Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 05.08.2014


BPatG 05.08.2014 - 2 Ni 34/12 (EU)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – „Verfahren zum Herstellen eines oberflächenoptimierbaren Opto-Bauelements (europäisches Patent)“ – Heilung der Verfahrensmängel durch rechtskräftige Patenterteilung – zulässige Teilanmeldung erhält Anmeldetag der Stammanmeldung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsdatum:
05.08.2014
Aktenzeichen:
2 Ni 34/12 (EU)
Dokumenttyp:
Urteil
Zitierte Gesetze
Art 76 EuPatÜbk

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 022 787

(DE 589 09 888)

hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10. April 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Sredl sowie der Richter Merzbach, Dipl-Phys. Brandt, Dipl.-Phys. Univ. Dr. rer. nat. Friedrich und Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Zebisch

für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent EP 1 022 787  wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland insoweit für nichtig erklärt, als es über folgende Patentansprüche hinausgeht:

1. Verfahren zum Herstellen eines oberflächenmontierbaren Opto-Bauelements, bei dem

 - an einem Leiterrahmen (Leadframe) mittels Umspritzen mit Kunststoff ein Grundkörper (1) mit einer Vorderseite und einer Rückseite und mit einer von der Vorderseite ausgehenden Vertiefung (5) ausgebildet wird und nachfolgend einoptischer Sender oder Empfänger (8) in der Vertiefung (5) angeordnet und mittels Bond-Draht-Verbindung mit einem elektrischen Anschluss (6) des Leiterrahmens verbunden wird,

 - der Leiterrahmen zwei elektrische Anschlüsse (6,7) aufweist, die, gesehen von der Grundkörpermitte, schmale Bereiche und diesen nachgeordnete breitere Bereiche aufweisen, die jeweils zusammenhängen, - der Grundkörper (1) derart ausgebildet wird, dass die elektrischen Anschlüsse (6,7) auf einander gegenüberliegenden Seitenflächen des Grundkörpers (1) im Verlauf der schmalen Bereiche aus dem Grundkörper (1) herausragen, - die elektrischen Anschlüsse (6,7) in den schmalen Bereichen zur Rückseite des Grundkörpers (1) hin gebogen werden und im weiteren Verlauf in den breiteren Bereichen auf Höhe der Rückseite des Grundkörpers (1) zu dessen Mitte hin gebogen werden und an der Rückseite des Grundkörpers vollständig an diesen angelegt werden, und

- der Grundkörper (1) aus einem Thermoplast hergestellt wird.

2.  Verfahren nach Anspruch 1, bei dem nach dem Montieren des Senders oder Empfängers (8) die Vertiefung mit Gießharz vergossen wird.3.  Verfahren nach einem der Ansprüche 1 und 2, bei dem die Vorderseite des Grundkörpers (1) im Wesentlichen plan ausgebildet wird.

4. Oberflächenmontierbares Opto-Bauelement, bei dem - an einem Leiterrahmen (Leadframe) mittels Umspritzen mit Kunststoff ein Grundkörper (1) mit einer Vorderseite und einer Rückseite und mit einer von der Vorderseite ausgehenden Vertiefung (5) ausgebildet ist,

 - in der Vertiefung (5) ein optischer Sender oder Empfänger (8) angeordnet ist, der mittels Bond-Draht-Verbindung mit einem elektrischen Anschluss (6) des Leiterrahmens verbunden ist, - der Leiterrahmen zwei elektrische Anschlüsse (6,7) aufweist, die, gesehen von der Grundkörpermitte, schmale Bereiche und diesen nachgeordnete breitere Bereiche aufweisen, die jeweils zusammenhängen,

- der Grundkörper (1) derart ausgebildet ist, dass die elektrischen Anschlüsse (6,7) auf einander gegenüberliegenden Seitenflächen des Grundkörpers (1) im Verlauf der schmalen Bereiche aus dem Grundkörper (1) herausragen,

 - die elektrischen Anschlüsse (6,7) in den schmalen Bereichen zur Rückseite des Grundkörpers (1) hin gebogen sind und im weiteren Verlauf in den breiteren Bereichen auf Höhe der Rückseite des Grundkörpers (1) zu dessen Mitte hin gebogen sind und an der Rückseite des Grundkörpers vollständig an diesem anliegen, und - der Grundkörper (1) aus einem Thermoplast hergestellt ist.

5. Opto-Bauelement nach Anspruch 4, bei dem die Vertiefung mit Gießharz vergossen ist.6. Opto-Bauelement nach einem der Ansprüche 4 und 5, bei dem die Vorderseite des Grundkörpers (1) im Wesentlichen plan ausgebildet ist."

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert für das Verfahren vor dem Bundespatentgericht wird auf 1.000.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des in der Verfahrenssprache Deutsch angemeldeten und zwischenzeitlich durch Zeitablauf erloschenen Europäischen Patents EP 1 022 787 B2 (Streitpatent). Das Patent geht auf die Anmeldung 89 109 835.2 (Stammanmeldung) zurück, die unter der Nummer EP 0 400 176 veröffentlicht worden ist. Die Stammanmeldung wurde am 31.05.1989 von der S… AG eingereicht. Diesen Anmeldetag nimmt auch das Klagepatent in Anspruch, dem eine am 10.12.1999 im Namen der O… GmbH & Co. OHG eingereichte Teilanmeldung zugrunde liegt. Zu diesem Zeitpunkt war die S… AG noch als Inhaberin der Stammanmeldung eingetragen. Ausweislich einer von der Klägerin mit der Anlage NK0 vorgelegten Übertragungserklärung wurde die Stammanmeldung erst mit Wirkung vom 28.01.2000 auf die O… GmbH & Co. OHG übertragen und am 31.01.2000 die Umschreibung der Rolle beantragt (Anlage NK0). Am 12.05.2000 beantragte die S… AG gestützt auf Regel 88 EPÜ (aF) die Änderung des Anmelders der dem Klagepatent zugrundeliegenden Teilanmeldung in die S… AG, die antragsgemäß am 02.06.2000 erfolgte.

2

Die aktuelle Fassung hat das Streitpatent im Rahmen eines europäischen Einspruchsverfahrens erhalten, in dem es beschränkt aufrechterhalten wurde. Danach umfasst das Streitpatent neben dem auf ein Verfahren zum Herstellen eines oberflächenmontierbaren Opto-Bauelements gerichteten Anspruch 1 und den auf diesen rückbezogenen Unteransprüchen 2 bis 6 einen auf ein oberflächenmontierbares Opto-Bauelement gerichteten nebengeordneten Anspruch 7 sowie auf diesen rückbezogene Unteransprüche 8 bis 12.

3

Der geltende unabhängige Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

4

„1. Verfahren zum Herstellen eines oberflächenmontierbaren Opto-Bauelements, bei dem

5

- an einem Leiterrahmen (Leadframe) mittels Umspritzen mit Kunststoff ein Grundkörper (1) mit einer Vorderseite und einer Rückseite und mit einer von der Vorderseite ausgehenden Vertiefung (5) ausgebildet wird und nachfolgend ein optischer Sender oder Empfänger (8) in der Vertiefung (5) angeordnet und mittels Bond-Draht-Verbindung mit einem elektrischen Anschluß (6) des Leiterrahmens verbunden wird,

6

- der Leiterrahmen zwei elektrische Anschlüsse (6,7) aufweist, die, gesehen von der Grundkörpermitte, schmale Bereiche und diesen nachgeordnete breitere Bereiche aufweisen, die jeweils zusammenhängen,

7

- der Grundkörper (1) derart ausgebildet wird, dass die elektrischen Anschlüsse (6,7) auf einander gegenüberliegenden Seitenflächen des Grundkörpers (1) im Verlauf der schmalen Bereiche aus dem Grundkörper (1) herausragen, und- die elektrischen Anschlüsse (6,7) in den schmalen Bereichen zur Rückseite des Grundkörpers (1) hin gebogen werden und im weiteren Verlauf in den breiteren Bereichen auf Höhe der Rückseite des Grundkörpers (1) zu dessen Mitte hin gebogen werden und an der Rückseite des Grundkörpers vollständig an diesen angelegt werden."

8

Der geltende nebengeordnete Patentanspruch 7 lautet:

9

„7. Oberflächenmontierbares Opto-Bauelements (muß richtiggestellt „Bauelement“ heißen), bei dem

10

- an einem Leiterrahmen (Leadframe) mittels Umspritzen mit Kunststoff ein Grundkörper (1) mit einer Vorderseite und einer Rückseite und mit einer von der Vorderseite ausgehenden Vertiefung (5) ausgebildet ist,

11

- in der Vertiefung (5) ein optischer Sender oder Empfänger (8) angeordnet ist, der mittels Bond-Draht-Verbindung mit einem elektrischen Anschluß (6) des Leiterrahmens verbunden ist,

12

- der Leiterrahmen zwei elektrische Anschlüsse (6,7) aufweist, die, gesehen von der Grundkörpermitte, schmale Bereiche und diesen nachgeordnete breitere Bereiche aufweisen, die jeweils zusammenhängen,

13

-   der Grundkörper (1) derart ausgebildet ist, dass die elektrischen Anschlüsse (6,7) auf einander gegenüberliegenden Seitenflächen des Grundkörpers (1) im Verlauf der schmalen Bereiche aus dem Grundkörper (1) herausragen, und

14

-   die elektrischen Anschlüsse (6,7) in den schmalen Bereichen zur Rückseite des Grundkörpers (1) hin gebogen sind und im weiteren Verlauf in den breiteren Bereichen auf Höhe der Rückseite des Grundkörpers (1) zu dessen Mitte hin gebogen sind und an der Rückseite des Grundkörpers vollständig an diesem anliegen."

