Entscheidungsdatum: 21.11.2013
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. September 2012 - 6 Sa 138/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aus Anlass der Schließung der Beklagten.
Die Beklagte ist eine - in Abwicklung befindliche - sog. geöffnete Betriebskrankenkasse mit Hauptsitz in D. Sie beschäftigte zuletzt etwa 270 Arbeitnehmer.
Der 1971 geborene Kläger war bei ihr seit April 1999 als Sachbearbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der „Tarifvertrag BKK für Heilberufe“ Anwendung. Dieser enthält in § 32 Abs. 1 die Regelung, dass den Beschäftigten nach Vollendung des 40. Lebensjahres und einer zwanzigjährigen Beschäftigungszeit „nur aus einem in ihrer Person oder in ihrem Verhalten liegenden wichtigen Grund gekündigt werden“ kann.
Mit Bescheid vom 2. November 2011 ordnete das Bundesversicherungsamt die Schließung der Beklagten zum 31. Dezember 2011 an. Grund war deren Überschuldung und eine damit einhergehende dauernde Leistungsunfähigkeit.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien zunächst mit Schreiben vom 15. September 2011 zum 31. März 2012. In einem Teilvergleich einigten sich die Parteien darauf, dass diese Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat.
Mit Schreiben vom 16. November 2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein Arbeitsverhältnis werde mit Ablauf des 31. Dezember 2011 - des Tages der durch den Bescheid verfügten Schließung - sein Ende finden.
Mit Schreiben vom 18. November 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien „nur zur Vorsicht und hilfsweise … außerordentlich … zum 31.12.2011, äußerst hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt“.
Sie unterbreitete sämtlichen Arbeitnehmern mit Schreiben vom 23. November 2011 ein Angebot auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2012. Der Kläger nahm das Angebot nicht an.
Führungsmitarbeitern unterbreitete die Beklagte Beschäftigungsangebote mit längerer Befristungsdauer. Auch für Mitarbeiter unterhalb der Führungsebene bestand - zumindest in verringertem Umfang - Beschäftigungsbedarf über den 30. Juni 2012 hinaus. Mit einigen Beschäftigten verlängerte die Beklagte die befristeten Verträge bis zum 31. Dezember 2012.
Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Schließung und - rechtzeitig - gegen die Kündigungen vom 18. November 2011 gewandt. Er hat gemeint, sein Arbeitsverhältnis habe nicht kraft Gesetzes geendet. § 164 Abs. 4 SGB V gelte nur für die Dienstordnungsangestellten und Arbeitnehmer in ordentlich unkündbaren Arbeitsverhältnissen. Zu beiden Personengruppen zähle er nicht. Verstehe man die Vorschrift dahin, dass sie auch Arbeitnehmer in ordentlich kündbaren Arbeitsverhältnissen erfasse, sei sie ua. mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Die außerordentliche und die ordentliche Kündigung seien unwirksam. Die Schließung der Kasse habe nicht zur Stilllegung des Betriebs geführt. Die Beklagte habe über den Schließungszeitpunkt und den 30. Juni 2012 hinaus Abwicklungsarbeiten durchgeführt.
Der Kläger hat - soweit für die Revision von Belang - beantragt
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1. |
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht kraft Gesetzes zum 31. Dezember 2011 aufgelöst worden ist; |
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 18. November 2011 nicht aufgelöst worden ist; |
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3. |
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 18. November 2011 nicht aufgelöst worden ist. |
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, mit ihrer Schließung habe sie ihre Rechtspersönlichkeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts verloren. Sie sei damit als Arbeitgeberin „untergegangen“. Schon dies habe unmittelbar zur Beendigung sämtlicher Arbeitsverhältnisse geführt. Zumindest habe das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft gesetzlicher Anordnung nach § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V sein Ende gefunden. Da der Kläger wegen § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V nicht zu dem Kreis der von § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V erfassten Beschäftigten gehöre, habe er nicht „untergebracht" werden müssen. Sein Arbeitsverhältnis habe vielmehr ohne Weiteres geendet. Die Regelung sei verfassungskonform. Durch die unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern in einem ordentlich kündbaren Arbeitsverhältnis bei Innungskrankenkassen und bei Betriebskrankenkassen werde Art. 3 GG nicht verletzt. Die Unterscheidung sei nicht willkürlich. Die Sicherung eines funktionierenden gesetzlichen Gesundheitssystems stelle ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut dar. Das Interesse der Arbeitnehmer am Bestand ihrer Arbeitsverhältnisse müsse dahinter zurücktreten. Falls es darauf ankomme, seien die vorsorglich erklärten Kündigungen wirksam. Wegen der Schließung der Krankenkasse zum 31. Dezember 2011 sei ihr die Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse über diesen Zeitpunkt hinaus nicht zuzumuten gewesen. Der Beschäftigungsbedarf sei jedenfalls deshalb entfallen, weil die Schließung ihre Existenz als Arbeitsvertragspartner endgültig beendet habe.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete am 31. Dezember 2011 weder unmittelbar dadurch, dass mit der Schließung der Beklagten die Arbeitgeberin des Klägers erloschen wäre, noch von Gesetzes wegen gemäß § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V iVm. § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V. Es ist auch nicht durch die Kündigungen der Beklagten vom 18. November 2011 aufgelöst worden.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Die Zulässigkeit der Klage setzt die Parteifähigkeit des Beklagten voraus. Die Beklagte ist parteifähig.
a) Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist (§ 50 Abs. 1 ZPO). Betriebskrankenkassen wie die Beklagte sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 29 SGB IV, § 4 Abs. 1 und Abs. 2 SGB V). Sie sind damit - im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgaben (vgl. Krauskopf/Baier SGB IV
b) Danach ist hier die Parteifähigkeit der Beklagten jedenfalls zu fingieren. Die Parteien streiten über die Rechtsfolgen der Schließung der Beklagten für ihr Arbeitsverhältnis und über die Wirksamkeit der in diesem Zusammenhang ausgesprochenen Kündigungen. Diese Fragen können einer der materiellen Rechtskraft fähigen Entscheidung nur zugeführt werden, wenn die Beklagte unabhängig davon, ob und ggf. inwieweit sie gem. § 155 Abs. 1 Satz 2 SGB V weiterhin rechtsfähig ist, als parteifähig gilt.
2. Gegen die Zulässigkeit der Klageanträge bestehen keine Bedenken.
a) Der Antrag zu 1. ist nach dem im Ergebnis zutreffenden Verständnis des Landesarbeitsgerichts ein allgemeiner Feststellungsantrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. In der Sache hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten über den 31. Dezember 2011 hinaus fortbesteht. Ob auch ein punktueller, dem Kündigungsschutzantrag iSv. § 4 Satz 1 KSchG nachgebildeter Antrag zulässig wäre, bedarf keiner Entscheidung (verneinend BAG 10. November 2011 - 6 AZR 357/10 - Rn. 13, BAGE 139, 376; 28. November 2007 - 6 AZR 1108/06 - Rn. 15, BAGE 125, 70).
b) Das auf Seiten des Klägers erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben.
aa) Der Antrag betrifft den durch die Beklagte mit Verweis auf ihre Schließung in Frage gestellten Bestand des Arbeitsverhältnisses und damit das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO. Er ist geeignet, den zwischen den Parteien bestehenden Streit umfassend zu klären.
bb) Der Antrag ist auch nicht lediglich auf die Klärung einer Frage gerichtet, die im Rahmen der Begründetheit der ebenfalls gestellten Kündigungsschutzanträge als Vorfrage ohnehin beantwortet werden müsste; ein rechtliches Interesse an einem eigenständigen Feststellungsbegehren wäre andernfalls nicht zu erkennen. Zwar kann der Klageantrag zu 3. nur Erfolg haben, wenn das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bestanden hat. Dies wiederum kann positiv nur festgestellt werden, wenn das Arbeitsverhältnis nicht schon am 31. Dezember 2011 durch Schließung geendet hat; das ist folglich auch im Rahmen des Kündigungsschutzantrags zu prüfen. Jedoch hat der Kläger den allgemeinen Feststellungsantrag als Haupt-, die Kündigungsschutzanträge als unechte Hilfsanträge gestellt. In diesem Fall kann ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO für den Hauptantrag nicht mit der Erwägung verneint werden, der mit ihm angegriffene Auflösungstatbestand sei auch im Rahmen eines - möglicherweise gar nicht zu bescheidenden - Hilfsantrags zu überprüfen.
(1) Ein unechter Hilfsantrag wird gestellt für den Fall des Erfolgs des Hauptantrags. Die Rechtshängigkeit des Hilfsantrags ist demnach auflösend bedingt durch den Misserfolg des Hauptantrags (BAG 10. März 2009 - 1 ABR 93/07 - Rn. 50, BAGE 130, 1). Sie endet mit Bedingungseintritt rückwirkend, ohne dass es dafür eines besonderen gerichtlichen Ausspruchs bedürfte. Ein über den Hilfsantrag bereits ergangenes, noch nicht formell rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos (BAG 12. August 2008 - 9 AZR 620/07 - Rn. 15, BAGE 127, 214).
