Entscheidungsdatum: 26.11.2015
(Keine) Aussetzung des Nichtigkeitsverfahrens wegen Vindikationsklage
1. Eine erfolgreiche Vindikationsklage der Nichtigkeitsklägerin, die auf Übertragung und Umschreibung des Streitpatents gerichtet ist, kann wegen des Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses zur Unzulässigkeit der Nichtigkeitsklage führen und damit das Nichtigkeitsverfahren beeinflussen.
2. Das Rechtsschutzbedürfnis des Nichtigkeitsklägers entfällt, sobald er das Streitpatent aufgrund seiner sachlichen Patentinhaberschaft und seiner formellen Legitimation im nichtkontradiktorischen Beschränkungs- bzw. Widerrufsverfahren ganz oder teilweise vernichten kann.
3. Eine Aussetzung des Nichtigkeitsverfahrens nach § 148 ZPO i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Vindikationsrechtsstreit ist nicht geboten, wenn weder sachlich widersprüchliche Entscheidungen drohen noch prozessökonomische Gründe eine Aussetzung des dem öffentlichen Interesse dienenden Nichtigkeitsverfahrens gebieten.
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das europäische Patent 1 472 164 (EP)
(DE 503 05 172)
hier: Aussetzung des Nichtigkeitsverfahrens
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Guth, den Richter Dipl. Ing. Wiegele und die Richterin Dr. Hoppe am 26. November 2015
beschlossen:
Der Antrag der Beklagten auf Aussetzung des Nichtigkeitsverfahrens wird zurückgewiesen.
I.
Die Nichtigkeitsbeklagten begehren die Aussetzung des Nichtigkeitsverfahrens.
Mit ihrer Klage will die Nichtigkeitsklägerin die Nichtigerklärung der Patentansprüche 1 bis 3 des europäischen Patents 1 472 164 (im Folgenden: Streitpatent) erwirken. Die Nichtigkeitsbeklagten sind im Patentregister des Deutschen Patent- und Markenamts als Inhaber des deutschen Teils dieses am 7. Februar 2003 international unter der Nummer PCT/EP2003/001232 angemeldeten Patents eingetragen. Das in der Verfahrenssprache Deutsch abgefasste Patent mit der Bezeichnung „Transportsystem“ wurde am 27. September 2006 als EP 1 472 164 B1 und nach Entscheidung über einen Antrag auf Beschränkung am 28. Oktober 2009 als EP 1 472 164 B3 veröffentlicht. Das Streitpatent wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 503 05 172 geführt.
Die Nichtigkeitsklägerin macht im Hinblick auf die nach Beschränkung geltenden Patentansprüche 1 bis 3 die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Ausführbarkeit, der fehlenden Patentfähigkeit, der unzulässigen Erweiterung und der Erweiterung des Schutzbereichs geltend.
Die T… GmbH, deren geschäftsführende Gesellschafter die Nichtigkeitsbeklagten sind, macht vor dem Landgericht Mannheim (Az.: 2 O 223/14) gegen die Nichtigkeitsklägerin Ansprüche wegen der Verletzung des Streitpatents geltend. In dem dortigen Verletzungsrechtsstreit hat die Nichtigkeitsklägerin eine Drittwiderklage gegen die Nichtigkeitsbeklagten erhoben, mit der sie die Übertragung und Umschreibung des Streitpatents auf sich für alle benannten Vertragsstaaten begehrt (sogenannte Vindikationsklage). Die Nichtigkeitsklägerin macht mit der Drittwiderklage geltend, dass ihr ein Anspruch auf Übertragung und Umschreibung des Streitpatents gegen die Nichtigkeitsbeklagten zustehe, weil diese nicht berechtigte Patentinhaber seien. Ihren Vindikationsanspruch stützt die Nichtigkeitsklägerin unter anderem auf Artikel II § 5 Abs. 1 S. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 60 EPÜ. Sie macht geltend, dass die Nichtigkeitsbeklagten die Erfindung gegenüber ihrer damaligen Arbeitgeberin, einer Rechtsvorgängerin der Nichtigkeitsklägerin, nicht ordnungsgemäß, entsprechend der Vorschriften des Arbeitnehmererfindungsgesetzes, offenbart hätten. Infolgedessen sei die Rechtsvorgängerin der Nichtigkeitsklägerin nicht in der Lage gewesen, die Erfindung selbst in Anspruch zu nehmen. Die Nichtigkeitsklägerin hat im Hinblick auf die beim Bundespatentgericht anhängige Nichtigkeitsklage die Aussetzung des Zivilverfahrens beim Landgericht Mannheim beantragt. Das Landgericht Mannheim hat den Zivilrechtsstreit nicht ausgesetzt.
