Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 22.12.2010


BPatG 22.12.2010 - 20 W (pat) 357/05

Patenteinspruchsverfahren - "Wärmezähler mit einem Volumenmeßteil" – Anhängigkeit des Einspruchs vor dem BPatG – Vollmacht des Vertreters des Einsprechenden liegt nur für das DPMA vor - Unzulässigkeit des Einspruchs


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsdatum:
22.12.2010
Aktenzeichen:
20 W (pat) 357/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Einspruchssache

betreffend das Patent 100 45 209

hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) auf die mündliche Verhandlung vom 22. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, den Richter Dipl.-Phys. Dr. Hartung, die Richterin Susanne Werner sowie den Richter Dipl.-Ing. Gottstein

beschlossen:

Der Einspruch vom 9. Juni 2005 wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

1

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat der Patentinhaberin unter der Nummer 100 45 209 ein Patent mit der Bezeichnung „Wärmezähler mit einem Volumenmeßteil“ erteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung war der 10. März 2005.

2

Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2005, eingegangen am selben Tage beim Deutschen Patent- und Markenamt, hat Herr Dr. K… auf dem Geschäftspapier der D… KG, N…, im Namen der H… GmbH, …straße in A…, Einspruch gegen das Streitpatent eingelegt. Im Laufe des patentgerichtlichen Einspruchsverfahrens ist zwischen den anfänglichen Verfahrensbeteiligten unstreitig gestellt worden, dass Herr Dr. K… im Zeitpunkt  der Einlegung des Einspruchs Patentassessor war und in einem Dienstverhältnis zur D… stand. Unter der Unterschrift von Herrn Dr. K… im Schriftsatz vom 9. Juni 2005 steht die Zeichenfolge „AV 720/03“. Das ist das Aktenzeichen, unter dem das Deutsche Patent- und Markenamt im September 2003 eine Allgemeine Vollmacht der H… GmbH zugunsten von Herrn Dr. K…  hinterlegt hatte. In dieser Vollmachtserklärung vom 25. August 2003 heißt es u. a. wörtlich:

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„Ich/wir

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H… GmbH

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…straße in

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A…

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bestelle(n) hiermit

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Herrn Patentassessor …,

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Herrn Patentassessor Dr. K…, …straße in N…,

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zu meinem/unserem Vertreter(n) in allen Angelegenheiten, die zum Geschäftskreis des Deutschen Patent- und Markenamts gehören.

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Das Vollmacht gebende Unternehmen und die D… & Co. KG, Arbeitgeberin des/der Bevollmächtigten, sind Konzernunternehmen gemäß Artikel 18 AktG.

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…“

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Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Akten dem Bundespatentgericht gem. § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG in der Fassung von Artikel 1 Nr. 2 Buchst. a) des Gesetzes zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Vorschriften des gewerblichen Rechtsschutzes vom 9. Dezember 2004, BGBl. 2004 Teil I S. 3232 ff, 3232 (im Folgenden: § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG alte Fassung) zur Entscheidung vorgelegt.

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Mit gerichtlichen Schreiben vom 18. Januar 2006 ist die H… GmbH darauf hingewiesen worden, dass das Streitpatent im Register von der A… GmbH als ursprünglicher Patentinhaberin umgeschrieben worden war auf die E… GmbH.