15

Hinsichtlich des Wortlauts der auf den Patentanspruch 1 direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche  2 bis 6 sowie der auf den Patentanspruch 7 direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche 8 bis 12 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.

16

Die Klägerin ist der Auffassung, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Dazu macht sie unter Bezug auf die Druckschriften

17

NK0 Unterlagen aus dem Anmeldeverfahren des Streitpatents und der zugrunde liegenden StammanmeldungNK1 EP 0 400 176 A1NK2 JP Design Patent Nr. 744 802NK2a Englische Übersetzung der Anlage NK2NK3 JP 62-213 223 ANK3a Englische Übersetzung der Anlage NK3NK4 JP 63 - 38 201 ANK4a Englische Übersetzung der Anlage NK3NK5 Eingabe der Patentinhaberin vom 16.11.2004NK6 Entscheidung der Beschwerdekammer in Sachen T600/08 undNK7 JP 01 - 108 753 A

18

zunächst geltend, dass die Teilanmeldung, auf der das Streitpatent beruhe, mangels Anmelderidentität unwirksam sei. Zum Zeitpunkt der Einreichung der dem Stammpatent zugrunde liegenden Teilanmeldung sei - wie die mit der Anlage NK0 vorgelegte Übertragungserklärung vom 28.01.2000 belege - noch die S… AG und nicht die O… GmbH & Co OHG registrierte Anmelderin gewesen. Da die unter dem 12. Mai 2000 von den Vertretern der Anmelderin beantragte und mit einem Versehen bei der Angabe der Anmelderin begründete Berichtigung der Anmelderangabe nach Regel 88 EPÜ (alte Fassung) in unzulässiger Weise erfolgt sei, könne daher als Zeitrang nur der Tag der Einreichung der Teilanmeldung und nicht der der Stammanmeldung beansprucht werden mit der Folge, dass dem Streitpatent die Veröffentlichung der Stammanmeldung gemäß Druckschrift NK1 neuheitsschädlich entgegenstehe (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i.V.m. Art. 54 EPÜ).Außerdem beruhe das oberflächenmontierbare Opto-Bauelement nach Anspruch 7 des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik gemäß den Druckschriften NK2 und NK3 für sich genommen sowie einer Zusammenschau der Druckschriften NK2 und NK3 sowie NK2 und NK4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i.V.m. Art. 56 S. 1 EPÜ). Der Verfahrensanspruch 1 des Streitpatents weise alle Merkmale des Vorrichtungsanspruchs 7 auf, so dass auch sein Gegenstand aus den vorgenannten Gründen nicht patentfähig sei.

19

Nachdem der Senat in seinem qualifizierten Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG vom 12. November 2013 darauf hingewiesen hat, dass die Unteransprüche 3 und 9, 5 und 11 sowie 6 und 12 des Streitpatents möglicherweise Bestand haben könnten, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. Januar 2014 unter Bezug auf die weiteren Druckschriften

20

NK 8  JP 55 - 105 388  A mit AbstractNK 9  JP 63 - 300 578 A mit AbstractNK10  DE 23 09 586 A

21

geltend gemacht, dass die Gegenstände der (Unter-)Ansprüche 3 und 9 sowie 5 und 11 des Streitpatents gegenüber einer Zusammenschau der Druckschrift NK 2 mit je einer der Druckschriften NK8, NK9 oder NK10 nicht patentfähig seien und dass das Herstellen des Grundkörpers aus einem Thermoplasten gemäß den (Unter-)Ansprüchen 6 und 12 für den Fachmann ausgehend vom Stand der Technik gemäß den Druckschriften NK2 bzw. NK8 oder NK9 auf der Hand liege.

22

Die Klägerin beantragt,

23

1) festzustellen, dass das europäische Patent EP 1 022 787 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im gesamten Umfang von Anfang an nichtig war,

24

2)  der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

25

Die Beklagte beantragt,

26

die Klage abzuweisen;

27

hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit einem der Hilfsanträge 1, vorgelegt mit Schriftsatz vom 31.01.2014, oder 2, vorgelegt in der mündlichen Verhandlung.

28

Zu Hilfsantrag 1

29

Die Ansprüche nach Hilfsantrag 1 umfassen drei selbständige Verfahrensansprüche 1, 2 und 3 und drei selbständige Vorrichtungsansprüche 6, 7 und 8 sowie die Unteransprüche 4, 5, 9 und 10.

30

Die geltenden Ansprüche nach Hilfsantrag 1 lauten (inhaltliche Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruchssatz sind durch kursiven Fettdruck gekennzeichnet):

31

„1. Verfahren zum Herstellen eines oberflächenmontierbaren Opto-Bauelements, bei dem

32

- an einem Leiterrahmen (Leadframe) mittels Umspritzen mit Kunststoff ein Grundkörper (1) mit einer Vorderseite und einer Rückseite und mit einer von der Vorderseite ausgehenden Vertiefung (5) ausgebildet wird und nachfolgend ein optischer Sender oder Empfänger (8) in der Vertiefung (5) angeordnet und mittels Bond-Draht-Verbindung mit einem elektrischen Anschluß (6) des Leiterrahmens verbunden wird,- der Leiterrahmen zwei elektrische Anschlüsse (6,7) aufweist, die, gesehen von der Grundkörpermitte, schmale Bereiche und diesen nachgeordnete breitere Bereiche aufweisen, die jeweils zusammenhängen,- der Grundkörper (1) derart ausgebildet wird, dass die elektrischen Anschlüsse (6,7) auf einander gegenüberliegenden Seitenflächen des Grundkörpers (1) im Verlauf der schmalen Bereiche aus dem Grundkörper (1) herausragen,

33

- die elektrischen Anschlüsse (6,7) in den schmalen Bereichen zur Rückseite des Grundkörpers (1) hin gebogen werden und im weiteren Verlauf in den breiteren Bereichen auf Höhe der Rückseite des Grundkörpers (1) zu dessen Mitte hin gebogen werden und an der Rückseite des Grundkörpers vollständig an diesen angelegt werden, und- die Vertiefung als Reflektor ausgebildet wird und in dieser ein optischer Sender angeordnet wird.

34

2. Verfahren zum Herstellen eines oberflächenmontierbaren Opto-Bauelements, bei dem

35

 - an einem Leiterrahmen (Leadframe) mittels Umspritzen mit Kunststoff ein Grundkörper (1) mit einer Vorderseite und einer Rückseite und mit einer von der Vorderseite ausgehenden Vertiefung (5) ausgebildet wird und nachfolgend ein optischer Sender oder Empfänger (8) in der Vertiefung (5) angeordnet und mittels Bond-Draht-Verbindung mit einem elektrischen Anschluß (6) des Leiterrahmens verbunden wird, - der Leiterrahmen zwei elektrische Anschlüsse (6,7) aufweist, die, gesehen von der Grundkörpermitte, schmale Bereiche und diesen nachgeordnete breitere Bereiche aufweisen, die jeweils zusammenhängen, - der Grundkörper (1) derart ausgebildet wird, dass die elektrischen Anschlüsse (6,7) auf einander gegenüberliegenden Seitenflächen des Grundkörpers (1) im Verlauf der schmalen Bereiche aus dem Grundkörper (1) herausragen, - die elektrischen Anschlüsse (6,7) in den schmalen Bereichen zur Rückseite des Grundkörpers (1) hin gebogen werden und im weiteren Verlauf in den breiteren Bereichen auf Höhe der Rückseite des Grundkörpers (1) zu dessen Mitte hin gebogen werden und an der Rückseite des Grundkörpers vollständig an diesen angelegt werden, und

36

- der Grundkörper (1) aus einem reflektierenden Kunststoff hergestellt wird.           

37

3. Verfahren zum Herstellen eines oberflächenmontierbaren Opto-Bauelements, bei dem

38

 - an einem Leiterrahmen (Leadframe) mittels Umspritzen mit Kunststoff ein Grundkörper (1) mit einer Vorderseite und einer Rückseite und mit einer von der Vorderseite ausgehenden Vertiefung (5) ausgebildet wird und nachfolgend einoptischer Sender oder Empfänger (8) in der Vertiefung (5) angeordnet und mittels Bond-Draht-Verbindung mit einem elektrischen Anschluß (6) des Leiterrahmens verbunden wird,

39

- der Leiterrahmen zwei elektrische Anschlüsse (6,7) aufweist, die, gesehen von der Grundkörpermitte, schmale Bereiche und diesen nachgeordnete breitere Bereiche aufweisen, die jeweils zusammenhängen,- der Grundkörper (1) derart ausgebildet wird, dass die elektrischen Anschlüsse (6,7) auf einander gegenüberliegenden Seitenflächen des Grundkörpers (1) im Verlauf der schmalen Bereiche aus dem Grundkörper (1) herausragen,- die elektrischen Anschlüsse (6,7) in den schmalen Bereichen zur Rückseite des Grundkörpers (1) hin gebogen werden und im weiteren Verlauf in den breiteren Bereichen auf Höhe der Rückseite des Grundkörpers (1) zu dessen Mitte hin gebogen werden und an der Rückseite des Grundkörpers vollständig an diesen angelegt werden, und

40

- der Grundkörper (1) aus einem Thermoplast hergestellt wird.            

