Entscheidungsdatum: 16.08.2010
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 100 66 264.1-35
(Teilanmeldung zum Stammpatent 100 53 739)
…
hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. August 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, die Richterin Werner, sowie die Richter Dipl.-Ing. Gottstein und Dipl.-Ing. Kleinschmidt
beschlossen:
Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen
I.
Gegenstand des Anmeldebeschwerdeverfahrens ist die Teilanmeldung 100 66 264.1-35 mit der Bezeichnung „Verfahren und System zum Erfassen von Sendebeiträgen“. Die Anmeldung beruht auf der Teilungserklärung vom 18. Februar 2005 und ist aus dem Stammpatent 100 53 739 hervorgegangen.
Gegen das Stammpatent ist unter dem Aktenzeichen 20 W (pat) 335/04 vor dem Bundespatentgericht ein Einspruchsverfahren betrieben worden. In diesem Verfahren hat der (dortige) Patentinhaber (und hiesige Anmelder) das Stammpatent zuletzt mit Hauptantrag und fünf Hilfsanträgen verteidigt. Patentanspruch 1 gemäß dem damaligen Hilfsantrag IV hatte die folgende Fassung:
„"1. Verfahren zum Erfassen von Sendebeiträgen in Form von Musikstücken, welches die Schritte aufweist:
a) Bereitstellen eines Medienempfängers (1) eines Benutzers zum Empfangen der Sendebeiträge und Wiedergeben der Musikstücke mittels Audiosignale,
b) Auswählen zumindest eines Musikstücks durch den Benutzer,
c) Übertragen der durch das zumindest eine ausgewählte Musikstück festgelegten Audiosignale an eine Vermittelungseinheit (3) mittels einer Sendeeinheit (2), wobei das Übertragen der Audiosignale über ein Mobilfunkgerät (2), vorzugsweise einem Handy, als Sendeeinheit (2) erfolgt,
d) Auswerten und Identifizieren der Audiosignale in der Vermittelungseinheit (3), wobei das Auswerten und Identifizieren der Audiosignale durch Umwandlung der Audiosignale des Musikstücks in ein Sonogram erfolgt und ein Vergleich mit den in einer Datenbank in der Vermittelungseinheit vorhandenen Sonogrammen erfolgt,
e) Rückübermittelung der durch das Identifizieren der Audiosignale festgelegten Informationen des Musikstücks, insbesondere in Form des Musiktitels, von der Vermittelungseinheit zu dem Mobilfunkgerät (2) des Benutzers, wobei die Rückübermittlung der durch das Identifizieren der Audiosignale festgelegten Informationen anhand eines Message Service der Mobilfunktechnologie, insbesondere eines Short Message Service (SMS), erfolgt,
f) Abrechnen und Bestellen des Musikstücks, wobei das
Abrechnen über eine Telefonrechnung eines das Mobilfunkgerät (2) betreibenden Mobilfunkbetreibers oder über einen die Vermittelungseinheit betreibenden Anbieter unter Vermittlung eines Mobilfunkbetreibers erfolgt, indem der Anbieter die Identität des Benutzers durch den Mobilfunkbetreiber erfährt, wobei das Musikstück über WAP-Software bestellt wird."
Das Einspruchsverfahren gegen das Stammpatent endete mit Beschluß des Bundespatentgerichts vom 21. Februar 2005, worin das Patent 100 53 739 widerrufen wurde. Der Beschluß ist bestandskräftig geworden.
Die beschwerdegegenständliche Teilanmeldung 100 66 264.1-35 ist im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt von der Prüfungsstelle für Klasse H04H durch Beschluss vom 18. Oktober 2006 zurückgewiesen worden. Der Zurückweisung lagen die in der Anhörung vom 16. Oktober 2006 eingereichten Patentansprüche 1 bis 11 zugrunde. Die Prüfungsstelle hat ihren Beschluss damit begründet, dass die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 und 5 mangels des Zugrundeliegens einer erfinderischen Tätigkeit nicht gewährbar seien.
Für die Beurteilung der Patentfähigkeit hat die Prüfungsstelle die nachfolgenden Druckschriften als relevant erachtet:
US 5,991,737 A
US 6,121,530 A
US 4,087,630 A
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Mit seiner Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle vom 18. Oktober 2006 verfolgt der Anmelder seine Teilanmeldung weiter und beantragt:
den Beschluss der Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts für die Klasse H04H vom 18. Oktober 2006 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche: Patentansprüche 1 - 11, eingereicht beim Bundespatentgericht mit Schriftsatz vom 28. April 2010, Bl. 117, 153 - 156 der Gerichtsakte.
