Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 08.04.2014


BPatG 08.04.2014 - 23 W (pat) 22/10

Patentbeschwerdeverfahren – „Kantenglättung mit Hilfe mehrerer Anzeigeköpfe eines Grafikprozessors“ – zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen – Prüfer entscheidet selbständig, ob er eine einmalige mündliche Anhörung als sachdienlich erachtet


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
23. Senat
Entscheidungsdatum:
08.04.2014
Aktenzeichen:
23 W (pat) 22/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2007 021 546.2-55

hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. April 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Strößner, des Richters Dr. Friedrich, der Richterin Dr. Hoppe und des Richters Dr. Zebisch

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die vorliegende Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2007 021 546.2-55 und der Bezeichnung „Kantenglättung mit Hilfe mehrerer Anzeigeköpfe eines Grafikprozessors“ wurde am 8. Mai 2007 unter Inanspruchnahme der US-amerikanischen Prioritäten US 60/747,154 und US 11/383,048, beide vom 12. Mai 2006, sowie US 11/680,554 vom 28. Februar 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt in englischer Sprache angemeldet. Gleichzeitig mit der Anmeldung wurde Prüfungsantrag gestellt. Mit der Eingabe vom 25. Juli 2007, am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen, wurde eine deutsche Übersetzung der ursprünglichen Unterlagen eingereicht, welche am 6. Dezember 2007 mit der DE 10 2007 021 546 A1 offengelegt wurde.

2

Die Prüfungsstelle für Klasse G09G hat im Prüfungsverfahren auf den Stand der Technik gemäß den folgenden vor dem Prioritätszeitpunkt veröffentlichten Druckschriften verwiesen:

3

D1 US 6 847 372 B2;

4

D2 US 6 317 525 B1;

5

D3 C. Spille, R. Kornmann und T. Bayer: „Wissen: Grafikkarten (1)“. In: PC Games Hardware, 07/2005, S. 152-155; und

6

D4 C. Wenzel: „Programmierbare Pixel- und Vertex Shader am Beispiel des GeForce3 von NVIDIA, Hauptseminar SS 2001“, TU Ilmenau, Fakultät für Informatik und Automatisierung.

7

Sie hat in einem Bescheid ausgeführt, dass das wesentliche Lösungsprinzip der gestellten Aufgabe bereits aus der Druckschrift D1 bekannt sei und sich eine konkrete Lösung vergleichbar mit den Angaben des Patentanspruchs 1 für den Fachmann ohne erfinderisches Zutun ergäbe. Unter Hinweis auf die Druckschrift D2 ergäbe sich, dass der geltende Anspruch 1 gegenüber dem nächstkommenden Stand der Technik nach Druckschrift D1 weder ausreichend abgegrenzt sei, noch lasse er gegenüber dem insgesamt ermittelten Stand der Technik eine erfinderische technische Lehre erkennen.

8

Die Anmelderin widersprach den Ansichten der Prüfungsstelle in einer englischsprachigen Eingabe, mit der sie auch einen neuen Satz Patentansprüche eingereicht hat, wobei sie im Wesentlichen Bezugszeichen in die Ansprüche eingefügt hat, so dass der Anspruch 1 bis auf diese Änderung unverändert geblieben ist. In dieser Eingabe hat sie ausführlich zu den Ansichten der Prüfungsstelle Stellung genommen und begründet, warum der Gegenstand des Anspruchs 1 ihrer Ansicht nach neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Hilfsweise hat sie eine mündliche Verhandlung beantragt, falls die Anmeldung ansonsten zurückgewiesen werden würde.

9

In der Folge hat die Prüfungsstelle die Anmeldung mit Beschluss vom 17. November 2009 ohne Durchführung der beantragten Anhörung zurückgewiesen, da der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhe (§ 4 PatG). Ausgehend von Druckschrift D1 und dem Wissen des Fachmanns über Antialiasing, das durch die Druckschrift D2 belegt werde und den Aufbau von GPUs, wie sie die Druckschriften D3 und D4 zeigten, käme der Fachmann zum Gegenstand des Anspruchs 1 ohne erfinderisch tätig werden zu müssen.

10

Gegen diesen, der Anmelderin am 2. Dezember 2009 zugestellten Beschluss hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2009, am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen, fristgemäß Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 29. September 2010 begründet hat.

11

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat der Senat die Anmelderin noch auf den Stand der Technik gemäß den Druckschriften

12

D5 US 6 795 076 B2 und

13

D6 US 2004/0 066 388 A1

14

hingewiesen und ausgeführt, dass die Druckschrift D5 die Patentfähigkeit der Gegenstände und Verfahren der zu diesem Zeitpunkt geltenden Ansprüche des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags in Frage stellen könnte. Auch wurde auf einen möglichen Fehler in einer in den unabhängigen Ansprüchen des zweiten Hilfsantrags enthaltenen Gleichung hingewiesen.