Die Nichtigkeitsbeklagten begehren demgegenüber die Aussetzung des Nichtigkeitsverfahrens im Hinblick auf die beim Landgericht Mannheim anhängige Vindikationsklage der Nichtigkeitsklägerin. Sie sind der Ansicht, dass die Nichtigkeitsklage sich für den Fall, dass die Nichtigkeitsklägerin neue Patentinhaberin würde, erledige, weil ein Patentinhaber selbst nicht Nichtigkeitskläger sein könne und ein Patenterwerber mit dem Erwerb seine Klagebefugnis verliere. Vor diesem Hintergrund hält sie die anhängige Vindikationsklage für vorgreiflich, was die Aussetzung des Nichtigkeitsverfahrens nach § 148 ZPO gebiete.
Die Nichtigkeitsklägerin wendet sich gegen eine Aussetzung des Nichtigkeitsverfahrens und meint, die Entscheidung über die Vindikationsklage sei nicht vorgreiflich für die Nichtigkeitsklage.
II.
Das Verfahren ist nicht nach § 148 ZPO in Verbindung mit § 99 Abs. 1 PatG auszusetzen.
§ 148 ZPO ist allerdings auch im Nichtigkeitsverfahren über § 99 Abs. 1 PatG entsprechend anwendbar (ständige Rechtsprechung: BPatGE 43, 225, 227- Aussetzung des Nichtigkeitsverfahrens gegen ein Schutzzertifikat; BPatGE 41, 134 - Aussetzung). § 148 ZPO sieht vor, dass ein Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, anordnen kann, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen ist.
Die Aussetzung nach § 148 ZPO ist eine prozessleitende Maßnahme, die insbesondere bei der Gefahr widersprechender Entscheidungen zweckmäßig ist (Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 148 Rd. 26). Voraussetzung ist, dass ein anderer Rechtsstreit anhängig ist, in dem über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Rechtsfolge zu entscheiden ist, die im auszusetzenden Prozess eine Vorfrage ist.
1.
Für den Fall, dass in dem Vindikationsverfahren vor dem Landgericht Mannheim die sachliche Berechtigung der Nichtigkeitsklägerin festgestellt und die Nichtigkeitsbeklagten deshalb zur Umschreibungsbewilligung und Übertragung des Streitpatents an die Nichtigkeitsklägerin verurteilt werden, würde die Abgabe der hierzu notwendigen Willenserklärungen der Nichtigkeitsbeklagten mit Rechtskraft der dortigen Entscheidung nach § 894 ZPO fingiert (vgl. BPatGE 9, 196, 199; Benkard, PatG, 11. Aufl., § 8 Rd. 29). Die Nichtigkeitsklägerin könnte dann die Umschreibung des Streitpatents im Patentregister veranlassen und damit auch die formelle Legitimation der Inhaberschaft am Streitpatent erhalten.
Die Übertragung eines Patents aufgrund eines Vindikationsanspruchs hätte indes keine Rückwirkung (vgl. zu § 8 PatG: Schulte, PatG, 9. Aufl., § 8 Rd. 21). Eine Übertragung des Streitpatents hätte auch keinen automatischen Einfluss auf die Parteistellung der Nichtigkeitsparteien. Gemäß § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO hat die Übertragung der streitbefangenen Sache nach Rechtshängigkeit auf den Prozess nämlich keinen Einfluss solange der Erwerber das Verfahren nicht mit Zustimmung des Gegners übernimmt. Demzufolge würden die Nichtigkeitsbeklagten der Nichtigkeitsklägerin weiterhin kontradiktorisch gegenüberstehen, auch wenn das Streitpatent auf sie übertragen und umgeschrieben würde. Anders als wenn die Nichtigkeitsklägerin schon zum Zeitpunkt der Klageerhebung Patentinhaberin ist (dazu: vgl. RG BlPMZ 1927, 256, 257 - Schlammentleerungsvorrichtung; zum Gebrauchsmusterlöschungsverfahren: BPatG BlPMZ 1955, 299; Schulte, PatG, 9. Aufl., § 81 Rd. 8; Benkard, PatG, 11. Aufl., § 22 Rd. 33; Busse, PatG, 7. Aufl., § 81 Rd. 51), käme es folglich nicht zu einer Personenidentität auf Kläger- und Beklagtenseite.