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Die Patentinhaberin hält den Einspruch für unzulässig. Sie meint, dass bis zum Ablauf der Einspruchsfrist die Identität der Einsprechenden nicht hinreichend eindeutig bestimmt worden sei. Die Einspruchsschrift vom 9. Juni 2005 sei widersprüchlich, weil darin der Einspruch - einerseits - ausdrücklich im Namen der H… GmbH eingelegt und - andererseits - die Erklärung auf Geschäftspapier der D… Co. KG abgefasst worden ist. Für den Fall, dass der Senat zu der Überzeugung kommen sollte, dass sich der Schriftsatz vom 9. Juni 2005 mit der für eine prozessuale Erklärung hinreichenden Eindeutigkeit der H… GmbH zuordnen lässt, hat die Patentinhaberin den Einwand der mangelnden Vertretungsmacht und der mangelnden Postulationsfähigkeit von Herrn Dr. K… erhoben. Bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung seien die Voraussetzungen des § 155 Abs. 1 Nr. 1 PatAnwO nicht schlüssig dargetan und nicht bewiesen worden. Nach der genannten Vorschrift kann ein Patentassessor, der in einem ständigen Dienstverhältnis steht, einen Dritten nur unter der Voraussetzung wirksam vertreten, dass der Dienstherr des Patentassessors und der Dritte im Verhältnis zueinander Konzernunternehmen i. S. v. Artikel 18 des Aktiengesetzes sind. Die Einspruchsschrift hätte keinen Aufschluß gegeben über die Stellung von Herrn Dr. K… als Patentassessor, über sein ständiges Dienstverhältnis zur D… Co. KG und über seine Stellung zur H… GmbH. Weiter hat die Patentinhaberin mit Nichtwissen bestritten,  dass die H… GmbH und die D… Co. KG im Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs Konzernunternehmen i. S. v. Artikel 18 des Aktiengesetzes gewesen wären.

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In der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2010 hat der Senat den Verfahrensbevollmächtigten der H… GmbH darauf hingewiesen, dass die beim  Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen „AV 7…“ von der H… GmbH hinterlegte Vollmachtserklärung nicht dazu geeignet gewesen sein könnte, Herrn Dr. K… zu einer Vertretung der H… GmbH vor dem Patentgericht zu bevollmächtigen, und dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundespatentgerichts die Zuständigkeit für das erstinstanzliche Einspruchsverfahren gem. §147 Abs. 3 Nr. 1 PatG alte Fassung ausschließlich beim Patentgericht liege und nicht beim Deutschen Patent- und Markenamt. Ein Versuch des Patentanwalts der Einsprechenden, noch in der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2010 eine wirksame Genehmigung der Einspruchsschrift vom 9. Juni 2005 durch die Einsprechende zu erreichen, war erfolglos. Daraufhin hat der Senat Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung anberaumt auf den 22. Dezember 2010. Zugleich hat der Senat der H… GmbH Frist gesetzt bis zum 3. November 2010, um die Einspruchsschrift zu genehmigen und nachzuweisen, dass die H… GmbH und die D… Co. KG im Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs Konzernunternehmen i. S. v. Artikel 18 Aktiengesetz waren.

18

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 8. Dezember 2010 hat die H… GmbH  erklärt, sie nehme den Einspruch vom 9. Juni 2005 zurück. Weitere Erklärungen hat sie seit der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2010 bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vom 22. Dezember 2010 nicht mehr abgegeben.

II.

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1. In diesem Einspruchsverfahren hatte die H… GmbH, …straße in A…, zunächst die verfahrensrechtliche Stellung der Ein- sprechenden, denn diese Gesellschaft war in der Einspruchsschrift vom 9. Juni 2005 eindeutig als Einsprechende bezeichnet. Im Wege der Auslegung ist der Schriftsatz vom 9. Juni 2005 eindeutig dahin zu verstehen, dass Herr  Dr. K… im Namen der H… GmbH gegen das Streitpatent Einspruch einlegen wollte und nicht etwa im Namen der D… Co. KG. Der Senat  ist dazu befugt, die Einspruchsschrift vom 9. Juni 2005 als eine prozessuale Willenserklärung selbst auszulegen. Hierbei kommt es - wie bei der Auslegung von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen - darauf an, welcher Sinn dieser prozessualen Erklärung aus objektiver Sicht beizulegen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 04. 06. 1981 - VII ZR 174/80, WM 1981, 829-830 - Auslegung einer fehlerhaften Parteibezeichnung in der Klageschrift; Versäumnisurteil). Demgemäß ist bei zweifelhafter Bezeichnung der Person des Einsprechenden diejenige Person als Einsprechender anzusehen, die erkennbar nach dem objektiven Sinn der Einspruchsschrift gemeint sein sollte.

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Der Patentinhaberin ist einzuräumen, dass sich im vorliegenden Fall bei einem ersten Blick auf die Einspruchsschrift eine gewisse Unsicherheit über die Person des Einsprechenden ergibt, weil Herr Dr. K… einerseits den Einspruch ausdrücklich im Namen der H… GmbH abgegeben und andererseits diese Erklärung auf Geschäftspapier der D… Co. KG abgefasst hat, ohne dabei direkt in der Einspruchsschrift ausdrücklich seine Stellung als bei der D… angestellter Patentassessor aufzudecken und die rechtlichen Hinter- gründe für sein Auftreten für die Einsprechende in der Einspruchsschrift darzulegen. Diese Unsicherheit wird jedoch eindeutig geklärt durch die Anführung des Zeichens „AV 7…“ unter der Unterschrift von Herrn Dr. K…. Mit diesem  Zeichen hat Herr Dr. K… in üblicher Form Bezug genommen auf die unter  dem Aktenzeichen AV 7… beim Deutschen Patent- und Markenamt (auch) für  ihn hinterlegte Allgemeine Vollmacht der H… GmbH. Nr. 4 letzter Satz der  Mitteilung Nr. 9/94 vom 4. August 1994 des Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts über die Hinterlegung Allgemeiner Vollmachten und Angestelltenvollmachten beim Deutschen Patent- und Markenamt (BlPMZ 1994, 301 ff, 302, außer Kraft gesetzt durch die Mitteilung Nr. 6/06 des Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. März 2006, BlPMZ 2006, 165) sah vor, dass Bevollmächtigte und Vertreter zum Nachweis ihrer Vollmacht bzw. ihrer Vertretungsmacht bei entsprechenden Eingaben zu Schutzrechtsakten die Registriernummer der für sie hinterlegten Vollmacht unter ihrer Unterschrift aufzuführen hatten. Indem Herr Dr. K… so verfahren ist, hat er sich eindeutig auf die für ihn unter der Nummer AV 7… hinterlegte Vollmacht der Einsprechenden berufen. Unabhängig von der Frage, welche Wirkungen diese Vollmachtserklärung im vorliegenden Fall für die Vertretungsmacht von Herrn Dr. K… hatte - s. dazu unten unter 4. dieses Beschlusses - enthält die Vollmachtserklärung auch die Behauptungen, dass Herr Dr. K… Patentassessor sei, dass sein Arbeitgeber die D… Co. KG sei und dass zwischen dieser KG und der Ein- sprechenden ein Konzernverhältnis i. S. v. Artikel 18 des Aktiengesetzes bestehe. Damit sind die Voraussetzungen vorgetragen, unter denen gem. § 155 Abs. 1 Nr. 1 PatAnwO ein Patentassessor, der in einem ständigen Dienstverhältnis steht, Dritte ähnlich wie ein Patentanwalt vertreten kann. Ist eine solche Vertretungshandlung intendiert, so ist es vertretbar, dass der Patentassessor prozessuale Erklärungen, die er in Vertretung des Dritten abgeben will, auf dem Geschäftspapier seines Arbeitgebers absetzt. Eine Verunklarung der Person des Vertretenen - hier: der Einsprechenden - entsteht dadurch jedenfalls dann nicht, wenn - wie hier - der Einspruch ausdrücklich im Namen des Dritten eingelegt wird (vgl. zum formalen Auftreten des Patentassessors, der in einem ständigen Dienstverhältnis steht und unter den Voraussetzungen des § 155 Abs. 1 Nr. 1 PatAnwO für Dritte auftreten will, Ulrich, Vertretung von Konzernunternehmen durch Patentingenieure, Patentassessoren und Syndikus-Patentanwälte, Mitt 2005, 545 ff., 548.)