15

Mit Schriftsatz vom 7. April 2014 hat die Anmelderin nochmals drei Sätze neue Patentansprüche als Hauptantrag und als ersten und zweiten Hilfsantrag eingereicht und dargelegt, dass die Gegenstände der Ansprüche dieser Anträge ihrer Ansicht nach patentfähig seien. Auch gibt sie an, dass die Gleichung in den selbständigen Ansprüchen des zweiten Hilfsantrags korrekt sei. Mit diesem Schriftsatz hat sie zudem die Teilung der Anmeldung nach § 39 Abs. 1 PatG erklärt und mitgeteilt, dass kein Vertreter an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde. Die Anmelderin hat keine Anmeldungsunterlagen für die abgetrennte Anmeldung eingereicht.

16

Zur mündlichen Verhandlung am 8. April 2014 erschien, wie im Schriftsatz vom Vortag angekündigt, niemand. Damit hat die Anmelderin gemäß ihren Schriftsätzen sinngemäß beantragt,

17

1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G09G des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 17. November 2009 aufzuheben;

18

2.a) ein Patent zu erteilen mit der Bezeichnung „Kantenglättung mit Hilfe mehrerer Anzeigeköpfe eines Grafikprozessors“, dem Anmeldetag 8. Mai 2007 und der Priorität US 60/747,154 und US 11/383,048 beide vom 12. Mai 2006 sowie US 11/680,554 vom 28. Februar 2007 auf Grundlage folgender Unterlagen:

19

- Ansprüche 1 bis 13 gemäß Schriftsatz vom 7. April 2014, eingegangen per Fax am gleichen Tag sowie,

20

- Beschreibung Seiten 1 bis 32, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 25. Juli 2007,

21

- 5 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 7, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 25. Juli 2007;

22

2.b) hilfsweise (Hilfsantrag 1)

23

- Ansprüche 1 bis 12 gemäß Schriftsatz 7. April 2014, eingegangen per Fax am gleichen Tag sowie,

24

- Beschreibung Seiten 1 bis 32, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 25. Juli 2007,

25

- 5 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 7, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 25. Juli 2007;

26

2.c) hilfsweise (Hilfsantrag 2)

27

- Ansprüche 1 bis 12 gemäß Schriftsatz 7. April 2014, eingegangen per Fax am gleichen Tag sowie,

28

- Beschreibung Seiten 1 bis 32, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 25. Juli 2007,

29

- 5 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 7, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 25. Juli 2007.

30

Darüber hinaus hat die Anmelderin schriftsätzlich angeregt, die Beschwerdegebühr zurück zu zahlen.

31

Der mit Schriftsatz vom 7. April 2014 eingereichte Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet (Gliederung bei unverändertem Wortlaut eingefügt):

32

„1. Grafikverarbeitungsgerät (122, 700), aufweisend:

33

1.1 einen ersten Anzeigekopf (206b), der eingerichtet ist, ein erstes Ausgangspixel zu generieren, wobei der erste Anzeigekopf innerhalb einer integrierten Schaltung angeordnet ist;

34

1.2 einen zweiten Anzeigekopf (206a), der eingerichtet ist, ein zweites Ausgangspixel (320) zu generieren, wobei der zweite Anzeigekopf innerhalb der integrierten Schaltung angeordnet ist; der zweite Anzeigekopf aufweisend:

35

1.2.1 einen ersten Eingangspfad (304, 354), der eingerichtet ist, ein externes Pixel zu empfangen;

36

1.2.2 einen zweiten Eingangspfad (302, 352), der eingerichtet ist, ein internes Pixel zu empfangen,

37

1.2.3 wobei sowohl das externe Pixel als auch das interne Pixel dem gleichen Pixel eines Bildes entsprechen und wobei das externe Pixel und das interne Pixel unterschiedliche Abtastorte enthalten;

38

1.2.4 einen Pixelkombinierer (306, 358), der mit dem ersten Eingangspfad und dem zweiten Eingangspfad gekoppelt und eingerichtet ist, das externe Pixel und das interne Pixel zu mischen, um ein Mischpixel zu generieren; und

39

1.2.5 eine Auswahlschaltung (312, 318, 362), die eingerichtet ist, unter dem externen Pixel, dem internen Pixel oder dem Mischpixel eines als zweites Ausgangspixel (320) auszuwählen; und

40

1.3 einen Pixelübertragungspfad (400), der so eingerichtet ist, dass er das erste Ausgangspixel vom ersten Anzeigekopf (head b, 206b) derart an den ersten Eingangspfad des zweiten Anzeigekopfes (head a, 206a) liefert, dass das erste Ausgangspixel vom ersten Eingangspfad als das externe Pixel empfangen wird.“

41

Der nebengeordnete Anspruch 8 nach Hauptantrag, der auf einen Anzeigekopf gerichtet ist, lautet (Gliederung bei unverändertem Wortlaut eingefügt):

