Entscheidungsdatum: 20.12.2012
1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. Oktober 2010 - 17 Sa 540/10 - teilweise aufgehoben.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 8. März 2010 - 1 Ca 2434/09 v - wird zurückgewiesen.
3. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
a) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 28. Mai 2009 nicht aufgelöst worden ist.
b) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.971,69 Euro brutto abzüglich 3.688,96 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 3.281,68 Euro seit dem 1. Juli 2009 und dem 1. August 2009, aus 2.971,92 Euro seit dem 1. September 2009 und aus je 2.436,88 Euro seit dem 1. Oktober 2009, dem 1. November 2009, dem 1. Dezember 2009 und dem 29. Januar 2010 zu zahlen.
4. Die weitergehende Revision des Beklagten wird zurückgewiesen.
5. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens haben zu 1/6 der Kläger, zu 5/6 der Beklagte zu tragen.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Beklagten und Vergütungsansprüche des Klägers.
Der 1948 geborene Kläger war seit Juli 1997 bei dem beklagten Verein als Ergotherapeut beschäftigt. Der Beklagte betreibt eine Fachklinik für Suchterkrankungen. In ihr werden insbesondere alkohol-, medikamenten- und drogenabhängige Patienten behandelt. Der Kläger war im Bereich der sog. Arbeits- und Kreativtherapie tätig. In deren Rahmen sollen die Patienten von Suchtmitteln entwöhnt werden. Der Kläger ist selbst „Alkoholiker“. Dies war dem Beklagten bei der Einstellung bekannt. Die Einstellung erfolgte in der Annahme, dass der Kläger „trocken“ sei.
Im Herbst 2006 kam es beim Kläger zu einem Rückfall. Am 20. Dezember 2006 wurde während des Dienstes bei ihm Alkoholgeruch festgestellt. Der Kläger gab an, alkoholhaltige Hustentropfen eingenommen zu haben. Ein mit seinem Einverständnis durchgeführter Test ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,76 Promille. Aufgrund dieses Umstands erteilte ihm der Beklagte am 10. Januar 2007 eine Abmahnung. Am 5. Februar 2007 wurde beim Kläger während der Arbeitszeit erneut Alkoholgeruch festgestellt. Am 13. Februar 2007 erteilte ihm der Beklagte eine weitere Abmahnung. Vom 14. März bis 24. April 2007 unterzog sich der Kläger einer stationären Entwöhnungsbehandlung. Anschließend nahm er seinen Dienst wieder auf.
Am 16. August 2007 wurde beim Kläger bei einer Teamsitzung abermals Alkoholgeruch festgestellt. Ein Test ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,3 Promille. Mit Schreiben vom 17. August 2007 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Im Gütetermin am 22. Februar 2008 verständigten sich die Parteien auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und die Entfernung der Abmahnungen von Januar und Februar 2007 aus der Personalakte. Der Kläger erklärte sich bereit, sich bei Verdacht auf Alkoholkonsum während der Arbeitszeit einer Alkoholkontrolle zu unterziehen. Entsprechende Tests im März und im September 2008 blieben ohne Befund.
Am Vormittag des 22. Mai 2009 - zwischen 10:00 und 12:00 Uhr - stellte eine Mitarbeiterin des Beklagten wiederum Alkoholgeruch beim Kläger fest. Tests ergaben eine Atemalkoholkonzentration von 0,39 Promille und einen Blutalkoholwert von 0,42 Promille. Der Kläger gab an, morgens ab 6:00 Uhr wegen starker Halsschmerzen mehrfach 10 bis 12 Tropfen „Meditonsin“ eingenommen zu haben.
Mit Schreiben vom 26. Mai 2009 hörte der Beklagte die im Betrieb gebildete Mitarbeitervertretung zu seiner Absicht an, das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. Dezember 2009 zu kündigen. Die Mitarbeitervertretung stimmte der fristgerechten Kündigung zu. Mit Schreiben vom 28. Mai 2009 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. Dezember 2009.