(2) Die Kündigungsschutzanträge zu 2. und 3. sind als unechte Hilfsanträge zu verstehen. Der Kläger will sich gegen die Kündigungen nur zur Wehr setzen, falls das Arbeitsverhältnis nicht schon durch die Schließung der Beklagten geendet hat. Eine solchermaßen - auflösend - bedingte Antragstellung entspricht bei mehreren, zu unterschiedlichen Beendigungszeitpunkten erklärten Kündigungen dem (Kosten-)Interesse des Kündigungsempfängers. Sie trägt überdies der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Rechnung, nach der die Sozialwidrigkeit bzw. Unwirksamkeit einer Kündigung dann nicht festgestellt werden kann, wenn die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines anderen - vor oder gleichzeitig mit Ablauf der Kündigungsfrist wirkenden - Beendigungstatbestands zwischen den Parteien unstreitig oder sie rechtskräftig festgestellt ist (vgl. BAG 11. Februar 1981 - 7 AZR 12/79 - zu B II 1 der Gründe). Gegen die Zulässigkeit eines entsprechend bedingten Antrags bestehen keine Bedenken. Bei der fraglichen Bedingung handelt es sich um eine rein innerprozessuale Rechtsbedingung. Unter eine solche Rechtsbedingung kann jeder Klageantrag gestellt werden. Da der Antrag iSv. § 158 Abs. 2 BGB auflösend - und nicht etwa aufschiebend - bedingt ist, vermag er, rechtzeitig gestellt, auch die Klagefrist des § 4 Abs. 1 KSchG ohne Weiteres zu wahren.
(3) Es kommt hinzu, dass die Beklagte ihrerseits die Kündigungen vom 18. November 2011 „nur zur Vorsicht und hilfsweise“ für den Fall erklärt hat, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht bereits aufgrund der Schließung zum 31. Dezember 2011 aufgelöst worden ist. Ihre Kündigungserklärungen stehen damit unter der - ebenfalls zulässigen - auflösenden Rechtsbedingung, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses schon kraft Gesetzes eingetreten ist (vgl. für den Fall zweier Kündigungen BAG 23. Mai 2012 - 2 AZR 54/12 - Rn. 44). Tritt diese Bedingung ein, liegt schon eine Kündigungserklärung als solche nicht mehr vor. Eine gleichwohl aufrecht erhaltene Kündigungsschutzklage ginge ins Leere und wäre unbegründet (vgl. BAG 16. Januar 1987 - 7 AZR 546/85 -).
II. Die Klage ist begründet.
1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht dadurch beendet worden, dass die Beklagte mit der vom Bundesversicherungsamt zum 31. Dezember 2011 verfügten Schließung ipso iure ihre Existenz verloren hätte.
a) Wird eine Betriebskrankenkasse gemäß § 153 SGB V geschlossen, verliert sie ihre rechtliche Existenz als Sozialversicherungsträger iSv. § 4 Abs. 1, Abs. 2 SGB V (vgl. Krauskopf/Baier SGB V
aa) Bereits der Wortlaut des § 155 Abs. 1 Satz 2 SGB V macht deutlich, dass die Schließung der Betriebskrankenkasse nicht ihren sofortigen Untergang als Rechtssubjekt zur Folge hat. Die Vorschrift geht ersichtlich davon aus, dass es nach der Schließung noch der Abwicklung der Kasse bedarf. Sie fingiert zu diesem Zweck den Fortbestand der juristischen Person und damit ihre Fähigkeit, in diesem auf die Abwicklung beschränkten Rahmen weiterhin Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Offenkundig geht der Gesetzgeber davon aus, dass derjenige Rechtsträger, der die Abwicklungsaufgaben wahrnimmt, mit dem ursprünglichen identisch ist. Andernfalls könnte von einem „Fortbestehen“ nicht die Rede sein (vgl. Rolfs GuP 2013, 8, 11; ders. NZA 2013, 529, 532; Krauskopf/Baier SGB V
bb) Auch aus dem Regelungszusammenhang ergibt sich, dass der Gesetzgeber von einer Kontinuität und Identität der juristischen Person ausgegangen ist. Gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 SGB V wickelt der bisherige Vorstand die Geschäfte ab. Er bleibt dabei bis zur vollständigen Abwicklung der Geschäfte im Amt. Die Aufsichtsbehörde bestellt gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 SGB V einen Abwicklungsvorstand nur, wenn der alte Vorstand nicht mehr tätig wird.