42

„8. Anzeigekopf (206a, 206b) für einen Grafikprozessor, aufweisend:

43

8.1 einen ersten Eingangspfad (304, 354), der eingerichtet ist, ein erstes Pixel zu übertragen, das durch einen ersten Grafikprozessor generiert wird;

44

8.2 einen zweiten Eingangspfad (302, 352), der eingerichtet ist, ein zweites Pixel zu übertragen, das durch einen zweiten Grafikprozessor generiert wird,

45

8.3 wobei sowohl das erste Pixel als auch das zweite Pixel dem gleichen Pixel eines Bildes entsprechen und wobei das erste Pixel und das zweite Pixel unterschiedliche Abtastorte enthalten;

46

8.4 einen Pixelkombinierer (306, 358), der mit dem ersten Eingangspfad und dem zweiten Eingangspfad gekoppelt und eingerichtet ist, das erste Pixel und das zweite Pixel zu mischen, um ein Mischpixel zu generieren; und

47

8.5 eine Auswahlschaltung (312, 318, 362), die eingerichtet ist, unter dem ersten Pixel, dem zweiten Pixel oder dem Mischpixel eines als Ausgangspixel auszuwählen (320).“

48

Der selbständige Anspruch 8 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von dem des Hauptantrags dadurch, dass das Merkmal 8.3 weggelassen und an das Ende des Anspruchs folgendes Merkmal gesetzt ist:

49

8.6 „wobei das erste Pixel und das zweite Pixel Gamma-korrigierte Pixel sind und wobei der Pixelkombinierer (306, 358) eingerichtet ist, das Mischpixel durch Berechnen einer Gamma-korrigierten Mischung des ersten Pixels und des zweiten Pixels zu generieren.“

50

Die übrigen selbständigen Ansprüche des Hilfsantrags 1 unterscheiden sich von den selbständigen Ansprüchen des Hauptantrags in der gleichen Weise, wobei ein inhaltlich zu Merkmal 8.6 gleichbedeutendes, im Wortlaut aber jeweils angepasstes Merkmal in den Anspruch aufgenommen ist.

51

Im selbständigen Anspruch 8 des Hilfsantrags 2 ist an das Ende des Anspruchs 8 des Hauptantrags folgendes Merkmal angefügt:

52

8.6‘ „wobei das erste Pixel und das zweite Pixel Gamma-korrigierte Pixel P1 Y und P2 Y, und wobei der Pixelkombinierer (306, 358) eingerichtet ist, das Mischpixel Pb Y durch Berechnen einer Gamma-korrigierten Mischung des ersten Pixels und des zweiten Pixels zu generieren gemäß der Gleichung:

53

P b γ = (4P 1 γ +4P 2 γ +│P 1 γ -P 2 γ │)/4

54

wobei γ eine Konstante in dem Bereich von 2,0-2,5 ist.“

55

Das Merkmal 8.3 ist anders als beim Hilfsantrag 1 hier nicht weggelassen. Auch hier unterscheiden sich die übrigen selbständigen Ansprüche von denen des Hauptantrags in der gleichen Weise wie Patentanspruch 8 durch ein inhaltlich zum Merkmal 8.6‘ gleichbedeutendes, aber im Wortlaut und der Formel jeweils angepasstes Merkmal.

56

Hinsichtlich der weiteren nebengeordneten Ansprüche 7 und 13 des Hauptantrags, 7 und 12 der beiden Hilfsanträge, sowie der den selbständigen Ansprüchen der verschiedenen Anträge untergeordneten Ansprüche wird genau wie hinsichtlich der weiteren Einzelheiten auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

57

Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, erweist sich aber nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 8. April 2014 als nicht begründet, weil die Lehren der Ansprüche 8 des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1 gegenüber der Druckschrift D5 nicht neu (§ 3 PatG) und damit nicht patentfähig sind, und die Lehre des selbständigen Anspruchs 8 des zweiten Hilfsantrags nicht so deutlich und vollständig in der Anmeldung offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 34 Abs. 4 PatG).

58

Bei dieser Sachlage kann die Erörterung der Zulässigkeit der Ansprüche des Hauptantrags und der Hilfsanträge dahingestellt bleiben (vgl. GRUR 1991, 120, 121, II.1 – „Elastische Bandage“).

59

1. Die Erfindung betrifft im Allgemeinen Computergrafik und im Besonderen die Kantenglättung von Bilddaten mit Hilfe mehrerer Anzeigeköpfe (Display Heads) eines Grafikprozessors (Vgl. Abs. [0002] der geltenden Beschreibung).

