Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 16.01.2015


BPatG 16.01.2015 - 2 Ni 17/10 (EP)

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsdatum:
16.01.2015
Aktenzeichen:
2 Ni 17/10 (EP)
Dokumenttyp:
Urteil

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent EP 0 356 059

(DE 0 356 059)

hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom  9. Oktober 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Sredl sowie der Richter Merzbach, Dipl.-Phys. Brandt, Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Friedrich und Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Zebisch

für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 0 356 059 wird im Umfang der Patentansprüche 1, 6 und 7 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland teilweise für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Nachlassverwalterin der verstorbenen Inhaberin des durch Ablauf der Schutzdauer erloschenen Patents EP 0 356 059 (Streitpatent), das am 7. August 1989 angemeldet wurde und die Prioritäten der beiden US-Anmeldungen US 232 405 vom 15. August 1988 und US 234 802 vom 22. August 1988 in Anspruch nimmt. Das u. a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilte Patent trägt die Bezeichnung „Dotierungsverfahren für Halbleiter mit großer Bandlücke“ und umfasst die auf ein Verfahren gerichteten nebengeordneten Patentansprüche 1 und 7 sowie die jeweils unmittelbar auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 6.

2

Die Klägerinnen haben gegen das Patent Nichtigkeitsklage erhoben und beantragt, das Patent im Umfang der Ansprüche 1, 6 und 7 für nichtig zu erklären. Ihr Rechtsschutzinteresse an der Teilnichtigerklärung des Patents begründen sie mit der beim Landgericht Düsseldorf wegen Verletzung des deutschen Teils DE 689 29 145 des europäischen Patents EP 0 356 059 gegen sie erhobenen Verletzungsklage (AZ 4a O 58/09). Zur Begründung haben sie mit der Klage die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Ausführbarkeit, der unzulässigen Erweiterung und der mangelnden Patentfähigkeit (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) geltend gemacht.

3

Die Beklagte hat den Darlegungen der Klägerinnen in allen Punkten widersprochen und das Patent im erteilten Umfang, hilfsweise in beschränktem Umfang verteidigt.

4

Die mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Patentansprüche 1, 6 und 7 lauten in der Verfahrenssprache Englisch wie folgt:

5

„1. A process for the non-equilibrium incorporation of a dopant into a crystal (12, 14) of a wide band gap semiconductor, the process comprising the steps of simultaneously introducing substantially equal amounts of first and second compensating dopants of different mobilities into at least a portion (14) of the crystal (12, 14) such that the concentration of the less mobile of the two dopants in the portion (14) of the crystal is in excess of the solubility of the less mobile dopant therein in the absence of the more mobile of the two dopants, and then selectively removing therefrom the more mobile of the two dopants whereby there is left a non-equilibrium concentration of the less mobile dopant in the portion (14) of the crystal.

6. A process according to Claim 1, wherein the more mobile dopant can move via interstitial sites and the less mobile dopant is at a substitutional site in the crystal.

6

7. A process for forming a p-n junction diode comprising the steps of preparing a substrate crystal (12) of a wide band gap semiconductor of one conductivity type and growing on a surface of the crystal (12) an epitaxial layer (14) comprising a crystal (14) produced by a process according to any one of the preceding claims characterized in that the less mobile dopant is characteristic of a conductivity type opposite that of the substrate crystal (12) and the two dopants are introduced into the epitaxial layer (14) in the course of its epitaxial growth.”

7

Die Patentansprüche 1, 6 und 7 nach dem Hilfsantrag lauten:

8

„1. Verwendung eines Verfahrens zum Ungleichgewichtseinbau eines Dotier-stoffes in einem Kristall (12, 14) eines Halbleiters mit großer Bandlücke zur Herstellung einer Diode mit lichtemittierendem pn-Übergang, wobei das Verfahren die Schritte aufweist: gleichzeitiges Einbringen im Wesentlichen gleicher Mengen erster und zweiter Ausgleichsdotierstoffe unterschiedlicher Beweglichkeiten in mindestens einen Abschnitt (14) des Kristalls (12, 14), so dass die Konzentration des weniger beweglichen der beiden Dotierstoffe im Abschnitt (14) des Kristalls die Löslichkeit des weniger beweglichen Dotierstoffes darin in der Abwesenheit des beweglicheren der Dotierstoffe überschreitet, und dann selektives Entfernen daraus des beweglicheren der beiden Dotierstoffe, wodurch eine Ungleichgewichtskonzentration des weniger beweglichen Dotierstoffes im Abschnitt (14) des Kristalls hinterlassen wird.

9

6. Verwendung nach Anspruch 1, wobei der beweglichere Dotierstoff sich über Zwischengitterplätze bewegen kann und der weniger bewegliche Dotierstoff sich an einem Substitutionsplatz im Kristall befindet.

7. Verfahren zur Bildung einer pn-Übergang-Diode, das die Schritte aufweist: Herstellen eines Substratkristalls (12) eines Halbleiters mit großer Bandlücke eines Leitfähigkeitstyps und Züchten auf einer Oberfläche des Kristalls (12) einer Epitaxialschicht (14) mit einem Kristall, der mittels einer Verwendung nach einem der Ansprüche 1 oder 6 hergestellt wird, dadurch gekennzeichnet, dass der weniger bewegliche Dotierstoff charakteristisch für einen Leitfähigkeitstyp ist, der entgegengesetzt zu jenem des Substratkristalls (12) ist, und zwei Dotierstoffe in die Epitaxialschicht (14) im Verlauf ihrer Epitaxie eingebracht werden.“

        
10

Der Senat hat das Streitpatent mit Urteil vom 24. November 2011 im Umfang der erteilten Patentansprüche 1, 6 und 7 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt und der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt, wobei der Senat seine Darlegungen zur mangelnden Patentfähigkeit auf die Druckschrift D1 gestützt hat. Auf die Berufung der Beklagten hat der Bundesgerichtshof dieses Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Bundespatentgericht zurückverwiesen (X ZR 35/12 vom 18. Juni 2013). Die bislang zum Offenbarungsgehalt der Druckschrift D1 getroffenen Feststellungen rechtfertigten nicht den Schluss, die Druckschrift D1 offenbare die im erteilten Anspruch 1 gegebene Lehre, dass „eine Ungleichgewichtskonzentration des weniger beweglichen Dotierstoffes im Abschnitt des Kristalls hinterlassen wird“. Auch fehle es an Feststellungen, ob es bei einer Nacharbeitung der in den Druckschriften D1 bzw. D2 und D4 bis D8 beschriebenen Vorgehensweisen zwangsläufig zu einem Gebrauch des Verfahrens nach Anspruch 1 des Haupt- bzw. des Hilfsantrags komme.

11

Die damit zusammenhängenden Fragen könnten ggfs. durch Auswertung von Äußerungen in der Fachliteratur geklärt werden, wobei hierbei auch nachveröffentlichte Dokumente berücksichtigt werden könnten, soweit sie lediglich Erkenntnisse über naturgesetzlich ablaufende Vorgänge vermittelten (vgl. BGH GRUR 2012, 1130, Rn. 24- „Leflunomid“).

12

Die Klägerinnen sind der Ansicht, das Streitpatent sei im beantragten Umfang für nichtig zu erklären. Zur Begründung haben sie auf folgende Dokumente hingewiesen:

13

D1 B. L. Crowder et al., Phys. Rev. 181, 1969, pp. 567-573

14

D2 H. Amano et al., Journal of Luminescence 40&41,

15

 1988, pp. 121-122 (veröffentlicht in der Februarausgabe 1988)

16

D2a Abstract zur D2 von www.sciencedirect.com (zum Nachweis

 des Veröffentlichungsmonats der D2)

17

D2b H. Amano et al., Appl. Phys. Lett. 48 (5), pp. 353-355

 (3. Februar 1986)

18

D3 G. F. Neumark, Phys. Rev. Lett., 62(15), 1989, pp. 1800-1803 (veröffentlicht am 10. April 1989)

19

D4 DE 37 39 450 C2 bzw.

D4a DE 37 39 450 A1 (Offenlegungstag 01. Juni 1988)

20

D5 T. Yasuda et al., Appl. Phys. Lett., 52, 1988, pp. 57-59 (veröffentlicht am 4. Januar 1988)

D6 N. Shibata et al., Jpn. J. Appl. Phys., 27(2), 1988, pp. L251-L253 (veröffentlicht in der Februarausgabe 1988)

D7 A. Ohki et al., Jpn. J. Appl. Phys., 27(5), 1988, pp. L909-L912 (veröffentlicht in der Maiausgabe 1988)

21

D8  J. D. Parsons et al., J. Cryst. Growth, 77, 1986, pp. 32-36

D9  S.J. Pearton et al., Appl. Phys. A 43, 1987, pp. 153-195, und

22

D10 P.J. Dean, G.F. Neumark et al., Phys. Rev. B 27, 1983, pp. 2419-2428 (im Streitpatent als Stand der Technik angegeben)

23

D17 H. Amano et al., Jpn. J. of Appl. Phys., 28 (Nr. 12), pp. L 2112- 2114 (December 1989)

24

NK1 Klageschrift der Verletzungsklage

25

NK2 Streitpatent DE 689 29 145 T2 (DE-Übersetzung)

NK3  Merkmalsgliederung

NK4 Replik im Verletzungsverfahren

NK5 Offenlegungsschrift EP 0 356 059 A2

NK6 Prioritätsdokument US 5 252 499

NK7 Prioritätsdokument US 4 904 618

NK8 Anlage K86 zur Replik im Verletzungsverfahren

NK9 Handelsregisterauszug und

26

NK10 Gutachten Prof. Dr. Hommel aus dem parallelen Verletzungsverfahren

27

In der mündlichen Verhandlung vom 9. Oktober 2014 stellen die Klägerinnen den Antrag,

28

das europäische Patent 0 356 059 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1, 6 und 7 für nichtig zu erklären.

29

Die Beklagte hat den Darlegungen der Klägerinnen in allen Punkten widersprochen und dabei auf die Dokumente

30

LR1 Merkmalsgliederung des Anspruchs 1

31

LR2 Protokoll zur Anhörung der Prüfungsabteilung des EPA vom 3. März 1999

32

LR3  DE 10 2007 019 079 A1

33

LR4 Kopie der Ursprungsanmeldung US 232405 mit Prioritätsbescheinigung des US-Patentamts und

34

LR 5 Kopie der Ursprungsanmeldung US 234802 mit Prioritätsbescheinigung des US-Patentamts

35

LR6 M. Aven, B. Segall, Phys. Rev.,130, Nr. 1, pp. 81 - 91

36

LR7 Billy L. Crowder, William N. Hammer, Phys. Rev., 150, Nr. 1, pp. 541 - 545

37

LR8 New Philips Electronics Professorship,

 1 Blatt Internetausdruck aus

 http://engineering.columbia.edu/philips-electronics-professorship

38

LR9 Three Chairs for Columbia Engineering, 4 Blatt Internetausdruck aus http://engineering.columbia.edu/web/newsletterarchive/fall05/.

39

LR10 Auflistung der Patente der Patentfamilien der Beklagten

40

LR11 Engineering and Applied Science, Broschüre der Columbia University, 4 Blatt Kopien

LR12 Würdigung der Ehrendoktorwürde von Frau Prof. Gertrude Neumark, Schrift der Columbia University, 3 Blatt Kopien

LR13 Barnard College, Todesanzeige von Frau Prof. Gertrude Neumark, Internetausdruck aus http://alum.barnard.edu/s/1133/index2,aspx?sid=1133&gid=.

LR14 J.H Crawford jr. et al (Eds.): Point Defects in Solids, Vol. 2, New York 1975, pp 163-189,

LR 14/II Eintrag „Elektronenspinresonanz-Spektroskopie“, abrufbar unter http://www.spektrum.de/lexikon/chemie

LR 15 Kopie des Scientific Background on the Nobel Prize in Physics 2014: Efficient Blue-Light Emitting Diodes Leading To Bright And Energy- Saving White Light Sources

41

hingewiesen.

42

In der mündlichen Verhandlung stellt sie den Antrag,

43

die Klage abzuweisen;

44

hilfsweise beantragt sie, den angegriffenen Patentansprüchen 1, 6 und 7 die Fassung des in der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2011 überreichten Hilfsantrags zu geben.

