Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 24.02.2014


BPatG 24.02.2014 - 21 W (pat) 19/13

Patentbeschwerdeverfahren – „Diagnose- und Kalibrierungs-System für ICP-MS-Vorrichtung“ – zur Ausführbarkeit einer Lehre - Begrifflichkeiten in Zusammenhang mit einem Empfindlichkeits-Oxidionen-Graphen müssen vom Fachmann interpretiert werden


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
21. Senat
Entscheidungsdatum:
24.02.2014
Aktenzeichen:
21 W (pat) 19/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2007 046 367.9-54

hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 24. Februar 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Häußler, der Richterin Hartlieb, des Richters Dipl.-Phys. Dr. Müller und der Richterin Dipl.-Phys. Zimmerer

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 01 J des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Dezember 2011 aufgehoben und das Patent 10 2007 046 367 erteilt.

Bezeichnung: Diagnose- und Kalibrierungs-System für ICP-MS-Vorrichtung

Anmeldetag: 27. September 2007

Priorität: JP 2006/295462 (31. Oktober 2006).

Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 12, eingegangen mit Schriftsatz vom 20. Januar 2012

Beschreibung gemäß Offenlegungsschrift

Figuren 1 bis 8 gemäß Offenlegungsschrift.

Gründe

I

1

Die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2007 046 367.9 wurde am 27. September 2007 unter Inanspruchnahme der japanischen Priorität JP 2006/295462 (31. Oktober 2006) mit der Bezeichnung „Diagnose- und Kalibrierungs-System für ICP-MS-Vorrichtung“ von der A…, Inc. (n. d. Ges. d. Staates Delaware), Santa Clara, US, beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Die Veröffentlichung der Patentanmeldung erfolgte am 15. Mai 2008.

2

Die Prüfungsstelle für Klasse H 01 J hat die Anmeldung in der Anhörung vom 14. Dezember 2011 unter Verweis auf § 34 Abs. 4 PatG zurückgewiesen, da das Diagnosesystem gemäß Patentanspruch 1 in der Anmeldung nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass der Fachmann es ausführen könne.

3

Im Prüfungsverfahren sind folgende Druckschriften in Betracht gezogen worden:

4

D1 DE 10 2007 032 176 A1 (nachveröffentlicht)

5

D2 US 5 334 834 A

6

D3 US 5 185 523 A.

7

Gegen den Beschluss der Prüfungsstelle richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 20. Januar 2012, die sinngemäß beantragt,

8

den Beschluss der Prüfungsstelle H 01 J vom 14. Dezember 2011 aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der beigelegten Unterlagen zu erteilen, sinngemäß mit folgenden Unterlagen

9

Ansprüche 1 bis 12, gemäß Schriftsatz vom 20. Januar 2012,

10

Beschreibung S. 1 bis 35, gemäß ursprünglichen Unterlagen,

11

Figuren 1 bis 8, gemäß ursprünglichen Unterlagen,

12

hilfsweise wird mündliche Verhandlung beantragt.

13

Im Beschwerdeverfahren verwies die Anmelderin auf folgende Druckschriften:

14

A1 Akbar Montaser: „Inductively Coupled Plasma Mass Spectrometry“, Wiley, 1998, S. 957, 18-24, 165, 167, 368-376, 525-531, 533-535, 655, 854-865

15

A2 Grenville Holland, Scott D. Tanner: „Plasma Source Mass Spectrometry“, RS.C, 2003, S. 54-65

16

A3 Sergei F. Boulyga et. al.: „Optimisation and application of ICP-MS and alpha-spectrometry for determination of isotopic ratios of depleted uranium and plutonium in samples collected in Kosovo“, J. Annal. At. Spectrum, 2001, Vol. 16, S. 1283-1289

17

A4 Software Guide des ELAN 6000, 1996, S. 3-1 bis 3-53

18

A5 tuning report, 17. April 1997

19

A6 Spezifikation des „VG PlasmaQuad PQ2 Turbo ICP-MS“ von VG Instruments

20

A7 Auszug aus dem Manual des „Agilent 7500 ICP-MS“, S. 4-39 bis 4-42, 2005

21

A8 Tune Report, 15. November 2005

22

A9 Tune Report, 30. Oktober 2001.