Dagegen hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, der Vorfall vom 22. Mai 2009 vermöge die Kündigungen nicht zu rechtfertigen. Es liege weder ein auf Krankheit beruhender Grund in seiner Person noch ein Grund in seinem Verhalten vor, der die Kündigung bedinge. Er habe nicht Alkohol, sondern Medizin zu sich genommen. Im Übrigen sei er selbst dann, wenn er in privatem Umfeld Alkohol konsumiert habe, als Therapeut von Suchtkranken nicht ungeeignet. Die Mitarbeitervertretung sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Sie sei über die näheren Umstände des gerichtlichen Verfahrens aus dem Jahr 2007 und über seine Bemühungen zur Verlängerung der Entwöhnungstherapie nicht ausreichend unterrichtet worden. Außerdem habe der Beklagte vor Ausspruch der Kündigung eine Eingliederungsmaßnahme versuchen müssen. Überdies sei die zum Umgang mit suchtkranken Beschäftigten abgeschlossene Dienstvereinbarung nicht beachtet worden. Der Kläger hat ferner Vergütung für die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und darüber hinaus bis einschließlich Oktober 2010 geltend gemacht. Erhaltenes Arbeitslosengeld lässt er sich anrechnen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
|
1. |
festzustellen, dass die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung des Beklagten vom 28. Mai 2009 unwirksam ist; |
2. |
für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 28. Mai 2009 den Beklagten zu verurteilen, an ihn 22.971,69 Euro brutto abzüglich 3.688,96 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus gestaffelten Beträgen ab unterschiedlichen Zeitpunkten sowie weitere 31.567,60 Euro brutto abzüglich 8.448,00 Euro netto zu zahlen. |
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, schon die fristlose Kündigung sei wegen schwerwiegender Beeinträchtigung seiner betrieblichen Interessen gerechtfertigt. Aufgrund des Rückfalls sei es ihm unmöglich, den Kläger weiter als Therapeuten von Suchtpatienten einzusetzen. Diese könnten auf untrügliche Art feststellen, dass er rückfällig geworden sei. Dieser Umstand gefährde die Therapie. Einer Maßnahme nach § 84 Abs. 2 SGB IX habe es nicht bedurft. Der Kläger weise keine dort vorausgesetzten längeren Fehlzeiten auf. Die Vorgaben der - zwischenzeitlich gekündigten - Dienstvereinbarung seien eingehalten worden. Die Mitarbeitervertretung habe er ordnungsgemäß unterrichtet. Ihr seien die Umstände des früheren Verfahrens bekannt gewesen.
Das Arbeitsgericht hat auf die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung erkannt und den Beklagten zur Gehaltszahlung bis zum 31. Dezember 2009 verurteilt. Soweit sie sich gegen die ordentliche Kündigung richtet, hat es die Klage abgewiesen. Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat es die Unwirksamkeit auch der ordentlichen Kündigung festgestellt und dem weitergehenden Zahlungsantrag des Klägers stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht der Berufung des Klägers stattgegeben hat. Im Übrigen ist sie weitgehend unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Kündigung als unwirksam erachtet (I.). Die ordentliche Kündigung ist dagegen wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Dezember 2009 aufgelöst (II.). Bis dahin kann der Kläger Vergütungszahlung verlangen; allerdings hat schon das Arbeitsgericht ihm zuviel Zinsen zugesprochen. Weitergehende Vergütungsansprüche stehen dem Kläger wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu (III.).
I. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Kündigung für unwirksam gehalten hat. Die fristlose Kündigung des Beklagten vom 28. Mai 2009 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB.
1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angesichts der konkreten Umstände des Falls und bei Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht ( BAG 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 13, NZA-RR 2012, 567; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 14, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36 ).