Gleichwohl würde das Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigkeitsklage entfallen, wenn das mit der Nichtigkeitsklage angegriffene Streitpatent auf die Nichtigkeitsklägerin übertragen würde (Wegfall der Klagebefugnis: BPatG 3 Ni 28/13 (EP), Beschluss vom 13.3.2015; Benkard, PatG, 11. Aufl., § 22 Rd. 33; Busse, PatG, 7. Aufl., § 81 Rd. 51; Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren, 5. Aufl., S. 86 Rd. 124; Kraßer, PatG, § 20 II 2). Infolge des Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses als allgemeiner Prozessvoraussetzung wäre die Nichtigkeitsklage als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht für erledigt erklärt werden würde. Zwar bedarf es im Allgemeinen keines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses seitens des Nichtigkeitsklägers, weil mit der Nichtigkeitsklage das öffentliche Interesse an der Vernichtung zu Unrecht erteilter Patente geltend gemacht wird (sogenannte Popularklage; Benkard, PatG, 11. Aufl., § 22 Rd. 33; näher m. w. N. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 81 Rd. 39). Besteht indes ein einfacheres Verfahren, um das Klageziel zu erreichen, so kann das Rechtsschutzbedürfnis ebenso wie für eine Zivilklage auch für eine Nichtigkeitsklage entfallen (zum allgemeinen Zivilrecht: Musielak, ZPO, 12. Aufl., vor § 253 Rd. 8; vgl. BGH GRUR 2015, 196, 199; BGH MDR 2014, 1082; BGH NJW 1996, 2035, 2036). Dies ist anzunehmen, wenn der erstrebte Erfolg auch ohne gerichtliche Inanspruchnahme oder mit geringerem prozessualen Aufwand erreicht werden kann, denn niemand soll die Gerichte unnütz bemühen oder ein gerichtliches Verfahren zur Verfolgung nicht schutzwürdiger Ziele ausnutzen (Müko/Becker-Eberhard, ZPO, 4. Aufl., vor § 253 Rd. 11).
Die Möglichkeit des Patentinhabers, einen Antrag auf Beschränkung oder Widerruf seines eigenen Patents zu stellen, stellt ein einfacheres Verfahren dar als die Nichtigkeitsklage, die ebenfalls auf die ganze oder teilweise Beseitigung des Patents mit Rückwirkung abzielt.
Wenn die Nichtigkeitsklägerin das Streitpatent erwirbt und im Register eingetragen wird, könnte sie als berechtigte, formal legitimierte Rechtsinhaberin das von ihr verfolgte Ziel, die Nichtigerklärung der Patentansprüche 1 bis 3 des Streitpatents, erreichen, indem sie ein zentralisiertes Verfahren auf Beschränkung des Patents nach Art. 105a EPÜ einleitet. Alternativ könnte sie das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland nach § 64 Abs. 1 PatG, der wegen Art. 2 Abs. 2 EPÜ auch auf europäische Patente anwendbar ist (Schulte, PatG, 9. Aufl., § 64 Rd. 7), beschränken. Anders als ein Verzicht nach § 20 PatG hätte eine derartige Beschränkung rückwirkende Kraft (zu § 64 Abs. 1 PatG: Schulte, PatG, 9. Aufl., § 64 Rd. 10; zum EPÜ: Singer/Stauder, EPÜ, 6. Aufl., § 105b Rd. 27; Benkard, EPÜ, 2. Aufl., Art. 105b Rd. 35). Die Beschränkung des Patents im Beschränkungsverfahren führt damit zu dem gleichen Ergebnis, wie dessen Teilvernichtung im Nichtigkeitsverfahren. Da es sich bei einem solchen Beschränkungsverfahren um ein einseitiges, nicht kontradiktatorisches Verfahren handelt, stellt es einen einfacheren und prozessökonomischeren Weg der Rechtsverfolgung dar, auf den eine Nichtigkeitsklägerin verwiesen werden kann, wenn sie das angegriffene Streitpatent erwirbt und dieses dann mit Wirkung für die Vergangenheit ganz oder teilweise beseitigen will. Anders als im Einspruchsverfahren wegen widerrechtlicher Entnahme folgt ein schützenswertes Interesse an der Fortführung des Nichtigkeitsverfahrens auch nicht aus dem im deutschen Recht für den Einsprechenden in § 7 Abs. 2 PatG im Falle des Patentwiderrufs nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG vorgesehenen Nachanmelderecht (dazu: BGH GRUR 1996, 42, 44 - Lichtfleck; vgl. BGH GRUR 1978, 847, 848). Ein solches Nachanmelderecht, das den Einsprechenden im Falle der widerrechtlichen Entnahme von durch den vorherigen Patentinhaber bzw. -anmelder vorgenommenen Beschränkungen oder Verzichtserklärungen entbindet (dazu: BGH GRUR 1996, 42, 44 - Lichtfleck; vgl. BGH GRUR 1978, 847, 848), ist für das Nichtigkeitsverfahren nämlich gerade nicht vorgesehen (zur deshalb gebotenen Differenzierung zwischen Nichtigkeitsklage und Einspruch: Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren, 5. Aufl., S. 86 Rd. 124; Kraßer, PatG, § 20 II, S. 372).
