Entscheidungsdatum: 31.05.2012
In der Patentnichtigkeitssache
betreffend das deutsche Patent 40 18 566
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 31. Mai 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Sredl sowie der Richter Merzbach, Dr.-Ing. Fritze, Dipl.-Ing. Univ. Rothe und Dipl.-Ing. Univ. Hubert
für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte, der bis zum 30. Juni 2011 als Angestellter in Diensten der Klägerin stand, war eingetragener Inhaber des durch Zeitablauf erloschenen deutschen Patents 40 18 566 (Streitpatent), das am 9. Juni 1990 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet wurde und die Bezeichnung: "Verfahren zur Formänderung von vergütungs-, einsatz- oder ausscheidungshärtenden Werkstoffen" trägt. Es umfasste in der erteilten Fassung 6 Patentansprüche, von denen die Patentansprüche 2 bis 5 jeweils mittelbar oder unmittelbar auf Patentanspruch 1 zurückbezogen waren.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin nahm das vom Beklagten und zwei weiteren Miterfindern mit Schreiben vom 3. Mai 1990 (Anlage B2, Bl. 51) als Diensterfindung gemeldete Verfahren zunächst als Arbeitnehmererfindung unbeschränkt in Anspruch. Nach erfolgter Patentanmeldung übertrug sie jedoch das Streitpatent auf Basis eines Übertragungsangebots vom 27. Januar 1992 (Anlage B3, Bl. 52) dem Beklagten sowie dem Miterfinder V… unter dem Vorbehalt eines nicht ausschließlichen Nutzungsrechts gegen angemessene Vergütung zurück. Die entsprechende Umschreibung erfolgte am 24. März 1995 (Anlage B4, Bl. 53).
Am 4./13. April 1995 schloss die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit dem Beklagten und dem Miterfinder V… eine Vereinbarung (Anlage B5, Bl. 54), mittels welcher die Erfinder und Patentinhaber ihr ein nicht ausschließliches Nutzungsrecht an der Erfindung einräumten. Vereinbart wurde, dass beide Erfinder als freie Erfinder mit einem Lizenzsatz von 1,3 % zu vergüten sind.
In der Folgezeit zahlte die Rechtsvorgängerin den Patentinhabern für die Nutzung der dem Patent zugrunde liegenden Erfindung in den Zeiträumen von Dezember 1987 bis April 1993 bei der Fertigung von Patriotrohren und von Juni 1989 bis November 1991 bei der Bearbeitung von Zylindern des Ariane-5-Boostergehäuses insgesamt eine Vergütung in Höhe von … DM (Schreiben vom 19. April 1995 und 29. Juni 1995, Anl. B7 und B8, Bl. 56 u. 57).
Die Patenterteilung wurde am 24. April 1997 veröffentlicht. Der Miterfinder V… verzichtete mit Erklärung vom 11.06.2004 (Anlage B6, Bl. 55) auf seine Rechte an dem Patent, so dass der Beklagte ab diesem Zeitpunkt bis zum Ablauf des Schutzrechts Alleininhaber des angegriffenen Patents war.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob bzw. in welchem Umfang es auch in der Zeit danach zu einer Nutzung der dem Patent zugrunde liegenden Erfindung durch die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin bei der Fertigung von Zylindern des Boostergehäuses der Ariane 5 kam sowie weiterhin, wann der Beklagte von dem zur Vergütung der Booster-Zylinder tatsächlich verwendeten Verfahren Kenntnis erhalten hat. Mit Schreiben vom 5. August 2010 (Anlage B9, Bl. 58) übersandte die Klägerin dem Beklagten eine Berechnung für eine weitere Erfindervergütung, wobei ausweislich des Schreibens der Klägerin vom 16. September 2010 (Anlage B10, Bl. 59) die Vereinbarung vom 4./13. April 1995 nicht berücksichtigt wurde.
Die Klägerin hat mit der beim Bundespatentgericht am 20. Dezember 2010 eingegangenen Nichtigkeitsklage das Streitpatent im Umfang aller Ansprüche angegriffen. Sie macht geltend, dass die Gegenstände der erteilten Ansprüche nicht ausführbar und gegenüber dem druckschriftlich belegten Stand der Technik nicht patentfähig seien, zudem die Gegenstände der erteilten Patentansprüche über den Inhalt der Anmeldung hinausgingen.