2. An eine Kündigung, die auf ein Verhalten des Arbeitnehmers gestützt wird, das im Zusammenhang mit einer Alkoholsucht steht, sind grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie an krankheitsbedingte Kündigungen zu stellen (BAG 9. April 1987 - 2 AZR 210/86 - zu B II der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 18). Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit; verstößt ein Arbeitnehmer infolge seiner Abhängigkeit gegen arbeitsvertragliche Pflichten, ist ihm zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung kein Schuldvorwurf zu machen (BAG 9. April 1987 - 2 AZR 210/86 - zu B II 2 der Gründe, aaO). Krankheit ist zwar nicht generell ungeeignet, einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Schon an eine ordentliche Kündigung wegen Erkrankung des Arbeitnehmers ist jedoch ein strenger Maßstab anzulegen. Eine außerordentliche Kündigung kommt daher nur in eng begrenzten Fällen in Betracht, etwa bei einem Ausschluss der ordentlichen Kündigung aufgrund tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen (BAG 16. September 1999 - 2 AZR 123/99 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 159 = EzA BGB § 626 Krankheit Nr. 2; 9. Juli 1998 - 2 AZR 201/98 - zu II 1 c der Gründe, EzA BGB § 626 Krankheit Nr. 1).
3. Danach ist die fristlose Kündigung hier weder aus Gründen im Verhalten noch aus Gründen in der Person des Klägers gerechtfertigt.
a) Ein vorwerfbarer Pflichtverstoß liegt nicht vor. Zwar verletzt der Kläger, wenn er unter Alkoholeinfluss seine Tätigkeit ausübt, seine arbeitsvertraglichen Hauptpflichten. Die therapeutische Arbeit in der Entwöhnungsbehandlung von Suchterkrankten erlaubt es nicht, dass der Therapeut selbst unter Alkoholeinfluss steht. Die Vermittlung eines Bewusstseins dafür, die Sucht beherrschen zu können, würde erheblich erschwert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Zustand einer - merklichen - Alkoholisierung durch den Konsum alkoholhaltiger Getränke oder die Einnahme alkoholhaltiger Medikamente herbeigeführt wurde. Dem Vorliegen einer Pflichtverletzung steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte den Kläger in Kenntnis von dessen Alkoholabhängigkeit eingestellt hat. Die Einstellung erfolgte in der Annahme, dass er „trocken“, also in der Lage sei, stabil abstinent zu leben. Aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit kann dem Kläger aber kein Schuldvorwurf gemacht werden.
b) Die fristlose Kündigung ist auch als krankheitsbedingte Kündigung nicht wirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Es sind keine Tatsachen festgestellt, aufgrund derer es dem Beklagten unzumutbar gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31. Dezember 2009 fortzusetzen.
aa) Die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses war für den Beklagten nicht ausgeschlossen, eine fristgerechte Beendigung des Arbeitsverhältnisses also grundsätzlich möglich.
bb) Die Kündigungsfrist betrug gemäß § 2 des Arbeitsvertrags der Parteien iVm. § 33 Abs. 1 BAT-KF sieben Monate zum Monatsende. Sie war damit zwar nicht unbeträchtlich. Angesichts der Umstände des Streitfalls war dem Beklagten aber die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zu ihrem Ablauf zumutbar. Zum einen war dem Beklagten von Beginn an bekannt, dass der Kläger Alkoholiker ist und damit das Risiko eines Rückfalls bestand. Zum anderen war der Kläger bereits Ende des Jahres 2006 rückfällig geworden, ohne dass dies seiner Weiterbeschäftigung ab sofort entgegengestanden hätte. Der Beklagte beließ es vielmehr zunächst bei Abmahnungen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Alkoholauffälligkeiten des Klägers auch nach seinem Rückfall vereinzelt geblieben sind. Der Kläger war überdies nach der Entwöhnungsbehandlung im Jahr 2007 zunächst für etwa vier Monate, zuletzt für anderthalb Jahre unauffällig. Damit war es dem Beklagten zuzumuten, den Kläger für die begrenzte Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen und solange ggf. etwas häufigere Kontrollen durchzuführen.
II. Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht auch die fristgerechte Kündigung für unwirksam gehalten hat.