41

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, bei dem nach dem Montieren des Senders oder Empfängers (8) die Vertiefung mit Gießharz vergossen wird.

42

5.  Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, bei dem die Vorderseite des Grundkörpers (1) im Wesentlichen plan ausgebildet wird.

43

6. Oberflächenmontierbares Opto-Bauelements (muss richtig „Bauelement" heißen), bei dem

44

 - an einem Leiterrahmen (Leadframe) mittels Umspritzen mit Kunststoff ein Grundkörper (1) mit einer Vorderseite und einer Rückseite und mit einer von der Vorderseite ausgehenden Vertiefung (5) ausgebildet ist, - in der Vertiefung (5) ein optischer Sender oder Empfänger (8) angeordnet ist, der mittels Bond-Draht-Verbindung mit einem elektrischen Anschluß (6) des Leiterrahmens verbunden ist, - der Leiterrahmen zwei elektrische Anschlüsse (6,7) aufweist, die, gesehen von der Grundkörpermitte, schmale Bereiche und diesen nachgeordnete breitere Bereiche aufweisen, die jeweils zusammenhängen, - der Grundkörper (1) derart ausgebildet ist, dass die elektrischen Anschlüsse (6,7) auf einander gegenüberliegenden Seitenflächen des Grundkörpers (1) im Verlauf der schmalen Bereiche aus dem Grundkörper (1) herausragen,

45

 - die elektrischen Anschlüsse (6,7) in den schmalen Bereichen zur Rückseite des Grundkörpers (1) hin gebogen sind und im weiteren Verlauf in den breiteren Bereichen auf Höhe der Rückseite des Grundkörpers (1) zu dessen Mitte hin gebogen sind und an der Rückseite des Grundkörpers vollständig an diesem anliegen, und

46

- die Vertiefung als Reflektor ausgebildet ist und in dieser ein optischer Sender angeordnet ist.           

47

7. Oberflächenmontierbares Opto-Bauelements (muss richtig „Bauelement" heißen), bei dem

48

 - an einem Leiterrahmen (Leadframe) mittels Umspritzen mit Kunststoff ein Grundkörper (1) mit einer Vorderseite und einer Rückseite und mit einer von der Vorderseite ausgehenden Vertiefung (5) ausgebildet ist, - in der Vertiefung (5) ein optischer Sender oder Empfänger (8) angeordnet ist, der mittels Bond-Draht-Verbindung mit einem elektrischen Anschluß (6) des Leiterrahmens verbunden ist, - der Leiterrahmen zwei elektrische Anschlüsse (6,7) aufweist, die, gesehen von der Grundkörpermitte, schmale Bereiche und diesen nachgeordnete breitere Bereiche aufweisen, die jeweils zusammenhängen, - der Grundkörper (1) derart ausgebildet ist, dass die elektrischen Anschlüsse (6,7) auf einander gegenüberliegenden Seitenflächen des Grundkörpers (1) im Verlauf der schmalen Bereiche aus dem Grundkörper (1) herausragen, - die elektrischen Anschlüsse (6,7) in den schmalen Bereichen zur Rückseite des Grundkörpers (1) hin gebogen sind und im weiteren Verlauf in den breiteren Bereichen auf Höhe der Rückseite des Grundkörpers (1) zu dessen Mitte hin gebogen sind und an der Rückseite des Grundkörpers vollständig an diesem anliegen, und  - der Grundkörper (1) aus einem reflektierenden Kunststoff hergestellt ist.

49

8. Oberflächenmontierbares Opto-Bauelements (muss richtig „Bauelement" heißen , bei dem - an einem Leiterrahmen (Leadframe) mittels Umspritzen mit Kunststoff ein Grundkörper (1) mit einer Vorderseite und einer Rückseite und mit einer von der Vorderseite ausgehenden Vertiefung (5) ausgebildet ist,

50

 - in der Vertiefung (5) ein optischer Sender oder Empfänger (8) angeordnet ist, der mittels Bond-Draht-Verbindung mit einem elektrischen Anschluß (6) des Leiterrahmens verbunden ist, - der Leiterrahmen zwei elektrische Anschlüsse (6,7) aufweist, die, gesehen von der Grundkörpermitte, schmale Bereiche und diesen nachgeordnete breitere Bereiche aufweisen, die jeweils zusammenhängen,

51

- der Grundkörper (1) derart ausgebildet ist, dass die elektrischen Anschlüsse (6,7) auf einander gegenüberliegenden Seitenflächen des Grundkörpers (1) im Verlauf der schmalen Bereiche aus dem Grundkörper (1) herausragen,

52

 - die elektrischen Anschlüsse (6,7) in den schmalen Bereichen zur Rückseite des Grundkörpers (1) hin gebogen sind und im weiteren Verlauf in den breiteren Bereichen auf Höhe der Rückseite des Grundkörpers (1) zu dessen Mitte hin gebogen sind und an der Rückseite des Grundkörpers vollständig an diesem anliegen, und  - der Grundkörper (1) aus einem Thermoplast hergestellt ist.

53

9. Opto-Bauelement nach einem der Ansprüche 6 bis 8, bei dem die Vertiefung mit Gießharz vergossen ist.

54

10. Opto-Bauelement nach einem der Ansprüche 6 bis 9, bei dem die Vorderseite des Grundkörpers (1) im Wesentlichen plan ausgebildet ist."

55

Zu Hilfsantrag 2

56

Die Ansprüche nach Hilfsantrag 2 umfassen den selbständigen Verfahrensanspruch 3 und den selbständigen Vorrichtungsanspruch 8  nach Hilfsantrag 1  (nunmehr Patentansprüche 1 und 4 gemäß Hilfsantrag 2) sowie die Unteransprüche 4, 5, 9 und 10 gemäß Hilfsantrag 1 (nunmehr Patentansprüche 2, 3, 5 und 6 gemäß Hilfsantrag 2 mit entsprechend geänderten Rückbezügen). Hinsichtlich des Wortlauts der nach Hilfsantrag 2 geltenden Patentansprüche wird auf den Tenor der Entscheidung Bezug genommen, wobei offensichtliche Fehler im Wortlaut korrigiert wurden.

57

Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie hält den Gegenstand des Streitpatents für schutzfähig, jedenfalls in den Fassungen der Hilfsanträge. Die NK 1 könne dem Streitpatent mangels wirksamer Teilanmeldung nicht als Stand der Technik entgegengehalten werden. Denn die Teilanmeldung sei wirksam erfolgt. Die Berichtigung des Anmeldernamens durch das EPA sei zu Recht erfolgt, da die Stammanmeldung ausweislich des als Anlage NB2 zum Schriftsatz vom 08.04.2013 auszugsweise vorgelegten Patent-  und Know-how-Lizenzvertrages bereits am 23.12.1998 auf die Anmelderin der dem Streitpatent zugrunde liegenden Teilanmeldung übertragen worden sei. Abgesehen davon seien etwaige formale Fehler aus dem Erteilungsverfahren mit der Patenterteilung geheilt und darüber hinaus weder dem Einspruchs- noch dem Nichtigkeitsverfahren zugänglich.

58

Auch ergäben sich die Gegenstände der Ansprüche des Streitpatents in der erteilten Fassung bzw. in der Fassung der Hilfsanträge nicht in naheliegender Weise aus dem vorveröffentlichten Stand der Technik, so dass sie auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.

59

Die Klägerin sieht demgegenüber den Gegenstand des Streitpatents in den Fassungen der Hilfsanträge 1 und 2 ebenfalls nicht als schutzfähig an. Im Hinblick auf den Hilfsantrag 2 hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung beantragt, ein Sachverständigengutachten einzuholen zum Beweis der Tatsache, dass die Verwendung von Thermoplastmaterialien in der SMD-Technik für Opto-Bauelemente zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents fachüblich war.

60

Die Klägerin sowie die K…Co. Ltd., Taiwan werden aus dem Streitpatent im Wege der Verletzungsklage in Anspruch genommen. Mit Urteil des OLG Düsseldorf vom 22. November 2012 (Az.: I – 2 U 27/09) wurde die Berufung der Klägerin/Verletzungsbeklagten sowie der K… Co. Ltd. gegen das der Verletzungsklage stattgebende Urteil des LG Düsseldorf vom 27. August 2009 (Az.: 4b O 286/06) zurückgewiesen mit der Klarstellung, dass der Unterlassungsanspruch nach Ziff. I. 1 des landgerichtlichen Tenors aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärung im Hinblick auf den Ablauf der Schutzdauer des Streitpatents gegenstandslos sei. Die Klägerin hat gegen dieses Urteil des OLG Düsseldorf, in dem die Revision nicht zugelassen wurde, Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt.