60

Moderne Computer umfassen neben dem eigentlichen Hauptprozessor zusätzliche Grafikprozessoren, welche den Hauptprozessor bei der Darstellung der Ausgabe auf einem Bildschirm entlasten. Diese Prozessoren befinden sich oftmals auf eigenen Grafikkarten und sind damit selbst Bestandteil eines kleinen Computers, der auf Befehle des Hauptprozessors reagiert. Durch diese zum Teil sehr leistungsfähigen Prozessoren ist es heute möglich, sehr umfangreiche graphische Darstellungen in relativ kurzer Zeit durchzuführen.

61

Es gibt zwischen den einzelnen Grafikkarten in der genauen Vorgehensweise bei der Bilddarstellung zwar deutliche Unterschiede, doch ist das grobe Prinzip für die meisten das gleiche. So liefert bei Vektorgraphiken zunächst der Hauptprozessor eine Reihe von Polygonen an die Grafikkarte und den dortigen Grafikprozessor, indem er dessen Eckpunkte, die Vertices, angibt. Dort erfolgt eine erste Verarbeitung. Dann werden die sogenannten Primitive erstellt, aus denen sich die Polygone zusammensetzen. Diese Primitive sind in den meisten Fällen Dreiecke, aus denen sich das Bild zusammensetzt. Es erfolgt eine weitere Verarbeitung auf Basis der Primitive. Bis zu diesem Punkt kann für jeden beliebigen Punkt der Darstellung noch ein Wert für dessen Helligkeit und dessen Farbe angegeben werden. Computerbildschirme stellen Bilder jedoch in der Form von Pixeln, einzelnen Bildelementen dar, die kleine, homogene Flächen darstellen und sich an festgelegten Positionen im Bild befinden. Damit ist ein Raster vorgegeben, in dem die Werte für Farbe und Helligkeit angegeben werden müssen. Deshalb erfolgt als nächster Schritt eine Rasterung, d.h. es werden die Werte des Bildes an bestimmten Stellen, sogenannte Samples, berechnet. Dabei kann das Raster, mit der Bildschirmauflösung übereinstimmen, es kann aber auch deutlich feiner sein. Auch eine gröbere Auflösung ist denkbar. In einem letzten Schritt wird dann das Bild auf die Rasterung des Bildschirms, also in einzelne Pixel umgesetzt.

62

Auch bei Pixelgraphiken stimmt die Rasterung, mit der die Pixelgraphiken abgespeichert sind, üblicherweise nicht mit der Rasterung des Bildschirms überein, so dass auch diese umgesetzt werden müssen.

63

Wie auf dem Fachgebiet bekannt ist, sind computergenerierte Bilder für verschiedene visuelle Artefakte anfällig, die aus der endlichen Abtastauflösung resultieren, die beim Umwandeln der Bilddaten in eine Anordnung diskreter Farbelemente (Pixel) verwendet wird. Zu derartigen Artefakten, die im Allgemeinen als „Aliasing" bezeichnet werden, zählen Zacken in glatten Linien, Unregelmäßigkeiten in regelmäßigen Mustern und so fort (Vgl. Abs. [0003] der geltenden Beschreibung).

64

Zur Verringerung des Aliasings wird das Bild oft „überabgetastet", d.h. an einer Anzahl von Abtastorten abgetastet, welche die Anzahl der Pixel überschreitet, die das endgültige (z.B. angezeigte oder gespeicherte) Bild ausmachen. Zum Beispiel mag ein Bild mit der doppelten oder vierfachen Anzahl der Pixel abgetastet werden. Auf dem Fachgebiet sind verschiedene Typen der Überabtastung bekannt, unter anderem Supersampling (Hochrechnung), wobei jeder Abtastort als separates Pixel behandelt wird, und Multisampling, wobei ein einzelner Farbwert für jedes Primitiv berechnet wird, das mindestens einen Teil des Pixels abdeckt. Die Abdeckung des Pixels durch das Primitiv wird hingegen an mehreren Orten ermittelt (Vgl. Abs. [0004] der geltenden Beschreibung).

65

Ein Kantenglättungsfilter (Antialiasingfilter, AA-Filter) mischt die mehreren Abtastungen pro Pixel, um einen einzelnen Farbwert zu ermitteln. In herkömmlicher Weise werden AA-Filter entweder innerhalb der Renderpipeline, die Pixel generiert und sie in einen Einzelbildpuffer speichert, oder innerhalb der Anzeigepipeline angewendet, die Pixel aus dem Einzelbildpuffer liest und diese an ein Anzeigegerät liefert (Vgl. Abs. [0005] der geltenden Beschreibung).

66

Hiervon ausgehend liegt der Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, Systeme und Verfahren zum Nutzen mehrerer Anzeigeköpfe eines einzelnen Grafikprozessors bereitzustellen, um Kantenglättung und andere Verarbeitungsaufgaben auszuführen (Vgl. Abs. [0006] der geltenden Beschreibung).

67

Diese Aufgabe soll durch die Gegenstände und Verfahren der selbständigen Ansprüche des Hauptantrags und der beiden Hilfsanträge gelöst werden.

