Entscheidungsdatum: 03.04.2013
In dem Einspruchsbeschwerdeverfahren
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betreffend das Patent 10 2004 014 139 |
hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. April 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, die Richterin Kopacek sowie die Richter Dipl.-Ing. Albertshofer und Richter Dipl.-Geophys. Dr. Wollny |
beschlossen: |
Der Beschluss der Patentabteilung 31 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 2008 wird aufgehoben und das Patent 10 2004 014 139 wird widerrufen. |
I. |
Gegen das Patent 10 2004 014 139 mit der Bezeichnung „System und Verfahren zum Klassifizieren von elektronischen Nachrichten“, dessen Erteilung am 20. Juli 2006 im Patentblatt veröffentlicht wurde, hat die Einsprechende am 19. Oktober 2006 Einspruch erhoben. |
den Beschluss der Patentabteilung 31 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 2008 aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. |
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin beantragt, |
den Beschluss der Patentabteilung 31 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 2008 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen aufrecht zu erhalten: |
Die einander nebengeordneten Patentansprüche 1 und 21 in der Fassung gemäß Hauptantrag lauten: |
„1. Vorrichtung (1) zum Klassifizieren von elektronischen Nachrichten (2), die in einer Empfangsvorrichtung empfangen wurden, wobei die Vorrichtung (1) zumindest zwei Bewertungseinheiten (11, 12) umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass den Bewertungseinheiten (11, 12) eine Kombinationseinheit (13) zugeordnet ist, dass die Bewertungseinheiten der Kombinationseinheit (13) vorgeschaltet sind und mit dieser für einen Datentransfer von den Bewertungseinheiten (11, 12) zu der Kombinationseinheit (13) verbunden sind, dass mit dieser die Bewertung der einzelnen Bewertungsverfahren kombiniert werden und diese kombinierte Bewertung zur Zuordnung zu zumindest einer Klasse verwendet wird und in Abhängigkeit von der Klassifizierung die Nachricht anschließend von einem Verteiler an einen zutreffenden Speicherort weitergeleitet wird, und der Ausgang der Kombinationseinheit (13) mit zumindest einem Eingang einer der Bewertungseinheiten (12) verbunden ist und mindestens eine Bewertungseinheit (11, 12) eine Berechnungseinheit (123) für die Berechnung einer Wahrscheinlichkeit der Zugehörigkeit der Nachricht zu einer Klasse umfasst.“ |
Wegen der abhängigen Patentansprüche 2 bis 20 und 22 bis 43 wird auf die in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen verwiesen. |
„1. Vorrichtung (1) zum Klassifizieren von elektronischen Nachrichten (2), die in einer Empfangsvorrichtung empfangen wurden, wobei die Vorrichtung (1) zumindest zwei Bewertungseinheiten (11, 12) umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass den Bewertungseinheiten (11, 12) eine Kombinationseinheit (13) zugeordnet ist, dass die Bewertungseinheiten der Kombinationseinheit (13) vorgeschaltet sind und mit dieser für einen Datentransfer von den Bewertungseinheiten (1, 12) zu der Kombinationseinheit (13) verbunden sind, dass mit dieser die Bewertung der einzelnen Bewertungsverfahren kombiniert werden und diese kombinierte Bewertung zur Zuordnung zu zumindest einer Klasse verwendet wird und in Abhängigkeit von der Klassifizierung die Nachricht anschließend von einem Verteiler an einen zutreffenden Speicherort weitergeleitet wird, und der Ausgang der Kombinationseinheit (13) mit zumindest einem Eingang einer der Bewertungseinheiten (12) so verbunden ist, daß der Ausgang der Kombinationseinheit (13) mit einer Speichereinheit (16), die einer Bewertungseinheit (12) zugeordnet ist, verbunden ist und der Bewertung dieser Bewertungseinheit (11, 12) mit zunehmender Zeit eine größere Gewichtung bei der Kombination der Bewertungen zugeteilt wird, und mindestens eine Bewertungseinheit (11, 12) eine Berechnungseinheit (123) für die Berechnung einer Wahrscheinlichkeit der Zugehörigkeit der Nachricht zu einer Klasse umfasst.“ |
Wegen der abhängigen Patentansprüche 2 bis 20 wird auf die in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen verwiesen. |
(D1) WO 2004/079501 A2 |
sowie auf die weiteren Druckschriften |
(D4) US 6 161 130A |
gestützt: |
II. |
Die zulässige Beschwerde der Einsprechenden hat Erfolg, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag nicht patentfähig ist, weil die Merkmale, durch die er sich vom Stand der Technik unterscheidet, die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln nicht bestimmen oder zumindest beeinflussen und deshalb bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen sind. |
1. Das Patent betrifft eine Vorrichtung bzw. ein System sowie ein Verfahren zum Klassifizieren von elektronischen Nachrichten (vgl. Streitpatent, Abs. [0001]). |
Elektronische Nachrichten, wie beispielsweise elektronische Post (E-Mail), würden zunehmend verwendet, um Werbemitteilungen oder dergleichen einer Vielzahl von Empfängern schnell und einfach zur Verfügung zu stellen. Ein Großteil dieser Nachrichten sei aber von dem Empfänger gar nicht erwünscht. Da die Anzahl dieser sogenannten „Spam“ immer mehr zunehme, seien Filter entwickelt worden, die sich eines Verfahrens zur Erkennung von unerwünschten E-Mails bedienten, die „Spams“ erkennen und diese in einem separaten Ordner ablegen oder löschen würden (vgl. Streitpatent, Abs. [0002]). |
2. Die patentgemäße Lehre richtet sich als einschlägigen Fachmann an einen Nachrichtentechniker mit Fachhochschulabschluss, der Erfahrungen mit der Verarbeitung von Informationen hat, die von einer Datenverarbeitungsanlage empfangen werden. |
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag umfasst die Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag. Nachdem der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 - wie die nachfolgenden Ausführungen zum Hilfsantrag 1 zeigen - nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist auch der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag nicht rechtsbeständig. |
M1.1 Vorrichtung zum Klassifizieren von elektronischen Nachrichten, die in einer Empfangsvorrichtung empfangen wurden, wobei |
M1.8 mindestens eine Bewertungseinheit eine Berechnungseinheit für die Berechnung einer Wahrscheinlichkeit der Zugehörigkeit der Nachricht zu einer Klasse umfasst. |
Ausgehend von dem Fach- und Erfahrungswissen des einschlägigen Fachmanns legt der Senat dem vorstehenden Patentanspruch 1 und den darin enthaltenen Begriffen folgendes Verständnis zu Grunde: |
b) Unstrittig dienen die Merkmale M1.1 und M1.5
teilweise
zur Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln, da mittels der verteidigten Vorrichtung elektronische Nachrichten in einer Empfangseinrichtung empfangen an verschiedene Speicherorte weitergeleitet werden. |
Nichts anderes gilt für die Merkmale M1.5
Rest
und M1.6, gemäß denen - nach dem Verständnis des einschlägigen Fachmanns - die Nachrichten in Abhängigkeit von der Klassifizierung gespeichert werden und das Ergebnis der kombinierten Bewertung in einer Speichereinheit abgelegt wird, auf die zumindest eine der Bewertungseinheiten zugreifen kann. Auch hier handelt es sich um außerhalb der Technik liegende Anweisungen, die sich darauf beschränken, zu umschreiben, wozu der Computer eingesetzt werden soll. |