Beschreibung: Seiten 1, 1a, 2, eingereicht beim Bundespatentgericht mit Schriftsatz vom 28. April 2010, Bl. 117 ff, 187 - 189 der Gerichtsakte, sowie Seiten 3-6 aus dem Schriftsatz vom 18. Februar 2005, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 21. Februar 2005, Bl. 18 ff, 22 - 25 der Amtsakte.
Zeichnung: Figur 1 aus dem Schriftsatz vom 18. Februar 2005, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 21. Februar 2005, Bl. 18 ff, 30 der Amtsakte.
Hilfsantrag 1:
Patentansprüche: Patentansprüche 1 - 11, eingereicht in der mündlichen Verhandlung
Beschreibung und Zeichnung wie Hauptantrag
Hilfsantrag 2:
Patentansprüche: Patentansprüche 1 - 15, eingereicht in der mündlichen Verhandlung
Beschreibung und Zeichnung wie Hauptantrag .
Hilfsantrag 3:
Patentansprüche: Patentansprüche 1 - 15, eingereicht beim Bundespatentgericht mit Schriftsatz vom 28. April 2010, Bl. 117, 182 - 186, der Gerichtsakte
Beschreibung und Zeichnung wie Hauptantrag.
In der mündlichen Verhandlung vom 16. August 2010 hat der Anmelder außerdem die Teilung der Teilanmeldung erklärt.
Der Anmeldegegenstand betrifft ein Verfahren und ein Telekommunikationssystem zum Identifizieren von Sendebeiträgen, die ein Medienempfänger bereitstellt. Ausgehend von dem Problem, den Titel eines momentan gespielten Musikstücks zu erkennen, um dieses Musikstück ggf. auf einem entsprechenden Medium käuflich zu erwerben, hat es sich der Anmelder zur Aufgabe gemacht, ein Verfahren und ein System anzugeben, mit denen dem Benutzer eine Verarbeitung bzw. Identifikation von Sendebeiträgen in Form von Musikstücken auf einfache und schnelle Art und Weise und an einem beliebigen Ort durch Mitteilung des Musiktitels ermöglicht wird.
Diese Aufgabe soll dadurch gelöst werden, dass ein gesendetes Musikstück mittels eines Medienempfängers wiedergegeben und bei Auswahl durch den Nutzer die Audiosignale des ausgewählte Sendebeitrags mit Hilfe einer Sendeeinheit, beispielsweise einem Mobilfunkgerät, an eine Vermittlungseinheit übertragen werden. In der Vermittlungseinheit werden die Audiosignale bearbeitet und in ein Sonogramm umgewandelt. Das so gewonnene Sonogramm wird mit in einer Datenbank hinterlegten Sonogrammen verglichen, wodurch das akustische Muster des Musikstücks identifiziert werden kann. Die dadurch ermittelten Informationen in Form des Musiktitels des ausgewählten Musikstücks werden daraufhin von der Vermittlungseinheit an das Mobilfunkgerät des Benutzers mit einem Message Service der Mobilfunktechnologie zurück übermittelt. Damit wird für den Benutzer die Möglichkeit geschaffen, den Titel eines momentan gespielten Musikstücks zu erfahren.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
„1. Verfahren zum Erfassen von Sendebeiträgen in Form von Musikstücken, welches die Schritte aufweist
a) Bereitstellen eines Medienempfängers (1) eines Benutzers zum Empfangen der Sendebeiträge und Wiedergeben der Musikstücke mittels Audiosignale
b) Auswählen zumindest eines Musikstücks durch den Benutzer
c) Übertragen der durch das zumindest eine ausgewählte Musikstück festgelegten Audiosignale an eine Vermittelungseinheit (3) mittels einer Sendeeinheit (2), wobei das Übertragen der Audiosignale über ein Mobilfunkgerät (2), vorzugsweise einem Handy, als Sendeeinheit (2) erfolgt und die Audiosignale des von dem Medienempfänger wiedergegebenen Musikstück über das Mobilfunkgerät an die Vermittelungseinheit übermittelt werden
d) Auswerten und Identifizieren der Audiosignale in der Vermittelungseinheit (3), wobei das Auswerten und Identifizieren der Audiosignale durch Umwandlung der Audiosignale des Musikstücks in ein Sonogramm erfolgt und ein Vergleich mit den in einer Datenbank in der Vermittelungseinheit vorhandenen Sonogrammen erfolgt
e) Rückübermittelung der durch das Identifizieren der Audiosignale festgelegten Informationen des Musikstücks in Form des Musiktitels von der Vermittelungseinheit zu dem Mobilfunkgerät (2) des Benutzers, wobei die Rückübermittlung der durch das Identifizieren der Audiosignale festgelegten Informationen anhand eines Message Service der Mobilfunktechnologie, insbesondere eines Short Message Service (SMS), erfolgt