45

Der Senat hat zur Klärung des Sachverhalts mit Zwischenbescheid vom 5. Juni 2014 auf die Druckschriften

46

D11 US 6 100 546 A (nachveröffentlicht)

47

D12 „Metallorganische Gasphasenepitaxie“, aus Wikipedia, der freien M Enzyklopädie (Veröffentlichungsdatum: 30. September 2012)

48

D13 S. J. Pearton et al.: Unintentional Hydrogenation of III-V-Semiconductors During Device Processing“,

49

 Materials Science Forum, Vols. 83-87 (1992), S. 617- 622 (nachveröffentlicht)

50

D14 S. Nakamura, S. Pearton, G. Fasol: The Blue Laser Diode: The complete story; 2. updated and extended ed.; Springer-Verlag, 2000, S. 113 - 147

51

D15 M. Suzuki: Study on the doping technologies of wide band gap semiconductors for the development of light emitting devices, 2007

52

D16 US 3 541 375

53

LRB4 Ch. Van de Walle, Jörg Neugebauer: Hydrogen in Semiconductors, Annu. Rev. Mat. Res., 2006, 36, S. 179 - 198 (nachveröffentlicht) und

54

E6 Shuji Nakamura, Gerhard Fasol: The Blue Laser Diode, GaN Based Light Emitters and Lasers, S. 104, 124, 325 und 326;

55

 Springer-Verlag, 1997 (nachveröffentlicht).

56

 verwiesen.

Entscheidungsgründe

57

Die auf die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Ausführbarkeit, der unzulässigen Erweiterung und der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nrn. 2, 3 und 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. b, c. und a, Art. 56 EPÜ) gestützte Klage ist zulässig und hinsichtlich des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der mangelnden Patentfähigkeit auch begründet. Die in den angegriffenen Ansprüchen gegebene Lehre erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Stand der Technik als nicht neu.

58

Die von den Klägerinnen in ihrer Klage vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der mangelnden Zulässigkeit sowie der mangelnden Ausführbarkeit sind nicht mehr zu erörtern, vgl. das oben genannte Urteil BGH X ZR 35/12, Abschnitte 44 bis 51.

I.

59

Das Streitpatent betrifft ein Dotierverfahren für Halbleiter mit großer Bandlücke.

60

1. Bei Halbleitermaterialien können durch Dotierung mit unterschiedlichen Dotierstoff-Materialien zwei verschiedene Leitungstypen hergestellt werden. Durch eine Dotierung mit Akzeptor-Atomen wird im Halbleiter eine Löcher- bzw. p-Leitung erzeugt, durch eine Dotierung mit Donator-Atomen hingegen eine Elektronen-, d. h. n-Leitung. Grenzen ein p- und ein n-dotierter Halbleiterbereich aneinander an, so bildet sich ein pn-Übergang zwischen diesen beiden Bereichen aus, in dem Löcher und Elektronen miteinander rekombinieren. Die bei der Rekombination frei werdende Energie kann in Form von Licht abgestrahlt werden, wobei die Wellenlänge, d. h. die Farbe des Lichts von der Größe der Bandlücke zwischen dem Valenz- und dem Leitungsband des Halbleiters abhängt und somit materialspezifisch ist.

61

Die Rekombination von Löchern und Elektronen unter Abstrahlung von Licht bildet die Grundlage für die Funktionsweise von Leuchtdioden, die den vorangehenden Erläuterungen entsprechend durch Erzeugung eines p- und eines n-leitenden Bereiches in einem Halbleitermaterial erzeugt werden, das bei der Rekombination entsprechend der Größe der Bandlücke Licht im sichtbaren Bereich des Spektrums abstrahlt.Beim Streitpatent geht es um Halbleiter mit großer Bandlücke, worunter gemäß Abschnitt [0003] der Patentschrift Halbleitermaterialien mit einer Bandlücke von mindestens 1,4 eV verstanden werden. Diese sind für die Herstellung von Leuchtdioden von besonderem Interesse, weil sie bei der Rekombination von Löchern und Elektronen sichtbares Licht abstrahlen. Bei solchen und insbesondere bei Licht im blauen Spektralbereich abstrahlenden Halbleitern besteht jedoch oft das Problem, dass diese nur p- oder nur n-leitend dotiert werden können, während der jeweils andere Leitungstyp nicht oder nur in unbefriedigendem Ausmaß hergestellt werden kann.

62

2. Dementsprechend liegt dem Streitpatent das technische Problem zugrunde, ein verbessertes Verfahren zur Dotierung schwerdotierbarer Halbleiter mit großer Bandlücke anzugeben, vgl. Abschnitt [0008] des Streitpatents.

63

3. Zur Lösung dieses Problems beschreibt der erteilte (mit der vom Bundesgerichtshof verwendeten Merkmalsgliederung versehene) Anspruch 1 ein Verfahren zum Ungleichgewichtseinbau eines Dotierstoffes in einem Kristall eines Halbleiters mit großer Bandlücke, das folgende Schritte aufweist:

64

1. Gleichzeitiges Einbringen eines ersten und eines zweiten Dotierstoffes in mindestens einen Abschnitt des Kristalls, wobei die Dotierstoffe

65

 (a) Ausgleichsdotierstoffe sind,

66

 (b) im Wesentlichen in gleichen Mengen eingebracht werden, (c) unterschiedliche Beweglichkeiten aufweisen und wobei

67

(d) die Konzentration des weniger beweglichen Dotierstoffs im Abschnitt des Kristalls die Löslichkeit des weniger beweglichen Dotierstoffs in Abwesenheit des beweglicheren überschreitet;

68

2. selektives Entfernen des beweglicheren Dotierstoffs aus dem Abschnitt des Halbleiterkristalls, so dass3. eine Ungleichgewichtskonzentration des weniger beweglichen Dotierstoffes im Abschnitt des Kristalls hinterlassen wird.

69

4. Mit dem erteilten Anspruch 1 wird somit ein Verfahren zum Ungleichgewichtseinbau eines Dotierstoffes in den Halbleiterkristall beansprucht. Der Begriff „Ungleichgewichtseinbau“ gibt dabei an, dass der Dotierstoff seine „normale“, d. h. bei einer bei einer bestimmten Temperatur und Konzentration eines Ausgleichsdotierstoffs vorliegende Gleichgewichtslöslichkeit in dem Halbleiterkristall überschreitet, vgl. Abschnitt [0009] des Streitpatents. Die Lehre des Anspruchs 1 bezieht sich somit auf Maßnahmen zum Einbau eines Dotierstoffs in einer Konzentration oberhalb seiner Gleichgewichtslöslichkeit. Das Erzeugen einer Ladungsträgerkonzentration oder eines Leitungstyps ist hingegen nicht Gegenstand des erteilten Anspruchs 1. Die Ladungsträgerkonzentration hängt zwar von der Dotierstoffkonzentration ab, wird aber noch von anderen Faktoren bestimmt (bspw. dem intrinsischen Dotierungsniveau und der Anzahl von Fehlstellen im Kristall).

70

4.1 Der Ungleichgewichtseinbau des Dotierstoffes erfolgt dabei entsprechend der Lehre des Anspruchs 1 (Merkmal (1) und Merkmal (a)) dadurch, dass zunächst gleichzeitig ein erster und ein zweiter Dotierstoff in mindestens einen Abschnitt des Kristalls eingebracht werden, wobei diese beiden Dotierstoffe Ausgleichsdotierstoffe sind. Ausgleichsdotierstoffe sind Dotiermaterialien, die sich gegenseitig hinsichtlich ihrer Dotiereigenschaften als Akzeptoren und als Donatoren kompensieren.

71

4.2 Die beiden Ausgleichsdotierstoffe werden gemäß Merkmal (b) „im Wesentlichen in gleichen Mengen“ eingebracht. Ausweislich der entsprechenden Darlegungen in der Patentschrift (vgl. bspw. Abschnitt [0020]) ergibt sich das Einbringen von „im Wesentlichen gleichen Mengen“ der beiden Ausgleichsdotierstoffe aus dem bei Halbleitern mit großer Bandlücke sehr starken Kompensationseffekt, also daraus, dass bei diesen Halbleitern das Bestreben nach gegenseitiger Kompensation der beiden unterschiedlichen Dotiermaterialien im Halbleiterkristall besonders ausgeprägt ist. Dies führt gemäß dem Streitpatent zum Einbau in etwa gleicher Mengen, solange man dafür sorgt, dass die Schmelze, die die Ausgangsmaterialien für den Halbleiterkristall und die Dotierstoffe enthält, in etwa gleiche Mengen der beiden Dotierstoffe enthält, so dass beim Kristallwachstum in etwa gleiche Mengen der beiden Dotiermaterialien zur Verfügung stehen. Angesichts dieser Darlegungen im Streitpatent versteht der Fachmann die Angabe zum Einbau „im Wesentlichen gleicher Mengen“ der Ausgleichsdotierstoffe im Merkmal (b) dahingehend, dass die beim Kristallwachstum in den Kristall eingebrachten Mengen der beiden Stoffe so bemessen sind, dass durch den Einbau der Dotierstoffe im Wesentlichen keine Nettokonzentration freier Ladungsträger entsteht. Angesichts dieser Erläuterungen in der Patentschrift hat der Senat sein ursprüngliches und in seinem Zwischenbescheid erläutertes Verständnis dieses Merkmals revidiert und teilt insoweit die übereinstimmend von beiden Parteien vorgetragene Auffassung zum Verständnis dieses Merkmals.

72

4.3 Gemäß Merkmal (c) weisen die beiden Ausgleichsdotierstoffe unterschiedliche Beweglichkeiten auf. Wie die Patentschrift hierzu erläutert, weist der eine der beiden Ausgleichsdotierstoffe in einem jeweiligen Temperaturbereich eine höhere Beweglichkeit in dem Kristall des Halbleitermaterials auf als der andere Ausgleichsdotierstoff und diffundiert damit schneller in diesem, vgl. insbes. die Abschnitte [0010], [0012], [0014] und [0036] der Patentschrift.

73

4.4 Wie das Merkmal (d) des Anspruchs 1 angibt, ist das Einbringen der Ausgleichsdotierstoffe in den Kristall weiterhin dadurch gekennzeichnet, dass die Konzentration des weniger beweglichen Dotierstoffs im entsprechenden Abschnitt des Kristalls die Löslichkeit des weniger beweglichen Dotierstoffs in Abwesenheit des beweglicheren Dotiermaterials überschreitet. Die in den Halbleiterkristall eingebrachte Konzentration des weniger beweglichen Dotierstoffs liegt somit über seiner (Gleichgewichts-) Löslichkeit in Abwesenheit des beweglicheren Ausgleichsdotierstoffs, vgl. in der Streitpatentschrift vor allem den Abschnitt [0012].

74

4.5 Der beweglichere Dotierstoff wird anschließend selektiv aus dem Abschnitt des Halbleiterkristalls entfernt (Merkmal 2), so dass eine Ungleichgewichtskonzentration des weniger beweglichen Dotierstoffes im Abschnitt des Kristalls hinterlassen wird (Merkmal 3). Durch selektives Entfernen des beweglicheren der beiden Ausgleichsdotierstoffe wird somit erreicht, dass der in einer Konzentration oberhalb seiner Gleichgewichtslöslichkeit eingebaute weniger bewegliche Dotierstoff in einer Ungleichgewichtskonzentration im Kristall hinterlassen wird, also in einer Konzentration, die über seiner Gleichgewichtslöslichkeit liegt. Der Anspruch trifft keine Aussage darüber, in welchem Ausmaß der beweglichere der beiden Dotierstoffe selektiv entfernt wird.

75

4.6 Der auf diesen Anspruch rückbezogene Unteranspruch 6 gibt an, dass sich der beweglichere Dotierstoff im Halbleiterkristall über Zwischengitterplätze bewegen kann, während der weniger bewegliche Dotierstoff Substitutionsplätze im Kristall einnimmt, d. h. einen von einem der den Halbleiter bildenden Atome eingenommenen Gitterplatz besetzt.

76

4.7 Der nebengeordnete Anspruch 7 lehrt ein Verfahren zur Bildung einer pn-Übergang-Diode, bei dem ein Substratkristall eines Halbleiters mit großer Bandlücke eines Leitfähigkeitstyps hergestellt und auf der Oberfläche des Substratkristalls eine Epitaxialschicht mit einem Kristall gezüchtet wird. Dieser Kristall wird durch das Verfahren nach Anspruch 1 hergestellt, wobei der weniger bewegliche der beiden Dotierstoffe für denjenigen Leitfähigkeitstyp charakteristisch ist, der entgegengesetzt zum Leitfähigkeitstyp des Substratkristalls ist. Außerdem werden zwei Dotierstoffe in die Epitaxialschicht im Verlauf ihrer Epitaxie eingebracht. Im Zusammenhang mit dem Verweis auf das Verfahren nach Anspruch 1 und den Angaben zu den Ausführungsbeispielen im Streitpatent in den Abschnitten [0020] und [0027] ist für den Fachmann selbstverständlich, dass mit diesen beiden Dotierstoffen die beiden Ausgleichsdotierstoffe gemeint sind.