23

Der mit Gliederungspunkten versehene, ansonsten wörtlich wiedergegebene geltende Patentanspruch 1 lautet:

24

M1.1 Diagnosesystem zum Diagnostizieren der Vorrichtungseigenschaften, die dem Plasmazustand eines induktiv gekoppelten Plasmamassenspektrometers zugeordnet sind,

25

M1.2 mit dem ein Aerosol, das Trägergas und Flüssigkeitstropfen aufweist, die eine Analyseprobe enthalten, in einen Plasmabrenner eingebracht wird, der in der Nähe einer Arbeitsspule angeordnet ist, die mit einer Hochfrequenzleistungsquelle verbunden ist, um Plasma zu erzeugen, auf solche Weise, dass es Ionen des Elements in dem Aerosol enthält, hin zu einer Schnittstelle, die eine Öffnung aufweist, derart, dass ermöglicht ist, dass ein Teil der Komponenten, die das Plasma bilden, durch die Öffnung passiert und in den Masseanalyseteil eingebracht wird, wobei das Diagnosesystem folgende Merkmale aufweist:

26

M2 eine Ansammlung aus Parameterkombinationen ist gespeichert, was eine Ansammlung aus Kombinationen von Parametern ist,

27

M2.1 bestehend aus einem ersten Parameter zum Bestimmen der Ausgabe der Hochfrequenzleistungsquelle, einem zweiten Parameter zum Bestimmen der Flussrate des Trägergases in dem Aerosol und einem dritten Parameter zum Bestimmen der Distanz zwischen dem Plasmabrenner und der Schnittstelle, und

28

M2.2 die ein spezifisches Array bildet, derart, dass Messpunkte, die den entsprechenden gespeicherten Kombinationen entsprechen, in Reihenfolge entlang der Richtung der Länge einer Hüllkurve angeordnet sind, die das Ende auf der Hochempfindlichkeitsseite eines Graphen bildet, der als eine Ansammlung aller Messpunkte auf einem Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnis-Graphen gezeichnet ist,

29

M3 wobei das Diagnosesystem ausgebildet ist, um eine Diagnosemessung mit einer spezifischen Diagnoseprobe unter Verwendung des Parameterwerts jeder Kombination der Parameterkombinationen, die die Ansammlung bilden, auszuführen, derart,

30

M3.1 dass die Vorrichtungseigenschaften aus der Position der tatsächlichen Messpunkte, die jeder Kombination entsprechen, auf der Hüllkurve auf dem Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnis-Graphen, bestätigt werden können,

31

M4 wobei das Diagnosesystem ausgebildet ist,

32

M4.1 um einen Messpunkt zu bestimmen, bei dem während der Diagnosemessung die Empfindlichkeit maximal ist, und

33

M4.2 basierend auf einem Vergleich der gemessenen Empfindlichkeit an diesem Messpunkt mit einer maximalen Empfindlichkeit der Messpunkte, die den entsprechenden gespeicherten Kombinationen entsprechen, zu bestimmen, ob eine Parameterkorrektur ausgeführt wird oder nicht.

34

Der geltende nebengeordnete Patentanspruch 9 lautet:

35

Kalibrierungssystem zum Kalibrieren der Vorrichtungseigenschaften eines induktiv gekoppelten Plasmamassenspektrometers, das folgende Merkmale aufweist:

36

ein Diagnosesystem zum Diagnostizieren der Vorrichtungseigenschaften, die dem Plasmazustand eines induktiv gekoppelten Plasmamassenspektrometers zugeordnet sind, mit dem ein Aerosol, das Trägergas und Flüssigkeitstropfen aufweist, die eine Analyseprobe enthalten, in einen Plasmabrenner eingebracht wird, der in der Nähe einer Arbeitsspule angeordnet ist, die mit einer Hochfrequenzleistungsquelle verbunden ist, um Plasma zu erzeugen, auf solche Weise, dass es Ionen des Elements in dem Aerosol enthält, hin zu einer Schnittstelle, die eine Öffnung aufweist, derart, dass ermöglicht ist, dass ein Teil der Komponenten, die das Plasma bilden, durch die Öffnung passiert und in den Masseanalyseteil eingebracht wird, wobei das Diagnosesystem folgende Merkmale aufweist:

37

eine Ansammlung aus Parameterkombinationen ist gespeichert, was eine Ansammlung aus Kombinationen von Parametern ist, bestehend aus einem ersten Parameter zum Bestimmen der Ausgabe der Hochfrequenzleistungsquelle, einem zweiten Parameter zum Bestimmen der Flussrate des Trägergases in dem Aerosol und einem dritten Parameter zum Bestimmen der Distanz zwischen dem Plasmabrenner und der Schnittstelle, und die ein spezifisches Array bildet, derart, dass die Messpunkte, die den entsprechenden gespeicherten Kombinationen entsprechen, in Reihenfolge entlang der Richtung der Länge einer Hüllkurve angeordnet sind, die das Ende auf der Hochempfindlichkeitsseite eines Graphen bildet, der als eine Ansammlung aller Messpunkte auf einem Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnis-Graphen gezeichnet ist, und

38

wobei das Diagnosesystem ausgebildet ist, um eine Diagnosemessung mit einer spezifischen Diagnoseprobe unter Verwendung des Parameterwerts jeder Kombination der Parameterkombinationen, die die Ansammlung bilden, auszuführen, derart, dass die Vorrichtungseigenschaften aus der Position der tatsächlichen Messpunkte, die jeder Kombination entsprechen, auf der Hüllkurve auf dem Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnis-Graphen, bestätigt werden können, und wobei das Diagnosesystem eine Einrichtung zum Bestimmen der Position der Messpunkte auf der Hüllkurve auf dem Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnis-Graphen aufweist, die jeder Kombination entsprechen, basierend auf den Koordinaten der tatsächlichen Messpunkte, wenn die Empfindlichkeit auf einem Maximum ist; und

39

eine Kalibrierungseinrichtung (200), die ausgebildet ist, um einen Messpunkt vorauszuwählen, der einer spezifischen Kombination aus der Ansammlung von Parameterkombinationen entspricht, als den geschätzten Maximalempfindlichkeitspunkt, wo geschätzt wird, dass die Empfindlichkeit auf einem Maximum ist, und, wenn der geschätzte Maximalempfindlichkeitspunkt von dem tatsächlichen Messpunkt abweicht, wo die Empfindlichkeit auf einem Maximum ist, wie aus den Diagnoseergebnissen erkannt wird, zum Korrigieren jedes Parameterwerts von zumindest einigen der Parameterkombinationen, die in der Ansammlung aus Parameterkombinationen enthalten sind, durch eine spezifische Regel, derart, dass die maximale Empfindlichkeit an den Punkten erzeugt werden kann, die den geschätzten Maximalempfindlichkeitspunkten während der tatsächlichen Messung entsprechen.

40

Der geltende nebengeordnete Patentanspruch 11 lautet:

41

Kalibrierungssystem zum Kalibrieren der Vorrichtungseigenschaften eines induktiv gekoppelten Plasmamassenspektrometers, dadurch gekennzeichnet, dass es folgende Merkmale aufweist:

42

ein Diagnosesystem zum Diagnostizieren der Vorrichtungseigenschaften, die dem Plasmazustand eines induktiv gekoppelten Plasmamassenspektrometers zugeordnet sind, mit dem ein Aerosol, das Trägergas und Flüssigkeitstropfen aufweist, die eine Analyseprobe enthalten, in einen Plasmabrenner eingebracht wird, der in der Nähe einer Arbeitsspule angeordnet ist, die mit einer Hochfrequenzleistungsquelle verbunden ist, um Plasma zu erzeugen, auf solche Weise, dass es Ionen des Elements in dem Aerosol enthält, hin zu einer Schnittstelle, die eine Öffnung aufweist, derart, dass ermöglicht ist, dass ein Teil der Komponenten, die das Plasma bilden, durch die Öffnung passiert und in den Masseanalyseteil eingebracht wird, wobei das Diagnosesystem folgende Merkmale aufweist:

43

eine Ansammlung aus Parameterkombinationen ist gespeichert, was eine Ansammlung aus Kombinationen von Parametern ist, bestehend aus einem ersten Parameter zum Bestimmen der Ausgabe der Hochfrequenzleistungsquelle, einem zweiten Parameter zum Bestimmen der Flussrate des Trägergases in dem Aerosol und einem dritten Parameter zum Bestimmen der Distanz zwischen dem Plasmabrenner und der Schnittstelle, und die ein spezifisches Array bildet, derart, dass die gespeicherten Messpunkte, die den entsprechenden Kombinationen entsprechen, in Reihenfolge entlang der Richtung der Länge einer Hüllkurve angeordnet sind, die das Ende auf der Hochempfindlichkeitsseite eines Graphen bildet, der als eine Ansammlung aller Messpunkte auf einem Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnis-Graphen gezeichnet ist, und

44

wobei das Diagnosesystem ausgebildet ist, um eine Diagnosemessung mit einer spezifischen Diagnoseprobe unter Verwendung des Parameterwerts jeder Kombination der Parameterkombinationen, die die Ansammlung bilden, auszuführen, derart, dass die Vorrichtungseigenschaften aus der Position der tatsächlichen Messpunkte, die jeder Kombination entsprechen, auf der Hüllkurve auf dem Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnis-Graphen, bestätigt werden können, und eine Einrichtung zum Bestimmen der Position der Messpunkte auf der Hüllkurve auf dem Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnis-Graphen aufweist, die jeder Kombination entsprechen, basierend auf den Koordinaten der tatsächlichen Messpunkte, wenn die Empfindlichkeit auf einem Maximum ist; und

45

eine Kalibrierungseinrichtung, die ausgebildet ist, um, wenn das Verhältnis der Empfindlichkeit an einem tatsächlichen Messpunkt, an dem die Empfindlichkeit basierend auf Diagnoseergebnissen auf einem Maximum ist, zu der Empfindlichkeit an einem spezifischen Referenzmesspunkt, der einer Kombination der Ansammlung aus Parameterkombinationen entspricht, außerhalb eines spezifischen Verhältnisses ist, jeder Parameter von zumindest einigen der Parameterkombinationen, die in der Ansammlung aus Parameterkombinationen enthalten sind, durch eine spezifische Regel zu korrigieren.

46

An die nebengeordneten Ansprüche schließen sich die geltenden Unteransprüche 2 bis 8, 10 und 12 an.

47

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II

48

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 73 Abs. 1, Abs. 2 PatG).

49

Sie hat mit dem geänderten Patentbegehren Erfolg, denn das beanspruchte Diagnosesystem und die beanspruchten Kalibrierungssysteme sind für den Fachmann ausführbar offenbart, gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik jeweils neu (§ 3 Abs. 1 PatG) und ergeben sich für den Fachmann auch nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (§ 4 PatG).

50

1. Die Erfindung betrifft ein Diagnosesystem und ein Kalibrierungssystem für Analysevorrichtungen und insbesondere ein System für die Diagnose und Korrektur von Vorrichtungseigenschaften eines induktiv gekoppelten Plasmamassenspektrometers (ICP-MS; inductively coupled plasma mass spectrometer) (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0001]).