f) Abrechnen der durch das Identifizieren der Audiosignale festgelegten Informationen des Musikstücks in Form des Musiktitels, wobei das Abrechnen über eine Telefonrechnung eines das Mobilfunkgerät (2) betreibenden Mobilfunkbetreibers oder über einen die Vermittelungseinheit betreibenden Anbieter unter Vermittlung eines Mobilfunkbetreibers erfolgt, indem der Anbieter die Identität des Benutzers durch den Mobilfunkbetreiber erfährt.“
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet (Änderung gegenüber Hauptantrag fett):
„1. Verfahren zum Identifizieren Erfassen von Sendebeiträgen in Form von Musikstücken, welches die Schritte aufweist
a) Bereitstellen eines Medienempfängers (1) eines Benutzers zum Empfangen der Sendebeiträge und Wiedergeben der Musikstücke mittels Audiosignalen
b) Auswählen zumindest eines momentan gesendeten bzw. wiedergegebenen Musikstücks durch den Benutzer, Anwählen einer Vermittelungseinheit (3) mit einem Mobilfunkgerät (2) und Aufbauen einer Sprechverbindung zwischen Mobilfunkgerät (2) und der Vermittelungseinheit
c) Übertragen der durch das zumindest eine ausgewählte Musikstück festgelegten Audiosignale an eine die Vermittelungseinheit (3) mittels einer Sendeeinheit (2), wobei das Übertragen der Audiosignale über ein des Mobilfunkgerätes (2), vorzugsweise einem Handy, als Sendeeinheit (2) erfolgt und wobei die Audiosignale des von dem Medienempfänger momentan wiedergegebenen Musikstück es über die Sprechverbindung das des Mobilfunkgerät es (2) an die Vermittelungseinheit (3) übermittelt werden
d) Auswerten und Identifizieren der Audiosignale in der Vermittelungseinheit (3), wobei das Auswerten und Identifizieren der Audiosignale durch Umwandlung der Audiosignale des Musikstücks in ein Sonogramm erfolgt und das Identifizieren der Audiosignale durch ein en Vergleich mit den in einer Datenbank in der Vermittelungseinheit (3) vorhandenen Sonogrammen erfolgt
e) Rückübermittelung der durch das Identifizieren der Audiosignale festgelegten Informationen des Musikstücks in Form des Musiktitels von der Vermittelungseinheit zu dem Mobilfunkgerät (2) des Benutzers, wobei die Rückübermittlung der durch das Identifizieren der Audiosignale festgelegten Informationen anhand eines Message Service der Mobilfunktechnologie, insbesondere eines Short Message Service (SMS), erfolgt.“
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet (Änderung gegenüber Hilfsantrag 1 fett):
„1. Verfahren zum Identifizieren von Sendebeiträgen in Form von Musikstücken, welches die Schritte aufweist
a) Bereitstellen eines Medienempfängers (1) eines Benutzers zum Empfangen der Sendebeiträge und Wiedergeben der Musikstücke mittels Audiosignalen
b) Auswählen eines momentan gesendeten bzw. wiedergegebenen Musikstücks durch den Benutzer, Anwählen einer Vermittelungseinheit (3) mit einem Mobilfunkgerät (2) und Aufbauen einer Sprechverbindung zwischen Mobilfunkgerät (2) und der Vermittelungseinheit
c) Übertragen der durch das zumindest eine ausgewählte Musikstück festgelegten Audiosignale an die Vermittelungseinheit (3) mittels ein des Mobilfunkgerätes (2), vorzugsweise einem Handy, wobei die Audiosignale des von dem Medienempfänger momentan wiedergegebenen Musikstückes über die Sprechverbindung des Mobilfunkgerätes (2) an die Vermittelungseinheit (3) übermittelt werden
d) Auswerten und Identifizieren der Audiosignale in der Vermittelungseinheit (3), wobei das Auswerten der Audiosignale durch Umwandlung der Audiosignale des Musikstücks in ein Sonogramm erfolgt und das Identifizieren der Audiosignale durch einen Vergleich mit den in einer Datenbank in der Vermittelungseinheit vorhandenen hinterlegten Vielzahl von Musikstücken in Form von Sonogrammen erfolgt, wobei in der Datenbank jedem Musikstück der jeweilige Titel zugeordnet ist
e) Rückübermittelung der durch das Identifizieren der Audiosignale festgelegten Informationen des Musikstücks in Form des Musiktitels von der Vermittelungseinheit zu dem Mobilfunkgerät (2) des Benutzers, wobei die Rückübermittlung der durch das Identifizieren der Audiosignale festgelegten Informationen anhand eines Message Service der Mobilfunktechnologie, insbesondere eines Short Message Service (SMS), erfolgt