1. Die ordentliche Kündigung vom 28. Mai 2009 ist durch Gründe in der Person des Klägers bedingt und deshalb iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt.
a) Ist im Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt, der Arbeitnehmer biete aufgrund einer Alkoholsucht dauerhaft nicht die Gewähr, in der Lage zu sein, die vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen, kann eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt sein. Voraussetzung ist, dass daraus eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen folgt, diese durch mildere Mittel - etwa eine Versetzung - nicht abgewendet werden kann und sie auch bei einer Abwägung gegen die Interessen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden muss (vgl. zu den Anforderungen an krankheitsbedingte Kündigungen BAG 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 11, BAGE 135, 361; 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - Rn. 18, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 55).
b) Im Streitfall war im Zeitpunkt der Kündigung die Annahme gerechtfertigt, der Kläger biete aufgrund seiner Alkoholsucht nicht mehr die Gewähr, seine Tätigkeit als Ergotherapeut in der Suchtklinik des Beklagten auf Dauer ordnungsgemäß erbringen zu können.
aa) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, der Kläger sei nach Einnahme von Alkohol für die von ihm zu erbringende Tätigkeit als Therapeut von Suchtkranken nicht einsetzbar. Als Ergotherapeut arbeitet er eng mit den Patienten zusammen. Es besteht die Gefahr, dass diese in ihrem eigenen Kampf gegen die Sucht erheblich beeinträchtigt werden, wenn sie bemerken, dass ihr Therapeut unter Alkoholeinfluss steht.
bb) Aufgrund der Vorfälle in der Vergangenheit war im Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt, beim Kläger sei auch künftig mit Alkoholauffälligkeiten während der Arbeitszeit zu rechnen.
(1) Eine Alkoholisierung war beim Kläger erstmals am 20. Dezember 2006 und am 5. Februar 2007 festgestellt geworden. Obwohl er sich im Zeitraum vom 14. März bis 24. April 2007 einer stationären Entwöhnungsbehandlung unterzogen hatte, wurde er am 16. August 2007 erneut alkoholauffällig. Zwar hat der Beklagte die wegen der ersten beiden Auffälligkeiten erteilten Abmahnungen aus der Personalakte entfernt und an der auf den Vorfall vom August 2007 gestützten Kündigung nicht festgehalten. Die zugrunde liegenden Tatsachen bleiben aber berücksichtigungsfähig. Am 22. Mai 2009 versah der Kläger abermals unter Alkoholeinfluss seinen Dienst.
(2) Dies rechtfertigte die Prognose, der Kläger habe seine Alkoholkrankheit auch nach der Entwöhnungsbehandlung nicht verlässlich unter Kontrolle. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass zwischen den beiden nach der Behandlung festgestellten Alkoholisierungen ein Zeitraum von mehr als eineinhalb Jahren lag. Er zeigt gerade, dass trotz der längeren „trockenen“ Periode eine günstige Prognose nicht gestellt werden konnte.
(3) Nach dem Vorbringen des Klägers ist nicht ersichtlich, warum für die Zukunft gleichwohl mit weiteren Beeinträchtigungen durch seine Alkoholabhängigkeit nicht zu rechnen gewesen sei. Er hat nicht etwa behauptet, dass er vor Ausspruch der Kündigung eine neuerliche, nunmehr möglicherweise erfolgreichere Entwöhnungsbehandlung durchgeführt habe. Unerheblich ist, ob die festgestellten Alkoholisierungen Folge der Einnahme alkoholhaltiger Medikamente oder alkoholhaltiger Getränke waren. Die Tätigkeit eines Therapeuten von Suchtkranken wird durch Alkoholauffälligkeiten während des Dienstes unabhängig davon beeinträchtigt, in welcher Form er den Alkohol zu sich genommen hat.
c) Aus dem Umstand, dass eine auf Dauer ordnungsgemäße Leistung des Klägers nicht zu erwarten war, folgt eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen.
aa) Der Beklagte musste befürchten, dass bei auch zukünftig zu erwartenden Alkoholauffälligkeiten des Klägers die sachgerechte Behandlung der Patienten beeinträchtigt und ein Therapieerfolg gefährdet würde. Schon eine solche Gefährdung ist für den Beklagten nicht hinnehmbar. Er hat gegenüber Patienten und Leistungsträgern die Pflicht, schädliche Einflüsse auf den Behandlungserfolg möglichst auszuschließen.