61

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

62

Die Klage ist in vorliegenden Fall trotz Ablaufs des Streitpatents zulässig, weil der gerichtlich aus dem Streitpatent in Anspruch genommenen Klägerin ein eigenes rechtliches Interesse an der rückwirkenden Vernichtung des Streitpatents im angegriffenen Umfang und damit an der Nichtigerklärung zur Seite steht (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 12.12.2006 - X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 – Schussfäden-transport; v. 24.4.2007 - X ZR 201/02, GRUR 2008, 90 - Verpackungsmaschine; v. 16.10.2007 - X ZR 226/02, GRUR 2008, 60 - Sammelhefter II). Das Verletzungsverfahren ist auch noch anhängig. Das OLG Düsseldorf hat zwar in seinem Berufungsurteil vom 22. November 2012 die Revision nicht zugelassen. Die Klägerin bzw. die Verletzungsbeklagten haben jedoch Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH erhoben, so dass die Entscheidung des OLG Düsseldorf nicht rechtskräftig geworden ist.

63

Die Klage, mit der der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit nach Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 lit a EPÜ i. V. m. Artikel 54 Abs. 1, 2 und Artikel 56 EPÜ geltend gemacht wird, ist auch insoweit begründet, als das Streitpatent für nichtig zu erklären ist, soweit es über die von der Beklagten beschränkt verteidigte Fassung nach Hilfsantrag 2 hinausgeht.

I.

64

1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines oberflächenmontierbaren Opto-Bauelements und ein oberflächenmontierbares Opto-Bauelement.

65

Der Begriff „Oberflächenmontierbare Bauelemente" bzw. „SMD" (surface mounted devices) steht für Bauelemente, welche für eine Technik zum Aufbau von flachen Baugruppen, die Oberflächenmontage, geeignet sind. Hierfür wird eine neue Generation von Bauelementen benötigt, die zu dieser Technik passen müssen.Im Gegensatz zur herkömmlichen Einsteckmontage, bei der mit Anschlusselementen versehene Bauelemente mit den Anschlüssen in Einstecklöcher in einer Leiterplatte oder einem ähnlichen Substrat eingesteckt und auf der Rückseite mit dieser bzw. diesen verlötet werden, werden bei der Oberflächenmontage unbedrahtete, lediglich mit Anschlussflächen versehene Bauelemente auf das entsprechende Substrat aufgebracht und auf diesem verlötet. Dies erlaubt sehr dichte und flache Bauelementanordnungen, sogenannte Flachbaugruppen, und gestattet es außerdem, das jeweilige Trägersubstrat beidseitig mit Bauelementen zu versehen. Zudem wird die Fertigung rationeller und die Zuverlässigkeit der Bauelementanordnungen größer.

66

Eine wirtschaftliche Herstellung solcher Baugruppen ist nur dann möglich, wenn die entsprechenden Bauelemente in herkömmlichen Bestückungsautomaten verarbeitet werden können. Die Vorteile der Oberflächenmontage sind umso größer, je besser Bauelemente, Leiterplatten-Layout, automatische Bestückungstechnik, Löttechnik und Prüfen der Bauelementanordnung aufeinander abgestimmt werden können, vgl. die Abschnitte [0001] bis [0004] des Streitpatents.2. Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, ein verbessertes Verfahren zum Herstellen eines oberflächenmontierbaren Opto-Bauelements und ein verbessertes Opto-Bauelement anzugeben. Das Verfahren bzw. das Opto-Bauelement soll kostengünstig sein und es ermöglichen, Bauelemente herzustellen, die auf den handelsüblichen Bestückungsautomaten der SMD-Technik verarbeitbar sind, vgl. Abschnitt [0010] des Streitpatents.3. Hinsichtlich des Verfahrens wird die Aufgabe gemäß dem durch eine Merkmalsgliederung ergänzten Anspruch 1 des Streitpatents gelöst durch ein

67

(A) „1. Verfahren zum Herstellen eines oberflächenmontierbaren Opto-Bauelements, bei dem(B) an einem Leiterrahmen (Leadframe) mittels Umspritzen mit Kunststoff ein Grundkörper (1) mit einer Vorderseite und einer Rückseite und(C) mit einer von der Vorderseite ausgehenden Vertiefung (5) ausgebildet wird und(D) nachfolgend ein optischer Sender oder Empfänger (8) in der Vertiefung (5) angeordnet und mittels Bond-Draht-Verbindung mit einem elektrischen Anschluß (6) des Leiterrahmens verbunden wird,

68

(E) der Leiterrahmen zwei elektrische Anschlüsse (6,7) aufweist, die, gesehen von der Grundkörpermitte, schmale Bereiche und diesen nachgeordnete breitere Bereiche aufweisen, die jeweils zusammenhängen,(F) der Grundkörper (1) derart ausgebildet wird, dass die elektrischen Anschlüsse (6,7) auf einander gegenüberliegenden Seitenflächen des Grundkörpers (1) im Verlauf der schmalen Bereiche aus dem Grundkörper (1) herausragen, und(G) die elektrischen Anschlüsse (6,7) in den schmalen Bereichen zur Rückseite des Grundkörpers (1) hin gebogen werden und im weiteren Verlauf in den breiteren Bereichen auf Höhe der Rückseite des Grundkörpers (1) zu dessen Mitte hin gebogen werden und an der Rückseite des Grundkörpers vollständig an diesen angelegt werden."

69

Hinsichtlich des oberflächenmontierbaren Opto-Bauelements wird die Aufgabe gemäß dem von dem Rechtschreibfehler „Bauelements“ bereinigten  nebengeordneten und ebenfalls durch eine Merkmalsgliederung ergänzten  Anspruch 7 des Streitpatents gelöst durch ein

70

(a) „7.  Oberflächenmontierbares Opto-Bauelement, bei dem(b) an einem Leiterrahmen (Leadframe) mittels Umspritzen mit Kunststoff ein Grundkörper (1) mit einer Vorderseite und einer Rückseite(c) und mit einer von der Vorderseite ausgehenden Vertiefung (5) ausgebildet ist,(d) in der Vertiefung (5) ein optischer Sender oder Empfänger (8) angeordnet ist, der mittels Bond-Draht-Verbindung mit einem elektrischen Anschluß (6) des Leiterrahmens verbunden ist,(e) der Leiterrahmen zwei elektrische Anschlüsse (6,7) aufweist, die, gesehen von der Grundkörpermitte, schmale Bereiche und diesen nachgeordnete breitere Bereiche aufweisen, die jeweils zusammenhängen,(f) der Grundkörper (1) derart ausgebildet ist, dass die elektrischen Anschlüsse (6,7) auf einander gegenüberliegenden Seitenflächen des Grundkörpers (1) im Verlauf der schmalen Bereiche aus dem Grundkörper (1) herausragen, und(g) die elektrischen Anschlüsse (6,7) in den schmalen Bereichen zur Rückseite des Grundkörpers (1) hin gebogen sind und im weiteren Verlauf in den breiteren Bereichen auf Höhe der Rückseite des Grundkörpers (1) zu dessen Mitte hin gebogen sind und an der Rückseite des Grundkörpers vollständig an diesem anliegen."

71

Die geltenden Ansprüche 1, 2 und 3 sowie 6, 7 und 8 nach Hilfsantrag 1 ergänzen die im erteilten Anspruch 1 gegebene Lehre durch ein jeweils ergänztes Merkmal, wonach

72

(H1) „die Vertiefung als Reflektor ausgebildet wird und in dieser ein optischer Sender angeordnet wird“

73

bzw.   

74

(h1) „die Vertiefung als Reflektor ausgebildet ist und in dieser ein optischer Sender angeordnet ist.“bzw.(H2) „der Grundkörper (1) aus einem reflektierenden Kunststoff hergestellt wird.“

75

bzw.

76

(h2) „der Grundkörper (1) aus einem reflektierenden Kunststoff hergestellt ist.“

77

bzw.

78

(H3) „der Grundkörper (1) aus einem Thermoplast hergestellt wird.“

79

 bzw.(h3) „der Grundkörper (1) aus einem Thermoplast hergestellt ist.“

80

Die selbständigen Ansprüche 1 und 4 nach Hilfsantrag 2 entsprechen den selbständigen Ansprüchen 3 und 8 des Hilfsantrags 1.

81

4. Als zuständiger Fachmann ist ein in der Halbleiterindustrie tätiger  berufserfahrener und mit der Herstellung von für die Oberflächenmontage geeigneten Bauelementen, insbesondere Opto-Bauelementen befasster Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik mit Fachhochschulabschluss anzusehen, der über  Kenntnisse der Aufbau- und Verbindungstechnik von SMD-Bauelementen verfügt.

II.

82

1. Das Streitpatent erweist sich sowohl in der erteilten Fassung als auch im Umfang des Hilfsantrags 1 nicht als patentfähig.