68

Wesentlich für die beanspruchten Gegenstände und Verfahren ist, dass es einen Anzeigekopf gibt, der zwei Eingangspfade besitzt. Was unter einem „Anzeigekopf“ genau zu verstehen ist, geht aus der gesamten Anmeldung nicht eindeutig hervor. Insbesondere handelt es sich bei diesem Begriff, genau wie bei dem ursprünglich verwendeten englischen Begriff „display head“, um keinen gebräuchlichen Fachbegriff. Eindeutig ist nur, dass der dem Anzeigekopf entspringende Wert ein solcher ist, der der Anzeige ohne weiteres zugeleitet werden kann. Er stellt somit das Ende einer Anzeigepipeline dar. Wie weit der Kopf die Anzeigepipeline hinauf reicht, also wie viele und welche der durchzuführenden Verarbeitungsschritte noch im Kopf stattfinden, bleibt aber offen.

69

Dieser Anzeigekopf erhält auf einem Eingangspfad ein internes oder zweites Pixel. Unter dem internen Pixel ist der Wert im Raster zu verstehen, der die Anzeigepipeline hinabgelaufen ist, deren Kopf er ist. Der in Anspruch 8 verwendete Begriff „zweites Pixel“ macht anders als der in Anspruch 1 verwendete Begriff „internes Pixel“ keine Angabe, woher das Pixel stammt, und schränkt somit das Pixel nicht darauf ein, dass es die Anzeigepipeline des Anzeigekopfes hinabgelaufen sein muss.

70

Auf einem anderen Eingangspfad erhält der Anzeigekopf ein externes Pixel oder erstes Pixel. Der in Anspruch 1 verwendete Begriff „externes Pixel“ schränkt das Pixel demnach auf einen Wert im Raster ein, der eine andere Anzeigepipeline mit einem anderen Anzeigekopf hinuntergelaufen ist. Im Anspruch 8 gibt es diese Einschränkung dagegen nicht, so dass wiederum offen bleibt, woher das Pixel stammt. Diese andere Anzeigepipeline und damit der andere Anzeigekopf befindet sich gemäß Anspruch 1 in derselben integrierten Schaltung, während das Pixel gemäß Anspruch 8 in Ermangelung entsprechender Angaben auch von einem anderen Chip stammen kann, so dass fraglich ist, ob der Gegenstand des Anspruchs 8 die gestellte Aufgabe lösen kann.

71

Die beiden Pixelwerte im Raster werden im Anzeigekopf kombiniert, so dass ein Mischpixel entsteht. Danach erfolgt eine Auswahl zwischen den beiden zugeführten Werten, also dem internen bzw. zweiten Pixel und dem externen bzw. ersten Pixel, sowie dem Mischpixel, um so das Ausgangspixel des Anzeigekopfes zu bilden, das dann dargestellt werden kann.

72

Die beiden Pixel entsprechen dabei gemäß den selbständigen Ansprüchen des Hauptantrags und des zweiten Hilfsantrags dem gleichen Pixel eines Bildes und enthalten unterschiedliche Abtastorte. Letzteres kann auf zwei Weisen interpretiert werden. Zum einen kann dies bedeuten, dass das externe bzw. erste Pixel andere Abtastorte (Samples) enthält als das interne bzw. zweite Pixel, zum anderen kann dies aber auch bedeuten, dass sowohl das externe bzw. erste Pixel als auch das interne bzw. zweite Pixel jeweils für sich mehrere unterschiedliche Abtastorte (Samples) enthält.

73

Die Gegenstände und Verfahren der selbständigen Ansprüche der Hilfsanträge unterscheiden sich von denen des Hauptantrags noch dadurch, dass es sich bei den zugeführten Pixeln um Gamma-korrigierte Pixel, also an das menschliche Empfinden angepasste Pixel handelt. Gamma-Korrektur bedeutet, dass die Werte mit einer Übertragungsfunktion, die eine Potenzfunktion mit dem Exponenten γ ist, umgesetzt werden, um so dem Helligkeitsempfinden des Auges und den technischen Eigenheiten der Anzeige gerecht zu werden. Auch die Ausgangspixel sind wieder Gamma-korrigiert. Beim zweiten Hilfsantrag wird zudem noch eine Formel angegeben, nach der das Mischpixel aus den Werten der beiden Pixel zu berechnen ist, und γ wird auf einen Wert von 2,0 bis 2,5 eingeschränkt.

74

2. Als zuständiger Fachmann zur Beurteilung der Erfindung ist hier ein berufserfahrener Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik oder ein Informatiker mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss zu definieren, der mit der Entwicklung von Geräten und Verfahren zur Bildverarbeitung und Bilddarstellung, insbesondere von Grafikkarten betraut ist.

75

3. Der im nebengeordneten Anspruch 8 des Hauptantrags beanspruchte Anzeigekopf ist gegenüber der Druckschrift D5 nicht neu (§ 3 PatG) und damit auch nicht patentfähig.