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2. Die E… GmbH in  L…, ist in ihrer Eigenschaft als derzeit eingetragene Patentinhaberin im hier anhängigen Einspruchs-verfahren wirksam in die ursprüngliche Verfahrensstellung der A… GmbH als ursprüngliche Patentinhaberin eingetreten. Die Einsprechende hat dem Eintritt der E… GmbH in L…, in das hiesige Einspruchsverfahren zumindest konkludent gem. § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO zugestimmt. Auf die gerichtliche Mitteilung vom 18. Januar 2006 hin hat sie einem Eintritt der E… GmbH in das Verfahren weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2010 widersprochen. Statt dessen hat die Einsprechende in allen Schriftsätzen, die sie nach Erhalt der gerichtlichen Mitteilung vom 18. Januar 2006 bei Gericht eingereicht hat, die E… GmbH als Patentinhaberin bezeichnet. In der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2010 hat die Einsprechende nicht widersprochen, als der Vorsitzende die E… GmbH als Patentinhaberin bezeichnete und so in das Protokoll aufnehmen ließ.

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3. Nach der Rücknahme des Einspruchs durch die Einsprechende war das Verfahren über den Einspruch gem. § 61 Abs. 1 Satz 2 PatG von Amts wegen fortzuführen.

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4. Der mit Schriftsatz vom 9. Juni 2005 im Namen der H… GmbH fristgerecht erhobene Einspruch war als unzulässig zu verwerfen, weil die Einsprechende bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Verfahren nicht dargetan hat, dass Herr Patentassessor Dr. K… im Zeitpunkt der Einreichung der Einspruchsschrift Vollmacht hatte, die H… GmbH gem. § 97 Abs. 1 Satz 1 PatG vom  5. Mai 1936 i. d. F. der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1980, BGBl. 1981 Teil I S. 1 (im Folgenden: § 97 Abs. 1 Satz 1 PatG alte Fassung), vor dem Bundespatentgericht zu vertreten. Die Einsprechende hat auch bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vom 22. Dezember 2010 die Einlegung des Einspruchs in ihrem Namen durch Herrn Dr. K… nicht genehmigt.

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4.1 Bei der Zulässigkeit des Einspruchs handelt es sich um eine in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu beachtende Verfahrensvoraussetzung für die sachliche Überprüfung der Patentfähigkeit des erteilten Patents (std. Rspr., vgl. z. B. BGH, Beschluss vom 07. 11. 1989 - X ZB 24/88, GRUR 1990, 108 - Meßkopf; BGH, Beschluss vom 23. 02. 1972 - X ZB 6/71, GRUR 1972, 592 - Sortiergerät).

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4.2 Herr Dr. K… hatte im Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs keine Voll- macht, die H… GmbH vor dem Patentgericht i. S. v. § 97 Abs. 1 Satz 1 PatG alte Fassung zu vertreten. Denn die unter dem Aktenzeichen AV 7…  beim Deutschen Patent- und Markenamt hinterlegte Vollmacht ist ausdrücklich nur auf Handlungen vor dem Deutschen Patent- und Markenamt gerichtet, betrifft also keine Vertretungshandlungen vor dem Patentgericht. Für die erstinstanzliche Entscheidung über den hier in Rede stehenden Einspruch vom 9. Juni 2005 war jedoch nicht das Deutsche Patent- und Markenamt, sondern ausschließlich das Bundespatentgericht zuständig. Am 9. Juni 2005 galt § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG in der Fassung von Artikel 1 Nr. 2 Buchst. a) des Gesetzes zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Vorschriften des gewerblichen Rechtsschutzes vom 9. Dezember 2004, BGBl. 2004 Teil I S. 3232 ff, 3232 (im Folgenden weiterhin: § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG alte Fassung). Danach hatte - abweichend von § 61 Abs. 1 Satz 1 PatG - der Beschwerdesenat des Patentgerichts über einen Einspruch nach § 59 PatG unter anderem dann zu entscheiden, wenn die Einspruchsfrist - wie hier - nach dem 1. Januar 2002 begonnen hatte und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden war.

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Nach dieser Rechtslage war während der Geltungsdauer des § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG alte Fassung ausschließlich das Patentgericht für die erstinstanzlichen Entscheidungen über Einsprüche gem. § 59 PatG zuständig. Dabei sind diese Einsprüche nie vor dem Deutschen Patent- und Markenamt anhängig geworden. Dieses war lediglich Annahme- und Zahlstelle ohne sachliche Zuständigkeiten (Benkard, PatG, 10. Aufl., § 147 Rdnr. 25; sog. „Briefkastentheorie“). Es hatte keinerlei Entscheidungskompetenzen. Seine Aufgabe war lediglich, die Einspruchsschriftsätze zu sammeln und nach Ablauf der Einspruchsfrist an das Bundespatentgericht weiterzuleiten (vgl. BPatGE 50, 196 ff.) sowie Zahlstelle für die Zahlung der Einspruchsgebühr zu sein (zu dieser Verfahrensstellung des Deutschen Patent- und Markenamts s. auch Mitteilung Nr. 6/02 des Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. März 2002, BlPMZ 2002, 173). Erst das Patentgericht hat - wie auch im vorliegenden Fall - die Einspruchsakte angelegt und die Einsprüche dem Patentinhaber zugestellt.

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4.3 Die H… GmbH hat die Einspruchsschrift vom 9. Juni 2005 auch nicht  nachträglich genehmigt.

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Der von einem vollmachtslosen Vertreter eingelegte Einspruch gem. § 59 PatG kann von dem Einsprechenden auch noch nach Ablauf der Einspruchsfrist wirksam genehmigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 10. 01. 1995 - X ZB 11/92, BGHZ 128, 280 - Aluminium-Trihydroxid).

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Die Tatsache, dass die Einsprechende das mit der Einspruchsschrift vom 9. Juni 2005 angestoßene Einspruchsverfahren weiter verfolgt und zu ihrer Vertretung vor dem Patentgericht einen Patentanwalt bestellt hat, kann nicht als stillschweigende Genehmigung der Einspruchsschrift vom 9. Juni 2005 ausgelegt werden. Die Genehmigung ist eine Willenserklärung, die ihrer Natur nach die Kenntnis von der Genehmigungsbedürftigkeit der zu genehmigenden vorangegangenen Vertretungshandlung voraussetzt. Daran fehlt es hier: Bis zur mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2010 hatte die anwaltlich vertretene Einsprechende wiederholt schriftsätzlich die Auffassung vertreten, dass Herr Dr. K… bei Einlegung des Einspruchs mit wirksamer Vollmacht der Einsprechenden gehandelt hätte. Dabei hatte die Patentinhaberin in ihren Schriftsätzen von Anfang an den Mangel der Vertretungsmacht von Herrn Dr. K… und den Mangel sei- ner Postulationsfähigkeit geltend gemacht. Die Möglichkeit, dass Herr Dr. K bei Einreichung des Einspruchs ohne Vollmacht oder ohne Postulationsfähigkeit gehandelt haben könnte, hat die Einsprechende erst in der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2010 zum ersten Mal erkennbar in Betracht gezogen.

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Eine ausdrückliche Genehmigung der Einspruchsschrift vom 9. Juni 2005, sei es durch den patentanwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden im hiesigen Einspruchsverfahren, sei es nach Maßgabe der im Handelsregister für die Einsprechende eingetragenen Vertretungsregeln, ist weder in der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2010 abgegeben worden noch bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung vom 22. Dezember 2010 sonst zu den Akten gelangt.

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5. Da Herr Dr. K… bei Einlegung des Einspruchs ohne Vollmacht der Einsprechenden gehandelt hat und die Einsprechende den Einspruch auch nicht nachträglich genehmigt hat, war der Einspruch als unzulässig zu verwerfen. Auf die Frage, welche Bedeutung § 155 Abs. 1 Nr. 1 PatAnwO für die Wirksamkeit der Vertretungshandlung von Herrn Dr. K… haben könnte, kam es daher nicht mehr an.