package 104, siehe Fig. 2 i. V. m. Abs. [0050]: „A first package 102 and a second package 104 are assembled and positioned vertically (one above the other) in the stacked semiconductor package 100.“) angeordnet ist, als auch ein Ausführungsbeispiel, bei dem auf einem Zwischenträger (interposer 1008) diskrete Bauelemente (passive components 1010) angeordnet sind, die dann jeweils mit weiteren Bauelementen zum Halbleitermodul verbunden werden (vgl. Fig. 10 und Abs. [0069]: „Referring now to FIG. 10, therein is shown a stacked semiconductor package 1000 illustrating a stacked system-in-package semiconductor package having passive components attached on a stacked interposer board. The stacked semiconductor package 1000 includes a wire-bonded die 1002 and a flip chip die with BGA interface 1004 mounted on a BGA substrate 1006, similarly as in the stacked semiconductor package 900 (FIG. 9). However, the stacked semiconductor package 1000 includes an interposer 1008 that constitutes a passive component board to which a variety of passive components 1010 is attached.”).

62

Damit zeigt Druckschrift D1, dass nicht nur Halbleiterchips gestapelt werden können, sondern in der gleichen Weise auch diskrete Bauelemente mit Halbleiterchips gestapelt werden können, um so Platz zu sparen und weniger Einzelbauelemente zu erhalten, was letztendlich die Kosten verringert. Ausgehend von Druckschrift D9 führt die Anwendung dieser Lehre aus Druckschrift D1 dazu, dass der Fachmann genau wie in Druckschrift D1 auf dem Zwischenträger (70) auch diskrete Bauelemente an Stelle eines Halbleiterchips montieren wird. Dabei kommt ihm die Funktionalität des Zwischenträgers als Umverdrahtungsebene entgegen, da die Kontakte der diskreten Bauelemente üblicherweise nicht an die eines darunterliegenden Chips angepasst sind. Der Fachmann kommt somit, ohne erfinderisch tätig zu werden, zum Gegenstand des Anspruchs 1, der deshalb nicht patentfähig ist.

63

Dem Einwand der Anmelderin, dass es sich bei dem Abstandshalter (70) um keinen Träger handelt, was sich auf Grund des für ihn verwendeten Materials, nämlich Silizium, ergäbe (vgl. in D9 Abs. [0097]: „Similar to the aforesaid first embodiment, the spacer chip 70 comprises a rectangular monocrystalline silicon substrate 76 having a thickness falling within a range from 100 µm to 130 µm, and a rectangular area falling within a range from 4 mm 2 to 6 mm 2 .“), kann der Senat nicht folgen, denn der in der vorliegenden Anmeldung beanspruchte Zwischenträger ist nicht auf ein bestimmtes Material beschränkt, so dass auch ein Abstandshalter oder Umverdrahtungssubstrat aus Silizium ein Zwischenträger sein kann, sofern er die wesentliche Funktion eines Trägers erfüllt, nämlich ein Bauteil zu tragen. Diese Funktion ist aber für den Abstandshalter (70) eindeutig der Fig. 11 der Druckschrift D9 zu entnehmen.

64

Auch das Argument der Anmelderin, dass der Fachmann auf einem Siliziumträger keine diskreten Bauelemente anbringen würde, überzeugt nicht. So geht die Anmeldung von einem Stand der Technik aus, bei dem diskrete Bauelemente direkt auf einem Halbleiterchip fixiert sind (vgl. S. 1, Z. 26 bis S. 2, Z. 5 der geltenden Beschreibung). Ein solcher Halbleiterchip mit einer aktiven Oberseite ist jedoch empfindlicher als ein Siliziumträger ohne eine aktive Oberseite, wie er in der Druckschrift D9 als Siliziumzwischenträger (70) offenbart ist. Der Fachmann ist deshalb nicht abgehalten, diskrete Bauelemente auf dem gegenüber einem Halbleiterchip weniger empfindlichen Zwischenträger (70) anzubringen.

65

5. Der selbständige Anspruch 11 und die den selbständigen Ansprüchen untergeordneten Ansprüche 2 bis 10 und 12 bis 14 fallen auf Grund der Antragsbindung mit dem Anspruch 1 (vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863, Tz 18, „Informationsübermittlungsverfahren II“).

66

6. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.

67

7. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

68

Die Patentanmelderin hat die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 80 Abs. 3 PatG zwar nicht angeregt, doch ist sie vom Bundespatentgericht nach billigem Ermessen auf Grund eines Verfahrensfehlers im Patentprüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt anzuordnen (vgl. Schulte, Patentgesetz mit EPÜ, 9. Auflage, § 80 (3), Rdn. 111 bis 113).