bb) Eine andere Möglichkeit, den Kläger zu beschäftigen, bestand nach dem Vorbringen des Beklagten nicht. Auch der Kläger hat sich auf eine solche Möglichkeit - etwa eines Einsatzes bei anderen als suchtkranken Patienten oder mit anderen als therapeutischen Tätigkeiten - nicht berufen. Den Beklagten trifft insoweit nicht deshalb eine erhöhte Darlegungslast, weil er vor der Kündigung kein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) nach § 84 Abs. 2 SGB IX durchgeführt hat. Diese Verpflichtung, deren Missachtung zu einer Erweiterung der Darlegungslast des Arbeitgebers hinsichtlich des Fehlens anderer Einsatzmöglichkeiten führen kann (vgl. dazu BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 44, BAGE 123, 234), betrifft nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nur Beschäftigte, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Diese Voraussetzung lag im Streitfall nicht vor.
d) Die Abwägung der beiderseitigen Interessen ergibt, dass die Belange des Beklagten überwiegen. Die mit der nicht beherrschten Alkoholabhängigkeit des Klägers einhergehenden Belastungen muss der Beklagte auf Dauer nicht hinnehmen.
aa) Hierbei kommt es entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht entscheidend darauf an, dass mit erheblichen Ausfallzeiten des Klägers nicht zu rechnen war. Die Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen folgt nicht aus der Dauer der zu erwartenden krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers. Sie folgt daraus, dass wegen der beim Kläger auch künftig nicht auszuschließenden Alkoholauffälligkeiten während der Arbeitszeit eine sachgerechte Behandlung der Patienten nicht gewährleistet war. Selbst wenn der Kläger in einem anderen Umfeld auch unter Alkoholeinfluss ergotherapeutische Maßnahmen fachgerecht mag anleiten können, steht seiner weiteren Beschäftigung als Therapeut suchtkranker Patienten die von ihm nicht beherrschte Gefahr neuerlicher Alkoholauffälligkeiten während der Arbeitszeit entgegen.
bb) Das betriebliche Interesse des Beklagten, die ihm anvertrauten Suchtkranken nicht in die Behandlung eines Therapeuten zu geben, bei dem die Gefahr besteht, dass er während seiner Arbeit unter Alkoholeinfluss steht, wiegt schwer. Die Beschäftigung persönlich geeigneter Therapeuten liegt nicht nur im unmittelbaren unternehmerischen Interesse des Beklagten. Vielmehr verlangt auch die Verantwortung für die sachgerechte Behandlung der Patienten danach, mit dieser keine persönlich ungeeigneten Therapeuten zu betrauen.
cc) Es war dem Beklagten nicht zumutbar, der Gefahr einer Alkoholisierung des Klägers dauerhaft durch verstärkte Kontrollen zu begegnen. Eine effektive Kontrolle hätte stattzufinden, bevor es zu einem Kontakt mit den Patienten kommt. Sie vorzunehmen ist auf Dauer kaum möglich, dem Beklagten jedenfalls nicht zumutbar. Der Kläger war rückfälliger Alkoholiker. Es war davon auszugehen, dass er es darauf anlegen würde, Mittel und Wege zu finden, etwaige Kontrollen zu umgehen.
dd) Die Belange der Beklagten werden durch die Dauer der Betriebszugehörigkeit von zwölf Jahren und das Alter des Klägers von über 60 Jahren nicht aufgewogen. Der Beklagte hat dem Kläger nach Alkoholauffälligkeiten im Dienst mehrfach die Chance einer Bewährung gegeben. Er hat die stationäre Entwöhnungsbehandlung im Jahr 2007 abgewartet (vgl. zu diesem für die Interessenabwägung relevanten Gesichtspunkt BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 639/98 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 92, 96) und auch nach einer erneuten Alkoholauffälligkeit im August 2007 an einer Kündigung nicht festgehalten. Er hat damit alles ihm Zumutbare für einen Erhalt des Arbeitsverhältnisses getan. Jedenfalls nach dem erneuten Vorfall im Mai 2009 überwogen seine Interessen an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
ee) Ein anderes Ergebnis wäre auch dann nicht gerechtfertigt, wenn - wie der Kläger geltend gemacht hat - die Entwöhnungsbehandlung im Jahr 2007 medizinisch nicht ausreichend gewesen wäre, der Versicherungsträger aber eine Verlängerung abgelehnt hätte. Das Scheitern der Behandlung wäre jedenfalls nicht dem Beklagten zuzurechnen. Der Kläger hat nicht etwa behauptet, dieser habe ihn zu einer unzureichenden oder zu kurzen Therapie gedrängt oder ihm eine längere Therapie verweigert.