Wenn die sachliche Rechtsinhaberschaft der Nichtigkeitsklägerin am Streitpatent feststeht und sie durch Eintragung im Register formell legitimiert wird, fehlt deshalb das Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigkeitsklage gegen die Nichtigkeitsbeklagten als dann nicht mehr berechtigte Patentinhaber. Das für die Zulässigkeit einer Klage notwendige Rechtsschutzbedürfnis soll nämlich auch verhindern, dass ein Beklagter in unlauterer Weise mit einer Klage überzogen wird (Müko/Becker-Eberhard, ZPO, 4. Aufl., vor § 253 Rd. 12). Der Erfolg der Vindikationsklage könnte demzufolge zur Unzulässigkeit der Nichtigkeitsklage führen, weshalb die Entscheidung über die Nichtigkeitsklage von dem Bestehen oder Nichtbestehen des Vindikationsanspruchs, der Gegenstand der zwischen den Nichtigkeitsparteien anhängigen Drittwiderklage in dem Zivilrechtsstreit beim Landgericht Mannheim ist, beeinflusst werden könnte.
2.
a) Allein der Umstand, dass der an sich entscheidungsreife Rechtsstreit durch einen anderen Prozess gegenstandslos werden könnte, genügt im Allgemeinen nicht, um eine Aussetzung zu rechtfertigen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl., § 148, Rd. 3; Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 148, Rd. 26). Eine Aussetzung ist insbesondere dann nicht zweckmäßig, wenn die Gefahr, dass es zu sachlich widersprüchlichen Entscheidungen kommt, nicht besteht. So liegt es hier. Da im Nichtigkeitsverfahren und im Vindikationsklageverfahren nicht über dieselbe Rechtsfrage entschieden wird, drohen nämlich keine sich inhaltlich widersprechenden Entscheidungen. Während im Nichtigkeitsverfahren über die Bestandskraft des Streitpatents zu entscheiden ist, geht es im Vindikationsrechtsstreit um die sachliche Berechtigung am Streitpatent und die Schaffung einer entsprechenden formalen Rechtsinhaberschaft. Die fehlende Schutzfähigkeit des Streitpatents steht den Rechten des Berechtigten aus § 8 PatG bzw. Art. II § 5 IntPatÜG im Vindikationsstreit nicht entgegen (BGH GRUR 2010, 817, 820 - Steuervorrichtung; BGH GRUR 2001, 823, 825 - Schleppfahrzeug).
Zudem bliebe die Nichtigkeitsklage bis zur rechtskräftigen Verurteilung der Nichtigkeitsbeklagten im Vindikationsrechtsstreit auch zulässig, da die Nichtigkeitsklägerin solange weder materiell-berechtigt noch durch Eintragung im Register formell legitimiert wäre. Die Entscheidung über eine zulässige Nichtigkeitsklage würde auch nicht etwa dadurch inhaltlich fehlerhaft werden, dass durch eine spätere Entscheidung in dem Vindikationsrechtsstreit das Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigkeitsklage entfällt, weil es ausreicht, dass die Nichtigkeitsklage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zulässig war. Dies wäre der Fall, weil eine erfolgreiche Vindikationsklage keine Rückwirkung im Hinblick auf die sachliche Rechtsinhaberschaft und formelle Legitimation entfalten würde (vgl. zu § 8 PatG: Schulte, PatG, 9. Aufl., § 8 Rd. 21).
b) Auch prozessökonomische Gründe gebieten keine Aussetzung des Nichtigkeitsverfahrens im Hinblick auf einen anhängigen Vindikationsrechtsstreit.