Dass der Gegenstand des Streitpatents bereits zum Zeitpunkt der Erfindungsmeldung Stand der Technik gewesen sei, ergebe sich vor allem auch daraus, dass ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Schreiben vom 19. April 1995 und 29. Juni 1995 (Anl. B7 und B8, Bl. 56 u. 57) das Verfahren bereits in den Zeiträumen von Dezember 1987 bis April 1993 bei der Fertigung von Patriotrohren und von Juni 1989 bis November 1991 bei der Bearbeitung von Zylindern des Ariane-5-Boostergehäuses und damit Jahre vor der Erfindungsmeldung zur Anwendung gekommen sei. Da Patriotrohre und Booster vor der Erfindungsmeldung und insbesondere vor der Patentanmeldung an Kunden der Rechtsvorgängerin der Klägerin ausgeliefert worden seien, sei aufgrund der dazu erforderlichen Qualifizierung auch das angewendete Vergütungsverfahren bekannt geworden.
Die Klägerin beantragt,
das deutsche Patent DE 40 18 566 in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Seiner Auffassung nach ist die Klage bereits unzulässig. Aufgrund des Zeitablaufs des Patents bedürfe es eines besonderen Rechtschutzinteresses der Klägerin für eine Nichtigkeitsklage. Daran fehle es, da eine rückwirkende Vernichtung des Streitpatents keinen Einfluss auf die sich aus dem Nutzungsrecht der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin sowie der Vereinbarung vom 4./13. April 1995 ergebenden Vergütungsansprüche des Beklagten wegen Nutzung der dem Patent zugrunde liegenden Erfindung in den vergangenen Jahren durch die Klägerin - von der er erst im April 2009 anlässlich einer von ihm gehaltenen Führung ehemaliger Kollegen durch die Werke der Klägerin erfahren habe - hätte. Zwischen den Parteien sei dementsprechend auch nur noch die Höhe der Vergütung, nicht jedoch eine Zahlungspflicht dem Grunde nach streitig. Vor diesem Hintergrund sei die Klage auch unter dem Gesichtspunkt einer zumindest stillschweigend vereinbarten Nichtangriffspflicht bzw. einer unzulässigen Rechtsausübung unzulässig.
Die Klägerin ist demgegenüber der Auffassung, dass ihr ein Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigkeitsklage nicht abgesprochen werden könne. Zwar habe sie zu keinem Zeitpunkt das Streitpatent des Beklagten verletzt. Auch sei der Beklagte stets über die Entwicklungen zur Wärmebehandlung bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin aus seiner beruflichen Stellung heraus informiert gewesen. Es treffe daher nicht zu, das der Beklagte erst im April 2009 von dem zur Vergütung der Booster-Zylinder tatsächlich verwendeten Verfahren Kenntnis erhalten habe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Beklagte absichtlich das Ende der Laufzeit seines Patents abgewartet habe, um größtmöglichen Gewinn für sich abzuschöpfen, so dass aufgrund dieses treuwidrigen Verhaltens des Beklagten evtl. bestehende (Vergütungs-)Ansprüche gegenüber der Klägerin verwirkt seien.
Jedoch müsse die Klägerin eine entsprechende Forderungsklage des Beklagten befürchten. Die Nichtigkeitsklage sei daher zur Abwehr solcher vermeintlichen Ansprüche notwendig, da im Falle der Nichtigerklärung des Streitpatents Vergütungsansprüche des Beklagten grundsätzlich ausgeschlossen seien. Ein Arbeitgeber, der eine Erfindung des Arbeitnehmers in Anspruch genommen und ein Patent auf sie erwirkt habe, verstoße dabei auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn er gegen das an den Arbeitnehmer - wie vorliegend - zurückgewährte Patent die Nichtigkeitsklage erhebe, um dem Anspruch auf Erfindervergütung entgegenzutreten.
Die Klägerin hat weiterhin erklärt, dass sie vorsorglich auf das bei der Freigabe der Patentanmeldung beanspruchte einfache Nutzungsrecht gemäß § 16 Abs. 3 ArbEG rückwirkend verzichte.
Im Anschluss an einen gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG vom 14. Februar 2012 erklärten beide Parteien übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
Die Klage ist unzulässig und daher abzuweisen.
I.
Die auf den Mangel der Patentfähigkeit gestützte Nichtigkeitsklage kann grundsätzlich von jedermann erhoben werden, weil die förmliche Nichtigerklärung eines Patents, dem keine Schutzwürdigkeit zukommt, für sich schon im öffentlichen Interesse liegt und damit die Nichtigkeitsklage statthaft macht (BGH GRUR 1963, 253 BGH GRUR 1963, 253 Bürovorsteher). Nach ständiger Rechtsprechung und BGH GRUR 1963, 253 Bürovorsteher). Nach ständiger Rechtsprechung und allgemeiner Meinung im Schrifttum muss im Patentnichtigkeitsverfahren ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich nicht nachgewiesen werden (BGH, GRUR 1998, 904 = NJWE-WettbR 1999, 33 - Bürstenstromabnehmer).