f) Abrechnen der durch das Identifizieren der Audiosignale festgelegten Informationen des Musikstücks in Form des Musiktitels, wobei das Abrechnen über eine Telefonrechnung eines das Mobilfunkgerät (2) betreibenden Mobilfunkbetreibers oder über einen die Vermittelungseinheit betreibenden Anbieter unter Vermittlung eines Mobilfunkbetreibers erfolgt, indem der Anbieter die Identität des Benutzers durch den Mobilfunkbetreiber erfährt.“
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 lautet (Änderung gegenüber Hilfsantrag 2 fett):
„1. Verfahren zum Identifizieren von Sendebeiträgen in Form von Musikstücken, welches die Schritte aufweist
a) Bereitstellen eines Medienempfängers (1) eines Benutzers zum Empfangen der Sendebeiträge und Wiedergeben der Musikstücke durch den Medienempfänger (1) eines Benutzers mittels Audiosignalen
b) Auswählen zumindest eines momentan gesendeten bzw. wiedergegebenen Musikstücks durch den Benutzer, Anwählen einer Vermittelungseinheit (3) mit einem Mobilfunkgerät (2) und Aufbauen einer Sprechverbindung zwischen Mobilfunkgerät (2) und der Vermittelungseinheit
c) Übertragen der durch das zumindest eine ausgewählte Musikstück festgelegten Audiosignale an die Vermittelungseinheit (3) mittels ein des Mobilfunkgerätes (2), vorzugsweise einem Handy, wobei die Audiosignale des von dem Medienempfänger momentan wiedergegebenen Musikstückes über die Sprechverbindung des Mobilfunkgerätes (2) an die Vermittelungseinheit (3) übermittelt werden und wobei die Audiosignale mindestens einen zeitlich begrenzten Bereich des Sendebeitrags darstellen
d) Auswerten und Identifizieren der Audiosignale in der Vermittelungseinheit (3), wobei das Auswerten der Audiosignale durch Umwandlung der Audiosignale des Musikstücks in ein Sonogramm erfolgt und das Identifizieren durch einen Vergleich mit den in einer Datenbank in der Vermittelungseinheit hinterlegten Vielzahl von Musikstücken in Form von Sonogrammen erfolgt, wobei in der Datenbank jedem Musikstück der jeweilige Titel zugeordnet ist
e) Rückübermittelung der durch das Identifizieren der Audiosignale festgelegten Informationen des Musikstücks in Form des Musiktitels von der Vermittelungseinheit zu dem Mobilfunkgerät (2) des Benutzers, wobei die Rückübermittlung der durch das Identifizieren der Audiosignale festgelegten Informationen anhand eines Message Service der Mobilfunktechnologie, insbesondere eines Short Message Service (SMS), erfolgt
f) Abrechnen der durch das Identifizieren der Audiosignale festgelegten Informationen des Musikstücks in Form des Musiktitels, wobei das Abrechnen über eine Telefonrechnung eines das Mobilfunkgerät (2) betreibenden Mobilfunkbetreibers oder über einen die Vermittelungseinheit betreibenden Anbieter unter Vermittlung eines Mobilfunkbetreibers erfolgt, indem der Anbieter die Identität des Benutzers durch den Mobilfunkbetreiber erfährt.“
Bezüglich des Wortlauts der jeweils geltenden Neben- und Unteransprüche in den Fassungen nach dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 3 wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
Der Anmelder hält das Verfahren und System zur Erfassen von Sendebeiträgen in den gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 verteidigten Anspruchsfassungen für patentfähig, da sie durch den Stand der Technik, insbesondere die Druckschriften US 5,991,737 A, US 6,121,530 A und US 4,087,630 A, weder neuheitsschädlich vorweggenommen noch dem Fachmann nahegelegt seien, denn keine der entgegengehaltenen Druckschriften lehre die Übertragung von Audiosignalen eines Musikstückes an eine Vermittlungseinheit über eine Sprechverbindung.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Der Anmeldegegenstand richtet sich seinem technischen Inhalt nach an einen Elektroingenieur mit Fachhochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Kommunikationstechnik. Zu seinen Aufgaben zählt, wie sich ein zellulares Telefon sinnvoll in der Medientechnik einsetzen lässt.