cc) Der Fortbestand der juristischen Person für die Dauer ihrer Abwicklung entspricht zudem Sinn und Zweck von § 155 SGB V. Die Vorschrift soll die geordnete Beendigung der bestehenden Rechtsbeziehungen und die Erfüllung offener Verbindlichkeiten ermöglichen (Hauck/Noftz/Engelhard SGB V Bd. 4
dd) Die Entstehungsgeschichte von § 155 SGB V belegt ebenfalls, dass die Betriebskrankenkasse als juristische Person erst nach ihrer vollständigen Abwicklung erlischt. Die Vorschrift wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz - GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477) eingeführt. § 155 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 SGB V entspricht der Vorgängerregelung in § 301 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 RVO (vgl. BT-Drucks. 11/2237 S. 211). Nach § 302 Abs. 1 RVO wiederum endeten die Vertragsverhältnisse der Angestellten, Ärzte und Zahnärzte drei, nach dem Einführungsgesetz zur RVO teilweise zwölf Monate nach Mitteilung der bevorstehenden Schließung, frühestens aber im Zeitpunkt der tatsächlichen Schließung der Betriebskrankenkasse. Dementsprechend konnte die Beendigung der Vertragsverhältnisse ggf. auch erst nach der Schließung eintreten. Sie sollten bis zum Zeitpunkt ihrer Beendigung nach normalen Grundsätzen abgewickelt werden (Kühne Krankenversicherung 2. Aufl. § 302 RVO Nr. 2; Stier-Somlo Komm. zur RVO Bd. 1 § 302 Nr. 1). Daraus folgt, dass jedenfalls der Gesetzgeber der RVO nicht davon ausgegangen ist, die Rechtspersönlichkeit einer Betriebskrankenkasse erlösche ipso iure im Zeitpunkt ihrer Schließung. Dafür, dass der Gesetzgeber des SGB V dies anders gesehen hätte, gibt es keinen Anhaltspunkt. Im Übrigen bliebe andernfalls unerklärlich, warum es einer Regelung wie der des § 164 Abs. 4 SGB V bedurfte.
ee) Auch der zum Vergleich herangezogenen Vorschrift des § 49 Abs. 2 BGB - an die sich der Gesetzgeber bei der Schaffung der Regelungen zur Abwicklung von Betriebskrankenkassen angelehnt hat (vgl. Peters in HandB KV Bd. 4
ff) Aus dem Umstand, dass das Amt des Datenschutzbeauftragten bei der Fusion von Krankenkassen endet (BAG 29. September 2010 - 10 AZR 588/09 - Rn 22 ff., BAGE 135, 327), folgt nichts anderes. Das Amtsende beruht auf den Besonderheiten des Datenschutzrechts und der Verpflichtung der aus der Fusion hervorgegangenen Krankenkasse, als „neue“ öffentliche Stelle einen Beauftragten für den Datenschutz schriftlich zu bestellen. Im Übrigen führt die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nicht etwa zu einer automatischen Beendigung der mit ihnen begründeten Rechtsverhältnisse. Gemäß § 144 Abs. 4 SGB V bestehen diese vielmehr mit der aus der Fusion hervorgegangenen Kasse fort (vgl. BAG 29. September 2010 - 10 AZR 588/09 - Rn. 25, BAGE 135, 327; BSG 2. Dezember 2004 - B 12 KR 23/04 R - zu 2 a der Gründe; jurisPK-SGB V/ Koch 2. Aufl.
b) Zur „Abwicklung der Geschäfte“ iSv. § 155 Abs. 1 Satz 2 SGB V gehört die „Versorgung“ des Personals einer iSv. § 173 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 SGB V geöffneten Betriebskrankenkasse (Hauck/Noftz/Engelhard SGB V Bd. 4
2. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete nicht gemäß § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V iVm. § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V mit dem Schließungstermin.
a) Nach § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V enden die Vertragsverhältnisse der Beschäftigten von Innungskrankenkassen, „die nicht nach § 164 Abs. 3 SGB V untergebracht werden“, mit dem Tag der Schließung der Kasse. Gemäß § 164 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind die Dienstordnungsangestellten verpflichtet, eine vom Landesverband der Innungskrankenkassen nachgewiesene dienstordnungsmäßige Stellung bei ihm oder einer anderen Innungskrankenkasse anzutreten, wenn die Stellung nicht in auffälligem Missverhältnis zu den Fähigkeiten der Angestellten steht. Den übrigen Beschäftigten ist nach § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V bei dem Landesverband der Innungskrankenkassen oder einer anderen Innungskrankenkasse eine Stellung anzubieten, die ihnen unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten und bisherigen Dienststellung zuzumuten ist. In § 164 Abs. 3 Satz 4 SGB V ist bestimmt, dass jede Innungskrankenkasse verpflichtet ist, entsprechend ihrem Anteil an der Zahl der Versicherten aller Innungskrankenkassen „dienstordnungsmäßige Stellungen“ nach Satz 1 nachzuweisen und „Anstellungen“ nach Satz 3 anzubieten. Die Regelungen des § 164 Abs. 2 bis 4 SGB V finden gemäß § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V auf Betriebskrankenkassen mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V „nur für Beschäftigte gilt, deren Arbeitsverhältnis nicht durch ordentliche Kündigung beendet werden kann“.
b) Die Auslegung der Bestimmungen ergibt, dass die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten von Betriebskrankenkassen, die - wie der Kläger - gemäß § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V keinen Anspruch auf Unterbringung nach § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V haben, nicht gemäß § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V enden.
