Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 16.06.2014


BPatG 16.06.2014 - 20 W (pat) 23/10

Patentbeschwerdeverfahren – „Sync-Erfassungsvorrichtung und -Verfahren für GNSS“ - zur Patentfähigkeit – kein technisches Mittel zur Lösung eines technischen Problems – das Verfahren geht nicht über den Bereich der Datenverarbeitung hinaus


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsdatum:
16.06.2014
Aktenzeichen:
20 W (pat) 23/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2008 045 058.8-56

hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, die Richterin Kopacek sowie die Richter Dipl.-Ing. Kleinschmidt und Dipl.-Geophys. Dr. Wollny

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für die Klasse H 04 L des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 7. Oktober 2009, mit dem die Patentanmeldung 10 2008 045 058.8 zurückgewiesen worden ist.

2

Die Prüfungsstelle führte in ihrem Zurückweisungsbeschluss insbesondere aus, dass der Gegenstand des nachgesuchten Patents gegenüber der Druckschrift D1 (DE 101 10 708 A1) nicht neu sei.

3

Neben der genannten Druckschrift wurden im Prüfungsverfahren noch zwei weitere ermittelt, nämlich DE 698 34 235 T2 (D2) und DE 199 17 337 A1 (D3).

4

Gemäß schriftsätzlicher Ankündigung vom 23. Mai 2014 (Bl. 36 d. A.) hat die ordnungsgemäß geladene Anmelderin nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen (vgl. Bl. 34, 35 d. A.).

5

Die Anmelderin hat gemäß Schriftsatz vom 19. April 2010, eingegangen per Telefax beim DPMA am selben Tag und gemäß Schriftsatz vom 18. August 2010, bei Gericht eingegangen am 21. August 2010, beantragt,

6

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 04 L des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Oktober 2009 aufzuheben und das nachgesuchte Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:

7

Patentansprüche:

8

Patentansprüche 1 bis 24 vom Anmeldetag (26. August 2008)

9

Beschreibung:

10

Beschreibungsseiten 1 bis 14 vom Anmeldetag (26. August 2008)

11

Zeichnungen:

12

Figuren 1 bis 7 vom Anmeldetag (26. August 2008)

13

Hilfsantrag:

14

Patentansprüche 1 bis 12 vom 18. August 2010, bei Gericht eingegangen am 21. August 2010

15

Beschreibung und Zeichnungen wie Hauptantrag.

16

Die Anmelderin ist der Meinung, die Gegenstände der selbständigen Ansprüche nach Haupt- und Hilfsantrag seien patentfähig.

17

Der mit dem Schriftsatz vom 18. August 2010, bei Gericht eingegangen am 21. August 2010, verfolgte Anspruchssatz (Ansprüche 1 bis 12) gemäß Hilfsantrag stellt auf die Gewährung eines Patents im Rahmen der Verfahrensansprüche (Ansprüche 13 bis 24) des Hauptantrages ab, so dass außer der Umnummerierung der Ansprüche und der Anpassung der Rückbezüge keine weiteren sachlichen Änderungen an denselben vorgenommen wurden.

18

Der Patentanspruch 1 und der Patentanspruch 13 gemäß Hauptantrag bzw. der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag lauten wie folgt:

19

Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag:

20

„Eine Sync-Erfassungsvorrichtung für einen GNSS-Empfänger, umfassend:

21

eine Frame-Sync-Korrelationseinheit zum Korrelieren von Symbolen aus einem Datensymbolstrom, der aus einem Datensignal konvertiert wurde, mit möglichen Hypothesen eines Frames des Datensignals, um Korrelationsergebnisse auszugeben;

22

eine Pilot-Sync-Korrelationseinheit zum Korrelieren von Symbolen eines Pilot-Symbolstroms, der aus einem Pilotsignal konvertiert wurde, mit möglichen Hypothesen einer Codesequenz des Pilotsignals, um Korrelationsergebnisse auszugeben; und