1. zum Hauptantrag
Der auf den Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gerichtete Erteilungsantrag ist unzulässig, weil der Patentinhaber an der beantragten Entscheidung kein schutzwürdiges Rechtsschutzinteresse mehr hat. Denn der erkennende Senat hat bereits im Einspruchsverfahren gegen das Stammpatent über denselben Patentgegenstand bestandskräftig entschieden.
1.1 Der Gegenstand von Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist identisch mit dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 aus dem Hilfsantrag IV, wie ihn der Patentinhaber im Einspruchsverfahren 20 W (pat) 335/04 zur Verteidigung des Stammpatents verfolgt hat. Abweichungen in den Formulierungen beider Ansprüche lassen die Identität der Gegenstände unberührt.
Hinsichtlich der Merkmale a) und c) weicht der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag der Teilanmeldung von dem im Einspruch gegen das Stammpatent verteidigten Fassung gemäß Hilfsantrag IV nur dahingehend ab, dass in dem zur Entscheidung anstehenden Patentanspruch 1 im Merkmal a) der Wortlaut „Bereitstellen eines Medienempfängers eines Benutzers zum Empfangen…“ durch „Nutzen eines Medienempfängers zum Empfangen…“ und im Merkmal c) der Wortlaut„indem eine Sprechverbindung zwischen dem Mobilfunkgerät (2) und der Vermittlungseinheit (3) zur Ermittlung des momentan gespielten Musikstücks aufgebaut wird“ durch „die Audiosignale des von dem Medienempfänger wiedergegebenen Musikstück über die Sprechverbindung des Mobilfunkgeräts an die Vermittelungseinheit übermittelt werden“ ausgetauscht wurden.
Einerseits setzt das Nutzen eines Gegenstandes, im vorliegenden Fall des Medienempfängers, sein Vorhandensein und damit sein Bereitstellen grundsätzlich voraus, andererseits ist im Falle seiner Bereitstellung nach allgemeiner Lebenserfahrung auch seine Nutzung zu unterstellen, da ansonsten der Vorgang des Bereitstellens jedes Sinnes beraubt wäre. Die Benutzung des für den weiteren Verfahrensablauf funktionsnotwendigerweise bereitzustellenden Medienempfängers wird in den maßgebenden Fassungen des Patentanspruchs 1 jeweils durch die Auswahl der Musikstücke durch den Nutzer im anschließende Merkmal b) nachhaltig belegt. Damit erweisen sich die in den jeweiligen Merkmalen a) ausformulierten Abläufe in der Sache als vollkommen gleichwertig.
Ebenso werden im Merkmal c) des vorliegenden Patentanspruchs 1 die im Merkmal c) der im Einspruchsverfahren gegen das Stammpatent mit Hilfsantrag IV beantragten Fassung des Patentanspruchs 1 enthaltenen Sachverhalte lediglich in anderer Wortwahl aber inhaltlich identisch wiedergegeben. Denn beide Varianten des Merkmals c) reflektieren bei fachlicher Lesartart in sachlicher Übereinstimmung auf die Übertragung des ausgewählten Musikstückes, respektive der Audiosignale des Musikstückes, über eine aktivierte Sprechverbindung.
Die weiter vorhandenen Abweichungen gegenüber dem im Einspruch vorgelegten Patentanspruch 1 gemäß dortigem Hilfsantrag IV durch Weglassen von Teilmerkmalen in den Merkmalen c) („… und wobei vom Benutzer keine weitere Eingabe oder Übertragung zur Identifizierung des ausgewählten Musikstücks vorgenommen wird,“ ) und f) („Bestellen“) stuft der Senat als bedeutungslos ein, da sie nur einschränkend wirken und der dadurch enger gefasste Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IV des Einspruchsverfahrens in der Stammanmeldung den Gegenstand des vorliegenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag nach wie vor voll umfasst.
Eine Änderung des sachlichen Inhalts des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag gegenüber dem im Einspruchsverfahren 20 W pat) 335/04 vorgelegten Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IV ist dadurch nicht gegeben.