51

Mit Hilfe eines Plasmamassenspektrometers wird eine Probe, wie z. B. eine Flüssigkeit, in ein Plasma eingebracht, die Probe wird ionisiert, diese Ionen werden extrahiert und eine Massenanalyse wird ausgeführt. Die Grundstruktur dieses Spektrometers besitzt einen Plasmaerzeugungsteil zum Erzeugen von Plasma aus einer Probe und einen Massenanalyseteil zum Extrahieren von Ionen aus dem erzeugten Plasma und Analysieren dieser Ionen auf (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0002]). Der Plasmaerzeugungsteil weist einen Zerstäuber bzw. Atomiseur zum Zerstäuben einer flüssigen Probe unter Verwendung eines Gases mit einer spezifischen Flussrate, eine Sprühkammer zum Isolieren eines Teils der zerstäubten Flüssigkeitstropfen in der Form eines Aerosols zusammen mit einem geeigneten Gas (üblicherweise Argon) und einen Plasmabrenner auf, derart, dass Plasma aus dem Plasmagas erzeugt wird und das Aerosol in dieses Plasma eingebracht wird (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0003]).

52

Nach den Ausführungen in der Beschreibungseinleitung bestehen Probleme, wenn eine Hoch-Matrix-Probe durch herkömmliche Verfahren analysiert werde, da eine große Anzahl von Ionen zum Ende der Vorrichtung geführt wird, Oxide und ähnliches abgelagert werden und die Oberflächen des Probenahmekegels, des Skimmerkegels etc. verschmutzen, und die Öffnungen verstopft werden, was die Analyse unmöglich mache. Folglich sei es in dem Fall der Analyse solcher Proben notwendig, die Menge an Matrixmaterial zu reduzieren, das in den Masseanalyseteil über die Schnittstelle eintritt (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0008]).

53

Im Stand der Technik sei daher bekannt, eine hochkonzentrierte Probe manuell oder automatisch zu verdünnen, nachteilig sei dabei jedoch der zusätzliche Zeitbedarf und die Möglichkeit, dass Fehler bei der Verdünnung auftreten (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0009]-[0011]).

54

In der Beschreibungseinleitung ist weiter angegeben, dass die Anmelderin in der japanischen Patentanmeldung JP 2008-045901 A (Anmeldennr. 2006 219 520) eine Steuereinrichtung vorgeschlagen hat, um eine Verdünnung mit ausgezeichneter Reproduzierbarkeit zu realisieren. Wenn mit Hilfe dieses Verfahrens eine Hoch-Matrix-Probe analysiert werde, seien die verschiedenen Parameter derart eingestellt, dass die Anzahl der Ionen, die durch die Schnittstelle passieren, minimiert und die Empfindlichkeit reduziert sei, während wenn eine Niedrig-Matrix-Probe analysiert. Werde, die verschiedenen Parameter derart eingestellt seien, dass die Anzahl von Ionen, die durch die Schnittstelle passieren, und die Empfindlichkeit erhöht seien (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0012]-[0013]).

55

Es bestünde jedoch das Problem, dass die Messergebnisse zu Schwankungen neigen, da zusätzlich zu Drift und ähnlichen Problemen bei den drei primären Parametern viele Parameter vorliegen, die die Messempfindlichkeit beeinflussen, und jene umfassen, die schwierig zu steuern sind. Ein weiteres Problem sei, dass viele Steuerparameter vorliegen und die Neigung besteht, dass Unterschiede bei Eigenschaften zwischen Vorrichtungen vorhanden sind (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0014]-[0015]).

56

Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung die in der Patentanmeldung angegebene Aufgabe zugrunde, ein Diagnose- und Kalibrierungssystem mit verbesserten Charakteristika zu schaffen. Insbesondere soll ein Diagnose- und Kalibrierungssystem geschaffen werden, mit dem es möglich ist, die Eigenschaften, die dem Plasma eines induktiv gekoppelten Massenspektrometers zugeordnet sind, in einem kurzen Zeitraum zu diagnostizieren, und es möglich ist, die Einstellungen der Vorrichtung automatisch zu ändern, derart, dass sie nach Bedarf optimiert werden, mit der Absicht, die Probleme zu beseitigen, die dem Vorhandensein vieler Parameter zugeordnet sind (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0016]-[0017]).