Vielmehr kann es - je nach Ausgang des Nichtigkeitsverfahrens - sogar prozessökonomisch sein, das Nichtigkeitsverfahren vorrangig vor dem Vindikationsrechtsstreit weiterzuführen. Eine rechtskräftige Nichtigerklärung des Streitpatents würde nämlich zur Erledigung des Vindikationsverfahrens führen, weil deren Ziel, die Übertragung des Patents, dann nicht mehr erreicht werden könnte (vgl. Benkard, PatG, 11. Aufl., § 8 Rd. 42; Schulte, Patentgesetz, 9. Aufl., § 8 Rd. 24).
Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsfragen im Nichtigkeitsverfahren einerseits und im Vindikationsverfahren andererseits ist auch nicht zu befürchten, dass sich die Gerichte mit denselben rechtlichen Aspekten doppelt befassen. Im Übrigen stehen derartigen prozessökonomischen Erwägungen auch öffentliche Interessen an einer möglichst zügigen Entscheidung über den Bestand des Patents gegenüber. Durch die Ausgestaltung der Nichtigkeitsklage als Popularklage hat der Gesetzgeber nämlich verdeutlicht, dass die Vernichtung nicht-bestandsfähiger Patente im öffentlichen Interesse liegt, welches den prozessökonomischen Interessen, die sich ausschließlich aufgrund der besonderen Beziehungen zwischen den spezifischen Parteien ergeben, vorgehen kann. Diesem öffentlichen Interesse würde es zuwiderlaufen, wenn der Ausgang des Vindikationsklageverfahrens unter Umständen über mehrere Instanzen hinweg abgewartet werden müsste und damit unklar bliebe, ob das Streitpatent Bestand hat oder nicht. Dritte, die ebenfalls ein Interesse daran haben zu klären, ob das Streitpatent Bestand hat, wären dann unter Umständen sogar gezwungen, selbst eine weitere Nichtigkeitsklage einzureichen, um zu klären, ob das Streitpatent für nichtig zu erklären ist.
c) Die Fortführung des Nichtigkeitsverfahrens birgt allerdings die Gefahr, dass die Nichtigkeitsklägerin, deren formelle Legitimation und sachliche Berechtigung am Streitpatent möglicherweise nach rechtskräftiger Entscheidung im Vindikationsstreit feststeht, während des Nichtigkeitsverfahrens keinen Einfluss auf die Gestaltung der Patentansprüche des Streitpatentes nehmen kann. Ein Nichtigkeitskläger, der sich durch die gleichzeitige Erhebung von Nichtigkeits- und Vindikationsklage bewusst einer solchen Gefahr aussetzt, ist gleichwohl nicht schutzwürdig. Ein Nichtigkeitskläger hat es schließlich in der Hand, diese Gefahr zu vermeiden, indem er entweder das Streitpatent nur teilweise angreift und seine Anträge im Nichtigkeitsverfahren dementsprechend beschränkt oder die Nichtigkeitsklage während des laufenden Vindikationsverfahrens gar nicht erst erhebt bzw. sie später zurücknimmt.
Hinzu kommt dass die Interessen der Nichtigkeitsklägerin hier auch deshalb weniger schutzwürdig erscheinen, weil sie bzw. ihre Rechtsvorgänger während eines erheblichen Zeitraums davon abgesehen haben, die Vindikationsklage zu erheben (vgl. zur Berücksichtigung solcher Verzögerungen im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung: BGH GRUR 2012, 93, 94 - Klimaschrank). Im Übrigen hat die hiesige Nichtigkeitsklägerin sich auch explizit gegen die Aussetzung des Nichtigkeitsverfahrens ausgesprochen. Die Interessen der Nichtigkeitsklägerin gebieten daher ebenfalls keine Aussetzung des Nichtigkeitsverfahrens.
Unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte hält der Senat eine Aussetzung des Nichtigkeitsverfahrens nach § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 148 ZPO daher nicht für geboten.