83

Zwar steht entgegen der Auffassung der Klägerin die Veröffentlichung der Stammanmeldung dem Streitpatent weder in der erteilten Fassung noch in den Fassungen des Hilfsantrags 1 als auch – wie noch zu erörtern ist – des Hilfsantrags 2 neuheitsschädlich entgegen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der dem Streitpatent zugrunde liegenden Teilanmeldung kein früherer Zeitrang als der Tag der tatsächlichen Anmeldung zuerkannt werden könnte, so dass die Stammanmeldung als Stand der Technik zu berücksichtigen wäre. Nach Art. 76 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz EPÜ gilt jedoch die Teilanmeldung als an dem Anmeldetag der früheren Anmeldung eingereicht und genießt deren Prioritätsrecht, was zur Folge hat, dass die Stammanmeldung damit auch keinen neuheitsschädlichen Stand der Technik für das Streitpatent darstellen kann.

84

Dies gilt entgegen der Auffassung der Klägerin auch dann, wenn die dem Streitpatent zugrunde liegende Anmeldung mangels Anmelderidentität nicht als (wirksame) Teilanmeldung (i.S. von Art. 76 EPÜ) zu der früheren Stammanmeldung hätte behandelt werden dürfen und auch dem Berichtigungsantrag nicht hätte entsprochen werden dürfen. Es bedarf daher letztlich auch keiner Klärung, ob die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmängel im Erteilungsverfahren überhaupt vorlagen.

85

Von einer fehlenden Anmelderidentität in Bezug auf Stamm- und Teilanmeldung kann allerdings nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Dafür spricht zwar die von der Klägerin mit Anlage NK0 vorgelegte Übertragungserklärung, wonach die Stammanmeldung erst am 28. Januar 2000 und damit nach erfolgter Teilanmeldung durch die O… GmbH & Co. oHG (10.12.1999) auf diese übertragen worden ist.

86

Nach dem von der Beklagten als Anlage NB2 auszugsweise vorgelegten Patent und Know-How-Lizenzvertrag vom 23.12.1998 könnte die in der Anlage B zu diesem Vertrag aufgeführte Stammanmeldung (internes Aktenzeichen 891446, Veröffentlichungsnummer 891 09 835.2) jedoch bereits vor der Einreichung der Teilanmeldung auf die O… GmbH & Co. oHG übertragen worden sein, so dass diese als materiell-rechtliche Inhaberin der Rechte an der Stammanmeldung auch berechtigt gewesen wäre, am 10. Dezember 1999 die dem Streitpatent zugrunde liegende Teilanmeldung vorzunehmen; einer Berichtigung hätte es daher nicht bedurft. Allerdings dokumentiert der als Anlage NB2 vorgelegte Auszug eine Übertragung auch nicht zweifelsfrei, da in der im Auszug enthaltenen Ziff. 1.2. des Vertrages auf eine in § 3 Ziff. 1 des Einbringungsvertrages vereinbarte Übertragung Bezug genommen wird, diese Vertragsbestimmung jedoch in dem Auszug nicht enthalten ist. Letztlich bedarf diese Frage - wie bereits dargelegt -  aber auch keiner Entscheidung, da es auch bei einer ohne weitere Prüfung unterstellten Annahme der geltend gemachten Verfahrensmängel beim Anmeldetag der Stammanmeldung für die Teilanmeldung verbleibt.

87

Wie der BGH mehrfach für das nationale Nichtigkeitsklageverfahren entschieden hat (vgl. GRUR 1967, 543 (II 2c) - Bleiphosphit; GRUR 1965, 473 (B II 3) -Dauerwellen I; GRUR 2003, 47, 48 – Sammelhefter I; s. auch BPatG BIPMZ 1984, 380 (I 2a)), ist der Katalog der Nichtigkeitsgründe abschließend in § 21 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 PatG i. V. m. § 22 Abs. 1 PatG aufgeführt. Weitere Nichtigkeitsgründe sieht das Gesetz nicht vor. Insbesondere stellt ein Fehler im Patenterteilungsverfahren keinen mit einer Nichtigkeitsklage angreifbaren Nichtigkeitsgrund dar (vgl. Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 7. Aufl., § 21, Rdnr. 13; Schulte/Moufang, Patentgesetz, 9. Aufl., § 21, Rdnr. 24 f.). Verfahrensmängel im Erteilungsverfahren gelten vielmehr als durch die rechtskräftige Patenterteilung geheilt (vgl. dazu BGH GRUR 2003, 47, 48 – Sammelhefter I). Dies gilt wegen des insoweit identischen Katalogs der Nichtigkeitsgründe gemäß Art. II § 6 Abs. 1 IntPatÜG und Art. 138 Abs. 1 lit a bis d EPÜ in gleicher Weise auch für vom Europäischen Patentamt mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilte Patente, auf die nach Art. 2 Abs. 2 EPÜ nationales, also deutsches Recht anzuwenden ist. Eine mögliche fehlerhafte Behandlung der Anmeldung als Teilanmeldung (i.S. von Art. 76 EPÜ) zu der früheren Stammanmeldung bzw. eine mögliche rechtswidrige Bewilligung eines Korrekturantrags durch die Eingangsstelle nach Regel 88 EPÜ 1973 sind daher durch die Patenterteilung geheilt worden.

88

Auch wenn man berücksichtigt, dass mit der Heilung der Verfahrensmängel durch die Patenterteilung nicht notwendigerweise eine Aussage darüber verbunden ist, ob und ggf. in welchem Umfang formelle Mängel des Erteilungsverfahrens durch die Erteilung des Patents in dem Sinne geheilt werden, dass sie jeder Nachprüfung entzogen sind (vgl. BGH, GRUR 2003, 47, 48 unter 3 b) – Sammelhefter I; Busse/Brandt, Patentgesetz, 7. Aufl., § 49 Rdnr. 21), bestimmt sich vorliegend aufgrund der mit der Patenterteilung verbundenen Heilungswirkung der Zeitrang der dem Streitpatent zugrunde liegenden Teilanmeldung allein nach dem Anmeldetag der Ursprungsanmeldung gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 2, 2.  Halbsatz EPÜ.

89

Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung der Technischen Beschwerdekammer des EPA in dem Beschluss vom 17. November 2011 (T 0600/08) an, dass die Regelung in Art. 76 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz EPÜ es ausschliesst, dass eine Teilanmeldung den Tag ihrer tatsächlichen Einreichung beim EPA als Anmeldetag erhält, so dass einer als Teilanmeldung eingereichten europäischen Patentanmeldung entweder – wenn sie wie vorliegend als Teilanmeldung behandelt wird – zwingend der Anmeldetag der Stammanmeldung zukommt, oder, wenn sie nicht als zulässige Teilanmeldung behandelt wird, kein Patenterteilungsverfahren in Gang setzt und ihr daher gar kein Anmeldetag zukommt.

90

Ist daher eine Teilanmeldung als solche behandelt und sind infolge der Patenterteilung etwaige Verfahrensfehler geheilt worden, verbleibt es beim Anmeldetag der Stammanmeldung für die Teilanmeldung (so auch OLG Düsseldorf, Urteil v. 22.11.2012 – I-2  U 27/09, Seite 21; vgl. auch Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 7. Aufl., § 39 Rdnr. 40). Dafür spricht auch,  dass die grundsätzlich außer Streit stehende und allgemein anerkannte Heilung von Verfahrensmängeln durch Erteilung des Patents letztlich wirkungslos wäre, wenn die in einem auf einer Teilanmeldung beruhenden Erteilungsverfahren aufgetretenen Mängel zur Folge hätten, dass der Teilanmeldung kein früherer Zeitrang als der Tag der tatsächlichen Anmeldung zuerkannt würde. Denn dies würde zwangsläufig dazu führen, dass die der Teilanmeldung zugrundeliegende Stammanmeldung dieser als neuheitsschädlicher Stand der Technik entgegengehalten werden könnte.

91

2. Jedoch beruhen die Gegenstände der selbständigen Ansprüche des erteilten Patents ebenso wie die Gegenstände der selbständigen Ansprüche nach dem Hilfsantrag 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

92

2.1 Das Verfahren zum Herstellen eines oberflächenmontierbaren Opto-Bauelements nach dem erteilten Anspruch 1 ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

93

Denn die Druckschrift NK3 offenbart ein Verfahren zur Herstellung eines oberflächenmontierbaren elektronischen Bauelements, bei dem in Übereinstimmung mit den Merkmalen (B), (E), (F) und (G) des geltenden Anspruchs 1

94

- an einem Leiterrahmen (comb lead 2) mittels Umspritzen mit Kunststoff (resin 3) ein Grundkörper mit einer Vorder- und einer Rückseite gebildet wird (In order to achieve the objects, an electronic component according to the present invention has a comb lead for projecting out electrodes, and the entirety of the component is externally enclosed by resin / NK3a, S. 2, 5. Textabs. “Means to solve the problem”  //  Fig. 1a is a perspective view of an electronic component according to one embodiment of the present invention, showing with partial cross sections a state in which a comb lead processed as a single unit has been welded on the electrode portions of the device / NK3a, S. 3, Zeilen 1 bis 3 des letzten Textabsatzes  // After stand-up pieces 2b of the comb lead 2 are welded on the metalicon electrode 1a, external enclosing by resin is performed with a thickness of 0,5 mm / NK3a, S. 2, Zeilen 4 bis 6 des letzten Textabsatzes),