76

So offenbart Druckschrift D5 in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Anspruchs 8 einen Anzeigekopf (Video Router VR(1,0), vgl. Fig. 15, VR(1,0) gibt an, dass es sich um den Videorouter mit der Nummer 0, somit den ersten auf der Grafikkarte mit der Nummer 1, also der zweiten Grafikkarte GB(1) handelt. Vgl. auch Fig. 2B und 3) für einen Grafikprozessor (graphics processing unit 90; vgl. Fig. 3), aufweisend:

77

8.1 einen ersten Eingangspfad, der eingerichtet ist, ein erstes Pixel (A J-1 ) zu übertragen, das durch einen ersten Grafikprozessor generiert wird (Beim Videorouter V(1,0) stammt das Eingangspixel A J-1 von der ersten Grafikkarte GB(0) und damit vom Grafikprozessor 90 auf dieser Grafikkarte GB(0); vgl. Sp. 27, Z. 63 bis 65: „Input video streams A J-1 and B J-1 may be provided by a previous sample-to-pixel calculation unit (situated in the same graphics board or a previous graphics boards).“);

78

8.2 einen zweiten Eingangspfad (input bus 509), der eingerichtet ist, ein zweites Pixel zu übertragen, das durch einen zweiten Grafikprozessor (90) generiert wird (Das lokale Pixel wird, da sich der Videorouter VR(1,0) auf der zweiten Grafikkarte GB(1) befindet, von dem dortigen Grafikprozessor erzeugt, also von einem zweiten Grafikprozessor; vgl. Sp. 28, Z. 6 bis 9: „Local video FIFO 510 temporarily stores the pixel values computed by earlier computational stages of sample-to-pixel calculation unit CU(I,J), e.g., the stages associated with steps 250-270 of FIG. 11 .“);

79

8.4 einen Pixelkombinierer (blend unit 512), der mit dem ersten Eingangspfad (Vgl. Fig. 15 und die Verbindung über FIFO 502 und die Multiplexer 516 und 520) und dem zweiten Eingangspfad (Vgl. die Kopplung über den FIFO 510 in Fig. 15) gekoppelt und eingerichtet ist, das erste Pixel und das zweite Pixel zu mischen, um ein Mischpixel zu generieren (Vgl. Sp. 28, Z. 23 bis 25: „Blend unit 512 is configured to mix (i.e. to blend or multiplex) the video output of multiplexor 520 and the locally generated pixels provided by local video FIFO 510.“) und

80

8.5 eine Auswahlschaltung (Diese ist Bestandteil der Mischeinheit 512.), die eingerichtet ist, unter dem ersten Pixel, dem zweiten Pixel oder dem Mischpixel eines als Ausgangspixel (A J ) auszuwählen (Vgl. Sp. 28, Z. 26 bis 28: „The term mixing as used herein includes alpha blending and/or multiplexing. In the later case, blend unit 512 may be realized by a multiplexor which selects between the output of local video FIFO 510 and the output of multiplexor 520.”).

81

Es verbleibt das Merkmal 8.3, dass sowohl das erste Pixel als auch das zweite Pixel dem gleichen Pixel eines Bildes entsprechen und wobei das erste Pixel und das zweite Pixel unterschiedliche Abtastorte enthalten. Bei diesem Merkmal handelt es sich um keine Eigenschaft des Anzeigekopfes, denn dessen Ausbildung kann nicht durch die Angabe, welche Daten ihm über die beiden Eingangspfade zugeführt werden, charakterisiert werden, so dass das Merkmal 8.3 ohnehin unberücksichtigt bleiben muss. Jedoch ist auch dieses Merkmal bei dem den Anzeigekopf enthaltenden Graphiksystem aus Druckschrift D5 bereits gegeben.

82

So werden die beiden Eingangspixel, wie bereits dargestellt, in der Mischeinheit gemischt oder ausgewählt. Dies bedeutet aber auch, dass die beiden Eingangspixel dem gleichen Pixel eines Bildes entsprechen. Auch enthält sowohl das erste Pixel als auch das zweite Pixel unterschiedliche Abtastorte (Samples), aus denen der Wert für ein Pixel gebildet wird (Vgl. Sp. 19, Z. 50 bis 60: „As discussed earlier, 2-D viewport 420 may be covered with an array of spatial bins. Each spatial bin may be populated with samples whose positions are determined by sample position memory 354. Each spatial bin corresponds to a memory bin in sample buffer 162. A memory bin stores the sample values (e.g. red, green, blue, z, alpha, etc.) for the samples that reside in the corresponding spatial bin. Sample-to-pixel calculation units CU (also referred to as convolve units CU) are configured to read memory bins from sample buffer 162 and to generate pixel values from the sample values contained within the memory bins.”, vgl. auch Fig. 5B und 5C, die die Bildung eines Pixels aus mehreren Samples unterschiedlicher Abtastorte zeigen.). Damit ist auch das Merkmal 8.3 aus Druckschrift D5 bereits bekannt, so dass insgesamt alle Merkmale des Anspruchs 8 in Druckschrift D5 bereits gegeben sind, und der Anzeigekopf des Anspruchs 8 gegenüber dieser Druckschrift nicht neu ist.