23

eine Sync-Entscheidungseinheit zum Bestimmen, ob ein Frame-Sync, in dem eine Vorderflanke des Frames zu finden ist, entsprechend der Korrelationsergebnisse aus der Frame-Sync-Korrelationseinheit gemacht wurde, zum Bestimmen, ob ein Pilot-Sync, in dem eine Vorderflanke der Codesequenz zu finden ist, entsprechend der Korrelationsergebnisse aus der Pilot-Sync-Korrelationseinheit gemacht wurde, und zum Auswählen, welche Hypothesen die möglichen Hypothesen des Frames entsprechend einem Ergebnis des Pilot-Sync sein sollten, wenn das Pilot-Sync gemacht wurde.“

24

Patentanspruch 13 gemäß Hauptantrag bzw. Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag:

25

„Ein Sync-Erfassungsverfahren für einen GNSS-Empfänger, umfassend:

26

Korrelieren von Symbolen eines Datensymbolstroms, der aus einem Datensignal konvertiert wurde, mit möglichen Hypothesen eines Frames des Datensignals, um Korrelationsergebnisse auszugeben;

27

Korrelieren von Symbolen eines Pilot-Symbolstroms, der aus einem Pilotsignal konvertiert wurde, mit möglichen Hypothesen einer Codesequenz des Pilotsignals, um Korrelationsergebnisse auszugeben;

28

Bestimmen, ob ein Frame-Sync, in dem eine Vorderflanke des Frames zu finden ist, entsprechend der Korrelätionsergebnisse für das Datensignal gemacht wurde;

29

Bestimmen, ob ein Pilot-Sync, in dem eine Vorderflanke der Codesequenz zu finden ist, entsprechend der Korrelationsergebnisse für das Pilotsignal gemacht wurde, und

30

Auswählen, welche Hypothesen die möglichen Hypothesen des Frames entsprechend einem Ergebnis des Pilot-Sync sein sollten, wenn das Pilot-Sync gemacht wurde, während das Frame-Sync noch nicht gemacht wurde.“

31

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.

II.

32

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig; sie führt jedoch nicht zum Erfolg, da die mit dem Patentanspruch 13 gemäß Hauptantrag sowie dem wortgleichen Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag verbundene Lehre ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solche darstellt, das dem Patentausschluss unterliegt (PatG § 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4).

33

1. Das Streitpatent betrifft laut Ursprungsunterlagen, Seite 1, Absatz 1 eine Sync-Erfassungsvorrichtung und ein Sync-Erfassungs-Verfahren für GNSS, in dem jeder Satellit sowohl Daten- als auch Pilotsignale liefert (Ursprungsunterlagen, Seite 1, Absatz 1).

34

Zur Verbesserung der Satellitenerfassung und der Verfolgungsleistung sei es eine Haupttendenz, dass die meisten der modernisierten GNSS ein Pilotsignal als Hilfe verwendeten. Das heiße, dass zusätzlich zu einem Datensignal, das Navigationsnachrichten trage, jeder Satellit in dem GNSS ferner ein Pilotsignal zur Verbesserung der schwachen Signalverfolgung sende (Ursprungsunterlagen, Seite 1, Absatz 2).

35

Das Datensignal trage die Navigationsnachrichten in Form von unbekannten Daten. Das Pilotsignal sei „datenlos“. Das heiße, der Inhalt des Pilotsignals sei bekannt und deterministisch. Das Datensignal und Pilotsignal seien jeweils mit verschiedenen Ranging-Codes moduliert. Außerdem sei das Datensignal mit einem Strom von Navigationsdaten-Frames moduliert. Das Pilotsignal sei durch eine periodische sekundäre Codesequenz moduliert. Andererseits sei das Pilotsignal von einigen GNSS-Systemen nicht durch die sekundäre Codesequenz moduliert. Obwohl die Formate von den Daten- und Pilotsignalen voneinander verschieden seien, sei das Timing-Verhältnis zwischen denselben phasengleich. Zur Demodulierung der Daten, die in dem Datensignal getragen würden, sei es notwendig, die Phase der Vorderflanke von jedem Frame, d. h. die Grenze des Frames, zu bestimmen. Die Bestimmung der Frame-Grenze werde als „Frame-Sync“ bezeichnet. Außerdem sei es auch notwendig, ein „Pilot-Sync“ durchzuführen, was bedeute, die Phase des sekundären Codes zu finden, die das Pilotsignal moduliere, d. h. die Vorderflanke der sekundären Codesequenz zu bestimmen (Ursprungsunterlagen, Seite 2, Absatz 3 bis Seite 2, Absatz 1).

36

Im Allgemeinen besitze jedes Frame des Datensignals ein Sync-Wort oder dergleichen. Sobald die Position des Sync-Wortes bestimmt sei, sei die Frame-Grenze gefunden. Jedoch seien die von dem Datensignal getragenen Daten zufällig. Es sei möglich, dass das Muster des Sync-Wortes auch in den Zufallsdaten auftauche und dabei zu einem Fehlalarm für das Frame-Sync führe. Eine andere Ursache, die zu einem Fehlalarm des Frame-Sync führen könne, sei Rauschen. Herkömmlich seien die empfangenen Datensymbole mit möglichen Hypothesen korreliert, um die Frame-Grenze zu bestimmen. Daher sei die Auslastung der Korrelationsberechnung recht stark. Außerdem verursache das Erfordernis relevanter Hardware, wie Korrelatoren, Puffer, Prozessoren usw., hohe Kosten (Ursprungsunterlagen, Seite 2, Zeilen 5 bis 15).

37

Die am höchsten möglichen Hypothesen würden aus Korrelationsergebnissen ausgesiebt und die ausgesiebten Hypothesen würden durch weitere Signalverarbeitung verifiziert. Wie bekannt sei, seien diese Signalverarbeitungsschemata sehr komplex und benötigten eine lange Zeitspanne für die Verarbeitung (Ursprungsunterlagen, Seite 2, Zeilen 16 bis 23).

38

Aufgabe der vorliegenden Erfindung sei es, die Rechenkomplexität zu verringern und die Wahrscheinlichkeit eines Fehlalarms zu verringern, wenn das Frame-Sync/Pilot-Sync durchgeführt werde (Ursprungsunterlagen, Seite 2, Absatz 4).

39

2. Der Senat erachtet als maßgeblichen Fachmann für die Beurteilung der Lehre der Patentanmeldung einen Fachhochschulingenieur, der auf dem Gebiet der satellitengestützten Navigationssysteme tätig und mit der Kalibrierung, der Aufnahme und der Verarbeitung hiermit verknüpfter Daten hinlänglich vertraut ist.

40

Der so definierte Fachmann legt den in den Ansprüchen und den übrigen Unterlagen verwendeten Begriffen folgendes Verständnis zugrunde:

41

Der Begriff Sync ist im gegebenen technischen Kontext als „Synchronisation“ von digitalen Daten bzw. Vorgängen zu verstehen, wobei in Konsequenz ein Sync-Erfassungsverfahren ein Verfahren darstellt, das diese Synchronisation entsprechend vorgegebener Verfahrensschritte realisiert. Die ebenfalls verwendeten Begriffe Datensignal und Datensymbol stellen in diesem technischen Zusammenhang ein Datenwort dar, das aus einem oder mehreren Bits besteht, wobei das Datensymbol durch eine elektronische Datenverarbeitungsmaßnahme aus einem Datensignal generiert wird. Ein Datensymbolstrom ist in Konsequenz als Abfolge von hintereinander angeordneten Datenworten zu verstehen.

42

Das technische Umfeld der Anmeldung GNSS (Global Navigation Satellite System) dient als Sammelbegriff für mehrere bestehende und künftige globale Satellitensysteme, die zur Ortsbestimmung und Navigation auf der Erde und in der Luft verwendet werden. Im Rahmen dieser Systeme werden die Positionsdaten eines Empfängers / Nutzers gegenüber einer Vielzahl (regelmäßig mehr als 3) von Satelliten ermittelt, wobei auch eine Reihe von Fehlerquellen mit berücksichtigt und für die finalen Ortsangaben entsprechend aus den digitalen Daten herausgerechnet werden müssen, die von den für die Ortsbestimmung herangezogenen Satelliten stammen. Diese digitalen Daten werden, wie in der Telekommunikation üblich, in Form von Funkrahmen (Frames) an den Empfänger gesandt, deren Inhalt als Datensymbolstrom bezeichnet wird (s. o.). Jeder Funkrahmen eines vom Satelliten stammenden Datensignals enthält zudem ein so genanntes Sync-Wort. Sobald die Position des Sync-Wortes im Funkrahmen/Frame bestimmt ist, ist die vordere Grenze des Funkrahmens gefunden, was für der Übermittlung der Funkrahmen nachgeordnete Korrelationsoperationen von Bedeutung ist.

43

Die Satelliten können zur Qualitätssicherung und Fehlervermeidung neben den eigentlichen „Nutzdaten“ für die Ortsbestimmung auch weitere digitale Daten übertragen bspw. ein sog. Pilotsignal. Dieses stellt ein Signal dar, das außerhalb und unabhängig vom eigentlichen Nutzsignal über denselben Kommunikationskanal wie dieses oder über einen weiteren Kanal übertragen wird und Kontroll-, Steuerungs-, Referenz- und/oder Überwachungszwecken dient. In Analogie zur obigen Auslegung für Datensymbole, wird ein Pilotsymbol durch eine elektronische Datenverarbeitung eines Pilotsignals generiert und ein Pilotsymbolstrom ist als Abfolge von hintereinander angeordneten Pilotsymbolen zu verstehen.

44

Zum Zwecke der bereits angesprochenen Synchronisierung von Funkrahmen werden mathematische Korrelationsoperationen durchführt, für die so genannte Hypothesen herangezogen werden. Diese sind ebenfalls jeweils als Bitfolgen zu verstehen und werden in einer Datenbank oder einem Hypothesenfile vorgehalten. Eine Frame-Sync an sich ist als Ergebnis einer Funkrahmen-Synchronisierung anzusehen und seiner Natur nach ebenfalls ein digitales Datenwort.

45

3. Zum Hauptantrag

46

3.1. Das Verfahren des ursprünglich eingereichten Patentanspruchs 13 gemäß Hauptantrag kann wie folgt gegliedert werden:

47

(13.1) Ein Sync-Erfassungsverfahren für einen GNSS-Empfänger, umfassend:

48

(13.2) Korrelieren von Symbolen eines Datensymbol Stroms, der aus einem Datensignal konvertiert wurde, mit möglichen Hypothesen eines Frames des Datensignals, um Korrelationsergebnisse auszugeben;

49

(13.3) Korrelieren von Symbolen eines Pilot-Symbolstroms, der aus einem Pilotsignal konvertiert wurde, mit möglichen Hypothesen einer Codesequenz des Pilotsignals, um Korrelationsergebnisse auszugeben;

50

(13.4) Bestimmen, ob ein Frame-Sync, in dem eine Vorderflanke des Frames zu finden ist, entsprechend der Korrelationsergebnisse für das Datensignal gemacht wurde;

51

(13.5) Bestimmen, ob ein Pilot-Sync, in dem eine Vorderflanke der Codesequenz zu finden ist, entsprechend der Korrelationsergebnisse für das Pilotsignal gemacht wurde, und

52

(13.6) Auswählen, welche Hypothesen die möglichen Hypothesen des Frames entsprechend einem Ergebnis des Pilot-Sync sein sollten, wenn das Pilot-Sync gemacht wurde, während das Frame-Sync noch nicht gemacht wurde.

53

3.2. Das Verfahren des Patentanspruchs 13 ist nicht patentfähig denn es unterfällt dem Patentierungsausschluss gemäß PatG § 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4.

54

Der Patentanspruch 13 beinhaltet ausschließlich Merkmale betreffend Verfahrensmaßnahmen im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung; sie geben in der Zusammenschau lediglich eine schematisierte Behandlung digitaler Informationspakete an.

55

Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist „bei Erfindungen mit Bezug zu Geräten und Verfahren (Programmen) der elektronischen Datenverarbeitung“ zunächst zu klären, ob der Gegenstand der Erfindung zumindest mit einem Teilaspekt auf technischem Gebiet liegt (PatG § 1 Abs. 1). Danach ist zu prüfen, ob dieser Gegenstand lediglich ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches darstellt und deshalb vom Patentschutz ausgeschlossen ist. Der Ausschlusstatbestand greift nicht ein, wenn diese weitere Prüfung ergibt, dass die Lehre Anweisungen enthält, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen“ (BGH, Urteil vom 24. Februar 2011 - X ZR 121/09, GRUR 2011, 610, Leitsatz a – Webseitenanzeige).

56

3.2.1. Das Verfahren des Patentanspruchs 13 liegt auf dem Gebiet der Technik gemäß § 1 Abs. 1 PatG, weil die Bearbeitung digitaler Daten eine bestimmte Nutzung von technischen Komponenten bedingt, wie etwa Prozessoren und weitere elektronische Bausteine, die auch als Einzelobjekte (z. B. Korrelatoren, Gatter) ausgestaltet sein können, womit insoweit eine Anweisung zum technischen Handeln gegeben ist (BGH, Beschluss vom 22. April 2010 - Xa ZB 20/08, BGHZ 185, 214, Rn. 20-22 - Dynamische Dokumentengenerierung).

57

3.2.2. Die Lehre des Patentanspruchs 13 enthält jedoch keine Anweisungen, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen.

58

Ob ein konkretes technisches Problem durch eine Erfindung mit technischen Mitteln gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet. Dies ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu entwickeln. Die in der Anmeldung angegebene Aufgabe fungiert lediglich als Hilfsmittel bei der Ermittlung des objektiven technischen Problems (vgl. BGH – Webseitenanzeige, a. a. O., Rn. 20 m. w. N.).

59

Anmeldungsgemäß soll die Rechenkomplexität und die Wahrscheinlichkeit eines Fehlalarms verringert werden (Seite 2, Abs. 4). Ob hierin ein konkretes technisches Problem zu sehen ist, kann dahinstehen, da im Verfahren des Patentanspruchs 13 zumindest keine technischen Mittel erkennbar sind, die zur Problemlösung eingesetzt werden.

60

Ein technisches Mittel zur Lösung eines technischen Problems liegt vor, wenn Gerätekomponenten modifiziert oder grundsätzlich abweichend adressiert werden (BGH – Webseitenanzeige, a. a. O, Rn. 21). Unter „adressiert“ ist hier zu verstehen, ob die Gerätekomponenten in einer grundsätzlich anderen Weise als üblich in den Verfahrensablauf einbezogen sind bzw. im Verfahrensablauf zusammenarbeiten.

61

Von einem zur Lösung eines technischen Problems eingesetzten technischen Mittel kann ferner dann gesprochen werden, wenn der Ablauf eines zur Problemlösung eingesetzten Datenverarbeitungsprogramms durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt (BGH - Webseitenanzeige, a. a. O., Rn. 22).