2. Die Kündigung ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht deshalb unwirksam, weil der Beklagte gegen die „Dienstvereinbarung gemäß § 36 MVG zum Umgang mit Sucht“ vom 1. Januar 2004 verstoßen hätte.
a) Die Dienstvereinbarung sieht unter den Ziff. 3.1 bis 3.5 ein näher bestimmtes Verfahren für den Umgang mit Beschäftigten mit Suchtproblemen vor. § 36 Abs. 3 des Kirchengesetzes über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD) bestimmt, dass Dienstvereinbarungen unmittelbar gelten und im Einzelfall nicht abbedungen werden können.
b) Feststellungen zur Anwendbarkeit kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen. Einer Aufklärung bedarf es nicht. Selbst wenn unterstellt wird, dass § 36 Abs. 3 MVG-EKD Anwendung findet und danach die Einhaltung des in der Dienstvereinbarung vorgesehenen Verfahrens Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Kündigung wegen Alkoholabhängigkeit eines Mitarbeiters ist, ist die Kündigung nicht unwirksam. Das Verfahren nach der Dienstvereinbarung wurde eingehalten.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es genüge nicht, dass die in der Dienstvereinbarung vorgesehenen Maßnahmen - Gespräche und Abmahnungen - vor Ausspruch der Kündigung im Jahr 2007 ergriffen worden seien, wenn es danach - wie im Streitfall - zu einer längeren beanstandungsfreien Tätigkeit gekommen sei.
bb) Diese Auffassung überzeugt nicht. Die Auslegung der Dienstvereinbarung führt - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - nicht dazu, dass der Beklagte nach der zwischenzeitlich beanstandungsfreien Ausübung der Tätigkeit des Klägers die einzelnen Reaktionsschritte erneut hätte durchführen müssen.
(1) Hat die Dienstvereinbarung, wie der Kläger meint, normativen Charakter, ist sie - ebenso wie Betriebsvereinbarungen - wie ein Gesetz auszulegen. Auszugehen ist dementsprechend vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Von besonderer Bedeutung sind ferner der Sinn und der Zweck der Regelung. Der tatsächliche Wille der Betriebsparteien ist zu berücksichtigen, soweit er in dem Regelungswerk seinen Niederschlag gefunden hat. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (vgl. BAG 10. Februar 2009 - 1 AZR 767/07 - Rn. 27, BAGE 129, 302; 26. August 2008 - 1 AZR 346/07 - Rn. 21, EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 28).
(2) Wortlaut und Gesamtzusammenhang der Regelungen der Dienstvereinbarung ergeben, dass das dem Ausspruch einer Kündigung vorgeschaltete gestufte Interventionsverfahren jedenfalls nicht schon nach weniger als zwei Jahren Abstinenz erneut Anwendung finden muss. Dies entspricht dem erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung. Das unter Ziff. 3 der Dienstvereinbarung geregelte Verfahren abgestufter Reaktionen auf jede weitere Suchtauffälligkeit eines Arbeitnehmers ist ersichtlich auf einen Erhalt des Arbeitsverhältnisses gerichtet. Es nimmt dafür einen längeren Interventionszeitraum in Kauf, sieht jedoch als letzte Maßnahme auch eine Kündigung und damit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. Nicht vorgesehen ist, dass das Verfahren bei einem längeren Abstand zwischen zwei suchtbedingten Auffälligkeiten erneut und von vorne zu beginnen hätte. Unter Ziff. 5 der Dienstvereinbarung ist zwar bestimmt, dass abstinent lebende Suchtkranke nach zwei Jahren Anspruch darauf haben, Hinweise auf die Abhängigkeit aus der Personalakte zu entfernen. Dies lässt aber erkennen, dass eine Zeit der Abstinenz von weniger als zwei Jahren nach dem Willen der Regelungsgeber noch keine erhebliche Zäsur darstellt.