83

4. Auch der Anzeigekopf nach Anspruch 8 des 1. Hilfsantrags ist gegenüber Druckschrift D5 nicht neu (§ 3 PatG).

84

Denn zum selbständigen Anspruch 8 des Hauptantrags ist im 1. Hilfsantrag noch das Merkmal 8.6, dass das erste Pixel und das zweite Pixel Gamma-korrigierte Pixel sind und dass der Pixelkombinierer (306, 358) eingerichtet ist, das Mischpixel durch Berechnen einer Gamma-korrigierten Mischung des ersten Pixels und des zweiten Pixels zu generieren, hinzugefügt. Dieses Merkmal kann die Neuheit des beanspruchten Anzeigekopfes jedoch nicht begründen, da Druckschrift D5 bereits beschreibt, dass eine Gammakorrektur erfolgt (Vgl. Sp. 24, Z. 11 bis 14: „Finally, the normalized output pixels may be gamma corrected, and mixed (e.g. blended or multiplexed) into video stream A or video stream B as indicated by step 274.“). Da die Pixel in den Pixelstrom injiziert oder gemischt werden können und eines der Eingangspixel das Ausgangspixel eines anderen gleichartigen Mischers ist, müssen sie bereits vor dem Eintritt in die Mischereinheit (512) Gamma-korrigiert sein und auch nach der Mischereinheit wieder Gamma-korrigiert sein. Darauf lässt auch schließen, dass die Mischereinheit als Multiplexer wirken kann und der letzte Ausgang einer Mischereinheit direkt in den DAC (178A; vgl. Fig. 3) und damit zu einer analogen Anzeige läuft.

85

Da zudem das Weglassen des Merkmals 8.3 lediglich eine Erweiterung des Schutzbereichs des selbständigen Anspruchs 8 des 1. Hilfsantrags darstellt, ist dieser somit ebenfalls nicht patentfähig.

86

5. Die Lehre des Anspruchs 8 des 2. Hilfsantrags ist in der Patentanmeldung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 34 Abs. 4 PatG).

87

So enthält das Merkmal 8.6‘ eine Gleichung, die für viele Kombinationen von Eingangswerten des internen und des externen Pixels nicht erfüllbar ist. So ergibt sich aus der Gleichung

88

P b γ = (4P 1 γ +4P 2 γ +│P 1 γ -P 2 γ │)/4

89

beispielsweise für den Fall, dass P1 γ = P2 γ die folgende Gleichung:

90

Pb γ = 2P1 γ

91

Befindet sich der Pixelwert P1 γ über der Hälfte des darstellbaren Wertebereichs, was nicht ausgeschlossen wird, so geht der neue Pixelwert über den Wertebereich hinaus und ist damit nicht mehr darstellbar. Auch bei anderen Kombinationen ergeben sich Ergebnisse, die über den darstellbaren Bereich hinausgehen. Da gemäß Merkmal 8.5 auch die Möglichkeit der Auswahl sowohl des ersten Pixels als auch des zweiten Pixels zur Darstellung besteht, wird der Fachmann davon ausgehen, dass beide Pixel auch den vollen darstellbaren Wertebereich ausnutzen, so dass für ihn an dieser Stelle keine Einschränkungen der Werte der beiden Eingangspixel ersichtlich sind. Damit wird dem Fachmann keine Lehre vermittelt, wie er vorzugehen hat, wenn der Fall eintritt, dass sich bei der Mischung der Pixel nach der beanspruchten Formel ein über den darstellbaren Wertebereich hinausgehender Wert ergeben würde. Diese Problematik ist in der gesamten Anmeldung nicht angesprochen. Der Fachmann wird zwar auf Grund seines Fachwissens versuchen, die angegebene Gleichung zu korrigieren, doch gibt es hierfür mehrere Möglichkeiten. So wäre beispielsweise P b γ = (4P 1 γ +4P 2 γ +│P 1 γ -P 2 γ │)/8 eine Möglichkeit. Eine weitere wäre P b γ = (2P 1 γ +2P 2 γ +│P 1 γ -P 2 γ │)/4. Welche der denkbaren Möglichkeiten im Sinne der vorliegenden Anmeldung die richtige ist, lässt die Anmeldung indes nicht erkennen, so dass der Fachmann die Erfindung, welche gerade durch die angegebene Formel begründet werden soll, nicht ausführen kann (Vgl. Schulte Patentgesetz, 9. Auflage, § 34, Rdn. 334, 337).