62

Das Sync-Erfassungsverfahren für einen GNSS-Empfänger (Merkmal 13.1) nach Patentanspruch 13 beschränkt sich ausschließlich auf die Durchführung ggfls. miteinander verknüpfter mathematischer Operationen, wie sie - im gegebenen technischen Kontext üblicherweise - im Rahmen eines Datenverarbeitungsprogrammes für digitale Daten realisiert sind, nämlich:

63

 das Korrelieren digitaler Daten (hier unter der Benennung von sogenannten Symbolen eines Datensymbol- und eines sogenannten Pilotsymbol-Stroms), mit weiteren digitalen Daten (hier unter der Bezeichnung von möglichen so genannten Hypothesen eines Frames eines Datensignals und Hypothesen einer Codesequenz eines Pilotsignals), um als Ergebnis Korrelationsergebnisse zu erhalten (Merkmale 13.2 und 13.3);

64

 eine binär (ja/nein) vorzunehmende Entscheidung gemäß einer logischen Bedingung, die entweder erfüllt ist oder nicht (hier bezeichnet als Bestimmung, ob ein Frame-Sync und ein Pilot-Sync durchgeführt wurde; Merkmale 13.4 und 13.5);

65

 eine Auswahl von digitalen Daten nach Ergebnisabfrage der eben genannten Entscheidungen (hier unter der Bezeichnung geeignete digitale Hypothesen aus einer Gesamtmenge dieser Hypothesen nach Durchführung des Pilot-Sync für den Frame-Sync auszuwählen; Merkmal 13.6).

66

Die tatsächliche Leistung des Verfahrens besteht somit nur in der Verarbeitung von zwei vorhandenen digitalen Datensignalen mittels mathematischer Methoden.

67

Ersichtlich zielt keiner der im Patentanspruch 13 aufgezeigten Verfahrensschritte auf die konkrete Modifikation einer Gerätekomponente oder auf eine andere als die übliche Nutzung genannter Komponenten im gegebenen GNSS-Kontext.

68

Zum Einen wird nämlich mit dem Verfahrensanspruch 13 keine im Rahmen einer digitalen Datenverarbeitung vorstellbare Gerätekomponente anders als bestimmungsgemäß eingesetzt (z. B. ein Korrelator wird auch hier ausschließlich zu dem Zweck eingesetzt, eine Korrelation durchzuführen) und zum Anderen betreffen die abzuarbeitenden Verfahrensschritte im gegebenen technischen Kontext auch nur übliche mathematische Operationen im Rahmen einer digitalen Datenverarbeitung.

69

Auch wenn die Anweisungen im Patentanspruch 13 zu einer Verringerung der erforderlichen Rechenschritte führen würden, könnte dies nicht die Patentfähigkeit begründen (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 – X ZR 47/07, GRUR 2011, 125 - Wiedergabe topografischer Informationen; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2012 – X ZR 3/12, GRUR 2013, 275 – Routenplanung).

70

3.2.3. Die Merkmale des Gegenstands des Patentanspruchs 13 erschöpfen sich somit zur Überzeugung des Senats in einem Verfahren, das über den Bereich der Datenverarbeitung als solche nicht hinausgeht und somit nicht patentfähig ist (PatG § 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4).

71

3.3. Nachdem sich der Gegenstand des Patentanspruchs 13 als nicht patentfähig erweist, fallen auch die übrigen Ansprüche (BGH, Beschluss vom 27. Februar 2008 - X ZB 10/07, GRUR-RR 2008, 456 - Installiereinrichtung, Tz. 22, mit weiteren Nachweisen).

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4. Zum Hilfsantrag

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4.1. Mit dem Hilfsantrag werden im Rahmen der Ansprüche 1 bis 12 lediglich die ursprünglichen Verfahrensansprüche 13 bis 24 gemäß Hauptantrag weiterverfolgt. Der Patentanspruch 1 ist somit mit derselben Begründung nicht patentfähig, wie im Rahmen des Hauptantrages zum dortigen Patentanspruch 13 ausgeführt.

74

4.2. Nachdem sich auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag als nicht patentfähig erweist, fallen auch hier die übrigen Ansprüche (BGH, Beschluss vom 27. Februar 2008 - X ZB 10/07, GRUR-RR 2008, 456 – Installiereinrichtung, Tz. 22, mit weiteren Nachweisen).

75

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.