69

So hat die Prüfungsstelle in der Anhörung am 30. September 2013 zum ersten Mal bemängelt, dass die im Prüfungsverfahren ermittelten Druckschriften nicht in der Beschreibung genannt seien, womit sie § 34 Abs. 7 PatG geltend gemacht hat. Eine Frist für die Behebung dieses Mangels hat sie der Anmelderin nicht gesetzt. Auch hat sie dem Vertreter der Anmelderin im Laufe der Anhörung keine Zeit gegeben, diesen Mangel zu beheben. Am Ende der Anhörung ist eine Zurückweisung erfolgt, welche später für die Anmelderin überraschend mit dem Fehlen der Druckschriftennennungen begründet wurde.

70

Das Fehlen der Druckschriftennennungen trotz Aufforderung durch die Prüfungsstelle ist ein Zurückweisungsgrund. So gibt § 48 Satz 1 PatG an, dass eine Zurückweisung dann erfolgt, wenn die nach § 45 Abs. 1 PatG gerügten Mängel nicht beseitigt werden, oder wenn die Prüfung ergibt, dass eine nach den §§ 1 bis 5 patentfähige Erfindung nicht vorliegt. Damit macht § 48 Satz 1 PatG einen Unterschied zwischen dem Grund der fehlenden Patentfähigkeit (§§ 1 bis 5 PatG) und anderen Gründen. Letztere müssen, anders als die fehlende Patentfähigkeit, immer vorher gerügt worden sein, was nach § 45 PatG geschieht.

71

§ 45 Abs. 1 PatG gibt nun im Hinblick auf § 34 PatG an, dass dann, wenn die Anmeldung den Anforderungen des § 34 PatG nicht genügt, die Prüfungsstelle den Anmelder auffordert, die Mängel innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen. Wie lange diese Frist sein muss, wird nicht angegeben. Gleichwohl muss die Frist so bemessen sein, dass der Anmelder in der Lage ist, bei zügiger Bearbeitung die gestellten Forderungen sachgerecht zu erledigen.

72

Für den vorliegenden einfachen Fall des Einfügens von Druckschriftennennungen mag im Verlauf einer Anhörung auch eine Unterbrechung von weniger als einer Stunde oder sogar von nur einigen Minuten angemessen sein. Es geht jedoch aus dem Protokoll der Anhörung vom 30. September 2013 weder hervor, dass die Anhörung unterbrochen worden wäre, um der Anmelderin die Möglichkeit zu geben, die Beschreibung in der geforderten Weise anzupassen, noch, dass sich die Anmelderin geweigert hätte, die Beschreibung in der geforderten Weise anzupassen, womit sich die Setzung einer Frist erübrigt hätte. Damit hat die Prüfungsstelle die Anforderungen des § 45 Abs. 1 PatG nur teilweise erfüllt, da sie den Mangel nach § 34 Abs. 7 PatG zwar gerügt, jedoch keine Frist für die Beseitigung des Mangels gesetzt hat.

73

Da die Prüfungsstelle zudem in der Anhörung ausführlich dargelegt hat, dass die Gegenstände der Ansprüche nach den 19 Anträgen nicht patentfähig seien, musste der Vertreter der Anmelderin zum Zeitpunkt der Antragsstellung davon ausgehen, dass die Anmeldung ohnehin wegen fehlender Patentfähigkeit zurückgewiesen werden würde, so dass es auf eine Anpassung der Beschreibung nicht mehr ankäme. Die Tatsache, dass in den im Anhörungsprotokoll aufgeführten Anträgen der Anmelderin jeweils eine Beschreibung ohne die geforderten Änderungen aufgeführt wird, darf somit nicht als Weigerung der Anmelderin angesehen werden, die Beschreibung zu ändern. Die Anmeldung konnte folglich nicht auf Grund des auf § 34 Abs. 7 PatG beruhenden Mangels, dass die ermittelten Druckschriften nicht genannt werden, zurückgewiesen werden. Der Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle ist somit rechtsfehlerhaft.

74

Es muss davon ausgegangen werden, dass die Anmelderin bei einer rechtsfehlerfreien Verfahrensführung nach dem Setzen einer Frist die gerügten Mängel in der Beschreibung innerhalb der Frist beseitigt hätte, was im Übrigen auch die mit dem Beschwerdeschriftsatz eingereichten, geänderten Beschreibungsseiten zeigen. Die Anmeldung hätte dann lediglich auf Grund fehlender Patentfähigkeit zurückgewiesen werden können, wobei für diesen Fall davon ausgegangen werden muss, dass bei einer von der Anmelderin nachvollziehbaren Begründung seitens der Prüfungsstelle eine Beschwerde hätte vermieden werden können. Damit entspricht es der Billigkeit, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.