57

Die Lösung der Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Diagnosesystem gemäß Anspruch 1 und ein Kalibrierungssystem gemäß Anspruch 9 und 11 gelöst, insbesondere ist nach dem geltenden Anspruch 1

58

- eine Parameterkombination gespeichert, aus einem ersten Parameter zum Bestimmen der Ausgabe der Hochfrequenzleistungsquelle, einem zweiten Parameter zum Bestimmen der Flussrate des Trägergases in dem Aerosol und einem dritten Parameter zum Bestimmen der Distanz zwischen dem Plasmabrenner und der Schnittstelle, und diese Parameterkombination bildet ein spezifisches Array, derart, dass die Messpunkte, die den entsprechenden gespeicherten Kombinationen entsprechen, in Reihenfolge entlang der Richtung der Länge einer Hüllkurve angeordnet sind, die das Ende auf der Hochempfindlichkeitsseite eines Graphen bildet, der als eine Ansammlung aller Messpunkte auf einem Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnis-Graphen gezeichnet ist,

59

- wobei das Diagnosesystem ausgebildet ist, um eine Diagnosemessung mit einer spezifischen Diagnoseprobe unter Verwendung des Parameterwerts jeder Kombination der Parameterkombinationen, die die Ansammlung bilden, auszuführen, derart, dass die Vorrichtungseigenschaften aus der Position der tatsächlichen Messpunkte, die jeder Kombination entsprechen, auf der Hüllkurve auf dem Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnis-Graphen, bestätigt werden können,

60

- wobei das Diagnosesystem ausgebildet ist, um einen Messpunkt zu bestimmen, bei dem während der Diagnosemessung die Empfindlichkeit maximal ist, und basierend auf einem Vergleich der gemessenen Empfindlichkeit an diesem Messpunkt mit einer maximalen Empfindlichkeit der Messpunkte, die den entsprechenden gespeicherten Kombinationen entsprechen, zu bestimmen, ob eine Parameterkorrektur ausgeführt wird oder nicht.

61

Die Figur 1 zeigt primär den Plasmaerzeugungsteil (10) des Hauptabschnitts des ICP-MS, das durch die vorliegende Offenbarung verwendet wird, mit der Aerosolerzeugungseinrichtung (30), dem Plasmabrenner (20) und der Steuervorrichtung (70).

Abbildung

62

Die Figur 3 aus der Patentanmeldung wird zur Erklärung der Parameterkorrektur anhand des Graphen des Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnisses verwendet:

Abbildung

63

2. Die geltenden Patentansprüche sind zulässig, da ihre Merkmale in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen jeweils als zur Erfindung gehörend offenbart sind.

64

Die Merkmale M1.1 und M1.2, M2, M2.1, M3.1 entsprechen den Merkmalen aus dem ursprünglichen Anspruch 1.

65

Im Merkmal M2.2 wurde der bestimmte Artikel vor Messpunkte gestrichen, was jedoch aufgrund der gleichlautenden nachfolgenden Definition („Messpunkte, die den entsprechenden gespeicherten Kombinationen entsprechen“) zu keiner inhaltlichen Änderung führt. Weiter ist präzisiert, dass die entsprechenden Kombinationen die entsprechenden gespeicherten Kombinationen sind. Dieser Zusatz ist aufgrund des vorhergehenden Merkmals M2.1, nachdem die Ansammlung aus Parameterkombinationen gespeichert ist, für den Fachmann offenbart.

66

Das Merkmal M3 wurde um den Zusatz erweitert: „wobei das Diagnosesystem ausgebildet ist, um“. Diesen Zusatz hat der Fachmann bereits im ursprünglichen Anspruch 1 mitgelesen.

67

Das Merkmal M4.1 ist Teil des Verfahrensschritts 308 nach Fig. 6, nach dem der Punkt, an dem die Messempfindlichkeit auf einem Maximum ist. Dies entspricht der ersten Gruppe nach Fig. 7. Das Merkmal M4.2 ist durch die ursprüngliche Beschreibung S. 31 Z. 37 - S. 33 Z. 22 und die Verfahrensschritte 309 und 310 nach Fig. 6 offenbart.

68

Damit sind die Merkmale des geltenden Anspruchs 1 ursprünglich offenbart.