Das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung eines zu Unrecht erteilten, nicht schutzfähigen Patents auf dessen Vernichtung bzw. Löschung besteht nur solange, als das Recht noch wirksam und in Kraft ist. Ist es hingegen - insbesondere wie hier wegen Ablaufs der Schutzdauer - entfallen, kann es allenfalls noch Rechte einzelner betreffen. Hier kann ein Angriff auf das Schutzrecht daher mit Allgemeininteressen nicht mehr gerechtfertigt werden. Wenn das Patent daher durch Zeitablauf (§ 16 PatG) oder aus sonstigen Gründen (vgl. § 20 PatG) bereits erloschen ist, bedarf es eines besonderen eigenen Rechtsschutzinteresses des Nichtigkeitsklägers (BGH GRUR 1974, 146, 147 - Schraubennahtrohr;http://www.juris.de/jportal/portal/t/61q/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=35&numberofresults=53&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE101868411&doc.part=K&doc.price=0.0 - focuspoint GRUR 1982, 355-357 Bauwerksentfeuchtung).
Dem Rechtsschutzinteresse für eine Nichtigkeitsklage gegen ein bereits erloschenes Patent ist dabei regelmäßig bereits genügt, wenn der Kläger dartut, dass sich der Ausgang des Nichtigkeitsverfahrens auf seine Rechte auswirken kann und die Durchführung des Nichtigkeitsverfahrens der Wahrung seiner Rechte dient (BGH GRUR 1974, 146, 147 - Schraubennahtrohr). Dies ist vorliegend jedoch auch bei Berücksichtigung des Grundsatzes, dass Rechtsschutz großzügig zu gewähren ist und nicht an strengen Anforderungen und kleinlicher Prüfung der Frage, ob ein Rechtsschutzbedürfnis vorliegt, scheitern soll, (vgl. GRUR 1982, 355-357 Bauwerksentfeuchtung) jedoch nicht der Fall.
Offen bleiben kann dabei, ob die Klägerin bereits aufgrund ihres vorbehaltenen nichtausschließlichen Benutzungsrechts nach § 16 Abs. 3 ArbEG und der darauf sich gründenden Vereinbarung der Parteien vom 4./13. April 1995 grundsätzlich daran gehindert war, das Streitpatent mit einer Nichtigkeitsklage anzugreifen (offen gelassen in BGH GRUR 1990, 667, 668 zu 2 d) - Einbettungsmasse; gegen eine Zulässigkeit BPatG GRUR 1991, 755 - Tiegelofen; vgl. auch Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., § 22 Rdnr. 46).
Denn an einem Rechtsschutzbedürfnis für eine gegen das Streitpatent gerichtete Nichtigkeitsklage fehlt es jedenfalls deshalb, weil das Streitpatent zwischenzeitlich erloschen ist, Ansprüche aus ihm daher für die Zukunft nicht mehr hergeleitet werden können und die Rechtsbeständigkeit entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht mehr als Vorfrage für das Bestehen etwaiger Vergütungsansprüche des Beklagten aufgrund einer Nutzung des Streitpatents durch die Klägerin in der Vergangenheit erheblich ist.