77

4.8 Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich von dem erteilten Anspruch 1 dadurch, dass mit ihm die Verwendung eines Verfahrens zum Ungleichgewichtseinbau eines Dotierstoffes zur Herstellung einer Diode mit lichtemittierendem pn-Übergang beansprucht wird, wobei das Verfahren zum Ungleichgewichtseinbau des Dotierstoffs in einem Halbleiter mit großer Bandlücke die im erteilten Anspruch 1 genannten Merkmale aufweist.

78

Der Unteranspruch 6 ist gegenüber dem Anspruch 1 nach dem erteilten Patent inhaltlich unverändert.Im Anspruch 7 des Hilfsantrags ist gegenüber dem erteilten Anspruch 7 die Angabe ergänzt, dass der Kristall der Epitaxialschicht mittels einer Verwendung nach einem der Ansprüche 1 oder 6 hergestellt wird.

79

5. Als Fachmann ist ein mit den halbleitertechnologischen Prozessen zur Herstellung von Leuchtdioden befasster berufserfahrener Diplom-Physiker mit entsprechenden Kenntnissen der prozesstechnologischen Zusammenhänge und der Halbleiterphysik anzusehen.

II. 

80

Die mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Ansprüche 1, 6 und 7 des Streitpatents haben mangels Patentfähigkeit ihrer Gegenstände keinen Bestand.

81

1. Das Verfahren nach dem erteilten Anspruch 1 ist nicht neu. Das in der Druckschrift D2 angegebene Verfahren zur Herstellung von mit Zink dotierten Galliumnitridschichten mittels eines MOVPE-Prozesses führt aufgrund der physikalischen Gegebenheiten bei der Reaktion der Ausgangsstoffe zum Ungleichgewichtseinbau des Dotierstoffes Zink zusammen mit dem Ausgleichsdotierstoff Wasserstoff, während die anschließende Elektronenbestrahlung der derart hergestellten Kristalle durch die dabei auftretende Erhitzung der Kristalle ebenfalls wegen der physikalischen Gegebenheiten zu einem selektiven Entfernen des Wasserstoffs führt, wobei das im Ungleichgewicht eingebaute Zink im Kristall verbleibt, so dass der Fachmann beim Nacharbeiten der Lehre der Druckschrift D2 zwangsläufig das Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents verwirklicht, vgl. BGH GRUR 1980, 283 - „Terephthalsäure“ i. V. m. BGH X ZR 35/12 Rdn. 53, 3. Satz.Im Dokument D2 berichten die Autoren über die Auswirkungen einer Elektronenbestrahlung von Halbleiterschichten auf Galliumnitrid-Basis mit Zink-Dotierung auf die Lumineszenz-Eigenschaften. Die Verfasser haben festgestellt, dass die Lumineszenz dieser Halbleiterschichten im blauen Spektralbereich nach einer Elektronenbestrahlung dauerhaft erhöht ist (9-30 keV electron-beam irradiation enhances the blue luminescence in zinc-doped GaN both at low temperature and room temperature. Dependance on irradiation conditions is studied in detail and the mechanism is discussed / Abstract). Die hier genannte - üblicherweise unter Hochvakuum durchgeführte - Elektronenbestrahlung wird in der Fachliteratur mit der Abkürzung „LEEBI“ bezeichnet, was für „low electron energy beam irradiation“ steht.

82

Galliumnitrid ist ein III-V-Halbleiter (Gallium ist ein Element der III. und Stickstoff ein Element der V. Hauptgruppe des Periodensystems) mit großer Bandlücke im Sinne des Streitpatents, denn seine Bandlücke liegt - abhängig von der jeweiligen Kristallstruktur - zwischen 3,2 und 3,39 eV, womit das Material bei der Rekombination von Löchern und Elektronen Licht im blauen bzw. ultravioletten Spektralbereich emittiert und damit ein für die Herstellung von blauen Leuchtdioden geeigneter Halbleiter ist. Seine Verwendung hierfür scheiterte jedoch lange Zeit daran, dass GaN nicht p-leitend herstellbar war, vgl. zum Beleg hierfür die Druckschrift D14, S. 113, 1. Textabs.. Diese Textstelle gibt auch an, dass als Dotiermaterialien für die p-Dotierung von GaN neben dem in der Druckschrift D2 genannten Zink auch Magnesium verwendet wird.Die von den Autoren der Druckschrift D2 untersuchten Halbleiterschichten wurden durch epitaktisches Züchten eines GaN-Kristalls auf einem Saphir-Substrat mit Hilfe eines MOVPE (metalorganic vapour phase epitaxie) - Prozesses erzeugt, wobei Zink mit einer hohen atomaren Konzentration zwischen 1019 cm-3 und 1020 cm-3 eingebaut wurde. Auf dieselbe Art und Weise erzeugte undotierte GaN-Schichten sind n-leitend und weisen eine Elektronenkonzentration von etwa 1017 - 1018 cm-3 auf (GaN epilayers doped with Zn (its concentration is about 1019 - 1020 cm-3 prepared on (0001) sapphire substrates using an AlN buffer layer by MOVPE are used for study. Non-doped GaN layer grown in the similar way is of n-type with electron concentration of about 10 17 - 1018 cm-3 / S. 121, li. Sp., le. Abs.).Die bei der Kristallzüchtung in den Kristall eingebrachte Konzentration von 1019 bis 1020 cm-3 Zink-Dotieratomen liegt über dem Gleichgewichtszustand, der durch die Löslichkeit des Zinks in GaN in Abwesenheit eines Ausgleichsdotierstoffs gegeben ist. Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte haben im Hinblick auf ihre Darlegungen zur Löslichkeit von Dotierstoffen auf die Druckschrift D3 hingewiesen, in der die frühere Inhaberin des Streitpatents die auf ihre Forschungsarbeiten zurückgehenden Erkenntnisse zur mangelnden Dotierbarkeit von Halbleitern mit großer Bandlücke darlegt und eine Formel angibt, aus der sich die Löslichkeit von Dotiermaterialien in einem jeweiligen Halbleitermaterial in Abhängigkeit von der Temperatur abschätzen lässt:

83

Nd  ≈ ( mh * / me * ) 3/8   Abbildung exp - (E G / 4 kT)

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wobei die Formel für die Dotanden-Konzentration Nd neben der Temperatur T noch die Boltzmann-Konstante k = 8.62 • 10-5 eV / K sowie als materialspezifische Größen die effektive Lochmasse m*h, die effektive Elektronenmasse m*e, die Löslichkeit im intrinsischen Material Ni, die Zustandsdichte des Leitungsbands Nc und die Bandlücke EG des Halbleiters enthält. Im parallelen Verletzungsverfahren hat die Nichtigkeitsbeklagte aus dieser Formel die Dotierstoffkonzentration von Magnesium in GaN berechnet und Löslichkeiten bis etwa 3 x 1017 cm-3 bei bis zu 1200°C ermittelt, vgl. die Druckschrift D3 i. V. m. mit der im Verletzungsverfahren eingereichten Anlage K86. In gleicher Weise gilt diese Abschätzung jedoch auch für Zink, denn der oben angegebenen Formel zufolge hängt die Dotierstoffkonzentration außer von der Temperatur und der Boltzmann-Konstanten nur von Größen ab, die allein vom Halbleitermaterial, nicht jedoch vom Dotiermaterial bestimmt werden.Bei der Herstellung der mit Zink dotierten epitaktischen GaN-Kristalle bei dem MOVPE-Prozess nach der Druckschrift D2 erfolgt somit ein Ungleichgewichtseinbau eines Dotierstoffs in einen Kristall eines Halbleiters mit großer Bandlücke.

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Dieser Ungleichgewichtseinbau findet während des MOVPE-Prozesses zum Herstellen der Zink dotierten GaN-Schicht statt, bei dem sich die dotierte Schicht auf einem Substrat mit einer AlN-Schicht abscheidet. Dabei werden als Ausgangsstoffe für den aus Gallium und Stickstoff gebildeten GaN-Halbleiter Trimethylgallium ((CH3)3 Ga, auch als TMG abgekürzt) und Ammoniak (NH3) jeweils mittels eines Wasserstoff (H2) -Trägergases in den Reaktor eingeleitet und zusätzlich auch das Ausgangsmaterial für den Dotierstoff in gasförmiger Form in den Reaktor eingebracht, vgl. zum Beleg hierfür rein beispielhaft die in der Druckschrift D2 im Zusammenhang mit der Herstellung der GaN-Kristallschichten zitierte Druckschrift D2b (A conventional MOVPE system with a simple vertical reactor operated at atmospheric pressure was used. [...] Metalorganic sources diluted with H2 and a large amount of NH3 with H2 as a carrier gas were mixed just before the reactor and were fed through a delivery tube to a slanted substrate with a high velocity. [...] At first, by feeding trimethylaluminum (TMA) and NH3 gases into the reactor, a thin AlN layer was deposited. The substrate was then heated to a higher temperature at which GaN was grown by replacing TMA by trimethylgallium (TMG) / S. 353, re. Sp., 2. Abs. i. V. m. Fig. 1 und Table 1) sowie im gleichen Sinn die Druckschrift D14 (GaN films were grown by the two-flow metalorganic chemical vapour deposition (TF-MOCVD). The details of TF-MOCVD are described in Sect. 4.2 and in Refs. [52, 150]. The growth was carried out under atmospheric pressure. Sapphire with (0001) orientation (C-face) [...] was used as a substrate. The growth specifics are summarized in Tables 7.1 and 7.2 / S. 114, Kap. 7.2.2 i. V. m. Table 7.1 und 7.2, wobei in Table 7.2 die Flussraten für das Trimethylgallium (TMG), den Ammoniak (NH3), den Wasserstoff (H2) als Trägergas und den Ausgangsstoff (Cp2Mg) für die hier verwendete Magnesium-Dotierung genannt sind, statt der beim Verfahren nach der Druckschrift D2 eine Zink-Dotierung in analoger Weise in das GaN eingebracht ist).Die genannten gasförmigen Ausgangssubstanzen für das Galliumnitrid und den Dotierstoff dissoziieren auf der Substratoberfläche bei der Prozesstemperatur im Reaktor in ihre Bestandteile. Aus diesen Bestandteilen bzw. deren Reaktionsprodukten bildet sich auf dem Substrat die GaN-Schicht, in die der jeweilige Akzeptor-Dotierstoff für die p-Dotierung sowie zusätzlich atomarer Wasserstoff eingebaut wird, der aufgrund des Zerfalls des Ammoniaks (NH3) sowie des als Trägergas verwendeten molekularen Wasserstoffs (H2) in hoher Konzentration, d. h. im Überschuss im Reaktor vorliegt. Atomarer Wasserstoff bildet ein (amphoteres) Ausgleichsdotierelement, das im vorliegenden Fall den Akzeptor-Dotierstoff (Zink bzw. Magnesium) kompensiert, indem der Wasserstoff mit dem Dotierstoff Komplexe bildet, vgl. zum Beleg hierfür die ausführlichen Darlegungen in der Druckschrift D14 im Kapitel 7.3., das mit „Hole Compensation Mechanism of p-Type GaN Films“ überschrieben ist, sich also mit der Kompensation der in das GaN eingebrachten p-Dotierung befasst (Trimethylgallium (TMG), ammonia (NH3) and bis-cyclopentadienyl magnesium (Cp2Mg) were used as Ga, N, and Mg sources, respectively. The deposition conditions are the same as shown in Sect. 7.2.2., and in Table 7.1 and Table 7.2. / S. 120, le. Abs. bis S. 121, 1. Abs. // At a temperature of 400°C, the following process is presumed to occur: the dissociation of NH3 into hydrogen occurs at the surface of GaN films because dangling bonds exist mainly at the surface, and the atomic hydrogen easily diffuses into the GaN films because the number of hydrogen atoms is too great at the surface and the size of hydrogen atoms is very small. On the other hand, it is well established that hydrogenation (the incorporation of atomic hydrogen) results in the passivation (neutralization) of shallow donors and acceptors in III-V-materials and Si [181-190]. The passivation of donors is traced back to direct bonding of H to the defects, while Zn acceptors are neutralized as a consequence of the formation of acceptor-H neutral complexes / S. 128, le. Abs. bis S. 129, 2. Abs. // With the incorporation of the above-mentioned hydrogenation process, the hole compensation mechanism of p-type GaN films can be easily be explained. First, the atomic hydrogen, produced by dissociation of NH3 at temperatures above 400°C, diffuses into p-type GaN films. Second, the formation of acceptor-H neutral complexes, i.e Mg-H complexes in GaN films occurs. As a result, the formation of Mg-H-complexes causes hole compensation, and the resistivity of Mg-doped GaN films reaches a maximum of 1 x 106 Ωcm (see Fig. 5.5). For PL measurements, it is assumed that DL emissions are caused by related levels of Mg-H complexes, and blue emission is caused by Mg-related levels / S. 129, le. Abs. bis S. 130, 1. Abs.).