(3) Danach bedurfte es vor Ausspruch der Kündigung im Mai 2009 keiner neuerlichen Durchführung des in der Dienstvereinbarung vorgesehenen Verfahrens bei suchtauffälligen Arbeitnehmern. Seine Einhaltung vor Ausspruch der Kündigung im Jahr 2007 war ausreichend. Bei der Alkoholabhängigkeit des Klägers, die sowohl zur Kündigung im Jahr 2007 als auch zur hier streitgegenständlichen Kündigung führte, handelte es sich um eine im Sinne der Dienstvereinbarung einheitliche Suchtproblematik. Zwischen der Arbeitstätigkeit des Klägers unter Alkoholeinfluss am 16. August 2007 und der Alkoholauffälligkeit am 22. Mai 2009 lag ein Zeitraum von weniger als zwei Jahren. Beanstandungsfrei tätig war der Kläger von der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit am 3. März 2008 bis zum Vorfall am 22. Mai 2009 sogar nur knapp 15 Monate.
(4) Auch aus dem Umstand, dass der Beklagte die zuvor erteilten Abmahnungen aus der Personalakte entfernt und an der ersten Kündigung nicht festgehalten hat, folgt nicht, dass das Verfahren nach der Dienstvereinbarung in den Stand vor Ausspruch der Abmahnungen zurückversetzt worden wäre. Der Beklagte war nicht gehalten, wegen der erneuten Alkoholauffälligkeit des Klägers wiederum zunächst nur eine Abmahnung auszusprechen. Die freiwillige Entfernung der schon erteilten Abmahnungen aus der Personalakte änderte nichts daran, dass diese im Sinne der Dienstvereinbarung wegen Suchtauffälligkeiten ausgesprochen worden waren. Dass auch die Parteien trotz ihrer Einigung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht davon ausgingen, Belastungen durch die Suchtauffälligkeiten des Klägers seien überwunden, zeigt sich daran, dass sich der Kläger bereit erklärte, sich bei einem Verdacht auf Alkoholkonsum während der Arbeitszeit einer Kontrolle zu unterziehen.
3. Die ordentliche Kündigung vom 28. Mai 2009 ist - unterstellt, auch das „Kirchengesetz über die Bildung von Mitarbeitervertretungen in kirchlichen Dienststellen in der Evangelischen Kirche im Rheinland (MVG-EKiR)“ komme zur Anwendung - nicht wegen fehlerhafter Anhörung der Mitarbeitervertretung unwirksam.
a) Gemäß § 42 Buchst. b MVG-EKiR hat die Mitarbeitervertretung bei einer ordentlichen Kündigung nach Ablauf der Probezeit ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht nach §§ 41, 38 MVG-EKiR. Die Ausübung des Mitbestimmungsrechts setzt voraus, dass die Vertretung zuvor von der Dienststellenleitung über alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte informiert worden ist. Auch wenn sich die Unwirksamkeitssanktion nach § 38 Abs. 1 Satz 2 MVG-EKiR ausdrücklich nur auf Kündigungen ohne Beteiligung der Mitarbeitervertretung bezieht, ist sie im Interesse der Möglichkeit einer effektiven Ausübung des Mitbestimmungsrechts - vergleichbar der Situation nach § 102 Abs. 1 BetrVG - auf den Fall der unzureichenden Unterrichtung zu erstrecken (so auch Andelewski in Berliner Kommentar zum Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland § 38 Rn. 74; vgl. ferner Fey/Rehren Kirchengesetz der Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland Stand August 2012 § 38 Rn. 42 f.).