Maßgebend dafür sind nach Auffassung des Senats folgende Erwägungen:
Der Arbeitgeber hat bezüglich einer Diensterfindung eine mehrfache Wahlmöglichkeit. Er kann sie unbeschränkt oder beschränkt in Anspruch nehmen (§ 6 Abs. 1 ArbEG); er kann aber auch von einer Inanspruchnahme der Erfindung absehen, diese freigeben (§ 8 ArbEG) oder - wie vorliegend - das Schutzrecht oder die Schutzrechtsanmeldung aufgeben, diese(s) auf Verlangen dem Arbeitnehmer übertragen und sich ein nichtausschließliches Recht zur Benutzung der Diensterfindung gegen angemessene Vergütung vorbehalten (§ 16 Abs. 1, Abs. 3 ArbEG). Das gilt auch in Bezug auf Erfindungen, deren Schutzfähigkeit zweifelhaft ist. Jede Art der Inanspruchnahme lässt den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmererfinders entstehen, ohne dass sich der Arbeitgeber mit Erfolg auf die mangelnde Schutzfähigkeit der Erfindung berufen kann (vgl. für die beschränkte Inanspruchnahme § 10 Abs. 2 ArbEG; für die unbeschränkte BGH GRUR 1963, 135 - Cromegal und 1971, 475 - Gleichrichter; GRUR 1988, 123, 124 - Vinylpolymerisate m. w. N.). Hinsichtlich der Vergütung kommt die Freigabe einer Diensterfindung unter dem Vorbehalt eines nicht ausschließlichen Benutzungsrechts einer beschränkten Inanspruchnahme gleich (vgl. BGH GRUR 1963, 135, 138 - Cromegal) und entspricht ihrem Inhalt nach letztlich einer einfachen Lizenz (vgl. Reimer/Schade/Schippel, Das Recht der Arbeitnehmererfindung 8. Aufl., Rdn. 23 zu § 16). Erst wenn sich aufgrund einer Entscheidung des Patentamts oder eines Gerichts die Schutzunfähigkeit herausstellt, entfällt der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers für die Zukunft (BGH GRUR 1987, 900, 902 - Entwässerungsanlage - m. w. N.; für den (einfachen) Lizenzvertrag BGH GRUR 1983, 237 - Brückenlegepanzer). Der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers bleibt daher grundsätzlich bis zur Nichtigerklärung oder bis zum Widerruf des Patents oder bis zur rechtskräftigen Zurückweisung der Anmeldung erhalten.
Eine Ausnahme erfährt dieser Grundsatz nur dann, wenn das Schutzrecht, weil offenbar oder wahrscheinlich vernichtbar, von den Konkurrenten des Patentinhabers nicht mehr beachtet und respektiert wird und dadurch die aufgrund des Ausschließungsrechts gegenüber den Mitbewerbern erlangte Vorzugsstellung verlorengeht (vgl. BGH GRUR 1988, 123, 124 - Vinylpolymerisate). In diesem Fall entfällt der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmererfinders bereits mit dem tatsächlichen Verlust der durch das Schutzrecht begründet gewesenen Vorzugsstellung. In diesem Fall besteht daher auch ein Rechtschutzinteresse des Arbeitgebers an einer Nichtigerklärung des Streitpatents, da diese den Nachweis ermöglicht, dass das Streitpatent vernichtbar war (vgl. BGH GRUR 1982, 255, 356 - Bauwerksentfeuchtung).
Ausgehend davon hängt vorliegend die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang dem Beklagten aus einer eventuellen Nutzung des Streitpatents durch die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin ein (weiterer) Vergütungsanspruch erwachsen ist, nicht mehr davon ab, ob das Patent schutzunfähig war. Eine Nichtigerklärung des Streitpatents bis zu dessen Zeitablauf ist nicht erfolgt. Die Klägerin hat bis zum Ablauf des Streitpatents auch keine Nichtigkeitsklage erhoben.
Die Klägerin bleibt daher aufgrund ihres vorbehaltenen nichtausschließlichen Rechts zur Benutzung der Diensterfindung nach § 16 Abs. 3 ArbEG, welches die Parteien in der Vereinbarung vom 4./13. April 1995 z. B. in Bezug auf die Höhe der Vergütung näher, d. h. in einer lizenzvertragähnlichen Weise individualvertraglich ausgestaltet haben, dem Grunde nach zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet, auch wenn sich herausstellen sollte, dass das Streitpatent von Anfang an (ex tunc) z. B. mangels Patentfähigkeit bzw. aufgrund unzulässiger Erweiterung gegenüber der ursprünglichen Offenbarung schutzunfähig gewesen wäre.
Daran ändert auch nichts der seitens der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2011 und damit nach Ablauf der Schutzdauer des Streitpatents "rückwirkend” erklärte Verzicht auf ihr nichtausschließliches Nutzungsrecht. Denn ein Verzicht wirkt sich allenfalls in Bezug auf künftige, nach Wirksamwerden der Verzichtserklärung entstehende (Schadensersatz-)Forderungen aus einer möglichen unberechtigten Nutzung des Streitpatents aus, von denen der Arbeitgeber dann grundsätzlich befreit wäre, falls sich die Nichtigkeit des Streitpatents herausstellen sollte (vgl. BGH, GRUR 1981, 516 - Klappleitwerk). Während der Laufzeit des Patents hat die Klägerin jedoch nicht auf ihr Benutzungsrecht verzichtet. Hingegen wirkt sich ein erst nach Ablauf des Streitpatents erklärter Verzicht nicht auf vorliegend allein in Betracht kommende mögliche, in der Vergangenheit begründete Vergütungsforderungen des Patentinhabers aufgrund des dem Arbeitgeber nach § 16 Abs. 3 ArbEG vorbehaltenen Nutzungsrechts aus. Einer durch solchen Rechtsverzicht angestrebten Vergütungsfreiheit steht auch der sich aus § 10 Abs. 2 ArbEG ergebende Rechtsgedanke entgegen, wonach die Vergütungspflicht bis zur rechtsbeständigen Entscheidung über die Schutzfähigkeit fortbesteht (vgl. Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindergesetz, 4. Aufl., § 8 Rdnr. 9).