92

6. Die zu den Ansprüchen 8 des Hauptantrags und der beiden Hilfsanträge jeweils nebengeordneten Ansprüche 1, 7 und 13 bzw. 12, sowie die den selbständigen Ansprüchen untergeordneten Ansprüche fallen auf Grund der Antragsbindung mit den Ansprüchen 8 des Hauptantrags bzw. der Hilfsanträge 1 und 2 (Vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863, Tz 18, „Informationsübermittlungsverfahren II“).

93

7. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Anmelderin betreffend die Patentanmeldung 10 2007 021 546.2-55 zurückzuweisen. Zwar hat das Bundespatentgericht durch die Erklärung der Teilung im Beschwerdeverfahren nach derzeitiger mehrheitlicher Rechtsmeinung die Entscheidungskompetenz auch über die neue Teilanmeldung erlangt (so Schulte, PatG, 9. Aufl., § 39 Rn. 62 m.w.N.), doch konnte mangels eingereichter Unterlagen über diese noch keine Entscheidung ergehen. Gleichwohl konnte aber über das Stammpatent entschieden werden, da es hierfür auf das Schicksal der Teilanmeldung nicht ankommt (Vgl. BGH GRUR 2003, 781 (782) – „Basisstation“). Die Teilungserklärung hindert den Fortgang des Beschwerdeverfahrens hinsichtlich der Stammanmeldung nämlich nicht, wenn der Anmelder – wie hier – eine Entscheidung begehrt, die sich ausschließlich auf den nach der Teilungserklärung verbleibenden Gegenstand des Stammpatents bezieht.

III.

94

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war nicht anzuordnen (§ 80 Abs. 3 PatG). Diese wäre nur möglich, wenn über die Beschwerde abschließend entschieden worden wäre, denn selbst wenn für die Stammanmeldung Billigkeitsgründe vorlägen, die eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigten, kann erst zu diesem späteren Zeitpunkt festgestellt werden, ob solche auch in der Teilungsanmeldung, und damit für die Beschwerde insgesamt gegeben sind. Eine abschließende Entscheidung über die Beschwerde liegt aber noch nicht vor, da ein die Teilungsanmeldung betreffender Beschluss des Senats noch aussteht.

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Im vorliegenden Fall kann jedoch bereits im Hinblick auf die Stammanmeldung festgestellt werden, dass eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen nicht in Frage kommt, denn sie käme nur in Betracht, wenn bei ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung der Erlass eines Zurückweisungsbeschlusses nicht in Betracht gekommen wäre und damit die Erhebung einer Beschwerde sowie die Zahlung der Beschwerdegebühr hätte vermieden werden können (Vgl. Schulte Patentgesetz, 9. Auflage, § 80, Rdn. 111 bis 113 und § 73 Rdn. 132). Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.

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Zwar sieht das Bundespatentgericht eine einmalige mündliche Anhörung im Prüfungsverfahren in der Regel als sachdienlich an (Vgl. GRUR 2008, S. 648 f.), doch erlaubt § 46 Satz 4 PatG, alte Fassung dem Prüfer selbständig zu entscheiden, ob er eine Anhörung als sachdienlich erachtet. Im vorliegenden Fall hatte die Anmelderin, wenn auch nur im schriftlichen Verfahren, Gelegenheit sich ausführlich zu den Ansichten der Prüfungsstelle zu äußern, wovon sie im Schriftsatz vom 29. August 2008 auch Gebrauch gemacht hat. Da eine inhaltliche Änderung des Anspruchssatzes nach dem Erstbescheid nicht einmal hilfsweise erfolgt ist, und die Eingabe der Anmelderin weder erkennen ließ, dass sie den Erstbescheid nicht nachvollziehen konnte, so dass eine weitergehende Erklärung notwendig gewesen wäre, noch dass sie bereit wäre, Änderungen in den Ansprüchen vorzunehmen, hatte der Prüfer ausnahmsweise genügend Anhaltspunkte anzunehmen, dass schlichtweg eine unterschiedliche Beurteilung des Standes der Technik vorliege, welche sich auch in einer Anhörung nicht ausräumen ließe, so dass er davon ausgehen durfte, dass eine Anhörung nicht sachdienlich sei. Da die Anmelderin die Anmeldung auch vor dem Bundespatentgericht im Hauptantrag zunächst mit demselben Anspruchssatz wie vor der Prüfungsstelle und damit, abgesehen vom Einfügen von Bezugszeichen, mit den unveränderten ursprünglichen selbständigen Ansprüchen 1 und 8 weiterverfolgt hat, kann zudem auch nicht angenommen werden, dass sie nach einer Durchführung einer Anhörung nicht trotzdem Beschwerde erhoben hätte, um ihre zur Prüfungsstelle unterschiedliche Beurteilung des Standes der Technik vom Bundespatentgericht überprüfen zu lassen.