69

Die Ansprüche 2 bis 8, 10 und 12 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 8, 10 und 12. In den Ansprüchen 9 und 11 wurde analog zu Anspruch 1 die entsprechenden Kombinationen als gespeicherte Kombinationen präzisiert.

70

3. Als Fachmann auf dem vorliegenden technischen Gebiet wird ein Diplom-Ingenieur oder Physiker mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung von Plasma-Massenspektrometern, insbesondere von induktiv-gekoppelten Plasma-Massenspektrometern (ICP-MS) angesehen.

71

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen kann.

72

Der Begriff „Oxidionenverhältnis“ nach den Merkmalen M2.2 und M3.1 wird in der Anmeldung nicht definiert, daher interpretiert der zuständige Fachmann diesen Begriff mit Hilfe seines Fachwissens. Dem Vertreter der Anmelderin wird zugestimmt, dass der englische Begriff „oxid ion ratio“ (Oxidionenverhältnis) dem Fachmann aufgrund der Auswirkungen des Oxid-Ions auf die Messgenauigkeit des Analyt-Ions geläufig ist. So versteht der Fachmann den Begriff „oxid ion ratio“ (Oxidionenverhältnis) als das Verhältnis der Mono-Oxid-Ionen zu den Ionen eines spezifischen Elements (vgl. A1 bis A4, A6).

73

Als spezifisches Element werden in der Beschreibung die Elemente Ce (Cerium), Ba (Barium) und La (Lanthan) genannt (vgl. Offenlegungsschrift Abs. [0059]: „Mit Hilfe des vorliegenden Ausführungsbeispiels wird Ce (Cerium) als das spezifische Ion verwendet, es ist jedoch auch möglich, Ba (Barium) oder La (Lanthan) zu verwenden.“). Diese Elemente sind dem Fachmann im Zusammenhang mit dem Oxidionenverhältnis geläufig (vgl. u. a. A1 S. 19).

74

Das Oxidionenverhältnis wird im Graph des Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnisses mit der Erfassungsempfindlichkeit für ein spezifisches Ion korreliert. So zeigt der Graph des Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnisses die Erfassungsempfindlichkeit für ein spezifisches Ion auf der x-Achse und das Oxidionenverhältnis des betreffenden Ions auf der y-Achse, dargestellt als ein Logarithmus (vgl. Offenlegungsschrift Abs. [0059]).

75

Auch für die Empfindlichkeit findet sich keine Definition in der Beschreibung. Unter „Empfindlichkeit“ wird in der Messtechnik die Änderung eines Wertes der Ausgangsgröße eines Messgeräts bezogen auf die sie verursachende Änderung des Wertes der Eingangsgröße verstanden (vgl. u. a. DIN 1319). Im vorliegenden Verfahren ist jedoch zu beachten, dass die Empfindlichkeit des Messgeräts bei gleichbleibender und – im Fall der Diagnosemessung - unbekannter Eingangsgröße ermittelt wird. Bei konstanter Eingangsgröße ist die Empfindlichkeit direkt von der Ausgangsgröße abhängig. Im speziellen Fall der Kalibrierung von induktiv-gekoppelten Plasmamassenspektrometern ist dem Fachmann weiter geläufig, die Empfindlichkeit bei einer Messprobe als Zählwert pro Messperiode anzugeben (analog zur Intensität) (vgl. A4 S. 3-14, 3-25). Unterstützt wird diese Auslegung durch die Figur 8 der Patentanmeldung, bei der als Abszisse die „Empfindlichkeit (Intensität)“ aufgetragen ist.

76

Da der Fachmann somit die Begrifflichkeiten „Oxidionenverhältnis“ und „Empfindlichkeit“ beim Lesen der Anmeldung für den speziellen Fall der Kalibrierung des Plasmamassenspektrometers entsprechend deuten und einordnen kann, ist ihm auch die Bedeutung des Graphen des Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnisses klar.