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Bei dem zur Herstellung der Zink-dotierten GaN-Kristalle verwendeten MOVPE-Verfahren nach Druckschrift D2 findet somit ein Ungleichgewichtseinbau eines Dotierstoffes in einen Kristall eines Halbleiters mit großer Bandlücke statt, bei dem gleichzeitig ein erster und ein zweiter Dotierstoff in einen Abschnitt des Kristalls eingebracht werden und die Dotierstoffe Ausgleichsdotierstoffe sind (Merkmal (1) und Merkmal (a) des erteilten Anspruchs 1).Wie weiterhin die Darlegungen der Druckschrift D14 zur Neutralisierung der Zink- bzw. Magnesium-Dotierung in GaN durch die Bildung von 1:1 Komplexen mit dem atomaren Wasserstoff belegen (The passivation of donors is traced back to direct bonding of H to the defects, while Zn acceptors are neutralized as a consequence of the formation of acceptor-H neutral complexes / S. 129, 2. Abs. // Second, the formation of acceptor-H neutral complexes, i.e Mg-H complexes in GaN films occurs. As a result, the formation of Mg-H-complexes causes hole compensation, and the resistivity of Mg-doped GaN films reaches a maximum of 1 x 106 Ωcm (see Fig. 5.5) / D14, S. 130, 1. Abs.), werden bei dem MOVPE-Verfahren zur Herstellung und Dotierung der GaN-Schicht nach der Druckschrift D2 im Wesentlichen gleiche Mengen des ersten und des zweiten Dotierstoffes (Zink und Wasserstoff) in den Kristall eingebracht, denn die entsprechende Angabe im Merkmal (b) des erteilten Anspruchs 1 ist im Sinn der gegenseitigen Kompensation der ersten und zweiten Dotierstoffe zu verstehen, wie weiter oben schon ausgeführt wurde.

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Außerdem weisen die beiden in den GaN-Kristall eingebrachten Ausgleichsdotierstoffe (Zink und atomarer Wasserstoff) auch unterschiedliche Beweglichkeiten im Halbleiter-Kristall auf (Merkmal (c) des Anspruchs 1). Das Wasserstoff-Atom ist das mit Abstand kleinste Atom des gesamten Periodensystems und diffundiert daher weitaus leichter durch das GaN-Gitter als alle anderen Dotiermaterialien, vgl. zum Beleg wiederum die Druckschrift D14 ([…] the atomic hydrogen easily diffuses into the GaN films because the number of hydrogen atoms is too great at the surface and the size of hydrogen atoms is very small / D14, S. 129, 1. Abs.).Mit der in der Druckschrift D2 angegebenen Zinkkonzentration von 1019 bis 1020 Atomen pro cm3 (GaN epilayers doped with Zn (its concentration is about 1019 - 1020 cm-3 prepared on (0001) sapphire substrates using an AlN buffer layer by MOVPE are used for study. Non-doped GaN layer grown in the similar way is of n-type with electron concentration of about 10 17 - 1018 cm-3 / S. 121, li. Sp., le. Abs.) überschreitet die Konzentration des weniger beweglichen Dotierstoffs seine „normale“ Löslichkeit im GaN-Kristall, nämlich seine Löslichkeit in Abwesenheit des beweglicheren Dotierstoffs Wasserstoffs (Merkmal (d)). Zum Beleg wird ergänzend zu den Berechnungen der Nichtigkeitsbeklagten zur normalerweise erreichbaren Dotierstoffkonzentration gemäß der oben schon erwähnten Druckschrift D3 i. V. m. der Anlage K86 auch auf die Darlegungen von Frau Professor Neumark in der Druckschrift D3 hingewiesen, wonach die Kompensation eines Dotierelements durch ein Ausgleichsdotierelement natürlich (d. h. zwangsläufig und ohne Zutun von außen) zu einer Erhöhung der Löslichkeit des Dotierelements über seine Löslichkeit in Abwesenheit des Ausgleichsdotierstoffs führt (Thus, effectively (and accidently) the desired (donor) dopant has here been introduced together with a compensating - and relatively mobile - species (Cu), with the subsequent removal of the compensating species. The compensation aspect of course increases the solubility, and the fact that the species is mobile means that it can subsequently be removed / D3, S. 1802, li. Sp., le. Abs.).Beim Nacharbeiten der Druckschrift D2 verwirklicht der Fachmann jedoch nicht nur die Lehre der Merkmale 1 und (a) bis (d) des Anspruchs 1, sondern auch die der Merkmale 2) und 3).Wie oben schon ausgeführt, haben die Autoren der Druckschrift D2 die derart hergestellten GaN-Kristalle einer Elektronenbestrahlung unterzogen und festgestellt, dass diese zu einer dauerhaften Erhöhung der Intensität der Lumineszenz der mit Zink dotierten GaN-Kristalle im blauen Spektralbereich führt (It is well known that Zn in GaN plays an important role for forming blue luminescent centers. For device applications of the blue emission, it is necessary to increase the blue luminescent centers, as well as to decrease unintenionally introduced non-radiative recombination centers. In this work, the blue luminescent intensity (cathodo-luminescence: CL and photo-luminescence: PL) in Zn-doped GaN is found to increase irreversibly by an electron-beam (EB) irradiation / D2, S. 121, li. Sp., 1. Textabs.). Eine erhöhte Intensität der Lumineszenz ist physikalisch gleichbedeutend mit einer erhöhten strahlenden Rekombination von Löchern und Elektronen, d.h. einer Erhöhung der Konzentration von Lumineszenzzentren ([...] which shows that in this process, a character of the luminescent center does not change but its concentration is increased / S. 121, re. Sp., le. Textabs.). Dabei weisen die Autoren der D2 darauf hin, dass die Abhängigkeit der Intensitätserhöhung von der Zeitdauer der Elektronenbestrahlung auf einen thermischen Prozess als Ursache für die Aktivierung der Zinkdotierung für die Lumineszenz schließen lässt, d. h. dass die durch Elektronenbestrahlung bewirkte Erhitzung des Kristalls zu den Veränderungen hinsichtlich der Wirksamkeit des Zinks als Lumineszenzzentrum führt (This time dependance could be seen in the whole current range used here and both at 12 K and 297 K, which suggests that this phenomenon is a thermal process. Contrary to the Zn-doped sample, non-doped sample does not show the change of CL intensity. Therefore this process is thought to be strongly related to Zn / S. 121, re. Sp., 1. Textabs.).Die Druckschrift D14 bestätigt, dass die durch die Elektronenbestrahlung bewirkte Verbesserung auf einen thermischen Prozess, d. h. die Erhitzung des Kristalls zurückgeht. Vergleiche zwischen dotierten GaN-Kristallen, die einer Elektronenbestrahlung unterzogen wurden, und Kristallen, die einem Tempervorgang unterworfen wurden, zeigen, dass beide Prozesse zum selben Ergebnis führen, nämlich zu einer Aktivierung der Dotierung und einer entsprechenden Verringerung des elektrischen Widerstands, wenn sie unter Ausschluss einer wasserstoffhaltigen Umgebungsatmosphäre (die bspw. in Form von NH3 vorliegen kann) durchgeführt werden (Other significant questions arise with respect to LEEBI treatment since the temperature of GaN films becomes very high during LEEBI treatment due to the energy deposited by electron radiation. We have not measured the temperature of GaN films during this process. However, it is crucial to determine whether or not low-resistivity p-type GaN films originated from thermal effects during LEEBI treatment. To answer this question, thermal annealing was performed under vacuum conditions [...], without an N2 ambient at 700°C, for 20 min, because LEEBI treatment is usually performed under high-vacuum conditions [...]. The results were almost identical to the case of N2-ambient annealing / D14, S. 118, le. Abs. // When the thermally annealed low-resistivity GaN films were used for NH3-ambient and N2-ambient thermal annealing experiments, the results were almost the same as for the resisitivity change of LEEBI-treated GaN films in NH3-ambient and N2-ambient thermal annealing, as seen in Fig. 7.5. Therefore, it is assumed that the effects of LEEBI treatment and N2-ambient thermal annealing for Mg-doped GaN films are almost the same, and that the mechanism by which high-resistivity GaN films become low-resistivity GaN films is almost identical for the LEEBI treatment and thermal annealing / D14, S. 122, le. Abs.).Bei der erhöhten Temperatur wird der Wasserstoff aus den weiter oben schon erwähnten Dotiermaterial-Wasserstoff-Komplexen entfernt, womit die Zahl der für die Lumineszenz wirksamen Rekombinationszentren wächst und die Intensität (d.h. die Menge) des emittierten blauen Lichts steigt (It has been explained above that N2-ambient thermal annealing above 500°C was effective in greatly reducing the resistivity of as grown high-resistivity GaN films, and the intensity of the blue emission of the PL spectrum showed a maximum around 700°C [175]. This relationship between intensity of blue emissions and annealing temperature is shown in Fig. 7.3. The change in intensity is easily explained using the above-mentioned models. When the N2-ambient thermal annealing temperature exceeds 400°C, removal of atomic hydrogen from Mg-H complexes begins, the number of blue emission centers which are Mg-related radiative recombination centers begins to increase, and the intensity of blue emission of the PL spectrum gradually increases / S. 130, le. Abs. bis S. 131, 1. Abs.).Diese physikalischen Sachverhalte gelten - so die Druckschrift D14 weiter - in gleicher Weise auch bei einer Dotierung von GaN mit Zink, wie sie bei den Kristallen nach Druckschrift D2 vorliegt (In other experiments on acceptor dopants for GaN films, Amano et al reported that the intensity of Zn-related blue-emission of PL spectra in Zn-doped GaN films was enhanced by LEEBI treatment [41, 192]. (Das hier mit [192] bezeichnete Zitat ist übrigens genau der Zeitschriftenaufsatz gemäß der Druckschrift D2, auf den der Autor der D14 somit direkt Bezug nimmt.) Therefore, models can be applied to Zn-doped GaN films similar to those for Mg-doped GaN films. The formation of acceptor-H neutral complexes, Zn-H complexes in this case, is responsible for the hole compensation mechanism and the decrease in the intensity of blue emission. Usually, NH3 is used as the N-source for GaN growth in MOCVD. Therefore, an in-situ hydrogenation process, in which the Zn-H complexes are formed during MOCVD growth, naturally occurs, and the resistivity of as-grown Zn-doped GaN films or Mg-doped GaN films becomes high (almost insulating). After growth, N2-ambient thermal annealing or LEEBI treatment can reactivate the acceptors by removing atomic hydrogen from the acceptor-H neutral complexes in p-type GaN films. As a result, the resistivity of the p-type GaN films becomes lower and the intensity of the blue emission becomes stronger / S. 132, le. Abs. bis S. 133, 1. Abs.). Im gleichen Sinn begründen übrigens auch die Autoren der von der Beklagten eingereichten Druckschrift LR 15 die Vergabe des Physik-Nobelpreises 2014 an den Autor der Druckschrift D2, wobei sie in diesem Zusammenhang auch die Arbeiten von Frau Prof. Neumark zur Aufklärung der Rolle des Wasserstoffs bei der Neutralisierung von Dotierstoffen würdigen, vgl. LR15, S. 5, 2. bis 4. Textabs. Die Erhitzung des Kristalls bei der Elektronenbestrahlung nach Druckschrift D2 führt jedoch nicht nur dazu, dass die Dotierstoff-Wasserstoff-Komplexe aufgelöst werden, sondern auch dazu, dass der atomare Wasserstoff - zumindest zum großen Teil - aus dem entsprechenden Abschnitt des Halbleiterkristalls entfernt wird, da Wasserstoff bereits bei niedrigen Temperaturen eine sehr hohe Diffusivität aufweist (By contrast, atomic hydrogen [...] diffuses rapidly even at low temperatures (25 – 250°C) and can attach to dangling bonds or defective bonds associated with point or line defects and can also form neutral complexes with dopants [...] / D14, S. 137, 1. Abs.), wobei anzumerken ist, dass bei den bei der Elektronenbestrahlung erreichten Temperaturen die in dieser Zitatstelle genannten Anlagerungen des Wasserstoffs an „dangling bonds“ und punkt- oder linienförmigen Kristalldefekten keine Rolle spielen und die Ausdiffusion aus dem Kristall alle anderen Vorgänge überwiegt. Die Ausdiffusion, d. h. Entfernung des Wasserstoffs zeigt sich im Übrigen auch daran, dass die LEEBI-Behandlung die Lumineszenz irreversibel erhöht (the blue luminescent intensity [...] is found to increase irreversibly / S. 121, li. Sp., 1. Textabs.), was nicht der Fall sein könnte, wenn Wasserstoff in größeren Mengen im Kristall verbliebe, da dieser dann im Lauf der Zeit erneut Komplexe bilden und damit die Intensität der Lumineszenz wieder verringern würde.