aa) Der Wortlaut des § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V, „die Vertragsverhältnisse der Beschäftigten, die nicht nach Abs. 3 untergebracht werden“, endeten mit dem Tag der Auflösung oder Schließung der Kasse, ist dabei wenig ergiebig. Er lässt offen, ob nur die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten enden sollen, denen ein Angebot nach § 164 Abs. 3 SGB V erfolglos unterbreitet worden ist, oder auch die derjenigen, die ein solches Angebot nicht erhalten haben. Der Wortsinn gibt beides her (so auch Wolter FS Bepler S. 675, 677).
bb) Der systematische Zusammenhang der Absätze 3 und 4 des § 164 SGB V spricht aber dafür, dass eine Beendigung der Arbeitsverhältnisse aufgrund Gesetzes nur dann eintreten soll, wenn dem Beschäftigten zuvor eine zumutbare anderweitige Stellung erfolglos nach § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V angeboten wurde. Gemäß § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V enden nur die Vertragsverhältnisse derjenigen Beschäftigten, „die nicht nach Absatz 3 untergebracht werden“. § 164 Abs. 3 Satz 4 SGB V verpflichtet alle Kassen, entsprechend der Anzahl ihrer Versicherten „Anstellungen nach Satz 3 anzubieten“. Im Wortlaut des Gesetzes findet sich kein Anhaltspunkt für die Annahme, es könnten sich einzelne Kassen unter bestimmten Voraussetzungen weigern, Personal - übersteige dies auch ihren Bedarf - aufzunehmen (vgl. Bohlen-Schöning KrV 2011, 85, 87 mwN). Die Gesetzesbegründung spricht für das Gegenteil. Mit § 164 Abs. 3 Satz 4 SGB V sollte der Verteilungsmodus für Weiterbeschäftigungsangebote unter den Kassen geregelt werden. Wegen des zunehmenden Wettbewerbs auch zwischen Krankenkassen derselben Kassenart könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese über ein ausreichendes Selbstorganisationspotential verfügten, um den Beschäftigten einer behördlich geschlossenen Kasse Arbeitsplatzangebote in ausreichender Zahl zukommen zu lassen (BT-Drucks. 16/9559 S. 19). Der Gesetzgeber hat folglich die mögliche Überforderung einzelner Kassen durchaus erkannt und berücksichtigt (vgl. Becker/Kingreen/Mühlhausen SGB V 3. Aufl. § 164 Rn. 15; Klimpe-Auerbach SozSich 2011, 270, 272; jurisPK-SGB V/Koch 2. Aufl.
cc) Die Verweisungsnorm des § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V hebt diesen systematischen Zusammenhang zwischen den Absätzen 3 und 4 des § 164 SGB V auch für die ordentlich kündbaren Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten der Betriebskrankenkassen nicht auf. Sie ordnet zwar die entsprechende Geltung von § 164 Abs. 1 bis 4 SGB V für die Beschäftigten mit ordentlich kündbaren Arbeitsverhältnissen mit Ausnahme der Unterbringungspflicht nach § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V an, ohne auch die Geltung von Abs. 4 Satz 1 der Norm auszunehmen. Versteht man § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V jedoch - zutreffenderweise - als Rechtsgrundverweisung (ebenso Rolfs GuP 2013, 8, 12 und NZA 2013, 529, 533), liegt darin kein Widerspruch.
(1) Schon der Umstand, dass die Geltung von § 164 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB V durch § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist, obwohl es bei Betriebskrankenkassen keine Dienstordnungsangestellten gibt, spricht dafür, dass es sich bei § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V um eine Rechtsgrundverweisung auf § 164 Abs. 2 bis 4 SGB V handelt (ebenso Rolfs GuP 2013, 8, 12 und NZA 2013, 529, 533).
(2) Tritt eine Beendigung der Arbeitsverhältnisse zum Schließungstermin aufgrund von § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V - wie ausgeführt - nur dann ein, wenn dem Arbeitnehmer erfolglos eine anderweitige zumutbare Stellung gemäß § 164 Abs. 3 SGB V angeboten worden ist, schließt § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V für die Beschäftigten von Betriebskrankenkassen mit ordentlich kündbaren Arbeitsverhältnissen eine Unterbringung nach § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V aber aus, so fehlt es für diese zugleich an einer der nach § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V erforderlichen Voraussetzungen für eine Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes. Da den Beschäftigten von Betriebskrankenkassen mit ordentlich kündbaren Arbeitsverhältnissen ein Angebot auf Unterbringung nach § 164 Abs. 3 SGB V gar nicht erst unterbreitet werden muss, kommt auch eine Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse nach § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V nicht in Betracht (ebenso Klimpe-Auerbach SozSich 2011, 270, 272; Rolfs GuP 2013, 8, 12 und NZA 2013, 529, 533; aA Bohlen-Schöning KrV 2011, 85, 86; Gutzeit NZS 2012, 361, 364).
(3) Dadurch verliert § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V für Betriebskrankenkassen nicht etwa seinen Anwendungsbereich. Die Vorschrift gilt für Beschäftigte in ordentlich nicht kündbaren Arbeitsverhältnissen. Diese nehmen nach § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V am Unterbringungsverfahren gemäß § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V teil.
dd) Die Entstehungsgeschichte und der in den Gesetzesbegründungen dokumentierte Sinn und Zweck der Regelungen bestätigen dieses Verständnis.