1.2 Im Verfahren der Trennanmeldung kann kein Gegenstand beansprucht werden, über den in der Stammanmeldung bereits abschließend sachlich entschieden ist (BGH, GRUR 2000, 688, II. 2 c) - Graustufenbild). Das hat der Bundesgerichtshof im Zuge seiner Rechtsprechung zur wirksamen Teilungserklärung und zum notwendigen Erklärungsgehalt der Teilungserklärung ausdrücklich festgestellt (s. BGH a. a. O. im Zusammenhang mit BGHZ 98, 196, III. 4 b) - Kraftfahrzeuggetriebe - und BGHZ 152, 172, II. 3. c) β) - Sammel-
hefter (I)).
2. Zu den Hilfsanträgen
2.1. zum Hilfsantrag 1
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. In naheliegender Weise ergab er sich für den Fachmann am Anmeldetag aus dem Stand der Technik nach der US 6,121,530 A und der US 5,991,737 A in Verbindung mit dem Fachwissen und - können.
a) Der Fachmann kennt er aus der US 5,991,737 A ein Verfahren zum Identifizieren von Sendebeiträgen in Form von Musikstücken, bei dem einem Benutzer über ein sogenanntes Handy, mithin einem Mobilfunkgerät der Titel eines von ihm gehörten Musikstückes angezeigt wird. Im einzelnen geht dies folgendermaßen vonstatten:
Für den Empfang von Sendebeiträgen wird ein Medienempfänger 16 - z. B. ein Radio - benutzt, der Sendebeiträge, z. B. Musikstücke, empfängt und einem Benutzer 24 zu Gehör bringt (Fig. 1, Sp. 4 Z. 9 und 10) (Merkmal a). Wenn er nähere Informationen über den Sendebeitrag wünscht, z. B. den Titel des momentan gespielten Musikstückes erfahren möchte, um es ggf. käuflich zu erwerben, so bietet hierzu eine Sendeeinheit 18 in Form eines Handys die geeignete Hilfe zur Identifizierung des ausgewählten Musikstückes (Sp. 1 Z. 12 bis 26 i. V. m. Sp. 4 Z. 9 bis 17 und Sp. 3 Z. 21 bis 23)(Merkmal b).
Nach Anwählen einer Vermittelungseinheit 22 und Eingabe der am Radio eingestellten Empfangsfrequenz wird dieses den Sendebeitrag kennzeichnende Datum vom Handy 18 an die Vermittelungseinheit 22 übertragen und von ihr als Identifizierungsauftrag aufgefasst (Sp. 3 Z. 28 bis 31, Sp. 4 Z. 18 bis 20 i. V. m Z, 24 bis 26) (Merkmal c) teilw .).
Zum Identifizieren dieses Musikstückes vergleicht die Vermittelungseinheit das empfangene Datum der am Medienempfänger 16 eingestellten Empfangsfrequenz mit allen aktuellen, in einer Datenbank 34 vorhandenen Rundfunk- und Fernsehprogrammen, ermittelt aus dem jeweiligen Sendeplan den zu dem entsprechenden Zeitpunkt gesendeten Musiktitel (ggf. nach "audio or visual pattern recognition", Sp. 4 Z. 46 bis 49) (Merkmal d) teilw .) und sendet diesen an das Mobilfunkgerät 18 des Benutzers zurück (Fig. 2 i. V. m. Sp. 3 Z. 47 bis 54, Sp. 4 Z. 24 bis 26, Sp. 4 Z. 41 bis 60). Da dieser Musiktitel in der Datenbank in Form digitaler Daten vorliegt, erfolgt die Rückübermittlung der durch das Identifizieren festgelegten Informationen üblicherweise anhand einer Kurznachricht (SMS) (Merkmal e)).
b) Das aus der US 5,991,737 A bekannte Verfahren setzt zum Identifizieren des ausgewählten Musikstückes voraus, dass die Vermittelungseinheit 22 die zum Zeitpunkt der Wiedergabe des Musikstückes am Medienempfänger 16 eingestellte Empfangsfrequenz kennt. Hierzu muss dieses Datum entweder vom Benutzer am Mobilfunkgerät 18 manuell eingegeben oder vom Mobilfunkgerät 18 mit verhältnismäßig großem, zusätzlichem benutzerseitigem apparativem Aufwand ermittelt werden (Fig. 3 i. V. m. Sp. 5 Z. 23 bis 41), um dann an die Vermittelungseinheit 22 übertragen zu werden.