95

- der Leiterrahmen zwei elektrische Anschlüsse (projecting out electrodes) aufweist, die, gesehen von der Grundkörpermitte, schmale Bereiche (Bereiche mit den window portions 2a)  und diesen nachgeordnete breitere Bereiche (an die Bereiche mit den window portions 2a anschließende Bereiche) aufweisen, die jeweils zusammenhängen,

96

- der Grundkörper derart ausgebildet wird, dass die elektrischen Anschlüsse auf einander gegenüberliegenden Seitenflächen des Grundkörpers im Verlauf der schmalen Bereiche aus dem Grundkörper herausragen, und- die elektrischen Anschlüsse in den schmalen Bereichen zur Rückseite des Grundkörpers hin gebogen werden und im weiteren Verlauf in den breiteren Bereichen auf Höhe der Rückseite des Grundkörpers zu dessen Mitte hin gebogen werden und an der Rückseite des Grundkörpers vollständig an diesen angelegt werden (As shown in Fig. 1, parts of the window portions 2a are embedded in the external enclosure resin 3. Subsequently, the comb lead 2 is cut at predetermined locations, a bending process is performed, then a condenser shown in Fig. 1b is obtained. A width of the window portion 2a is in a range of 40-60% of a width of the comb lead 2 / NK3a, S. 2, Zeilen 6 bis 9 des letzten Textabsatzes iVm Fig. 1a und 1b, wobei Fig. 1a den Grundkörper mit dem mit Kunststoff umspritzten Leiterrahmen und dem auf dem Leiterrahmen angeordneten Kondensator und Fig. 1b das fertige oberflächenmontierbare Bauelement mit den auf die Rückseite des Grundkörpers umgebogenen Anschlüssen „2“ mit den schmalen und den breiten, an der Rückseite des Grundkörpers anliegenden Bereichen zeigt).

97

Dass das mit diesem Verfahren hergestellte elektronische Bauelement  oberflächenmontierbar ist, ergibt sich für den Fachmann bereits aus der für oberflächenmontierbare Bauelemente typischen Anordnung der Anschlusselektroden in einer Ebene auf der Rückseite des Grundkörpers (vgl. die breiten Anschlussbereiche in Fig. 1b), die Voraussetzung für das Auflöten des Bauelements auf eine Leiterplatte mit den entsprechenden Kontaktbahnen ist. In der NK3 wird die hierfür notwendige hohe Wärmebeständigkeit und hohe Formstabilität des Bauelements explizit angesprochen (In these years, to accompany with size reduction of electronic equipments, as a method to form a film condenser, which is a circuitry part, as a chip, a method is reduced to practice in which plate like electrodes (hereafter referred as comb lead) are externally enclosed by resin to be external electrodes. This method intends to improve heat resistance on soldering and dimension accuracy / Übersetzung zur Druckschrift NK3 gemäß Dokument NK3a, S. 1, vorle. Abs. // It is required for the comb lead to use a raw material having high elastic limit, because the comb lead is used not only as external electrodes of the product, but also as a location determiner, or a conveyance tool in processes / NK3a, S. 2, 3. Textabs.). Außerdem wird in der Druckschrift auch darauf hingewiesen, dass es bei der herkömmlichen Ausbildung eines solchen Bauelements durch die Temperaturbelastung (beim Löten) bei der Oberflächenmontage zu Problemen kommt (It causes another problem of decreasing contact adhesion, because high temperature when mounting the products causes peeling / NK3a, S. 2, 2. Textabs.).

98

Dabei weist die Druckschrift NK3 ausdrücklich darauf hin, dass das angegebene Verfahren bei beliebigen  elektronischen Bauelementen und nicht nur zur Herstellung von Kondensator-Bauelementen einsetzbar ist, anhand derer das Verfahren lediglich beispielhaft erläutert wird (The above description is directed to the film condenser as an embodiment of the present invention. However, the present invention is applicable to any electronic components that are weak against humidity / NK3a, S. 3, 7. Abs. i.V.m. mit dem ebenfalls allgemein auf ein „electronic component“ gerichteten Anspruch 1 der NK3a).

99

Die in dieser Zitatstelle angesprochene verbesserte Widerstandsfähigkeit gegen das Eindringen von Feuchtigkeit geht auf die oben angegebene Ausbildung der Anschlüsse zurück, mit der die Nachteile herkömmlicher Bauelement-Grundkörper vermieden werden. Das Material des Leiterrahmens muss nämlich eine hohe Elastizitätsgrenze aufweisen, damit die für die nachfolgenden Prozesse, d.h. bei der Oberflächenmontage notwendige Formstabilität des Bauelement-Körpers gegeben ist. Die hohe Biegesteifigkeit führt jedoch bei herkömmlichen Anordnungen dazu, dass das Biegen des Leiterrahmens hohen Kraftaufwand erfordert, so dass ein  entsprechend hoher Biegestress auf die Grenzfläche zwischen dem Anschluss und dem umgebenden Kunststoffmaterial ausgeübt wird (It is required for the comb lead to use a raw material having high elastic limit, because the comb lead is used not only as external electrodes of the product, but also as a location determiner, or a conveyance tool in processes. However, the material with the high elastic limit has limited applicability to bending process, and also a problem of difficulty in applying plasticity process to give the comb lead a predetermined shape / NK3a, S. 2, 3. Abs.). Durch die Verringerung der Breite der Anschlüsse in diesem Bereich wird das Biegen des Materials an diesen Stellen erleichtert und der Biegestress verringert, ohne dass Einbußen bei der Formstabilität in Kauf genommen werden müssen. Zudem wird an diesen Stellen die Grenzfläche zwischen den Anschlüssen und dem sie umschließenden Harz, längs der Feuchtigkeit in den Grundkörper eindringen kann, verringert, so dass die Feuchtigkeitsbeständigkeit des Bauelements erhöht wird (The electronic component of this structure according to the present invention enables to suppress invasion of humidity because a boundary between the external enclosure resin and the comb lead decreases. Further, the window portion of the comb lead enables plastic deformation amount to be large / NK3a, S. 2, 6. Textabs., “Effect” //  Further, by arranging the window portion, facilitation in bending process of the comb lead has improved to be good / NK3a, S. 3, 6. Abs.  //  As described in the above, according to the present invention, by arranging window portions on the comb lead, it is able to improve humidity resistance as compared to that of the conventional one. […] Further, it improves facilitation in bending process of the comb lead  / NK3a., S. 3, 8. Textabs, „Effect of the invention“).

100

Angesichts des oben zitierten Hinweises auf die allgemeine Verwendbarkeit des Verfahrens zur Herstellung oberflächenmontierbarer elektronischer Bauelemente und der in der Druckschrift NK3 erläuterten Vorteile für das damit hergestellte oberflächenmontierbare elektronische Bauelement geht der Fachmann nach Auffassung des Senats bei der Lösung des dem Streitpatent zugrunde liegenden Problems, ein verbessertes und kostengünstiges Verfahren zur Herstellung eines oberflächenmontierbaren Opto -Bauelements anzugeben, mit dem Bauelemente hergestellt werden können, die auf herkömmlichen Bestückungsautomaten der SMD (surface mounted devices) – Technik verarbeitbar sind, von diesem Stand der Technik aus, auch wenn dieser nicht speziell auf die Herstellung eines oberflächenmontierbaren Opto-Bauelements gerichtet ist. Denn die in der Druckschrift NK3  erläuterten Maßnahmen geben dem Fachmann bereits an, welche Maßnahmen zur kostengünstigen Herstellung und zur Verbesserung von oberflächenmontierbaren elektronischen Bauelementen zu treffen sind.

101

Zur Herstellung eines oberflächenmontierbaren Opto- Bauelements passt der Fachmann das in der Druckschrift NK3 offenbarte Verfahren unter Beibehaltung der für seinen Erfolg maßgeblichen Maßnahmen lediglich an die typische Bauform von Opto-Bauelementen an, indem er bspw. zur Herstellung einer oberflächenmontierbaren Leuchtdiode den lichtabstrahlenden Halbleiterkörper in einer Vertiefung des Grundkörpers anordnet und einen oben auf dem Halbleiterkörper angeordneten Kontakt mittels einer Bonddraht-Verbindung mit einem Anschluss des Leiterrahmens verbindet, wie es die Merkmale (C) und (D) des erteilten Anspruchs 1 lehren. Denn diese Bauform ist bei Leuchtdioden üblich, wie beispielhaft die Druckschrift NK2 zeigt, die ein oberflächenmontierbares Opto-Bauelement in Form einer Leuchtdiode offenbart, bei dem die Anschlüsse in einen Grundkörper mit einer Vorder- und einer Rückseite und mit einer von der Vorderseite ausgehenden Vertiefung eingebettet und die Leuchtdiode, d.h. der optische Sender, in dieser Vertiefung angeordnet ist, wobei der LED-Halbleiterkörper mittels einer Bond-Draht-Verbindung mit einem elektrischen Anschluss des Leiterrahmens verbunden ist (A product of this design patent has a structure in which a light emitting diode device is mounted on a concave portion formed in a upper portion of a case / engl. Übersetzung der NK1, Kap. „explanation“ iVm den Figuren, auf denen der Grundkörper und der Leiterrahmen aus verschiedenen Perspektiven dargestellt sind, wobei der Querschnitt längs der Achse A-A (3. Figur) und die Draufsicht von oben (4. Figur) den Anschluss des Halbleiterkörpers über einen Bonddraht zeigen).