b) Der Beklagte hat die Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 26. Mai 2009 ausreichend über die Gründe für die beabsichtigte Kündigung unterrichtet. In dem Schreiben wurde auch auf die bereits 2007 ausgesprochene Kündigung und das im Zusammenhang mit ihr durchgeführte arbeitsgerichtliche Verfahren verwiesen. Damit hat der Beklagte die eine Kündigung aus seiner Sicht bedingenden Umstände hinreichend mitgeteilt. Ergänzender Hinweise auf die Umstände, unter denen das damalige Kündigungsschutzverfahren beendet wurde, bedurfte es nicht. Hierauf kam es aus Sicht des Beklagten für seinen Kündigungsentschluss nicht an. Die Anhörung ist auch nicht deshalb unvollständig, weil der Beklagte der Mitarbeitervertretung nicht den Schriftwechsel über den Versuch des Klägers vorgelegt hat, bei der Deutschen Rentenversicherung eine Verlängerung seiner sechswöchigen Entwöhnungsbehandlung zu erlangen. Für den Kündigungsentschluss des Beklagten war dieser vergeblich gebliebene Versuch ohne Belang. Es handelte sich auch nicht um einen der Mitarbeitervertretung mitzuteilenden entlastenden Umstand. Bei einer personenbedingten Kündigung kommt es nicht darauf an, ob und ggf. in welchem Maße die Beeinträchtigungen des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer vorwerfbar sind. Es kommt damit auch nicht darauf an, ob und ggf. welche „entlastenden“ Umstände es gibt. Maßgeblich ist, ob und in welchem Ausmaß auch künftig mit Störungen des Arbeitsverhältnisses zu rechnen ist, welche Beeinträchtigungen für den Arbeitgeber daraus folgen und ob diese ggf. so erheblich sind, dass sie die Interessen des Arbeitnehmers überwiegen.
III. Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht den Beklagten zur Zahlung von Vergütung für Zeiten nach Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Dezember 2009 und von Zinsen auf die vollen Bruttobeträge der Vergütungen bis zu diesem Zeitpunkt verurteilt hat. Der Kläger hat dagegen Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung - abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes - für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2009 aus § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG und § 615 Satz 1 BGB, § 11 Nr. 3 KSchG.
1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand bis zum 31. Dezember 2009 fort. Soweit der Kläger arbeitsunfähig krank war - nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts vom 22. Mai bis zum 4. Juni 2009 - folgt der Vergütungsanspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG. Im Übrigen ergibt er sich aus § 615 Satz 1 BGB, § 11 Nr. 3 KSchG. Der Beklagte befand sich nach Ausspruch der unwirksamen außerordentlichen Kündigung vom 22. Mai 2009 im Annahmeverzug iSd. §§ 293 ff. BGB. Der Anspruch des Klägers ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil er über die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit hinaus leistungsunfähig gewesen wäre (§ 297 BGB). Ein Arbeitnehmer ist leistungsunfähig iSv. § 297 BGB, wenn er aus Gründen in seiner Person die vertraglich vereinbarten Tätigkeiten selbst teilweise nicht mehr verrichten kann (BAG 18. März 2009 - 5 AZR 192/08 - Rn. 13, BAGE 130, 29).Dies war auch nach dem Vorbringen des Beklagten beim Kläger nicht der Fall. Die bloße Gefahr neuerlicher Alkoholauffälligkeiten während der Arbeitszeit ließ sein Leistungsvermögen nicht generell entfallen. Der Beklagte hat nicht behauptet, es habe insoweit etwa ein - eindeutiges (vgl. dazu BAG 18. März 2009 - 5 AZR 192/08 - Rn. 15, aaO) - Beschäftigungsverbot bestanden.
2. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 iVm. § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 291 BGB. Er besteht allerdings nicht in der vom Kläger geltend gemachten und ihm von den Vorinstanzen zugesprochenen, auf die vollen Bruttobeträge abstellenden Höhe. Der Kläger kann im Umfang des von ihm ab August 2009 bezogenen Arbeitslosengeldes keine Zinsen verlangen (vgl. BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 391/01 - zu B II 2 c der Gründe, BAGE 101, 328).
IV. Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens waren im Verhältnis von jeweiligem Obsiegen und Unterliegen der Parteien zu teilen (§ 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Bei einem Streitwert von 30.768,60 Euro in der Berufungs- und 29.127,77 Euro in der Revisionsinstanz - wegen § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG war der mit einem uneigentlichen Hilfsantrag verfolgte Zahlungsanspruch für die Zeit ab dem 1. Januar 2010 nicht anzusetzen - ist der Kläger mit seinem gegen die ordentliche Kündigung gerichteten Antrag, dh. im Umfang eines Streitwerts von 4.922,52 Euro unterlegen.
|
Kreft |
|
Rinck |
|
Rachor |
|
|
|
A. Claes |
|
Sieg |