An diesen Punkt knüpft der Fachmann an. Er legt das Verfahren ohne großen Aufwand bedienungsfreundlicher aus, so dass vom Benutzer keine weitere Eingabe oder Übertragung zur Identifizierung des ausgewählten Musikstückes vorgenommen werden muss und auch kein weiterer Geräteaufwand von ihm zu besorgen ist. Denn der Fachmann weiß, dass sich ein Musikstück auch dann identifizieren lässt, wenn der Benutzer ein Lied durch Singen, Summen oder Pfeifen einer Melodie in ein zelluläres Telefon eingibt und dass dies an jedem Ort möglich ist (US 6,121,530 A, Sp. 5 Z. 10 und 11, Sp. 2 Z. 33 bis 38, Sp. 2 Z. 48 bis 51): Die in das Mikrophon des Handys eingegebenen Audiosignale werden in einem Prozessor 14 aufbereitet und zu einer Vermittelungseinheit A - dem Retrieval-System A - übertragen, dort ausgewertet und durch Vergleich mit den in einer Datenbank abgelegten Daten (frequenztypische Kenngrößen „Sonogramm“, Fig. 1 und 2) von Musikstücken verglichen (Fig. 3, 4) (Merkmal d) Rest ). Daraufhin wird der Titel des gefundenen Musikstückes im Display 20 des Handys B vor Augen geführt (Sp. 4 Z. 8 bis 20).
Dieses Wissen wendet der Fachmann zur Verbesserung des aus der US 5,991,737 A bekannten Verfahrens an: Da über den Lautsprecher des Medienempfängers 18 die Melodie des Musikstückes ertönt, braucht sie nicht eigens durch Pfeifen, Summen oder Singen des Benutzers erzeugt zu werden. Statt dessen leitet man die vom Lautsprecher kommenden Audiosignale als Melodie dem Mikrophon des Handys 18 zu und überträgt sie von ihm zur Vermittelungseinheit 22, wobei es auf die Kenntnis der gerade eingestellten Empfangsfrequenz nicht ankommt (Merkmal c) Rest1 ). Diese somit von einer beliebigen Musikquelle stammenden Audiosignale werden in der Vermittelungseinheit 22 passend (mehr sagt der anspruchsgemäße Ausdruck "Sonogram" nicht) umgewandelt, woraufhin durch Vergleich mit den in einer Datenbank abgespeicherten umgewandelten Audiosignalen von Musikstücken das ausgewählte Musikstück identifiziert, der Musiktitel ermittelt wird (Merkmal d) Rest ).
c). Nach der US 6,121,530 A sind die vom Handy empfangenen Audiodaten vor dem Vergleichen mit den Daten der Musikdatenbank passend aufzubereiten (Fig. 3, Sp. 3 Z 56 bis Sp. 4 Z 3). Diese Aufbereitung lässt der Fachmann bei Übertragung der aus der US 6,121,530 A entnommenen Erkenntnisse auf das Verfahren nach US 5,991,737 A, wenn er gemäß dem oben unter 2.1 a) und b) Gesagten vorgeht, nicht vom Handy 18, sondern vielmehr von der Vermittelungseinheit 22 ausführen. Denn ihm liegt an der Benutzung eines herkömmlichen Handys als Sendeeinheit und er ordnet erforderliche Zusatzgeräte nach Möglichkeit losgelöst vom Benutzer zentral, an der Vermittelungsstelle, an. Dabei liegt es auf der Hand, die Audiodaten in herkömmlicher Weise in einer Sprechverbindung vom Handy 18 zur Vermittelungseinheit 22 zu übertragen, wie man dies auch bei Benutzung eines Festnetztelefons als Sendeeinheit ausführen würde (US 5,991,737 A, Sp. 3 Z. 35 bis 37) (Merkmal c) Rest2 ).
Die Einlassungen des Anmelders, das Verfahren nach dem Anspruch 1 hebe sich von der US 6,121,530 A und der US 5,991,737 A in erfinderischer Weise vor allem dadurch ab, dass die Audiosignale direkt über eine Sprechverbindung zu einer ausgewählten Vermittlungseinheit übertragen, können daher nicht greifen.
2.2. Zum Hilfsantrag 2
Auch der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist nicht patentfähig.
Der Patentanspruch 1 in der hilfsweise beantragten Fassung nach Hilfsantrag 2 umfasst den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 und unterscheidet sich von diesem in den Merkmalen d) und f).