102

Damit beruht das Verfahren nach dem erteilten Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

103

Die Patentinhaberin hat demgegenüber geltend gemacht, die Harzumhüllung des Bauelements nach der Druckschrift NK3 stelle keinen Grundkörper im Sinne des Patents dar, da sie mit der in der NK3 angegebenen Dicke von 0,5 mm zu dünn sei und in einer solchen Umhüllung keine Vertiefung vorgesehen werden könne. Nach Auffassung des Senats zielt das Verfahren nach der Druckschrift NK3 aber gerade darauf ab, das Bauelement mit einem Grundkörper zu versehen, ohne den es bei den in der Druckschrift NK3 erwähnten folgenden Prozessen ( the comb lead is used not only as external electrodes of the product, but also as a location determiner, or a conveyance tool in processes NK3a, S. 2, 3. Abs.) gar nicht handhabbar wäre.

104

Dabei ist es für den Fachmann selbstverständlich, dass der Grundkörper in seiner Dimensionierung und seiner Formgebung an das jeweilige elektronische Bauelement angepasst wird, dass also die Abmessungen und die Form des Grundkörpers ebenso wie das Grundkörpermaterial auf das jeweilige Halbleiterbauelement abgestimmt werden. Auch hierzu wird auf die Druckschrift NK2 verwiesen, deren Figuren zeigen, dass bei einer oberflächenmontierbaren Leuchtdiode Form und Abmessungen des Grundkörpers so gewählt werden, dass der Halbleiterkörper der Leuchtdiode in eine Vertiefung des Grundköpers eingesetzt werden kann.

105

Angesichts der oben bereits zitierten Hinweise in der Druckschrift NK3, dass durch die Verringerung der Breite der Anschlüsse im Austrittsbereich aus dem Kunststoff die bisher durch das Biegen verursachten Probleme behoben sind (Further, by arranging the window portion, facilitation in bending process of the comb lead has improved to be good / NK3a, S. 3, 6. Textabs.), besteht für den Fachmann auch kein Anlass, den Ausschnitt im Leiterrahmen so groß zu wählen, dass er sich auch über die Biegestelle auf die Rückseite des Grundkörpers erstreckt, wie es in den Figuren der Druckschrift NK2 gezeigt wird, zumal sich durch eine solche Änderung auch der exakte Kontaktierungsort verschieben würde.

106

2.2 Auch das Opto-Bauelement nach dem erteilten Anspruch 7 des Streitpatents ergibt sich für den Fachmann ohne erfinderisches Zutun.

107

Denn die vorangehenden Darlegungen treffen auch für das oberflächenmontierbare Opto-Bauelement zu, da die in diesem Anspruch angegebenen Merkmale inhaltlich mit den im Anspruch 1 genannten Verfahrensmerkmalen identisch sind.

108

2.3 Die Unteransprüche 2 bis 6 und 8 bis 12 fallen wegen der Antragsbindung mit dem erteilten Anspruch 1 bzw. dem erteilten Anspruch 7. Im Übrigen können bis auf die erteilten Unteransprüche 6 und 12 (deren Merkmale Gegenstände der selbständigen Ansprüche nach Hilfsantrag 2 sind) auch die in ihnen angegebenen Maßnahmen keinen Patentschutz begründen.

109

3. Die selbständigen Ansprüche 1, 2, 6 und 7 nach dem Hilfsantrag 1 sind im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin zwar zulässig, jedoch beruhen ihre Gegenstände ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

110

3.1 Die neu in diese Ansprüche aufgenommenen Merkmale, dass

111

(H1) „die Vertiefung als Reflektor ausgebildet wird und in dieser ein optischer Sender angeordnet wird“;

(h1) „die Vertiefung als Reflektor ausgebildet ist und in dieser ein optischer Sender angeordnet ist.“;

bzw.

(H2) „der Grundkörper (1) aus einem reflektierenden Kunststoff hergestellt wird“

112

(h2) „der Grundkörper (1) aus einem reflektierenden Kunststoff hergestellt ist“

113

gehen auf Sp. 1, Zeile 53 bis Sp. 2, Zeile 5 und Sp. 3, Zeilen 8 bis 15 der Stammanmeldung (Druckschrift NK1) zurück. Dass in Sp. 2, Zeilen 25 bis 30 und in Sp. 3, Zeilen 18 bis 23 angegeben wird, dass vorteilhafter Weise sowohl im Grundkörper als auch in der optischen Einrichtung Justierhilfen angeformt sind bzw. zusätzlich für die Verbindung des Grundkörpers mit der Optik im Grundkörper Justierhilfen angeformt sind, kann allerdings nicht rechtfertigen, die neu in die Ansprüche aufgenommen Merkmale als unzulässig anzusehen, da sie nur im Zusammenhang mit Justierhilfen offenbart seien. Denn die Justierhilfen sind den Textangaben der Stammanmeldung zufolge lediglich als „vorteilhaft“ bzw. „zusätzlich“ vorgesehen, d.h. sie sind kein zwingend notwendiger Bestandteil der Ausbildung mit einem Reflektor.

114

3.2 Die Gegenstände der selbständigen Ansprüche 1, 2, 6 und 7 nach dem Hilfsantrag 1 sind jedoch nicht patentfähig, da sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhen.

115

Denn die in Ansprüche 1 und 6 sowie 2 und 7 des Hilfsantrags 1 zusätzlich aufgenommenen Merkmale stellen bei Opto-Bauelementen in Form von Leuchtdioden übliche Maßnahmen dar. Wie die Druckschriften NK8 und NK10 zeigen, ist es fachüblich, die Vertiefung des Grundkörpers, in der der optische Sender, nämlich die LED angeordnet ist, als Reflektor auszubilden, um das von der LED abgegebene Licht nach vorne zu richten bzw. zu bündeln (The inside 13 of case is shaped so that emitted light is efficiently reflected from its face / NK8, Abschnitt „Constitution“ iVm der Figur im Abstract // Somit besitzt die lichtemittierende Festkörpereinrichtung gemäß der Erfindung einen Parabolreflektor, ein im Brennpunkt des Parabolreflektors angeordnetes Elektrolumineszenzelement und eine aus durchsichtigem Isoliermaterial bestehende Umschließung, die das Elektrolumineszenzelement  umgibt […] / NK10, S. 3, 2. Abs.  /  Die Lampe […] besitzt ein aktives Halbleiterelement 1 mit einem pn-Übergang 2, der sichtbares Licht emittieren kann […] und elektrische Leiter 3. Diese Teile sind in einer Kapsel 4 aus durchsichtigem Kunststoff eingeschmolzen. Die Kapsel 4 besteht aus einem glasklaren oder farbigen, durchsichtigen duroplastischen Kunstharz […]. Die Lampe ist ferner einstückig mit einem Parabolreflektor 6 ausgebildet. Dieser empfängt Licht von dem Halbleiterelement 1 und gibt kollimiertes Licht zu der Vorderfläche 5 hin ab. Der Reflektor 6 besteht im wesentlichen aus einem parabolischen Zylinder, und die Kapsel erhält bei ihrer Verformung die gewünschte Form. Nach dem Verformen wird die parabolische Fläche beispielsweise (im; erg. durch den Senat) Vakuum mit Aluminium metallisiert / NK 10, S. 5, 1. und 2. Abs. i.V.m. Fig. 3 und 10).

116

In gleicher Weise ist es bekannt, zum gleichen Zweck einen Teil des den Halbleiterkörpers umgebenden Grundkörpers aus einem reflektierenden Kunststoff herzustellen, wie die Druckschrift NK9 zeigt (A reflecting mirror 13 formed of resin for introducing a light irradiated from the pellet 14 forward is provided behind the pellet. The entirety is contained in a resin molding package 11 to be secured. Since the mirror is formed of resin having high surface reflectivity, its shape can be increased. Then, it can effectively guide forward the light irradiated from the side face of the pellet / NK9, Abschnitt “Constitution” iVm der Figur im Abstract). Nichts anderes offenbart übrigens auch das Streitpatent im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Merkmal (Dieser Reflektor kann durch Umhüllung mit einem reflektierenden, ggfs. hochreflektierenden Kunststoff ausgebildet werden / Abschnitt [0021]).

117

Derartige Maßnahmen bei der Herstellung eines oberflächenmontierbaren Opto-Bauelements bzw. bei einem oberflächenmontierbaren Opto-Bauelement zu treffen, wie es sich für den Fachmann aus den Druckschriften NK3 und NK2 ergibt, beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

118

Mit den Ansprüchen 1 und 2 bzw. 6 und 7 fallen wegen der Antragsbindung auch die selbständigen Ansprüche 3 und 8 sowie die Unteransprüche 4, 5, 9 und 10 nach dem Hilfsantrag 1.