(1) Die Bestimmungen in § 164 Abs. 2 bis 4 SGB V (vormals § 173 Abs. 2 bis 4 SGB V idF des GRG vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) tragen nach dem Willen des Gesetzgebers den Interessen des von der Auflösung oder Schließung einer Innungskrankenkasse betroffenen Personals Rechnung. Es soll eine Übernahme der Beschäftigten zu denselben oder mindestens gleichwertigen Bedingungen erfolgen. Nur in Fällen, in denen eine Weiterbeschäftigung nicht möglich ist, sollen die Vertragsverhältnisse enden (vgl. die Begründung zu § 173 Abs. 3 bis 5 des Entwurfs, BT-Drucks. 11/2237 S. 212). „Nicht möglich“ ist die Weiterbeschäftigung angesichts der nach § 164 Abs. 3 Satz 3 (vormals § 173 Abs. 3 Satz 3) SGB V bestehenden Angebotsverpflichtung aber nur, wenn der Beschäftigte eine entsprechende Offerte ausgeschlagen hat.
(2) Diesen Gedanken hat der Gesetzgeber bei der Einfügung des § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) im Jahr 2008 aufgegriffen. Durch die entsprechende Anwendung von § 164 Abs. 2 bis 4 SGB V sollten auch im Bereich der Betriebskrankenkassen die Beschäftigungsansprüche der Dienstordnungsangestellten - die es bei diesen Kassen allerdings gar nicht gibt - und die der übrigen Beschäftigten in unkündbarer Stellung insofern gesichert werden, als ihnen bei den anderen Betriebskrankenkassen eine ihrer bisherigen Stellung entsprechende Stelle anzubieten ist - so wie dies neben den Innungs- auch für die Ortskrankenkassen und generell als Folge von kassenartenübergreifenden Fusionen in § 171a SGB V bereits geregelt war (BT-Drucks. 16/9559 S. 19). Von einer „Sicherung der Ansprüche“ könnte schwerlich die Rede sein, wenn auch ohne Erfüllung dieser Verpflichtung aus § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V die Arbeitsverhältnisse im Schließungszeitpunkt nach § 155 Abs. 4 Satz 9 iVm. § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V endeten.
(3) Die Gesetzesmaterialien enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass gleichwohl alle Vertragsverhältnisse unabhängig von einer Erfüllung des Unterbringungsanspruchs im Zeitpunkt der Schließung auslaufen sollten, etwa um der behördlich geschlossenen Kasse Planungssicherheit in der Abwicklungsphase zu geben oder die Leistungsfähigkeit des Kassenverbunds nicht zu gefährden (ebenso Rolfs GuP 2013, 8, 9 f., 12 und NZA 2013, 529, 531; aA Grau/Sittard KrV 2012, 6, 19; Gutzeit NZS 2012, 361, 366 und NZS 2012, 410, 413 f.). Bei einem solchen Regelungsziel bliebe überdies unklar, warum § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V überhaupt darauf abstellt, ob die Beschäftigten „untergebracht werden“. Es hätte dann näher gelegen, voraussetzungslos die Beendigung aller Arbeitsverhältnisse zum Schließungszeitpunkt vorzusehen. Im Übrigen wäre die Leistungsfähigkeit der Kassen angesichts der Haftungsregelungen in § 155 Abs. 4 SGB V auch dann betroffen, wenn den Arbeitnehmern - wie im Schrifttum vorgeschlagen - bei Nichterfüllung der Pflicht zur Abgabe eines zumutbaren Angebots Schadenersatzansprüche zuzubilligen wären. Der Einwand, wenn der Gesetzgeber die Unterbreitung eines Angebots vorausgesetzt hätte, hätte er sprachlich ebenso leicht eine Beendigung der Arbeitsverhältnisse auf diejenigen Arbeitnehmer beschränken können, die ein zumutbares Stellenangebot nicht annähmen, trägt demgegenüber nicht. Die Formulierung in § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V soll ersichtlich beide Alternativen des Unterbringungsverfahrens nach § 164 Abs. 3 SGB V erfassen: den Nachweis einer „dienstordnungsmäßigen Stellung“ gegenüber Dienstordnungsangestellten - die diese anzunehmen verpflichtet sind - nach den Sätzen 1 und 2 der Bestimmung und das Angebot einer „Stellung“ gegenüber den übrigen Arbeitnehmern nach Satz 3. Auf die erste Alternative passt aber die hypothetische Formulierung nicht.