Dass die Nichtigkeit des Patents offenbar war, d. h. mit Rücksicht auf seine Nichtigkeit von den an seiner Benutzung Interessierten, insbesondere Wettbewerbern der Klägerin, nicht respektiert wurde (vgl. BGH GRUR 1992, 355, 356 - Bauwerksentfeuchtung), ist nicht ersichtlich. Allein der Vortrag der Klägerin zur Herstellung und Auslieferung von Patriotrohren und Boostern erhebliche Zeit vor der Erfindungsmeldung sowie die Schreiben vom 19. April 1995 und 29. Juni 1995 (Anl. B7 und B8, Bl. 56 u. 57) erlauben dazu keine Rückschlüsse, zumal das Vorbringen der Klägerin sich in Bezug auf eine offenkundige Vorbenutzung in einer bloßen Vermutung erschöpft. Trotz eines entsprechenden Hinweises in der Verfügung des Gerichts gemäß § 83 Abs. 1 PatG vom 14. Februar 2012 hat die Klägerin auch nicht weiter zu einer offenbaren Nichtigkeit des Streitpatents vorgetragen. Dies geht zu ihren Lasten. Denn wenn die Nichtigerklärung des Patents nur dann die Rechtsstellung des Nichtigkeitsklägers berührt, wenn ein weiterer Tatbestand erfüllt ist (hier: Offenbarwerden der Nichtigkeit des Streitpatents), dann kann das Rechtsschutzinteresse nur dann bejaht werden, wenn der Kläger die weiter erforderlichen Tatsachen dartut und ggf. beweist (vgl. BGH GRUR 1982, 355-357 Tz. 14 - Bauwerksentfeuchtung).
Dass evtl. bereits geleistete Zahlungen ausdrücklich unter den Vorbehalt der Rechtsbeständigkeit des Streitpatents gestellt seien, so dass bei Nichtigerklärung des Streitpatents gezahlte Vergütungen vergleichbar der Rechtslage bei Schadenersatzansprüchen eventuell zurückgefordert werden könnten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt kein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung der Nichtigkeit des Streitpatents anerkannt werden kann.
Soweit sich die Klägerin weiterhin darauf beruft, dass der Beklagte stets von dem zur Vergütung der Booster-Zylinder tatsächlich verwendeten Verfahren Kenntnis gehabt habe, so dass davon auszugehen sei, dass er absichtlich das Ende der Laufzeit seines Patents abgewartet habe, um größtmöglichen Gewinn für sich abzuschöpfen, betrifft dies die Frage einer Verwirkung eines (dem Grunde nach bestehenden) Vergütungsanspruchs bzw. ob die Geltendmachung eines solches Anspruchs aufgrund treuwidrigen Verhaltens des Beklagten eine unzulässige Rechtsausübung darstellt. Die Frage einer Rechtsbeständigkeit des Streitpatents ist dafür ebenfalls nicht von Bedeutung.
Die Vergütungspflicht der Klägerin hängt daher einzig und allein davon ab, ob und ggf. in welchem Umfang sie das Streitpatent in der Vergangenheit genutzt hat, jedoch nicht davon, ob und inwieweit das Streitpatent rechtsbeständig war.
II.
Die Klage ist daher abzuweisen. Aufgrund des Einverständnisses der Parteien konnte der Senat über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch (End-)Urteil entscheiden (§§ 83 Abs. 2 Satz 1, 84 Abs. 1 PatG). Insoweit handelt es sich um ein instanzabschließendes Endurteil, nicht jedoch - wie die Parteien meinen - um ein Zwischenurteil, da dieses nur den Fall einer positiven Entscheidung zur Zulässigkeit der Klage erfasst (vgl. Schulte-Kühnen, Patentgesetz, 8. Auflage, § 84 Rdnr. 4).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.