Das Merkmal d) ist gegenüber dem Merkmal d) des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 zwar in seiner Wortwahl geändert, reflektiert aber zur Überzeugung des Senats auf keinem neuen oder andersartigen Sachverhalt, zumal in beiden Varianten des Merkmals d) ein Vergleich mit „Sonogrammen“ erfolgt, die in der Datenbank funktionsnotwendigerweise vorhanden und damit auch hinterlegt sein müssen. Der weitere Halbsatz, „wobei in der Datenbank jedem Musikstück der jeweilige Titel zugeordnet ist“ ist lediglich im tautologischen Vorgriff zu den im Merkmal e) angegebenen Verfahrensabläufen zu sehen.
Bezüglich der Merkmale a) bis e) gilt daher das unter 2.1 Gesagte.
An der fehlenden Patentfähigkeit ändert sich auch nichts, wenn zusätzlich zu den Merkmalen a) bis e) noch das Merkmal f) hinzutritt. Denn das Merkmal f), betreffend die Abrechnungsmodalitäten für die Rückübertragung der Informationen in Form des Musiktitels, ist dem Fachmann durch die US 5,991,737 A nahegelegt. Will nämlich der Benutzer 24 das Musikstück nach Rückübermittlung des Musiktitels käuflich erwerben, so kann es im Stand der Technik durch Knopfdruck auf dem Mobilfunkgerät 18 bestellt werden (Sp. 5 Z. 37 bis 41). Die Abrechnung erfolgt über die Telefonrechnung eines das Mobilfunkgerät 18 betreibenden Mobilfunkbetreibers (Sp. 4 Z. 32 bis 37), ein für durch den Nutzer in Anspruch genommener Dienstleistungen etablierter Vorgang, den der Fachmann zwanglos auch auf die Ermittlung und Lieferung des Musiktitels übertragen wird (Merkmal f)).
2.3. zum Hilfsantrag 3
Der Patentanspruch 1 in der hilfsweise beantragten Fassung nach Hilfsantrag 3 umfasst den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 und unterscheidet sich von diesem in den Merkmalen a) und c) nur in der Wiedergabe ein und desselben Sachverhalts mit anderen Worten. Bezüglich der Merkmale b) und d) bis f) gilt das unter 2.2 Gesagte.
Als technischen Kern des Merkmals a) in den jeweiligen Fassungen nach den Hilfsanträgen 2 und 3 wertet der Senat die Verfahrensschritte des Empfangens und Wiedergeben der Musikstücke mittels Audiosignalen über einen Medienempfänger, welche nur in voneinander abweichenden Formulierungen dadurch wiedergegeben werden, dass einmal der Medienempfänger für den Empfang der Musikstücke bereitgestellt wird (Hilfsantrag 2), ein andermal der Empfang der Musikstücke durch den Medienempfänger erfolgt (Hilfsantrag 3). Der Senat sieht darin nur eine tautologische Umschreibung für den unabdingbaren Vorgang des Empfangens der Musikstücke zur Sicherstellung des weiteren Verfahrensablaufs (vgl. einmal mehr Ausführungen zum Hauptantrag).
Des Weiteren gibt auch der abschließende Satz im Merkmal c), „wobei die Audiosignale mindestens einen zeitlich begrenzten Bereich des Sendebeitrags darstellen“, nur den Regelfall wieder, dass Musikstücke als typischer Bestandteil eines Sendebeitrags bereits in sich einen zeitlich begrenzten Bereich des Sendebeitrags, der üblicherweise mehrere Musikstücke umfasst, definieren. Unabhängig davon ist dem Fachmann aber auch bewusst, dass für die Identifizierbarkeit eines Musikstücks nicht das gesamte Musikstück, sondern bereits eine charakteristische Tonfolge, mithin ebenfalls ein zeitlich begrenzter Bereich, ausreichend ist.
Die sprachlichen Abänderungen in den Merkmalen a) und c) im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 können daher ein Zugrundeliegen einer erfinderischen Tätigkeit ebenfalls nicht begründen.
3. Da der Anmelder die Erteilung des Patents im Umfang der vorliegenden Patentansprüche nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 begehrt und sich sämtliche Fassungen des Patentanspruchs 1 als nicht patentfähig erweisen, ist die Zurückweisung der Teilanmeldung zu Recht ergangen (BGH GRUR-RR 2008, 456 - Installiereinrichtung, Tz. 22, m. w. N.). Hinsichtlich der jeweils nebengeordneten Patentansprüche ist ein eigenständiger erfinderischer Gehalt weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich.