Entscheidungsdatum: 26.03.2013
In der Einspruchsbeschwerdesache
…
betreffend das Patent 101 56 769
hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Strößner sowie der Richter Brandt, Metternich und Dr. Zebisch
beschlossen:
1. Der Beschluss der Patentabteilung 1.33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. März 2008 wird aufgehoben.
2. Das Patent Nr. 101 56 769 wird widerrufen.
I.
Das Patent 101 56 769 wurde am 19. November 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht und nimmt die Priorität der japanischen Patentanmeldung JP 2001-105 046 vom 3. April 2001 in Anspruch. Es trägt die Bezeichnung „Leistungshalbleitereinrichtung mit einem äußeren Verbindungsanschluß zum Führen eines großen Stromes“.
Die Prüfungsstelle hat den Stand der Technik gemäß den Druckschriften
P1 DE 199 14 741 A1
P2 US 5 559 374 A
P3 EP 1 009 026 A2
P4 DE 43 30 070 A1
P5 EP 0 752 720 A2 und
P6 JP 08 - 306 859 A (Patent Abstracts of Japan)
ermittelt und das Patent mit Beschluss vom 3. Juli 2006 erteilt. Die Patenterteilung wurde am 30. November 2006 veröffentlicht.
Gegen das Patent hat die I… AG mit Schriftsatz vom 27. Februar 2007, beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen am selben Tag, fristgerecht Einspruch eingelegt und den Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Gegenstand des Patents sei nicht patentfähig (§ 59 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) und außerdem auch nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen könnte (§ 59 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG). Im Hinblick auf die mangelnde Patentfähigkeit hat sie auf die Druckschriften
D1 US 5 523 620 A
D2 US 4 677 741
D3 US 5 767 573 A
D4 US 5 559 374 A
D5 US 5 744 860 A
D6 DE 43 30 070 A1
D7 DE 195 22 173 C1
D8 US 5 942 797 A
D9 DE 41 30 899 A1
D10 US 5 920 119 A und
D11 US 5 686 758 A
verwiesen und dargelegt, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik weder neu noch beruhe er auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.
Im Hinblick auf die geltend gemachte mangelnde Ausführbarkeit der Erfindung hat sie dargelegt, der erteilte Anspruch 1 gebe die Lehre, dass der Verbindungsbereich eine Verbindungsfläche hat, die unmittelbar mit einer Schaltkreisstruktur verbunden ist, wobei die Angabe „unmittelbar“ gemäß der Definition im Duden im Sinne von „nicht mittelbar, nicht durch etw. Drittes oder einen Dritten vermittelt“ zu verstehen sei. Sowohl die erteilten Unteransprüche 2 und 3 als auch die Ausführungsbeispiele gemäß den Figuren 2, 4 und 5 des Streitpatents stünden hierzu im Widerspruch, denn gemäß der dort gegebenen Lehre werde zur Herstellung eines Kontaktes zwischen der Verbindungsfläche und der Schaltkreisstruktur ein leitfähiges Material „14“ bzw. „16“ verwendet, so dass die Verbindungsfläche nur mittelbar, also gerade nicht unmittelbar mit der Schaltkreisstruktur verbunden sei. Die im Anspruch 1 angegebene „unmittelbare“ Verbindung sei in den Unterlagen des Streitpatents nicht beschrieben; mithin sei die diesbezügliche Lehre des Anspruchs 1 nicht ausführbar.
Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens hat die Einsprechende dementsprechend auch geltend gemacht, dass der Gegenstand des Streitpatents hinsichtlich dieses Merkmals über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe.
Die Patentinhaberin hat den Darlegungen der Einsprechenden widersprochen und die Aufrechterhaltung des Patents in vollem Umfang beantragt.
Die Patentabteilung 33 des Deutschen Patent- und Markenamts hat daraufhin die Aufrechterhaltung des Patents in vollem Umfang beschlossen. In ihrem Beschluss vom 13. März 2008 führt die Patentabteilung aus, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei ursprünglich offenbart, denn er beruhe auf dem ursprünglichen Anspruch 1 und dem Textabschnitt auf S. 7, Zeilen 19 bis 32 der ursprünglichen Unterlagen, in dem eine direkte Verbindung der in Rede stehenden Verbindungsanschlüsse ohne Bonddrähte beschrieben werde. Die beiden Begriffe „direkt“ und „unmittelbar“ seien synonym miteinander und entsprechend der Textpassage auf S. 7, Zeilen 19 bis 32 der ursprünglichen Unterlagen jeweils dahingehend zu verstehen, dass die direkte Verbindung des Verbindungsanschlusses mit der Schaltkreisstruktur ohne Bonddrähte erfolge, was eine hohe Strombelastbarkeit der Verbindung ermögliche und damit die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe löse.
Die Ausführungsbeispiele gemäß den Figuren 2 bis 5 der Anmeldung versetzten den Fachmann in die Lage, eine solche direkte Verbindung auszuführen. Auch stehe der entgegengehaltene Stand der Technik der Leistungshalbleitervorrichtung nach dem erteilten Anspruch 1 nicht patenthindernd entgegen, so dass das Patent aufrechtzuerhalten sei.
Gegen den ihr am 17. Juni 2008 zugestellten Beschluss hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 16. Juli 2008, eingegangen per Telefax am selben Tag, fristgerecht Beschwerde eingelegt. Zusätzlich zu den im Einspruchsverfahren genannten Druckschriften D1 bis D11 hat sie noch auf die Druckschriften
D12 US 4 630 174
D13 DE 197 13 656 A1
D14 EP 0 090 439 A2
D15 DE 195 43 920 A1
D16 US 2009/0284096 A1 (nachveröffentlicht) und
D17 US 2002/0140078 A1 (nachveröffentlichtes US-Familienmitglied zum Streitpatent)
hingewiesen.
In ihrem Beschwerdeschriftsatz führt sie u. a aus, der erteilte Patentanspruch 1 sei hinsichtlich des Merkmals einer „unmittelbaren“ Verbindung unzulässig erweitert. Der Begriff „unmittelbar“ könne nicht ohne weiteres und stets mit dem ursprünglich offenbarten Begriff „direkt“ gleichgesetzt werden, denn mit einer „direkten“ Verbindung sei entsprechend der ursprünglichen Offenbarung lediglich eine Verbindung ohne Bonddrähte bezeichnet worden. Diese Angabe sage jedoch nichts darüber aus, ob es sich um eine mittelbare oder unmittelbare Verbindung handele, so dass sich aus den Angaben in der ursprünglichen Offenbarung das Merkmal einer „unmittelbaren“ Verbindung nicht ableiten lasse.
Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der Einsprechenden widersprochen und im Hinblick auf diese Ausführungen der Einsprechenden dargelegt, dass die Begriffe „unmittelbar” und „direkt” synonym seien und vom Fachmann im Sinne der zugehörigen Erläuterungen im Anmeldungstext bzw. im Text des Streitpatents jeweils als „Verbindung ohne Bonddrähte” verstanden würden. Diese Art der direkten Verbindung ohne Bonddrähte ermögliche die Führung eines hohen Stroms durch die entsprechende Verbindung und löse somit die der Anmeldung zugrunde liegende Aufgabe, wie auf S. 7, Zeilen 19 bis 32 der ursprünglichen Unterlagen bzw. im Abschnitt [0030] des Streitpatents explizit beschrieben werde. Dabei entnehme der Fachmann dem zugehörigen Text auf S. 5, le. Abs., der ursprünglichen Unterlagen bzw. dem Abschnitt [0025] des Streitpatents, dass diese direkte Verbindung ohne Bonddrähte mit Hilfe eines leitfähigen Verbindungsmaterials erreicht werde, so dass der Fachmann den im Anspruch 1 angegebenen Begriff „unmittelbar” ohne weiteres mit der Angabe „direkt ohne Bonddrähte“ gleichsetze.
In der mündlichen Verhandlung stellt die Einsprechende den Antrag,
den Beschluss der Patentabteilung 1.33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. März 2008 aufzuheben und das Patent Nr. 101 56 769 in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag,
1. die Beschwerde zurückzuweisen;
2. hilfsweise, das Patent Nr. 101 56 769 auf der Grundlage folgender Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 - 5, eingegangen am 26. März 2013 als Hilfsantrag 1, sowie Beschreibung und Zeichnungen gemäß der Patentschrift;
3. weiterhin hilfsweise, das Patent Nr. 101 56 769 auf der Grundlage folgender Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 - 5, eingegangen am 26. März 2013 als Hilfsantrag 2, sowie Beschreibung und Zeichnungen gemäß der Patentschrift;
4. weiterhin hilfsweise, das Patent Nr. 101 56 769 auf der Grundlage folgender Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 - 3, eingegangen am 26. März 2013 als Hilfsantrag 3, sowie Beschreibung und Zeichnungen gemäß der Patentschrift;
5. weiterhin hilfsweise, das Patent Nr. 101 56 769 auf der Grundlage folgender Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 - 3, eingegangen am 26. März 2013 als Hilfsantrag 4, sowie Beschreibung und Zeichnungen gemäß der Patentschrift.
Der mit dem Hauptantrag verteidigte erteilte Anspruch 1 lautet:
„1. Leistungshalbleitereinrichtung mit einem äußeren Verbindungsanschluß (1, 13) zum Herausführen von Elektroden von einem Leistungshalbleiterelement (7), das auf einer ersten Schaltkreisstruktur (5) angebracht ist, die auf einem Isoliersubstrat (2) im Inneren eines Gehäuses (9) ausgebildet ist,
wobei der äußere Verbindungsanschluß (1, 13) in dem Gehäuse (9) einsatzgeformt ist und an der Außenseite des Gehäuses (9) an einem Ende (1a, 13a) des Anschlusses (1, 13) freiliegt, während der Anschluss (1, 13) an seinem anderen Ende einen Verbindungsbereich (1b, 13b) aufweist, der eine Verbindungsfläche hat, die unmittelbar mit einer zweiten Schaltkreisstruktur (4, 6) verbunden ist, die auf dem Isoliersubstrat (2) oder einem weiteren Isoliersubstrat (3) angebracht ist, und die getrennt ist von der ersten Schaltkreisstruktur (5), auf der das Leistungshalbleiterelement (7) angebracht ist, wobei der äußere Verbindungsanschluß (1, 13) mit dem Leistungshalbleiterelement (7) durch einen Draht (11, 12) verbunden ist, der mit der der Verbindungsfläche des Verbindungsbereichs des Anschlusses (1, 13) gegenüberliegenden Fläche durch Bonden verbunden ist.“
An den erteilten Anspruch 1 schließen sich die unmittelbar oder mittelbar auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 5 mit folgendem Wortlaut an:
„2. Leistungshalbleitereinrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der äußere Verbindungsanschluß (1, 13) mit der zweiten Schaltkreisstruktur (4, 6) diskontinuierlich verbunden ist.
3. Leistungshalbleitereinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der äußere Verbindungsanschluß (1, 13) und die zweite Schaltkreisstruktur (4, 6) durch ein leitfähiges Material (21) an einem Teil der Verbindungsfläche zwischen ihnen verbunden und an verbleibenden Teilen der Verbindungsfläche voneinander isoliert sind.
5. Leistungshalbleitereinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Verbindungsfläche eine Größe hat, die größer als die Oberfläche der zweiten Schaltkreisstruktur (4, 6) ist.“
Der geltende Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von dem erteilten Anspruch 1 dadurch, dass das Merkmal, wonach die Verbindungsfläche unmittelbar mit einer zweiten Schaltkreisstruktur verbunden ist, durch die Angabe ersetzt wurde, dass die Verbindungsfläche „ohne Bonden von Drähten direkt“ mit einer zweiten Schaltkreisstruktur verbunden ist. Außerdem wurde in dem Merkmal zur Anordnung der zweiten Schaltkreisstruktur auf einem Isoliersubstrat das Bezugszeichen „6“ und die Angabe „oder einem weiteren Isoliersubstrat“ gestrichen. Weiterhin wurden bei den den Verbindungsanschluß betreffenden Merkmalen die Bezugszeichen „13“, „13a“ sowie „13b“ und bei der Angabe zu dem Draht das Bezugszeichen „12“ gestrichen, so dass der Anspruch nach Hilfsantrag 1 lautet:
„1. Leistungshalbleitereinrichtung mit einem äußeren Verbindungsanschluß (1) zum Herausführen von Elektroden von einem Leistungshalbleiterelement (7), das auf einer ersten Schaltkreisstruktur (5) angebracht ist, die auf einem Isoliersubstrat (2) im Inneren eines Gehäuses (9) ausgebildet ist,
wobei der äußere Verbindungsanschluß (1) in dem Gehäuse (9) einsatzgeformt ist und an der Außenseite des Gehäuses (9) an einem Ende (1a) des Anschlusses (1) freiliegt, während der Anschluss (1) an seinem anderen Ende einen Verbindungsbereich (1b) aufweist, der eine Verbindungsfläche hat, die ohne Bonden von Drähten direkt mit einer zweiten Schaltkreisstruktur (4) verbunden ist, die auf dem Isoliersubstrat (2) angebracht ist, und die getrennt ist von der ersten Schaltkreisstruktur (5), auf der das Leistungshalbleiterelement (7) angebracht ist, wobei der äußere Verbindungsanschluß (1) mit dem Leistungshalbleiterelement (7) durch einen Draht (11) verbunden ist, der mit der der Verbindungsfläche des Verbindungsbereichs des Anschlusses (1) gegenüberliegenden Fläche durch Bonden verbunden ist.“
An den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 schließen sich die auf diesen rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 5 mit folgendem Wortlaut an:
„2. Leistungshalbleitereinrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der äußere Verbindungsanschluß (1) mit der zweiten Schaltkreisstruktur (4) diskontinuierlich verbunden ist.
3. Leistungshalbleitereinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der äußere Verbindungsanschluß (1) und die zweite Schaltkreisstruktur (4) durch ein leitfähiges Material (21) an einem Teil der Verbindungsfläche zwischen ihnen verbunden und an verbleibenden Teilen der Verbindungsfläche voneinander isoliert sind.
4. Leistungshalbleitereinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei die Verbindungsfläche eine Größe hat, die kleiner als die Oberfläche der zweiten Schaltkreisstruktur (4) ist.
5. Leistungshalbleitereinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Verbindungsfläche eine Größe hat, die größer als die Oberfläche der zweiten Schaltkreisstruktur (4) ist.“
Der geltende Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lediglich dadurch, dass die Angabe „ohne Bonden von Drähten direkt“ durch den Zusatz „durch ein leitfähiges Verbindungsmaterial (14, 21)“ ergänzt wurde, so dass das die Verbindung zwischen der Verbindungsfläche des Anschlusses und der zweiten Schaltkreisstruktur betreffende Merkmal lautet:
„während der Anschluss (1) an seinem anderen Ende einen Verbindungsbereich (1b) aufweist, der eine Verbindungsfläche hat, die ohne Bonden von Drähten direkt durch ein leitfähiges Verbindungsmaterial (14, 21) mit einer zweiten Schaltkreisstruktur (4) verbunden ist, die auf dem Isoliersubstrat (2) angebracht ist, und die getrennt ist von der ersten Schaltkreisstruktur (5), auf der das Leistungshalbleiterelement (7) angebracht ist“.
An den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 schließen sich Unteransprüche 2 bis 5 an, die mit denen des Hilfsantrags 1 identisch sind.Über den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 hinausgehend lehrt der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3, dass das leitfähige Verbindungsmaterial diskontinuierlich ist. Das betreffende Merkmal lautet damit:
„während der Anschluss (1) an seinem anderen Ende einen Verbindungsbereich (1b) aufweist, der eine Verbindungsfläche hat, die ohne Bonden von Drähten direkt durch ein diskontinuierliches leitfähiges Verbindungsmaterial (14, 21) mit einer zweiten Schaltkreisstruktur (4) verbunden ist, die auf dem Isoliersubstrat (2) angebracht ist, und die getrennt ist von der ersten Schaltkreisstruktur (5), auf der das Leistungshalbleiterelement (7) angebracht ist“.
Die Unteransprüche 2 und 3 des Hilfsantrags 3 entsprechen den Unteransprüchen 4 und 5 des Hilfsantrags 2.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 entspricht dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1, wobei zusätzlich angegeben wird, dass der äußere Verbindungsanschluss und die zweite Schaltkreisstruktur an einem Teil der Verbindungsfläche durch ein leitfähiges Verbindungsmaterial verbunden und an verbleibenden Teilen der Verbindungsfläche voneinander isoliert sind. Das betreffende Merkmal lautet somit:
„während der Anschluss (1) an seinem anderen Ende einen Verbindungsbereich (1b) aufweist, der eine Verbindungsfläche hat, die ohne Bonden von Drähten direkt mit einer zweiten Schaltkreisstruktur (4) verbunden ist, die auf dem Isoliersubstrat (2) angebracht ist, und die getrennt ist von der ersten Schaltkreisstruktur (5), auf der das Leistungshalbleiterelement (7) angebracht ist, wobei der äußere Verbindungsanschluß (1) und die zweite Schaltkreisstruktur (4) durch ein leitfähiges Verbindungsmaterial (21) an einem Teil der Verbindungsfläche zwischen ihnen verbunden und an verbleibenden Teilen der Verbindungsfläche voneinander isoliert sind, und …“.
Die Unteransprüche 2 und 3 dieses Antrags entsprechenden wiederum den Unteransprüchen 4 und 5 des Hilfsantrags 1.Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die frist- und formgerecht erhobene und zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des Beschlusses der Patentabteilung und zum Widerruf des Patents.
1. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist zwar nicht angegriffen worden, jedoch ist diese vom Patentamt und Patentgericht in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu prüfen, vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, § 59 Rdn. 56 und 160 bis 163.
Der form- und fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig. Die Einsprechende hat gemäß § 59 Abs. 1 Satz 3 bis 5 PatG die für die Beurteilung der geltend gemachten Widerrufsgründe maßgeblichen Umstände innerhalb der Einspruchsfrist im Einzelnen so dargelegt, dass die Verfahrensbeteiligten in der Lage sind, ohne eigene Ermittlungen daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen der geltend gemachten Widerrufsgründe zu ziehen, vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, § 59 Rdn. 93.
2. Das Streitpatent betrifft gemäß der geltenden Bezeichnung eine Leistungshalbleitereinrichtung mit einem äußeren Verbindungsanschluß zum Führen eines großen Stromes.
Leistungshalbleitereinrichtungen werden in vielen Anwendungen zum Steuern und Umwandeln einer Hochspannung und eines großen Stroms eingesetzt. Daher wird generell angestrebt, die Leistungsfähigkeit der entsprechenden Einrichtungen zu erhöhen und ihre Größe zu verringern. Dem steht allerdings entgegen, dass bei herkömmlichen Leistungshalbleitereinrichtungen die Führung der hohen Ströme zwischen einzelnen Bestandteilen der Einrichtung, nämlich zwischen den Leistungshalbleiterelementen und den ihnen zugeordneten (Steuer-)Schaltkreisen zahlreiche Bonddrähte erfordert, die hohen Fertigungs- und Zeitaufwand erfordern und viel Platz benötigen, vgl. in der Patentschrift die Abschnitte [0001] bis [0006].
Dem Patent liegt somit als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, eine Leistungshalbleitereinrichtung bereitzustellen, der ein großer Strom zugeführt werden kann und die kompakt und einfach herzustellen ist, vgl. Abschnitt [0010] der Patentschrift.
Diese Aufgabe wird gemäß dem erteilten Anspruch 1 durch eine Leistungshalbleitereinrichtung gelöst, die einen äußeren Verbindungsanschluß zum Herausführen von Elektroden von einem Leistungshalbleiterelement aufweist, das auf einer ersten Schaltkreisstruktur angebracht ist, die auf einem Isoliersubstrat im Inneren eines Gehäuses ausgebildet ist. Der äußere Verbindungsanschluß ist in dem Gehäuse einsatzgeformt und liegt an seinem einen Ende an der Außenseite des Gehäuses frei, während er an seinem anderen Ende einen Verbindungsbereich aufweist, der eine Verbindungsfläche hat, die unmittelbar mit einer zweiten Schaltkreisstruktur verbunden ist, die auf dem Isoliersubstrat oder einem weiteren Isoliersubstrat angebracht ist, und die getrennt ist von der ersten Schaltkreisstruktur, auf der das Leistungshalbleiterelement angebracht ist. Dabei ist der äußere Verbindungsanschluß mit dem Leistungshalbleiterelement durch einen Draht verbunden, der mit der der Verbindungsfläche des Verbindungsbereichs des Anschlusses gegenüberliegenden Fläche durch Bonden verbunden ist.
Gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist bei der Leistungshalbleitereinrichtung die Verbindungsfläche des Anschlusses ohne Bonden von Drähten direkt mit der zweiten Schaltkreisstruktur verbunden. Nach Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist die Verbindungsfläche ohne Bonden von Drähten direkt durch ein leitfähiges Verbindungsmaterial mit der zweiten Schaltkreisstruktur verbunden. Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 lehrt außerdem, dass das leitfähige Verbindungsmaterial diskontinuierlich ist. Gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 ist die Verbindungsfläche des Anschlusses ohne Bonden von Drähten direkt mit der zweiten Schaltkreisstruktur verbunden, wobei Verbindungsfläche und Schaltkreisstruktur an einem Teil der Verbindungsfläche durch ein leitfähiges Verbindungsmaterial zwischen ihnen verbunden und an verbleibenden Teilen der Verbindungsfläche voneinander isoliert sind.
3. Die Einspruchsbeschwerde führt zum Widerruf des Patents. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1, der mit dem Hauptantrag verteidigt wird, geht in unzulässiger Weise über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG). Die Gegenstände der Hilfsanträge verändern den Schutzbereich des Patents gegenüber dem erteilten Patent, so dass die entsprechenden Ansprüche unzulässig sind (§ 22 Abs. 1 PatG).
Bei dieser Sachlage können die Fragen der Ausführbarkeit und der Patentfähigkeit der Leistungshalbleitereinrichtung nach dem Streitpatent dahingestellt bleiben, vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121, II.1 - „Elastische Bandage“.
4. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 geht in unzulässiger Weise über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
Ob eine unzulässige Erweiterung i. S. d. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG gegeben ist, ergibt ein Vergleich des Gegenstands des erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen, wobei der Gegenstand des Patents die durch die Patentansprüche unter Berücksichtigung von Beschreibung und Zeichnung vorgegebene Lehre ist, und der Inhalt der Patentanmeldung durch die Gesamtheit der Unterlagen bestimmt wird, ohne dass dabei jedoch den Patentansprüchen eine hervorgehobene Bedeutung wie im erteilten Patent zukommt. Zum Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung gehört im Zusammenhang mit der Frage, ob eine unzulässige Erweiterung vorliegt, nur das, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen unmittelbar und eindeutig zu entnehmen ist, nicht hingegen eine weitergehende Erkenntnis, zu der der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens oder durch Abwandlung der offenbarten Lehre gelangen kann. Zwar kann auch dasjenige offenbart sein, was im Patentanspruch und in der Beschreibung nicht ausdrücklich erwähnt ist, aus der Sicht des Fachmanns aber für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und deshalb keiner besonderen Offenbarung bedarf, sondern mitgelesen wird. Jedoch umfasst das Mitlesen nicht die Einbeziehung von Austauschmitteln, sondern lediglich das Erfassen der gesamten technischen Information, die der Fachmann durch eine Schrift erhält. Abwandlungen und Weiterentwicklungen dieser Information gehören ebenso wenig zum Offenbarten wie diejenigen Schlussfolgerungen, die der Fachmann kraft seines Fachwissens aus der erhaltenen technischen Information ziehen mag, vgl. BGH GRUR 2009, 382 - 388, insbes. Abs. [26] - „Olanzapin“, sowie BGH GRUR 2010, 509-513 - „Hubgliedertor I“ und BGH GRUR 2010, 910 - 916 - „Fälschungssicheres Dokument“.
Im vorliegenden Fall offenbart die ursprüngliche Anmeldung dem Fachmann, einem in der Halbleiterindustrie tätigen und mit der Aufbau- und Verbindungstechnik von Leistungsbauelementen betrauten berufserfahrenen Diplom-Physiker, an keiner Stelle, dass an die an einem Ende des Verbindungsanschlusses ausgebildete Verbindungsfläche unmittelbar mit der im Anspruch als zweiter Schaltkreisstruktur bezeichneten Schaltkreisstruktur verbunden ist. Zudem ist der Anmeldung auch an keiner Stelle zu entnehmen, dass die als zweite Schaltkreisstruktur bezeichnete Schaltkreisstruktur auf einem anderen als dem ersten Isoliersubstrat angeordnet sein soll.
4.1 Hinsichtlich der Verbindung zwischen dem Verbindungsanschluß und der Schaltkreisstruktur ist in den ursprünglichen Unterlagen auf S. 5, Zeilen 20 bis 31 i. V. m. Fig. 2 folgendes offenbart: „Bei der ersten Ausführungsform sind ein erster und ein zweiter äußerer Verbindungsanschluß 1 und 13 in dem Gehäuse 9 einsatzgeformt und liegen an ihren einen Enden an der Gehäuseaußenseite frei, wogegen sie an ihren anderen Ende mit einer Schaltkreisstruktur verbunden sind, die von der zweiten Schaltkreisstruktur 5, auf der das Leistungshalbleiterelement 7 angebracht ist, verschieden ist. Dabei ist der erste äußere Verbindungsanschluß 1 durch ein leitfähiges Verbindungsmaterial 14 mit der ersten Schaltkreisstruktur 4 verbunden, und der zweite äußere Verbindungsanschluß 13 ist durch ein leitfähiges Verbindungsmaterial 16 mit der dritten Schaltkreisstruktur 6 verbunden.“
Diese Ausbildung der Verbindung zwischen dem äußeren Verbindungsanschluss und der entsprechenden Schaltkreisstruktur durch ein leitfähiges Verbindungsmaterial wird in der Anmeldung als direkte Verbindung bezeichnet. Sie ist maßgeblich dafür, dass auf das Bonden vieler Drähte verzichtet und dennoch ein hoher Strom bewältigt werden kann und dass gleichzeitig eine einfache Herstellung der Struktur möglich ist („Wie oben beschrieben, ist es durch direkte Verbindung des ersten und des zweiten äußeren Verbindungsanschlusses 1 und 13 […] mit der ersten und der dritten Schaltkreisstruktur 4 und 6, die auf dem ersten und dem zweiten Isoliersubstrat in dem Gehäuse 9 ausgebildet sind, möglich, auf einfache Weise eine Struktur herzustellen, der ohne Bonden vieler Drähte ein großer Strom zugeführt werden kann. Da keine Drähte durch Bonden mit der ersten und dritten Schaltkreisstruktur 4 und 6 zu verbinden sind, ist es in diesem Fall außerdem möglich, die planaren Dimensionen der ersten und dritten Schaltkreisstruktur 4 und 6 auf kleine Werte einzustellen. Deshalb ist es möglich, eine kompakte Leistungshalbleitereinrichtung 10 mit einer großen Strombelastbarkeit bereitzustellen.“ / S. 7, Zeilen 19 bis 32).
Bei den anhand der Figuren 4 und 5 erläuterten weiteren Ausführungsformen dieser Verbindung wird das leitfähige Verbindungsmaterial zwischen dem Verbindungsanschluss und der Schaltkreisstruktur gezielt genutzt, um neben den genannten noch weitere Vorteile zu erreichen, indem durch eine diskontinuierliche Ausbildung des leitfähigen Verbindungsmaterials thermischen Spannungen zwischen dem Verbindungsanschluß und der Schaltkreisstruktur entgegengewirkt wird („Bei der zweiten Ausführungsform ist der erste äußere Verbindungsanschluß 1 mit einer ersten Schaltkreisstruktur 4 durch ein diskontinuierliches leitfähiges Verbindungsmaterial 21 an dem Verbindungsbereich 1b des Anschlusses 1 verbunden. Dadurch wird die Verbindung des äußeren Verbindungsanschlusses 1 mit der Schaltkreisstruktur 4 diskontinuierlich, und es ist möglich, die durch die Differenz der Wärmeausdehnung zwischen der Schaltkreisstruktur 4 und dem ersten äußeren Verbindungsanschluß 1 verursachte Beanspruchung zu mäßigen. Es ist also möglich, die Zuverlässigkeit der Einrichtung zu verbessern.“ / S. 8, Zeilen 15 bis 25) oder indem durch ein leitfähiges Material mit isolierenden Zwischenstrukturen eine Nutzung für nicht näher erläuterte Messzwecke ermöglicht wird („Bei der dritten Ausführungsform sind der erste äußere Verbindungsanschluß 1 und die erste Schaltkreisstruktur 4 durch ein Isoliermaterial 31 an einem Teil der Verbindungsfläche zwischen ihnen verbunden und durch ein leitfähiges Material 21 an verbleibenden Teilen der Verbindungsfläche verbunden. Durch Begrenzung des elektrischen Verbindungsbereichs zwischen der elektrischen Schaltkreisstruktur 4 und dem äußeren Verbindungsanschluß 1 ist es also möglich, eine Spannung an der Schaltkreisstruktur 4 unabhängig von dem durch den äußeren Verbindungsanschluß 1 fließenden Strom auf einfache Weise zu detektieren.“ / S 9, Zeilen 1 bis 11).
Das leitfähige Verbindungsmaterial zwischen dem Verbindungsanschluss und der einen der beiden Schaltkreisstrukturen bildet somit ein wesentliches Element aller Ausführungsbeispiele der in den ursprünglichen Unterlagen beschriebenen direkten Verbindung zwischen dem Verbindungsanschluss und der Schaltkreisstruktur. Insofern lehren diese Unterlagen dem Fachmann aber gerade das Gegenteil einer unmittelbaren Verbindung zwischen der Verbindungsfläche und der Schaltkreisstruktur, denn bei einer unmittelbaren Verbindung ist das Einfügen einer Zwischen- bzw. Verbindungsschicht ausgeschlossen.
Damit ist in den ursprünglichen Unterlagen nicht offenbart, dass „der Anschluss (1, 13) an seinem anderen Ende einen Verbindungsbereich (1b, 13b) aufweist, der eine Verbindungsfläche hat, die unmittelbar mit einer zweiten Schaltkreisstruktur (4, 6) verbunden ist“, wie es der Anspruch 1 lehrt.
Wie sich aus den vorangehenden Darlegungen ergibt, können die Begriffe „unmittelbar“ und „direkt“ angesichts der in den ursprünglichen Unterlagen gegebenen Lehre vorliegend auch nicht als Synonyme verwendet werden. Denn in der Anmeldung steht die Angabe „direkt“ lediglich für eine Verbindung, die ohne das Bonden vieler Drähte auskommt, indem der Verbindungsanschluss und die entsprechende Schaltkreisstruktur flächenhaft durch ein leitfähiges Verbindungsmaterial und damit nur mittelbar miteinander verbunden werden.
4.2 Auch das Merkmal des erteilten Anspruchs 1, wonach „der Anschluss (1, 13) an seinem anderen Ende einen Verbindungsbereich (1b, 13b) aufweist, der eine Verbindungsfläche hat, die unmittelbar mit einer zweiten Schaltkreisstruktur (4, 6) verbunden ist, die auf dem Isoliersubstrat (2) oder einem weiteren Isoliersubstrat (3) angebracht ist, und die getrennt ist von der ersten Schaltkreisstruktur (5), auf der das Leistungshalbleiterelement (7) angebracht ist, wobei der äußere Verbindungsanschluß (1, 13) mit dem Leistungshalbleiterelement (7) durch einen Draht (11, 12) verbunden ist, der mit der der Verbindungsfläche des Verbindungsbereichs des Anschlusses (1, 13) gegenüberliegenden Fläche durch Bonden verbunden ist“, ist in dieser Breite in den ursprünglichen Unterlagen nicht offenbart.
Die ursprünglichen Unterlagen offenbaren nämlich lediglich eine Anordnung, bei der die Schaltkreisstruktur „4“ zusammen mit der Schaltkreisstruktur „5“, die die Leistungshalbleiterbauelemente „7“ aufweist, auf dem ersten Isoliersubstrat „2“ angeordnet ist, während die Schaltkreisstruktur „6“ auf dem zweiten Isoliersubstrat „3“ angebracht ist, vgl. S. 5, Zeilen 11 bis 16. Dass die zweite Schaltkreisstruktur „4“ auch auf einem anderen als dem Isoliersubstrat „2“, nämlich dem weiteren Isoliersubstrat „3“ angebracht sein kann, und dass die Schaltkreisstruktur „6“ auf dem ersten Isoliersubstrat „2“ angebracht sein kann, wie es das oben genannte Merkmal angibt, ist dagegen nicht ursprünglich offenbart.
Außerdem offenbaren die ursprünglichen Unterlagen auf S. 6, Zeilen 1 bis 28 lediglich, dass allein der äußere Verbindungsanschluß „1“ mit der im Anspruch genannten Fläche über Drähte „11“ an das Leistungshalbleiterbauelement „7“ angeschlossen ist, während die entsprechende Fläche des anderen Verbindungsanschlusses „13“ nur mit der Schaltkreisstruktur „5“ über Drähte „12“ verbunden ist, nicht jedoch mit dem Leistungsbauelement, wie es der Anspruch in diesem Merkmal lehrt.Insofern umfasst das genannte Merkmal Anordnungen, die ursprünglich nicht offenbart sind, so dass auch dieses Merkmal eine unzulässige Erweiterung enthält.
5. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist unzulässig, denn er verändert den Schutzbereich des Patents gegenüber dem des erteilten Patents. Der Patentinhaber darf jedoch im Einspruchsverfahren den Schutzbereich des Patents weder erweitern noch an die Stelle des ursprünglich geschützten Gegenstandes einen anderen setzen, vgl. BGH GRUR 1990, 432, 1. Leitsatz - „Spleißkammer“.
Im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 hat die Patentinhaberin das Merkmal des erteilten Anspruchs 1, dass die Verbindungsfläche des äußeren Anschlusses unmittelbar mit der zweiten Schaltkreisstruktur verbunden ist, gestrichen und durch die Angabe ersetzt, dass die Verbindungsfläche ohne Bonden von Drähten direkt mit der zweiten Schaltkreisstruktur verbunden ist.
Dies ist zwar in den ursprünglichen Offenbarung auf S. 7, Zeilen 19 bis 32 und in der Patentschrift im Abschnitt [0030] angegeben, jedoch wird durch die Streichung der Angabe im erteilten Anspruch und den Ersatz durch die veränderte Formulierung der Schutzbereich des erteilten Patents verändert. Werden vom erteilten Anspruch 1 nur solche Leistungshalbleitereinrichtungen unter Schutz gestellt, bei denen die Verbindungsfläche des Verbindungsanschlusses unmittelbar, d. h. ohne Vermittlung eines wie auch immer gearteten Zwischenelements mit einer zweiten Schaltkreisstruktur verbunden ist, so erstreckt sich der Schutzumfang des geltenden Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 nun auf Leistungshalbleitereinrichtungen, bei denen die Verbindungsfläche ohne Bonden von Drähten direkt mit der zweiten Schaltkreisstruktur verbunden ist, wobei die Angabe ohne Bonden von Drähten direkt den Erläuterungen hierzu im Streitpatent zufolge für solche Verbindungen steht, die eine leitfähige Verbindungsschicht aufweisen, vgl. hierzu vor allem den Abschnitt [0025], auf den der oben genannte Abschnitt [0030] des Streitpatents sich inhaltlich bezieht, wie seine einleitende Formulierung „Wie oben beschrieben, …“ angibt.
Dementsprechend wird in dem auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteranspruch 3 des Anspruchssatzes nach Hilfsantrag 1 Schutz für solche Leistungshalbleitereinrichtungen beansprucht, bei denen der äußere Verbindungsanschluss durch ein leitfähiges Material an einem Teil der Verbindungsfläche, also mittelbar mit der Schaltkreisstruktur verbunden ist. Anordnungen mit einer derartigen mittelbaren Verbindung zwischen dem äußeren Verbindungsanschluss und der Schaltkreisstruktur waren vom Schutzumfang des erteilten Patents aber gerade ausgeschlossen.Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 verändert den Schutzbereich des erteilten Patents somit in unzulässiger Weise.
6. Gleiches gilt auch für die Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 2 bis 4. |
Denn in diesen ist das leitfähige Verbindungsmaterial in den Merkmalen |
- „während der Anschluss (1) an seinem anderen Ende einen Verbindungsbereich (1b) aufweist, der eine Verbindungsfläche hat, die ohne Bonden von Drähten direkt durch ein leitfähiges Verbindungsmaterial (14, 21) mit einer zweiten Schaltkreisstruktur (4) verbunden ist, …“ (Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2), |
- „während der Anschluss (1) an seinem anderen Ende einen Verbindungsbereich (1b) aufweist, der eine Verbindungsfläche hat, die ohne Bonden von Drähten direkt durch ein diskontinuierliches leitfähiges Verbindungsmaterial (14, 21) mit einer zweiten Schaltkreisstruktur (4) verbunden ist, …“ (Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3) |
und |
- „während der Anschluss (1) an seinem anderen Ende einen Verbindungsbereich (1b) aufweist, der eine Verbindungsfläche hat, die ohne Bonden von Drähten direkt mit einer zweiten Schaltkreisstruktur (4) verbunden ist, die auf dem Isoliersubstrat (2) angebracht ist, und die getrennt ist von der ersten Schaltkreisstruktur (5), auf der das Leistungshalbleiterelement (7) angebracht ist, wobei der äußere Verbindungsanschluß (1) und die zweite Schaltkreisstruktur (4) durch ein leitfähiges Verbindungsmaterial (21) an einem Teil der Verbindungsfläche zwischen ihnen verbunden und an verbleibenden Teilen der Verbindungsfläche voneinander isoliert sind“ (Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4) |
jeweils explizit erwähnt und damit der mittelbare Charakter der Verbindung bereits im jeweiligen Anspruch 1 angegeben. |
7. Mit den Ansprüchen 1 fallen wegen der Antragsbindung auch die auf diese jeweils rückbezogenen Unteransprüche, vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863, Tz. 18 - „Informationsübermittlungsverfahren II“. |
8. Bei dieser Sachlage war der Beschwerde der Einsprechenden stattzugeben und das Patent zu widerrufen. |