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Das Entfernen, d. h. Ausdiffundieren des Wasserstoffs erfolgt dabei selektiv, so dass eine Ungleichgewichtskonzentration des weniger beweglichen Dotierstoffes Zink im Abschnitt des Kristalls hinterlassen wird, nämlich die anfänglich in der Druckschrift D2 genannte Konzentration im Bereich zwischen 1019 und 1020 cm-3 (On the other hand, EB irradiation does not change the concentration of Zn in the range measured here / D2, S. 122, re. Sp., 1. Textabs.).Im Ergebnis verwirklicht der Fachmann beim Nacharbeiten der Lehre der Druckschrift D2 zwangsläufig das Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents.

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2. Gleiches gilt auch für die im erteilten Unteranspruch 6 gegebene Lehre.

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Wie oben schon ausgeführt und anhand der Druckschrift D14 belegt, weist Wasserstoff aufgrund der sehr geringen Größe seines Atoms eine sehr hohe Diffusivität im GaN-Kristall (und generell in anderen Kristallen) auf. Der anschauliche Grund dafür besteht darin, dass diese Atome wegen ihrer geringen Größe im Gegensatz zu größeren Atomen auf Zwischengitterplätze des Kristallgefüges „passen“, über die sie sich im Kristall sehr leicht bewegen können. Insofern wird die im Unteranspruch 6 gegebene Lehre, dass der beweglichere Dotierstoff sich im Halbleiterkristall über Zwischengitterplätze bewegen kann, bereits bei den GaN-Kristallen nach Druckschrift D2 realisiert.

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In gleicher Weise gilt dies für das weitere Merkmal, dass der weniger bewegliche Dotierstoff Substitutionsplätze im Kristall einnimmt. Es gehört zum Grundwissen des Fachmanns auf dem Gebiet der Halbleiterphysik, dass die jeweiligen Dotierstoffatome auf Gitterplätzen des Kristalls „sitzen“ müssen, d. h. Atome des Halbleitermaterials ersetzen müssen, um als Donator- oder Akzeptoratome wirken zu können. Nur dann kann die Tatsache, dass sie ein Valenzelektron mehr oder weniger als die Atome des Halbleitermaterials aufweisen, eine Elektronen- oder eine Defektelektronen-, d. h. Löcherleitung bewirken. Auf diesen physikalischen Sachverhalt haben die Nichtigkeitsbeklagten bspw. in ihrem Schriftsatz vom 27. Juni 2012, S. 6 unten, zur Berufungsbegründung beim Bundesgerichtshof hingewiesen, so dass hierfür kein weiterer Nachweis erforderlich ist. Damit nimmt bei den Kristallen nach Druckschrift D2 das dort als Akzeptor-Dotierung in den GaN-Kristall eingebrachte Zink einen Substitutionsplatz ein.

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3. Beim Nacharbeiten der Lehre der Druckschrift D2 verwirklicht der Fachmann auch das Verfahren nach Anspruch 7 des Streitpatents.Die Autoren der Druckschrift D2 geben an, dass die von ihnen festgestellte Erhöhung der Lumineszenz für die Verbesserung der Effizienz von blauen Leuchtdioden von Nutzen ist (Thus, such an enhancement of blue luminescence is thought to be characteristic of EB irradiation. This effects is quite useful for improvement in the efficiency of the blue light emitting devices / S. 122, re. Sp. letzte zwei Absätze). Das in der Druckschrift D2 beschriebene Verfahren wird also zur Herstellung einer Leuchtdiode verwendet, die einen (lichtemittierenden) pn-Übergang zwischen einem p- und einem n-dotierten Kristallabschnitt aufweist, wobei der p-dotierte Kristallabschnitt durch eine Zink-Dotierung im Rahmen des oben erläuterten epitaktischen Aufwachsens mittels eines MOVPE-Verfahrens hergestellt wird, bei dem Zink in einer Ungleichgewichtskonzentration zusammen mit Wasserstoff in diesen Kristallabschnitt eingebaut und der Wasserstoff bei der Elektronenbestrahlung zwangsläufig selektiv entfernt wird, so dass Zink in einer Ungleichgewichtskonzentration in diesem Kristallabschnitt verbleibt. Dass zur Herstellung einer Leuchtdiode der Leitungstyp des weniger beweglichen Dotierstoffs in diesem Kristallabschnitt zwangsläufig entgegengesetzt zum Leitungstyp des Substrats ist, auf dem der p-leitende Kristallabschnitt erzeugt wird, ist für den Fachmann selbstverständlich, denn nur so kommt eine Leuchtdiode mit einem pn-Übergang zwischen p- und n-leitendem Bereich zustande.Damit verwirklicht der Fachmann beim Herstellen der LED auch die Lehre des Anspruchs 7 des Streitpatents.4. Auch die Ansprüche 1, 6 und 7 nach dem Hilfsantrag haben im Hinblick auf die Druckschrift D2 mangels Patentfähigkeit ihrer Gegenstände keinen Bestand.

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4.1 Die im Anspruch 1 nach Hilfsantrag angegebene Verwendung eines Verfahrens zum Ungleichgewichtseinbau eines Dotierstoffes zur Herstellung einer Diode mit lichtemittierendem pn-Übergang ist ebenfalls nicht neu.Wie sich aus vorangehenden Darlegungen zu den Ansprüchen 1 und 7 des Streitpatents ergibt, verwirklicht der Fachmann mit dem Nacharbeiten der Anweisungen der Druckschrift D2 bereits eine Verwendung eines Verfahrens zum Ungleichgewichtseinbau eines Dotierstoffes zur Herstellung einer Diode mit lichtemittierendem pn-Übergang, bei der das Verfahren die Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents aufweist.4.2 Der Unteranspruch 6 des Hilfsantrags ist gegenüber dem Anspruch 1 nach dem erteilten Patent inhaltlich unverändert, so dass auf die Darlegungen unter Ziffer 2.2 verwiesen wird.4.3 Im Anspruch 7 des Hilfsantrags ist gegenüber dem erteilten Anspruch 7 die Angabe ergänzt, dass der Kristall der Epitaxialschicht mittels einer Verwendung nach einem der Ansprüche 1 oder 6 hergestellt wird.

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Dies erfolgt - wie schon erläutert - ebenfalls bereits bei dem Verfahren nach der Druckschrift D2, so dass auch dieser Anspruch keinen patentfähigen Sachverhalt enthält.5. In ähnlicher Weise gelten Darlegungen wie die unter Ziffer 3 und 4 auch für die Druckschriften D4 und D5, so dass die angegriffenen Ansprüche auch im Hinblick auf die Druckschrift D4 und die angegriffenen Ansprüche ebenso wie die mit dem Hilfsantrag verteidigten im Hinblick auf die Druckschrift D5 keinen Bestand hätten. Denn auch beim Nacharbeiten der Lehre dieser Druckschriften wird dem Fachmann die Lehre der jeweiligen Ansprüche offenbar.

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5.1 Bei der Würdigung der von den Klägerinnen als D4 genannten DE 37 39 450 C2 legt der Senat die vorveröffentlichte Offenlegungsschrift DE 37 39 450 A1 (D4a) zugrunde, die mit dem Zwischenbescheid des Senats vom 5. Juni 2014 in das Verfahren eingeführt wurde.

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Diese Druckschrift offenbart ein Verfahren zur Herstellung p- oder n-dotierter III-V-Verbindungshalbleiterschichten wie bspw. Galliumarsenid (GaAs)-Epitaxieschichten. GaAs weist eine Bandlücke von 1,5 eV auf und gehört damit im Sinne des Streitpatents zu den Halbleitern mit großer Bandlücke. Zur Herstellung dieser Schichten wird ein als „atomic layer deposition“ bezeichnetes Verfahren verwendet, bei dem mittels eines MOCVD-Verfahrens auf einem Substrat aufeinanderfolgend jeweils Monoschichten aus einer Moleküllage des Halbleitermaterials erzeugt werden. Die Dotierung erfolgt monolagenweise, d. h. jeweils für jede Monolage getrennt.Zur Herstellung von n-dotiertem GaAs werden bei dem Verfahren nach der Druckschrift D4a Triethylgallium (Ga(C2H5)3, TEG) und Arsin (AsH3) als Quellengas für den Halbleiter und Disilan (Si2H6) als Dotiergas verwendet. Die Substrattemperatur wird auf etwa 380°C gehalten, vgl. Sp. 6, Zeilen 13 bis 65. Die derart hergestellten n-dotierten Schichten weisen eine Dotierstoffkonzentration zwischen 1,4 x 1018 cm-3 und 5,6 x 1018 cm-3 auf, vgl. Sp. 7, Zeilen 19 bis 34.Das Verfahren nach der Druckschrift D4a ist damit ein Verfahren zum Ungleichgewichtseinbau eines Dotierstoffs in einen Halbleiter mit großer Bandlücke. Der Druckschrift D3 zufolge - vgl. deren Tabelle 1 - liegt die Löslichkeit für Dotierstoffe in GaAs bei einer Temperatur von 800 K (etwa 527 °C) bei 8 x 1017 cm-3 und steigt über einen Wert von 2 x 1018 cm-3 bei 1000 K (etwa 727°C) auf 5 x 1018cm-3 bei 1200 K (etwa 927°C) an. Bei der in der Druckschrift D4a im Hinblick auf die Herstellung der Kristalle angegebenen Temperatur von 380°C liegt die Löslichkeit somit noch unter dem für 800 K bzw. rund 527°C angegebenen Wert von 8 x 1017 cm-3, da die Löslichkeit mit fallender Temperatur sinkt. Das bedeutet aber, dass mit den in der Druckschrift D4a angegebenen Konzentrationen von Silizium-Störstellen im Bereich zwischen 1,4 x 1018 cm-3 und 5,6 x 1018 cm-3 die Löslichkeit für den Dotierstoff bei 380°C überschritten wird, denn diese bei dem Verfahren nach der Druckschrift D4a bereits bei 380°C erreichten Dotiermaterialkonzentrationen entsprechen einem Löslichkeitswert, der gemäß den Angaben in der D3 erst bei einer Temperatur von 727°C (1000 K) erreicht wird.Bei der Herstellung der dotierten GaAs-Schichten ist aufgrund des Zerfalls der wasserstoffhaltigen Ausgangsstoffe Ga(C2H5)3, AsH3 und Si2H6 im Reaktor über dem Substrat neben den die GaAs-Schicht bildenden Zerfalls- und Reaktionsprodukten und dem Dotiermaterial Silizium auch Wasserstoff vorhanden, der in atomarer Form in den Kristall diffundiert und dort die Dotierung kompensiert, vgl. zum Beleg hierfür in der Druckschrift D9 das Kapitel 4.4 ab S. 167, insbesondere S. 167, re. Sp., 1. Textabs., wo die Passivierung von Silizium in GaAs durch die Bildung von Komplexen mit dem Wasserstoff explizit genannt wird. Damit wird bei dem Verfahren nach der Druckschrift D4a gleichzeitig ein erster und ein zweiter Dotierstoff in den Kristall eingebracht, wobei die Dotierstoffe (Silizium, Wasserstoff) Ausgleichsdotierstoffe sind und - wie sich aus der Kompensation durch die Komplexbildung ergibt - im Sinne des Patents im Wesentlichen in gleichen Mengen eingebracht werden (Merkmale (1), (a) und (b) des Anspruchs 1). Dabei hat der Dotierstoff Wasserstoff als kleinstes Atom des Periodensystems eine höhere Beweglichkeit im Kristall gegenüber dem Dotierstoff Silizium mit seinen demgegenüber größeren Atomen (Merkmal (c)).Wie sich daraus im Zusammenhang mit den obigen Darlegungen zur Ungleichgewichtskonzentration des Dotierstoffs Silizium ergibt, überschreitet die Konzentration des weniger beweglichen Dotierstoffs (Silizium) die Löslichkeit des weniger beweglichen Dotierstoffs in Abwesenheit des beweglicheren Dotiermaterials Wasserstoff (Merkmal (d)).Bei dem Verfahren nach der Druckschrift D4a wird darüber hinaus auch der beweglichere Dotierstoff Wasserstoff selektiv aus dem Halbleiterkristall entfernt, wobei eine Ungleichgewichtskonzentration des weniger beweglichen Dotierstoffs im Kristall hinterlassen wird (Merkmale (2) und (3)): Gemäß Sp. 9, Zeile 68 bis Sp. 10, Zeile 5 werden die fertig hergestellten Dioden nach Aufbringen einer Elektrode unter Stickstoff-Atmosphäre bei 350°C getempert, um gute ohmsche Kontakte auszubilden. Bei der Temperatur von 350°C löst sich ein Anteil von etwa 30 % der im Kristall vorhandenen Komplexe aus dem Dotierstoff Silizium und dem Ausgleichsdotierstoff Wasserstoff auf, während etwa 70 % der Komplexe verbleiben, vgl. hierzu als Beleg die Druckschrift D9, Fig. 22 i. V. m. S. 167, re. Sp., le. Abs. bis S. 168, re. Sp., 1. Abs., die in der Fig. 22 die Reaktivierung u.a. für den Dotierstoff Silizium in Anhängigkeit von der Temperatur der Temperung zeigt. Der bei der Auflösung dieser Komplexe frei werdende Wasserstoff diffundiert im Kristall, wobei der überwiegende Anteil dort von anderen Verunreinigungen „getrappt“ wird, da der Wasserstoff erst bei Temperaturen von etwa 600°C in großem Umfang den Kristall verlässt. Ein geringer Anteil entweicht jedoch auch bei niedrigeren Temperaturen und insbesondere bei 350°C bereits aus dem Kristall (SIMS measurements on deuterated samples as a function of annealing temperature show a rapid redistribution of the D around 400°C where the donor activity is restored. However little D actually leaves the GaAs until heating near 600°C. This argues for a mechanism in which the D is released from the bond with the donor, and diffuses until trapped by another impurity / S. 168, li. Sp., drittletzte Zeile bis re. Sp., 5. Zeile). Damit nimmt auch bei einer Temperatur von 350°C die Wasserstoff-Konzentration gegenüber dem Anfangszustand der gegenseitigen Kompensation der beiden Dotierstoffe beim Herstellen des Kristalls ab, so dass Wasserstoff selektiv entfernt und eine Ungleichgewichtskonzentration des Silizium im Kristall hinterlassen wird.Damit wird dem Fachmann auch beim Nacharbeiten der Lehre der Druckschrift D4a die Lehre des Anspruchs 1 offenbar.5.2 In gleicher Weise gilt dies auch für die Lehre des Anspruchs 6 des Streitpatents, wobei zur Begründung auf die Darlegungen unter Ziffer 2 zur Druckschrift D2 verwiesen wird, die hier in analoger Weise für die Ausgleichsdotierstoffe Silizium und Wasserstoff gelten.5.3 Die Druckschrift D5 lehrt ein Verfahren zur Herstellung von p-dotiertem ZnSe mit hoher Leitfähigkeit, vgl. S. 57, li. Sp., 1. Textabs.. ZnSe hat eine Bandlücke von 2,8 eV und ist somit ein Halbleiter mit großer Bandlücke in der Definition des Streitpatents.Die Herstellung der dotierten Halbleiterschicht erfolgt mittels eines MOVPE-Verfahrens, bei dem als Ausgangsstoffe für das Zinkselenid Dimethylzink ((CH3)2 Zn; DMZ ) und Diethylselenid ((C2H5)2 Se; DESe) verwendet werden. Die Dotierung erfolgt durch Einleiten von gasförmigem Lithiumnitrid (Li3N) in den Reaktor mittels eines Wasserstoff-Trägergases. Die epitaktischen Schichten werden bei einer Temperatur von 450°C erzeugt. Aus Messungen der elektrischen Eigenschaften der derart hergestellten Schichten ergeben sich Ladungsträgerkonzentrationen (also im vorliegenden Fall Löcher-Konzentrationen) zwischen 3 x 1016 bis 9 x 1017 cm-3, wobei Lithium den dominierenden Dotierstoff bildet, vgl. S. 57, li. Sp., vorle. Abs. bis re. Sp., 2. Abs. i. V. m. Tabelle 1 und S. 58, li. Sp., 1. Abs. i. V. m. Fig. 2.

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Bei diesem Verfahren wird der Dotierstoff Lithium in einer Ungleichgewichtskonzentration oberhalb seiner Löslichkeit in das ZnSe eingebracht (Merkmal 1 des Anspruchs 1). Die mit dem Verfahren nach der Druckschrift D5 hergestellten Kristalle weisen eine Ladungsträger-, d. h. Löcherkonzentration zwischen 3 x 1016 bis 9 x 1017 cm-3 auf, wobei Lithium der dominierende Dotierstoff ist. Gemäß den Angaben in der Druckschrift D3 liegt die Löslichkeit für Dotierstoffe in ZnSe bei einer Temperatur von 800K (etwa 527°C) bei 1 x 1016 cm-3 und steigt über einen Wert von 1 x 1017 cm-3 bei 1000 K (etwa 727°C) auf 6 x 1017 cm-3 bei 1200 K (etwa 927°C). Bei der in der Druckschrift D5 im Hinblick auf die Herstellung der Kristalle angegebenen Temperatur von 450°C liegt die Löslichkeit somit unter dem Wert von 1 x 1016 cm-3, da die Löslichkeit mit wachsender Temperatur ansteigt bzw. mit fallender Temperatur sinkt. Da bereits die oben angegebenen Ladungsträger-, d. h. Löcherkonzentrationen über diesem Wert liegen und die Dotierstoffkonzentration stets mindestens so hoch ist wie die Ladungsträgerkonzentration ist (in der Regel ist sie noch deutlich höher), weist das Material eine über der Löslichkeit liegende Dotierstoffkonzentration auf. Die Autoren der Druckschrift D5 schließen zwar nicht aus, dass neben Lithium auch Stickstoff als Dotierelement in den Kristall eingebaut wird (vgl. S. 58, li. Sp. unten bis re. Sp. oben), da jedoch in jedem Fall Lithium der dominierende Dotierstoff ist (vgl. S. 58, li. Sp., Zeilen 2 bis 4 des Textabsatzes), gilt die Aussage über den Einbau oberhalb der Löslichkeit damit für den Dotierstoff Lithium.

98

 Bei dem Verfahren nach der Druckschrift D5 werden außerdem gleichzeitig ein erster und ein zweiter Dotierstoff in den Kristall eingebracht, wobei die Dotierstoffe Ausgleichsdotierstoffe sind und im Wesentlichen in gleichen Mengen eingebracht werden (Merkmale (a) und (b) des Anspruchs 1). Denn bei dem MOVPE-Verfahren liegen über dem Substrat im Reaktor bei der Temperatur zum Aufwachsen der epitaktischen Schicht nebeneinander sowohl die Atome des Dotierelements Lithium als auch die des als Ausgleichsdotierstoff wirkenden Wasserstoffs (aus dem Trägergas für das Dotiermaterial und aus den Zerfallsprodukten des Dimethylzink ((CH3)2 Zn) und des Diethylselenid ((C2H5)2 Se) vor, die aufgrund des für Halbleiter mit großer Bandlücke typischen Kompensationseffektes beide in etwa gleichen Mengen in den Kristall eingebaut werden.Diese beiden Dotierstoffe weisen auch unterschiedliche Beweglichkeiten auf (Merkmal (c)), denn Wasserstoff als das kleinste im Periodensystem vorkommende Atom ist beweglicher als Lithium, das im Periodensystem unterhalb des Wasserstoffs steht und ein - wenn auch nur geringfügig - größeres Atom aufweist.Wie sich aus den Darlegungen zur Löslichkeit ergibt, übersteigt die Konzentration des weniger beweglichen Dotierstoffs Lithium im Kristall die Löslichkeit dieses Dotierstoffs in Abwesenheit des beweglicheren Dotiermaterials Wasserstoffs (Merkmal (d)).Da die mit diesem Verfahren hergestellten Kristalle abschließend unter Stickstoff-Atmosphäre bei 300°C getempert werden, vgl. S. 57, re. Sp., 2. Abs., wird wegen der höheren Beweglichkeit des Wasserstoffs dieser zumindest teilweise selektiv aus dem Halbleiterkristall entfernt und aufgrund der geringeren Beweglichkeit des Lithiums eine Ungleichgewichtskonzentration des weniger beweglichen Dotierstoffes Lithium im Kristall hinterlassen (Merkmale 2 und 3). Dies zeigt sich daran, dass die hergestellten Kristalle löcherleitend sind, wobei sie die oben genannten Ladungsträger-, nämlich Löcherkonzentrationen aufweisen, d.h. das als dominierendes Dotierelement identifizierte Lithium verbleibt in hoher Konzentration im Kristall und bestimmt den Leitungstyp.

99

Im Ergebnis verwirklicht der Fachmann beim Nacharbeiten der Lehre der Druckschrift D5 zwangsläufig das Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents.

100

5.4 Im Hinblick auf den Anspruch 6 des Streitpatents gelten die Darlegungen zur Druckschrift D2 unter Ziffer 2 in analoger Weise auch für die Druckschrift D5.Dabei bildet im Fall der Druckschrift D5 Lithium den dominierenden und damit den Ladungsträgertyp vorgebenden Dotierstoff, der nur dann eine Löcherleitung bewirkt, wenn seine Atome Gitterplätze einnehmen (wobei deswegen nicht ausgeschlossen ist, dass ein Teil der Lithium-Atome Zwischengitterplätze einnehmen und damit als Dotierstoff unwirksam sind (vgl. D5, S. 57, re. Sp., vorle. Abs.)). Wasserstoff als kleinstes Atom des Periodensystems kann sich hingegen über Zwischengitterplätze im Kristall bewegen (Anspruch 6 des Streitpatents).

101

5.5 Angesichts dieser Darlegungen haben auch die Ansprüche 1 und 6 nach dem Hilfsantrag im Hinblick auf die Druckschrift D5 keinen Bestand.Denn diese lehrt bereits die Verwendung eines Verfahrens zum Ungleichgewichtseinbau eines Dotierelementes in einem Kristall eines Halbleiters mit großer Bandlücke zur Herstellung einer Diode mit lichtemittierendem pn-Übergang (vgl. vor allem S. 57, li. Sp., 1. Textabs.), so dass dem Fachmann bei der Umsetzung der in der Druckschrift D5 gegebenen Anweisungen auch die Lehre des Anspruchs 1 des Hilfsantrags nach Hilfsantrag offenbar wird.Der Unteranspruch 6 nach Hilfsantrag ist mit Unteranspruch 6 des Streitpatents inhaltsgleich, so dass auf Ziffer 5.2 verwiesen wird.

102

6. Im Gegensatz zu den Druckschriften D2, D4a und D5 wird die Lehre der angegriffenen Ansprüche dem Fachmann beim Nacharbeiten der Anweisungen der Druckschriften D6, D7 und D8 nicht zwangsläufig offenbar.

103

6.1 Wie die Druckschrift D5 beschäftigen sich auch die Druckschriften D6 und D7 mit Verfahren zur Herstellung dotierten ZnSe-Kristallschichten mittels eines MOVPE-Prozesses, wobei es bei dem Verfahren nach Druckschrift D6 um die Herstellung n-dotierter ZnSe-Schichten und bei dem Verfahren nach Druckschrift D8 um die Herstellung p-dotierter ZnSe-Schichten geht, vgl. die jeweiligen Abstracts.

104

Beim Nacharbeiten der in diesen Schriften offenbarten Lehren ergibt sich für den Fachmann jedoch nicht die Lehre des Streitpatents.

105

Dies scheitert bei der Druckschrift D6 bereits daran, dass diese die Lehre gibt, die hergestellten und dotierten Kristalle abschließend in einer Wasserstoff-Atmosphäre zu tempern, vgl. S. L251, li. Sp., le. Abs. bis re. Sp. 1. Abs.. Bei einer Temperung unter Wasserstoff kann allerdings zuvor bei dem MOVPE-Prozess zusammen mit dem Dotierstoff eingebauter Wasserstoff nicht selektiv aus dem Kristall entfernt werden, vielmehr diffundiert atomarer Wasserstoff, der sich an der Oberfläche des Kristalls bildet, in diesen ein. Eine Entfernung des Wasserstoffs aus dem Kristall bei einer Temperung ist nur in wasserstofffreier Atmosphäre möglich.

106

Bei der Druckschrift D7 werden Diethylzink (DEZ) und Selenwasserstoff (H2Se) als Ausgangsmaterialien für die Herstellung der ZnSe-Schicht und Ammoniak (NH3) als Dotiergas verwendet. Diethylzink und Selenwasserstoff werden dabei mit Wasserstoff als Trägergas in den Reaktor eingeleitet. Der Reaktor wurde bei einem Druck von 40 Torr gehalten, die Substrattemperatur wurde während des Schichtwachstums auf 350°C gehalten. Dabei wurde durch Variation des Ammoniak-Gasflusses und des Anteils des H2Se zu dem des Diethylzinks der Dotierungsgrad mit Stickstoff unterschiedlich eingestellt, vgl. S. L909, li. Sp., 1. Textabs. bis re. Sp., 3. Textabs.Sowohl die Messungen der elektrischen Eigenschaften als auch die Messungen der Emissionseigenschaften zeigen, dass Stickstoff Akzeptor-Niveaus im ZnSe bildet und somit eine p-Leitung verursacht, wobei jedoch bei maximaler Dotierung nur eine Ladungsträgerkonzentration von 1014 cm-3 erreicht wurde, die für die Herstellung von LED’s nicht ausreicht. Dabei wurde u. a. festgestellt, dass die Effizienz der Dotierung u. a. von der Temperatur und vom Gasfluss des Wasserstoff-Trägergases abhängt, indem diese mit höherem Wasserstoff-Gasfluss abnimmt, vgl. S. L909, re. Sp., le. Abs. bis S. L910, re. Sp., 2. Textabs. und S. L911, re. Sp., 2. Textabs. bis S. L912, li. Sp., 1. Textabs. i. V. m. mit dem Abstract.Die bei diesem Verfahren erreichte Ladungsträgerkonzentration von 1014 cm-3 ist jedoch so gering, dass keine gesicherte Aussage darüber möglich ist, ob hier überhaupt der Dotierstoff in einer Ungleichgewichtskonzentration oberhalb der Löslichkeit im ZnSe eingebracht wird. Gemäß den Angaben in der Druckschrift D3 (vgl. Tabelle 1) liegt die Löslichkeit von Dotierstoffen in ZnSe bei 800 K (also 527°C) immerhin noch bei 1 x 1016 cm-3. Auch wenn man für die Prozesstemperatur von 350°C, die die Druckschrift D7 angibt, von einer entsprechend geringeren Löslichkeit in der Größenordnung von etwa 1015 cm-3 ausgeht und berücksichtigt, dass die Dotierstoffkonzentration stets größer als die durch sie erzeugte Ladungsträgerkonzentration ist, so bleibt doch offen, ob die oben genannte Ladungsträgerkonzentration durch eine Dotierstoffkonzentration oberhalb der Löslichkeit erreicht wird.Zudem spricht auch die Tatsache, dass die Effizienz der Dotierung mit Stickstoff mit höherem Wasserstoff-Gasfluss abnimmt, nicht dafür, dass Wasserstoff die Rolle eines Hilfsstoffs für die Erhöhung des Dotierungsgrades übernimmt. Im Gegenteil führen die Autoren der Druckschrift die Verringerung der Effizienz der Dotierung auf eine Abnahme des NH3 - Zerfalls an der Substratoberfläche bei erhöhtem Wasserstoff-Trägergas-Fluss und einen daraus resultierenden verringerten Stickstoff-Einbau in die Schicht zurück, vgl. S. L910, re. Sp., 2. Textabs.6.2 Auch beim Nacharbeiten der Lehre der Druckschrift D8 offenbart sich dem Fachmann nicht zwangsläufig die Lehre des Streitpatents.Die Druckschrift D8 offenbart ein Verfahren zur Herstellung von p-dotiertem Galliumarsenid (GaAs) im Rahmen eines MOVPE-Verfahrens, bei dem Trimethylgallium (Ga(CH3)3, TMG) und Arsin (AsH3) als Quellenmaterialien für die Erzeugung der GaAs-Schicht und Diethylberyllium (C4H10Be) als Quellenmaterial für die Beryllium-Dotierung der Schicht verwendet werden, wobei Wasserstoff als Trägergas für das Trimethylgallium und das Diethylberyllium eingesetzt wird. Die Schichten werden unter Atmosphärendruck bei 700°C hergestellt; zu Vergleichszwecken werden auch Temperaturen von 650°C und 750°C verwendet. Die bei der Dotierung erreichte Ladungsträgerkonzentration (p-Leitung) liegt zwischen 1015 cm-3 und 1020 cm-3, vgl. das Abstract sowie S. 32, re. Sp., le. Textabs. bis S. 33, li. Sp., 1. Textabs. i. V. m. S. 34, re. Sp., 1. Textabs.Bei den Messungen der elektrischen Eigenschaften wurde festgestellt, dass die Ladungsträgerkonzentration überproportional mit dem Gasfluss des Wasserstoff-Trägergases anwächst. Die Druckschrift nennt zwei mögliche Ursachen für das steile Anwachsen: Zum Einen werden hierfür Probleme mit einem der bei den Versuchen verwendeten Massflow-Controller genannt, der möglicherweise nicht korrekt gearbeitet hat. Zum Anderen diskutieren die Autoren, dass dieser Effekt durch die Kompensation der Akzeptor-Dotierung durch Donator-Atome verursacht wird. Bei daraufhin durchgeführten SIMS-Messungen wurde Silizium als Hauptverunreinigung festgestellt, vgl. S. 33, li. Sp., le. Textabs. bis S. 35, li. Sp., 2. Textabs. Zudem deuten verschiedene Resultate daraufhin, dass der Bubbler zum Einbringen des Diethylberyllium in den Reaktor nicht reproduzierbar funktioniert hat bzw. dass dessen Spül- und Betriebszeit nicht verstandene Effekte auf die Dotierung ausgeübt hat, vgl. S. 33, re. Sp., le. Textabs. bis S. 34, li. Sp., 1. Textabs.Schon angesichts dieser Unsicherheiten stellt sich die Frage, welche verlässlichen Rückschlüsse der Fachmann hinsichtlich der erzielten Ergebnisse überhaupt aus der Druckschrift D8 ziehen kann.Darüber hinaus liegen die bei den Herstellungstemperaturen zwischen 650°C und 750°C erreichten Ladungsträgerkonzentrationen (zwischen 1015 cm-3 und 1020 cm-3) zumindest teilweise so weit unterhalb oder nahe der Löslichkeit, die die Druckschrift D3 für Dotierstoffe in GaAs angibt (vgl. dort vor allem Tabelle 1), dass auch hier keine gesicherte Aussage über den Einbau eines Dotierstoffes in einer Ungleichgewichtskonzentration möglich ist.Abgesehen davon gibt die Druckschrift D8 auch keine Anweisung zu einem Prozessschritt, aus der sich eine selektive Entfernung ggfs. eingebauten Wasserstoffs aus dem Kristall ergibt. Hierzu wäre bspw. eine Temperung bei ausreichend hoher Temperatur unter einer wasserstofffreien Atmosphäre nötig. In der Druckschrift D8 ist jedoch kein entsprechender Prozessschritt erwähnt.Angesichts dessen offenbart sich dem Fachmann beim Nacharbeiten der Anweisungen der Druckschrift D8 nicht zwangsläufig die Lehre des Streitpatents.7. Im Hinblick auf die Darlegungen der Beklagten zu der im Urteil des Bundespatentgerichts vom 24. November 2011 gewürdigten Druckschrift D1 weist der Senat ergänzend zu den Darlegungen in diesem Urteil auf Folgendes hin:

107

Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten entnimmt der Fachmann nach Auffassung des Senats dieser Druckschrift auch das Merkmal 3, wonach eine Ungleichgewichtskonzentration des weniger beweglichen Dotierstoffes im Abschnitt des Kristalls hinterlassen wird, d. h. dass im Fall der Druckschrift D1 die mit Erbium und Lithium kooptierten Zote (Er, Li) - Kristalle nach dem Entfernen des Lithiums eine oberhalb der Löslichkeit liegende Ungleichgewichtskonzentration des Erbiums im Kristall hinterlassen wird.

108

Die von der Beklagten zur Stützung ihrer Argumentation herangezogene Textstelle auf S. 570, li. Sp., le. Textabs. bis re. Sp., 1. Abs. bezieht sich lediglich auf diejenigen Kristalle, an denen zwei der drei Wärmebehandlungen durchgeführt wurden, nämlich diejenigen, die zum Entfernen des Lithiums von den elektrisch aktiven Gitterplätzen (vacuum annealing at 250°C for 8 d to remove Li from electrically active sites) und die zum Erhöhen der Anzahl von Lithium auf solchen Gitterplätzen (brief firings at 850°C in Zn vapor to increase the number of Li atoms in electrically active sites) durchgeführt wurden (ZnTe (Er, Li) as grown exhibited room-temperature hole concentrations of about 1x1017 cm-3. The electrical properties of these crystals were quite similar to those observed for ZnTe (Li) crystals prepared with the same amount of Li (0,1 mole %) in the growth melt. In addition, the changes in the electrical properties of ZnTe (Er, Li) due to various thermal treatments were quite similar to those observed for ZnTe (Li) given comparable treatments - vacuum annealing at 250°C for 8 d to remove Li from electrically active sites and brief firings at 850°C in Zn vapor to increase the number of Li atoms in electrically active sites.). Diese Textpassage bezieht sich jedoch nicht auf die dritte der Wärmebehandlungen, bei der Lithium durch ein Tempern in einem Bad aus flüssigem Zink bei 850°C für 2 bis 4 Stunden aus dem Kristall entfernt wurde, wie sie auf S. 569, li. Sp. im Absatz „III. Experimental” neben den beiden zuvor genannten Methoden des „zinc firing” und des “vacuum annealing” genannt und als „zinc extracted” bezeichnet wird (crystals given similar treatment (gemeint ist das in dieser Textpassage kurz zuvor genannte Tempern bei 850°C für 2 bis 4 Stunden) in a bath of liquid Zn will be referred to as „zinc extracted”).Insofern gelten die Aussagen im Text auf S. 570, li. Sp., le. Textabs. bis re. Sp., 1. Abs., wonach die kodotierten ZnTe (Er, Li) - und die ZnTe (Li) - Kristalle ähnliche elektrische Eigenschaften aufweisen, wenn beide mit der gleichen Menge Lithium in der Schmelze hergestellt werden (ZnTe (Er, Li) as grown exhibited room-temperature hole concentrations of about 1x1017 cm-3. The electrical properties of these crystals were quite similar to those observed for ZnTe (Li) crystals prepared with the same amount of Li (0,1 mole %) in the growth melt.) und dass die den Wärmebehandlungen des “vacuum annealing” und des “zinc firing” unterworfenen ZnTe (Er, Li) - Kristalle ähnliche Änderungen der elektrischen Eigenschaften wie die diesen Wärmehandlungen unterzogenen (ZnTe (Li) - Kristalle aufweisen, lediglich für Kristalle mit Wärmebehandlungen, bei denen das Lithium von elektrisch aktiven Gitterplätzen entfernt oder auf diesen angereichert wird, nicht jedoch auf Kristalle, aus denen Lithium extrahiert worden ist. Die Textstelle gibt dementsprechend nicht an, dass die elektrischen Eigenschaften eines zunächst mit Erbium und Lithium dotierten Kristalls nach der Extraktion von Lithium denen eines nur mit Lithium dotierten Kristalls ähneln, und kann daher nicht als Beleg dafür herangezogen werden, dass nach der Extraktion von Lithium Erbium nicht in einer Ungleichgewichtskonzentration im Kristall hinterlassen wird.Im Gegenteil entnimmt der Fachmann der Druckschrift D1, dass das durch das Kodotieren mit Lithium in einer Ungleichgewichtskonzentration oberhalb seiner Löslichkeit in Abwesenheit des Lithiums in den Kristall eingebrachte Erbium auch nach der Lithium-Extraktion in einer Ungleichgewichtskonzentration im Kristall verbleibt.Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass bei den EPR-Messungen an allein mit Erbium dotierten (d. h. ZnTe(Er) - ) Kristallen keine Erbium-Resonanzen detektiert werden konnten, da die Erbium-Konzentration bei „normaler“ Dotierung im Kristall zu niedrig ist, um detektierbare Messsignale zu erzeugen. Derartig dotierte Kristalle weisen einen hohen elektrischen Widerstand auf, da die durch das Erbium erzeugte Donatoren-Konzentration so niedrig ist, dass sie in etwa der Netto-Akzeptor-Konzentration in undotiertem ZnTe entspricht, womit sich die beiden Konzentrationen in etwa kompensieren, was das Problem der mangelnden n-Dotierbarkeit von ZnTe widerspiegelt (No detectable EPR signals were observed for samples of ZnTe(Er) either as grown or zinc fired. […] The ZnTe(Er) crystals as grown had resistivities at 300°K greater than 10 Ωcm and were photoconducting p type. These results are more typical of ZnTe that has been doped with donor-type species / S. 569, li. Sp., le. Textabs, bis re. Sp., 1. Textabs. // The electrical properties of ZnTe(Er) as grown indicate that Er is indeed acting as a donor species, since these samples are semi-insulating. The net acceptor concentration in as-grown undoped ZnTe is of the order of 1015 cm-3, and concentrations of rare-earth ions of this order of magnitude could produce high resistivity as-grown material, as observed. Upon zinc firing and rapid quenching, the behavior of ZnTe (Er) is quite similar to that of undoped ZnTe, with net acceptor concentrations of the order of 3 to 5 x 1016 cm-3 being observed. The amount of Er+3 soluble in ZnTe (Er) crystals is therefore most likely between 1015 and 1016 cm-3 / S. 573, li. Sp., Zeilen 10 bis 22).Bei einer Kodotierung des Donators Erbium zusammen mit den Akzeptoren Lithium oder Phosphor (ZnTe (Er, Li); ZnTe (Er, P)) können hingegen EPR-Signale für das Erbium detektiert werden, da Erbium in Gegenwart des kodotierten Lithiums oder Phosphors eine höhere Löslichkeit aufweist, wobei die Tatsache, dass der Donator-Dotierstoff (Erbium) bei Anwesenheit eines Akzeptordotierstoffs (Lithium) eine höhere Löslichkeit aufweist, die Autoren der Druckschrift D1 keineswegs überrascht, was bedeutet, dass dieser Effekt bekannt war. Dabei liegt die Löslichkeit für Erbium nach den Abschätzungen der Autoren der Druckschrift D1 in der Größenordnung von etwa 5 x 1017 cm-3, was die Gleichgewichts-Löslichkeit in allein mit Erbium dotiertem ZnTe signifikant übersteigt, die zwischen 1015 und 1016 cm-3 beträgt. Dabei ergeben sich die Löslichkeitswerte für Erbium in den ZnTe (Er, Li) - Kristallen im Bereich von etwa 1017 cm 3 nicht nur aus der Höhe der EPR-Signale, sondern auch daraus, dass die Donatorstoffkonzentration (also die des Erbiums) in den ZnTe (Er, Li) - Kristallen im Sinne des oben schon erläuterten Kompensationseffekts ähnlich hoch sein muss wie die Akzeptorstoffkonzentration (also die des Lithiums). Da Messungen der elektrischen Eigenschaften zeigen, dass die Löcherkonzentration bei ZnTe (Er, Li) - und bei ZnTe (Li) - Kristallen in etwa identisch ist und Werte von etwa 1017 cm-3 annimmt und somit die Akzeptorstoffkonzentration (Lithium) in beiden Kristallen in etwa in diesem Bereich liegt, muss auch die Donatorstoffkonzentration eine Größenordnung von 1017 cm-3 aufweisen (The absence of detectable resonances due to Er+3 in ZnTe (Er) samples implies that the Er+3 concentration which is soluble in the ZnTe lattice is considerably lower than that present in either ZnTe (Er, P) or ZnTe (Er, Li). The trivalent rare-earth ion, most likely to be found on either on a substitutional cation site or in an interstitial position, should act as a donor species in II-VI compounds […]. Increased solubility in acceptor-doped ZnTe is, therefore, not surprising / S. 573, li. Sp. Zeilen 1 bis 10 // From the strength of the EPR signal, the concentration of Er+3 in ZnTe (Er, Li) and in ZnTe (Er, P) samples is of the order of 1017 cm-3. If the trivalent rare-earth ion indeed exhibits donor activity, the fact that for either ZnTe (Er, P) or ZnTe (Er, Li) the electrical properties (hole concentration and Hall mobility between 77 and 300 °K) are quite similar to comparably doped ZnTe (P) or ZnTe (Li), respectively, implies that the concentration of Er+3 is of the order of 5 x 1017 cm -3 or less in these materials / S. 573, li. Sp., Zeilen 22 bis 32).Erst die durch die Kodotierung ermöglichte Anhebung der Erbium-Konzentration über seine „normale“ Löslichkeitsgrenze in ZnTe ermöglicht somit die genannten Untersuchungen mit Hilfe von EPR-Messungen. Da die Autoren bei diesen Messungen auch diejenigen ZnTe (Er, Li) - Kristalle untersucht haben, bei denen die Lithium - Akzeptoratome nach dem Kodotieren von den elektrisch aktiven Gitterplätzen entfernt oder aus dem Kristallgitter extrahiert wurden (Subsequent heat treatments of portions of these single crystals were conducted in sealed, evacuated […] quartz ampoules. […] If liquid extraction was desired, the sample was held under liquid Zn by a quartz finger. […] In the following discussion of experimental results, […] crystals given similar treatment in a bath of liquid Zn will be referred to as „zinc extracted“ / S. 569, li. Sp.,2. Textabs. „III.: Experimental“) und auch an den einer Lithium-Extraktionsbehandlung unterworfenen Kristallen EPR-Spektren messen konnten ( When the sample of ZnTe (Er, Li) was subjected to treatments which are known to remove Li from electrically active sites in ZnTe [annealing at 250°C for 8d (Ref. 12) or extracting Li with a bath of liquid Zn (Ref. 12), the only EPR spectra observed for Er+3 were the cubic spectrum with g=5.95 and a spectrum due to an excited state of Er+3 on this site of cubic symmetrie / S. 570, li. Sp., Zeilen 8 bis 15), bedeutet dies, dass die Erbium-Konzentration bei diesen Kristallen nach der Extraktion von Lithium nach wie vor über der Löslichkeitsgrenze liegt, so dass eine Ungleichgewichtskonzentration von Erbium im Kristall hinterlassen wird. Denn ansonsten dürften an den entsprechenden Kristallen wie bei den allein mit Erbium dotierten Kristallen keine aussagefähigen EPR-Signale detektierbar sein.Die Beklagten haben hierzu unter Hinweis auf das Dokument LR 14/II geltend gemacht, EPR-Messungen wie die von den Autoren der Druckschrift D1 durchgeführten ließen die oben dargelegten Rückschlüsse nicht zu, da die Signalintensitäten des EPR-Signals nicht nur von der Anzahl der ungepaarten Elektronen im jeweiligen Kristall bestimmt, sondern auch von zahlreichen apparativen Faktoren beeinflusst würden, so dass kaum Absolutmessungen, sondern vorwiegend nur Relativmessungen durchgeführt werden könnten, bei denen der zu messende Kristall mit einer Standardprobe verglichen werde. Dabei seien die Untersuchungen von Seltenerdmetallen besonders schwierig, vgl. LR 14/II, Abschnitte „Signalintensitäten” und „Anwendung in der anorganischen Chemie”.Diese Anmerkungen werden jedoch bereits im Dokument LR 14/II selbst relativiert. Dieses weist nämlich im einleitenden Abschnitt “Elektronenspinresonanz-Spektroskopie” auf S. 1 und S. 2 darauf hin, dass mit dieser Untersuchungsmethode solche Substanzen untersucht werden, die ungepaarte Elektronen enthalten, also bspw. Atome oder Ionen mit nicht aufgefüllten inneren Elektronenschalen (wie dies charakteristisch für die Seltenerdmetalle ist). Dabei wird im weiteren Abschnitt ”Nachweis und quantitative Bestimmung von Radikalen” auf S. 4 dieses Dokuments darauf hingewiesen, dass sich EPR-Messungen aufgrund der Proportionalität zwischen der Signalintensität und der Anzahl dieser ungepaarten Elektronen (d. h. der Zahl der Atome mit solchen Elektronen) zu quantitativen (d. h. mengenmäßigen) Bestimmungen paramagnetischer Substanzen verwenden lassen, wobei infolge des großen Nachweisvermögens auch geringste Konzentrationen nachgewiesen werden können. Im folgenden Abschnitt „Anwendung in der anorganischen Chemie” wird explizit auf die Untersuchung von Ionen der Seltenerdmetalle mit ihren ungepaarten D- und f-Elektronen hingewiesen, wobei u. a. die Untersuchung von Valenzzuständen von Fremdatomen in Halbleitern als Anwendungsgebiet genannt wird. Das Dokument LR 14/II selbst weist also darauf hin, dass sich aus EPR-Messungen - bei allen Schwierigkeiten dieser Messmethode - belastbare Aussagen, bspw. solche über Fremdatome in Halbleitern, ableiten lassen. Insofern gibt dieses Dokument keinen Anlass für Zweifel an der Richtigkeit der Darlegungen der Autoren der Druckschrift D1 und der vom Senat daraus gezogenen Rückschlüsse im Hinblick auf das Verbleiben einer Ungleichgewichtskonzentration von Erbium im Kristall (um mehr geht es hier nicht).

109

Auch das von der Beklagten vorgetragene Argument, bei den allein mit Erbium dotierten ZnTe-Kristallen sei das eingebrachte Erbium nicht detektierbar, da es wegen seines Einbaus in das Kristallgefüge als Signalträger für EPR-Signale nicht zur Verfügung stehe, ist nicht stichhaltig. Wie die Druckschrift LR 14/II belegt, geht das EPR-Signal auf die ungepaarten Elektronen der inneren Elektronenschalen der Seltenerdmetalle zurück, deren magnetisches Moment in einem äußeren Magnetfeld in zwei Energiezustände aufgespalten wird. Die Detektion dieser Energiezustände erfolgt, indem der Kristall mit dem in diesen eingebrachten Seltenerdmetall einem hochfrequenten elektromagnetischen Wechselfeld ausgesetzt und die Energieabsorption in Abhängigkeit von der Frequenz des Wechselfeldes mit einem Detektor ermittelt wird, also ein Spektrum aufgenommen wird. Dabei beeinflusst die Kristallumgebung des Seltenerdelements zwar den Verlauf des EPR-Spektrums, jedoch weder das Auftreten der Signale an sich noch ihre Intensität derart, dass diese mangels ausreichender Intensität nicht mehr detektierbar wären. Dementsprechend haben die Autoren der Druckschrift D1 darauf hingewiesen, dass die mangelnde Detektierbarkeit von Er+3 - EPR-Signalen bei allein mit Erbium dotierten ZnTe-Kristallen auf die zu geringe Konzentration des Erbiums in diesen Kristallen zurückzuführen ist, vgl. S. 573, li. Sp., 1. Abs., 1. Satz.

110

Insofern hält der Senat an seinen Darlegungen zur Druckschrift D1 aus dem Urteil vom 24. November 2011 fest, wonach der Fachmann beim Nacharbeiten der in der D1 zur Herstellung einer Lithium-Extraktion unterworfenen ZnTe (Er, Li) - Kristalle beschriebenen Verfahrensweise zwangsläufig zu einem Verfahren zum Ungleichgewichtseinbau eines Dotierstoffes in einem Kristall eines Halbleiters mit großer Bandlücke mit allen Merkmalen des Verfahrens nach dem erteilten Anspruch1 gelangt.

III.

111

Die Kostenentscheidung basiert auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

IV.

112

Gegen dieses Urteil kann das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 110 PatG eingelegt werden.

113

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils - spätestens nach Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung - durch einen in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt schriftlich zum Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzulegen.

114

Die Berufungsschrift muss

115

-  die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet ist, sowie

116

-  die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde,

117

enthalten. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

118

Auf die Möglichkeit, die Berufung nach § 125a PatG in Verbindung mit § 2 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) auf elektronischem Weg zum Bundesgerichtshof einzulegen, wird hingewiesen (s. www. bundesgerichtshof.de/erv.html)