77

In der Offenlegungsschrift Abs. [0059] heißt es zum Graph des Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnisses: „Dieser Graph des Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnisses zeigt die Erfassungsempfindlichkeit für ein spezifisches Ion auf der x-Achse und das Oxidionenverhältnis des betreffenden Ions auf der y-Achse, dargestellt als ein Logarithmus. Die Region, die durch gekrümmte Linien in der Figur eingeschlossen ist, zeigt die Verteilung von Messpunkten, wenn die oben erwähnten Faktoren, im Wesentlichen die Trägergasflussrate, die Hochfrequenz-Leistungsquellen-Ausgabe und die Distanz Z zwischen dem Plasmabrenner und der Schnittstelle, als variable Parameter verändert werden.“

78

Einem Fachmann ist somit der Zusammenhang zwischen Oxidionenverhältnis und Empfindlichkeit gemäß dem Empfindlichkeit-Oxidionenverhältnis-Graphen klar, so dass er in der Lage ist, die in der vorliegenden Anmeldung beschriebene technische Lehre auszuführen. Es werden gemäß den Merkmalen M3 und M3.1 während der Diagnosemessung die Messdaten Empfindlichkeit und Oxidionenverhältnis bei konstanter Konzentration der Diagnoseprobe für jede Parameterkombination gesammelt. Die Messergebnisse werden hinsichtlich der Messempfindlichkeit gemäß den Merkmalen M4.1 und M4.2 bewertet (vgl. Offenlegungsschrift Abs. [0090]-[0091]) und gegebenenfalls wird eine Parameterkorrektur ausgeführt (vgl. Offenlegungsschrift Abs. [0092]-[0094]).

79

Der Fachmann kann daher anhand der Offenbarung das erfindungsgemäße Ziel zuverlässig in praktisch ausreichendem Maße erreichen. Da der Fachmann anhand der Angaben unter Einsatz seines Fachwissens somit in der Lage ist, die offenbarte technische Lehre praktisch zu verwirklichen, ist die Erfindung ausführbar i. S. v. § 34 Abs. 4 PatG.

80

5. Die Vorrichtung gemäß dem geltenden Anspruch 1 ist neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

81

Die nachveröffentlichte Druckschrift D1 zeigt die Merkmale der Vorrichtung nach M1.2 (vgl. D1 Fig. 1), mögliche Parameterkombination nach Merkmal M2 bis M2.2 (vgl. D1 Zusammenfassung, Fig. 4B) und die Messung aufgrund der Parameterkombination nach dem Merkmal M3 (vgl. D1 Fig. 4A, 5A, 5B). Auch die Bestimmung der maximalen Empfindlichkeit ist angegeben (vgl. D1 Anspruch 1). Eine Diagnose entsprechend den Merkmalen M3.1 und M4.2 ist jedoch nicht offenbart. Damit ist die Vorrichtung neu gegenüber der Lehre nach der Druckschrift D1.

82

Bezüglich der erfinderischen Tätigkeit kann die Druckschrift D1 nicht herangezogen werden, da sie erst nach dem Anmeldetag der vorliegenden Patentanmeldung offengelegt wurde.

83

Ein Empfindlichkeit-Oxidionen-Verhältnis-Graph oder eine Anregung hierfür ist weder aus dem Stand der Technik nach den Druckschriften D2 und D3 noch aus dem Fachwissen oder Fachkönnen ersichtlich.

84

Damit steht der im Verfahren befindliche Stand der Technik und das Fachwissen und Fachkönnen des zuständigen Fachmanns der Patentfähigkeit hinsichtlich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht entgegen.

85

6. Die Patentfähigkeit des Kalibrierungssystems nach Anspruch 9 und 11 wird sinngemäß von den für das Diagnosesystem gemäß Anspruch 1 ausgeführten Gründen getragen. Die Ansprüche 9 und 11 sind daher gleichfalls gewährbar.

86

7. Die Unteransprüche 2 bis 8, 10 und 12 sind mit den nebengeordneten Ansprüchen ebenfalls gewährbar.

87

Die Unteransprüche 2 bis 8, 10 und 12 betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen der nebengeordneten Ansprüche, und die übrigen Unterlagen erfüllen insgesamt die an sie zu stellenden Anforderungen.