(4) Eine andere Lesart von § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V ist auch nicht deshalb geboten, weil der Gesetzgeber die Anregung des BKK-Bundesverbands in dessen Stellungnahme zum GKV-OrgWG nicht aufgegriffen hat, die Regelung eben dahin zu fassen, dass die Beendigung nur eintrete, wenn eine Beschäftigung nach § 164 Abs. 3 SGB V abgelehnt werde (Ausschussdrucks. 16(14)0410(30) vom 17. September 2008 S. 3). Nach dem eigenen Bekunden des Verbands sollte dies lediglich der Klarstellung dienen, nicht aber eine sachliche Änderung der gesetzlichen Bestimmung bewirken.
(5) Die Verpflichtung zur Unterbringung ist zudem Ausdruck des Umstands, dass die Schließung bei kassenübergreifender Betrachtung nicht zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs führt. Die Versicherungsverträge der bei der geschlossenen Kasse versicherten Personen müssen „im System“ der gesetzlichen Krankenkassen weiterhin verwaltet werden. Dementsprechend sieht das Gesetz auch für andere Fälle von Strukturänderungen im Kassenwesen unabdingbare Verpflichtungen zur Übernahme des Personals vor, so bei freiwilligen Vereinigungen von Kassen in § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V, bei Ablehnung der Kostenübernahme durch den Arbeitgeber in § 147 Abs. 2 Satz 4 ff. SGB V und bei der Umwandlung der Bundesverbände in Gesellschaften des bürgerlichen Rechts in §§ 212, 213 SGB V.
(6) Der Gesetzgeber hat damit zur Kompensation der Folgen für die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten bei der Schließung einer Innungskrankenkasse einen Unterbringungsanspruch zugunsten der von der Schließung betroffenen Beschäftigten vorgesehen. Die daneben geregelte gesetzliche Beendigung der Arbeitsverhältnisse sollte nur greifen, wenn eine Weiterbeschäftigung durch anderweitige Unterbringung nicht möglich wäre (vgl. BT-Drucks. 11/2237 S. 212). Ziel der Bestimmungen war ersichtlich eine entsprechende Besserstellung der Beschäftigten. Davon sollten - mit Ausnahme der Beschäftigten in ordentlich kündbaren Arbeitsverhältnissen - auch die Arbeitnehmer der Betriebskrankenkassen profitieren, ihre Beschäftigungsansprüche sollten ebenfalls „gesichert“ werden (BT-Drucks. 16/9559 S. 19). Soweit den bei Betriebskrankenkassen beschäftigten Arbeitnehmern in ordentlich kündbaren Arbeitsverhältnissen ein Anspruch auf Unterbringung nicht ebenfalls eingeräumt wurde, gibt es in den Gesetzesmaterialien keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass diese zwar vom Unterbringungsverfahren ausgenommen bleiben, ihre Arbeitsverhältnisse aber dennoch automatisch mit Schließung der Kasse enden sollten. Der Gesetzgeber bezweckte zwar eine Besserstellung derjenigen Beschäftigten von Betriebskrankenkassen, auf welche er das Unterbringungsverfahren übertrug. Es ist aber nicht ersichtlich, dass er die Rechtsposition der übrigen Arbeitnehmer dadurch massiv hätte verschlechtern wollen, dass er sie vom ansonsten bestehenden Kündigungserfordernis und gesetzlichen Kündigungsschutz ausnähme (ebenso Rolfs GuP 2013, 8, 12; ders. NZA 2013, 529, 533). Gegenteilige parlamentarische Äußerungen zur vermeintlichen Rechtslage in der Sitzung des Deutschen Bundestages vom 11. Mai 2011 (vgl. Plenarprotokoll 107/17 S. 12273) sind für die Auslegung der Bestimmungen aus den Jahren 1988 und 2008 unbeachtlich. Dies gilt ebenso für Rechtsansichten, die im Rahmen einer Gesetzesinitiative zur Änderung von § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V im Jahr 2011 geäußert wurden (vgl. BT-Drucks. 17/6485). Zwar kann der Gesetzgeber den Streit über die Auslegung einer Norm durch eine klarstellende (neue) Regelung beseitigen und damit einer von ihm für falsch gehaltenen Auslegung der Gerichte die Grundlage entziehen (vgl. BVerfG 24. November 2010 - 1 BvF 2/05 - Rn. 145, BVerfGE 128, 1). Hier fehlt es aber an einer späteren gesetzlichen Regelung, die Rückschlüsse auf die zutreffende Auslegung von § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V zuließe. Die Gesetzesiniative wurde vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen. Die Gründe hierfür sind nicht verlautbart.