119

4. Mit den Ansprüchen 1 bis 6 nach dem Hilfsantrag 2 hat das Patent hingegen Bestand. Insoweit war die Klage im übrigen abzuweisen.

120

4.1 Dieser Anspruchssatz ist zulässig.

121

Der Verfahrensanspruch 1 geht auf die erteilten Ansprüche 1 und 6 zurück, der selbständige Vorrichtungsanspruch 4 auf die erteilten Ansprüche 7 und 12. Durch die Aufnahme der Merkmale der erteilten Unteransprüche 6 und 12 wird der Schutzumfang der erteilten Ansprüche 1 und 7 eingeschränkt. In der Stammanmeldung ist die Herstellung des Grundkörpers aus einem Thermoplast in Sp. 4, Zeilen 23 bis 38 offenbart.

122

Die Unteransprüche 2 und 3 sowie 5 und 6 gehen auf die erteilten Unteransprüche 2 und 4 sowie 8 und 10 zurück. In der Stammanmeldung sind die entsprechenden Merkmale in Sp. 4, Zeilen 34 bis 39 und in Sp. 2, Zeilen 22 bis 24 offenbart.

123

4.2 Das Verfahren nach Anspruch 1 und das Opto-Bauelement beruhen außerdem auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns. Denn das in die selbständigen Ansprüche 1 und 4 aufgenommene Merkmal, wonach der Grundkörper aus einem Thermoplast hergestellt ist, ist durch den  nachgewiesenen Stand der Technik nicht nahegelegt.

124

Die Druckschrift NK3 macht keine Angaben hinsichtlich der Materialwahl für den Grundkörper und gibt lediglich an, dass ein Kunststoff (resin) verwendet wird. Gleiches gilt für die Druckschriften NK 4, NK 7 und NK 9.

125

Die Druckschrift NK8 gibt an, dass für den Grundkörper Epoxidharz als Material verwendet wird (it is molded with epoxy resin to form the cup-shaped case 12 / Abstract), das ein duroplastisches Material ist. Auch die Druckschrift NK10 gibt im Hinblick auf die Wahl des Kunststoff-Materials für den Grundkörper die Lehre, ein duroplastisches Material einzusetzen und dieses im flüssigen Zustand des Materials im Pressspritzverfahren zu verformen (Die Kapsel 4 besteht aus einem glasklaren oder farbigen, durchsichtigen duroplastsichen Kunstharz, das im flüssigen Zustand im Preßspritzverfahren verformt werden kann, z.B. aus einem Epoxid-, Silikon- oder Diallylphtalatharz. / S. 5, 1. Abs.).

126

Duroplaste entstehen dadurch, dass fließfähige Vorprodukte unter Bindung chemisch eng vernetzter Makromoleküle miteinander reagieren und dabei einen irreversibel ausgehärteten Körper bilden. Duroplaste können damit nur im flüssigen Zustand vor der Vernetzung der Ausgangsmaterialien ver- bzw. geformt werden. Thermoplasten erweichen hingegen (nach der Vernetzung) wiederholbar bei Erwärmung bis zur Fließfähigkeit und verfestigen sich bei Abkühlung wieder, so dass Thermoplaste warm umgeformt oder verschweißt werden können. Wegen ihrer Erweichung bei höherer Temperatur sind Thermoplaste nur in begrenztem Umfang thermisch belastbar, weswegen der Fachmann sie nicht ohne weiteres als Material für den Grundkörper einer Leuchtdiode in Betracht zieht, die im Betrieb Wärme entwickelt und an den Grundkörper abgibt. Aus diesem Grund können Thermoplaste bei der Herstellung von Grundkörpern für Opto-Bauelemente wie Leuchtdioden im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin nicht einfach als Alternative zu Duroplasten angesehen werden.

127

Damit beruht die in den Ansprüchen 1 und 4 nach Hilfsantrag 2 angegebene Verwendung eines Thermoplasten als Grundkörper-Material auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

128

4.3 Den Ansprüchen 1 und 4 können sich die Unteransprüche 2 und 3 sowie 5 und 6 anschließen, die Weiterbildungen der Gegenstände der Ansprüche 1 bzw. 4 angeben.

129

4.4 Der beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte es nicht. Ob die Verwendung von Thermoplastmaterialien in der SMD-Technik für Opto-Bauelemente zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents fachüblich war, betrifft den Stand der Technik zum Prioritätszeitpunkt. Die Klägerin hat jedoch weder Druckschriften/Dokumente vorgelegt noch Tatsachen (zu einer offenkundigen Vorbenutzung) vorgetragen und unter Beweis gestellt, welche Rückschlüsse auf die von ihr geltend gemachte fachübliche Verwendung dieser Materialien in der SMD-Technik für Opto-Bauelemente zum maßgeblichen Zeitpunkt erlauben. Die  Nichtigkeitsklägerin hat aber im Rahmen der ihr obliegenden materiellen Darlegungslast (vgl. Schulte/Voit, Patentgesetz, 9. Aufl., § 81 Rdnr. 152) die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben (vgl. § 81 Abs. 5 Satz 2 PatG); d.h. insbesondere Druckschriften/Dokumente vorzulegen bzw. substantiiert und nachprüfbar konkrete Umstände vorzutragen (vgl. Schulte/Voit, Patentgesetz, 9. Aufl., § 81 Rdnr. 32) und unter (Zeugen-)Beweis zu stellen, welche dem Gericht eine Beurteilung des Standes der Technik zum maßgeblichen Prioritätszeitpunkt erlauben. Sachverständigenbeweis ist insoweit nicht zu erheben, da ein Sachverständigengutachten nicht dazu dient, im Wege der Beweisermittlung relevanten Stand der Technik erst zu ermitteln bzw. aufzufinden. Dies gilt grundsätzlich auch in Bezug auf dargelegten bzw. nachgewiesenen Stand der Technik, da die sich in diesem Zusammenhang stellenden Fragen zum einen regelmäßig auch rechtliche Bewertungen betreffen und die Mitglieder des Senats außerdem fachkundig sind.

130

Zudem hat der Senat in seiner Zwischenverfügung vom 12. November 2013 bereits darauf hingewiesen, dass neben den in den erteilten Unteransprüchen 3 und 9 sowie 5 und 11 auch die in den erteilten Unteransprüchen 6 und 12 genannten Merkmale aus dem nachgewiesenen Stand der Technik nicht bekannt sind. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 31. Januar 2014 neuen Stand der Technik gemäß den Druckschriften NK8 bis NK10 eingereicht und zu den Merkmalen der Unteransprüche 6 und 12 ausgeführt, die Wahl eines Thermoplasten ergäbe sich ohne erfinderisches Zutun, da sie lediglich die Wahl einer von zwei möglichen Alternativen darstelle, wobei das Spritzgießen mit Thermoplasten das am häufigsten verwendete Kunststoffverarbeitungsverfahren überhaupt sei, das noch dazu erheblich kostengünstiger sei als das Duroplast-Spritzgießen.

131

Abgesehen davon, dass die Klägerin angesichts des Hinweises des Senats damit rechnen musste, dass die Beklagte ihr Patent mit einem durch die Aufnahme der Merkmale der Unteransprüche 6 und 12 eingeschränkten Patentbegehren verteidigen würde, hatte die Klägerin ausreichend Gelegenheit, zu einem solchen Patentbegehren Stellung zu nehmen und Stand der Technik zu ermitteln. Auch deshalb bedarf es nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens.

III.

132

Der für das vorliegende Patentnichtigkeitsverfahren gemäß  § 2 Abs. 2 Satz 4 PatKostG i. V. m. § 63 GKG festzusetzende Streitwert ist gemäß § 51 Abs. 1 GKG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Er bestimmt sich nach dem gemeinen Wert des Patents bei Klageerhebung zuzüglich des Betrags der bis dahin entstandenen Schadensersatzforderungen. Ist aber - wie vorliegend - das Streitpatent zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits erloschen, bemisst sich der Gegenstandswert nicht -  wie bei bestehenden Schutzrechten - nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Vernichtung des angegriffenen Schutzrechtes, sondern allein nach dem Interesse der Klägerin an der Abwehr seiner Inanspruchnahme (vgl. Busse-Keukenschrijver, Patentgesetz, 7. Aufl., § 84 Rdnr. 57; Schulte, Patentgesetz, 9. Aufl., § 2 PatKostG Rdnr. 38). Mangels anderweitiger Anhaltspunkte kann insoweit von dem Streitwert eines auf das Streitpatent gestützten Verletzungsprozesses ausgegangen werden, welcher regelmäßig das Interesse des Nichtigkeitsklägers an der Abwehr seiner Inanspruchnahme durch Nichtigerklärung des Patents widerspiegelt (vgl. dazu BGH GRUR 2011, 757 – Nichtigkeitsstreitwert).

133

Nachdem im Verletzungsverfahren das OLG Düsseldorf den Streitwert mit 1.000.000,00 EUR beziffert hat, ist es danach angemessen und geboten, den Gegenstandswert des Patentnichtigkeitsverfahrens ebenfalls auf

134

1.000.000,00 EUR

135

festzusetzen.

IV.

136

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.