ee) Dieses Verständnis der gesetzlichen Bestimmungen führt nicht zu widersprüchlichen Ergebnissen (so aber Grau/Sittard KrV 2012, 6, 10; Gutzeit NZS 2012, 361, 365; wie hier Rolfs GuP 2013, 8, 12; ders. NZA 2013, 529, 533). Zwar kommt eine gesetzliche Beendigung der Beschäftigungsverhältnisse bei Betriebskrankenkassen nach § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V demnach nur für die eigentlich schutzwürdigeren Beschäftigten in ordentlich nicht kündbaren Arbeitsverhältnissen in Betracht. Diese werden aber durch die Verpflichtung, sie andernorts unterzubringen, zugleich deutlich besser gestellt. Während die Beschäftigten in ordentlich kündbaren Arbeitsverhältnissen bei Geltung des allgemeinen Kündigungsschutzrechts nach § 1 Abs. 2 KSchG die Weiterbeschäftigung lediglich auf einem freien Arbeitsplatz und nur innerhalb desselben Unternehmens beanspruchen können, besteht die Unterbringungspflicht nach § 164 Abs. 3 SGB V bedarfsunabhängig und arbeitgeberübergreifend.
ff) Bei diesem Auslegungsergebnis bedarf es keiner Entscheidung, ob die gesetzliche Regelung andernfalls mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG gegen die Verfassung oder den unionsrechtlichen Grundsatz des Verbots einer Diskriminierung wegen des Alters verstieße.
c) Danach endete das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht von Gesetzes wegen mit der Schließung der Beklagten am 31. Dezember 2011. Die Verpflichtung zur Unterbringung nach § 164 Abs. 3 SGB V fand wegen § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V auf den Kläger keine Anwendung. Sein Arbeitsverhältnis war ordentlich kündbar. Nach § 32 Abs. 1 des anzuwendenden Tarifvertrags für die Beschäftigten der Beklagten ist die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberin erst nach einer Beschäftigungszeit von zwanzig Jahren und frühestens nach Vollendung des 40. Lebensjahres des Arbeitnehmers ausgeschlossen. Der Kläger war seit April 1999 und damit weniger als zwanzig Jahre bei der Beklagten beschäftigt. Dem Kläger ist demgemäß auch kein Unterbringungsangebot nach § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V unterbreitet worden.
3. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder durch die außerordentliche Kündigung vom 18. November 2011 zum 31. Dezember 2011 noch durch die ordentliche Kündigung vom 18. November 2011 zum 30. Juni 2012 beendet worden. Es lag kein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung vor. Die ordentliche Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 1 KSchG sozial ungerechtfertigt.
a) Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung kommt - unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist - allenfalls dann in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für erhebliche Zeiträume vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde (BAG 24. Januar 2013 - 2 AZR 453/11 - Rn. 22; 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 17). Diese Voraussetzungen liegen hier schon deshalb nicht vor, weil die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung gegenüber dem Kläger nicht ausgeschlossen war.
b) Im Übrigen hat die Beklagte nicht dargelegt, dass im Kündigungszeitpunkt die Prognose gerechtfertigt gewesen sei, die Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger werde mit ihrer Schließung zum 31. Dezember 2011 entfallen. Ein Beschäftigungsbedürfnis über den Schließungstermin hinaus zeigt bereits der Umstand, dass die Beklagte dem Kläger im zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung anbot, ihn vom 1. Januar bis 30. Juni 2012 befristet weiter zu beschäftigen.
c) Ebenso wenig hat die Beklagte dargelegt, dass im Zeitpunkt der Kündigung mit einem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses jedenfalls bis zum Ablauf der tariflichen Kündigungsfrist am 30. Juni 2012 zu rechnen gewesen sei.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte sei selbst nicht davon ausgegangen, dass ein Beschäftigungsbedarf bei ihr als Abwicklungskörperschaft vollständig entfallen sei. Dies zeige sich daran, dass sie mit Führungskräften Verträge geschlossen habe, die über den 30. Juni 2012 hinaus gereicht hätten. Da der Betrieb nicht ausschließlich mit Führungskräften hätte weitergeführt werden können, habe schon im November 2011 festgestanden, dass ein Bedarf an der Beschäftigung auch von Arbeitnehmern unterhalb der Führungsebene bestehen würde. Dies sei durch die tatsächliche Entwicklung bestätigt worden. Die befristeten Verträge einiger Arbeitnehmer seien bis zum 31. Dezember 2012 verlängert worden. Ob und in welchem Umfang bei Ausspruch der Kündigung mit einem verringerten Bedarf gerechnet worden sei, lasse sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen.
bb) Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Die Beklagte ist ihnen nicht mit Verfahrensrügen entgegen getreten. Sie beruft sich mit der Revision allein darauf, schon wegen des Verlustes ihrer Existenz sei jeder Beschäftigungsbedarf entfallen. Diese Prämisse trifft - wie ausgeführt - nicht zu. Bei der Beklagten handelt es sich aufgrund der gesetzlichen Fiktion in § 155 Abs. 1 Satz 2 SGB V um dieselbe fortbestehende juristische Person, wenn auch nach der Schließung in Gestalt einer Abwicklungskörperschaft.
III. Als unterlegene Partei hat die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
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Kreft |
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Berger |
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Rachor |
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Bartz |
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Grimberg |