Entscheidungsdatum: 06.05.2015
1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 1. Oktober 2014 - 12 Sa 269/14 - wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
2. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 9.600,00 Euro festgesetzt.
Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht in der vom Gesetz geforderten Form begründet worden ist.
I. Die Revision ist nicht gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG iVm. § 547 Nr. 1 ZPO wegen einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts zuzulassen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die anzufechtende Entscheidung nicht unter Mitwirkung der dazu gesetzlich berufenen Richter ergangen wäre.
1. Sie rügt zum einen, das Berufungsurteil sei durch andere Richter verkündet worden als diejenigen, die an der letzten mündlichen Verhandlung beteiligt gewesen seien. Dies ist unbeachtlich. Zwar erfasst § 547 Nr. 1 ZPO ua. diejenigen Fälle, in denen die Entscheidung durch andere als die gesetzlich berufenen Richter ergeht (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 ABR 35/10 - Rn. 16; 26. September 2007 - 10 AZR 35/07 - Rn. 11). Ein Urteil ergeht aber nicht erst durch seine Verkündung. Es wird - worauf die Beklagte selbst zu Recht hinweist - iSv. § 309 ZPO bereits dann „gefällt“, wenn abschließend über den Streitgegenstand beraten und abgestimmt ist (BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZN 646/08 - Rn. 5, BAGE 129, 89; BGH 1. März 2012 - III ZR 84/11 - Rn. 9; 1. Februar 2002 - V ZR 357/00 - zu II 2 a der Gründe). Verkündet werden iSv. § 310 ZPO darf ein Urteil auch von anderen Richtern (BGH 8. November 1973 - VII ZR 86/73 - zu I 2 der Gründe, BGHZ 61, 369).
2. Die Beklagte rügt zum anderen, wegen des Endes der Abordnung des Richters, der in der letzten mündlichen Verhandlung als Vorsitzender der Kammer beteiligt gewesen sei, habe die mündliche Verhandlung mit Blick auf die nach ihrem Schluss eingereichten Schriftsätze wiedereröffnet werden müssen. Jedenfalls habe sich der bereits ausgeschiedene Richter nicht mit der Entscheidung, ob die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen gewesen sei, befassen dürfen. Eine vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts ist damit ebenso wenig aufgezeigt.
a) Der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO ist ua. dann gegeben, wenn das Landesarbeitsgericht nicht unter Mitwirkung derjenigen Richter, die an der letzten mündlichen Verhandlung teilgenommen haben, geprüft hat, ob Schriftsätze der Parteien, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangen sind, gemäß § 156 ZPO Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gaben (vgl. BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 185/10 - Rn. 13). Selbst wenn der nachgereichte Schriftsatz bei der Entscheidung über das Urteil keine Beachtung mehr finden kann, weil das Urteil nach abschließender Beratung und Abstimmung bereits gefällt war, hat das Gericht bis zur Urteilsverkündung eingehende Schriftsätze zur Kenntnis zu nehmen und eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zu prüfen (BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 185/10 - Rn. 14; 18. Dezember 2008 - 6 AZN 646/08 - Rn. 3 mwN, BAGE 129, 89; BGH 1. Februar 2002 - V ZR 357/00 - zu II 2 a bb (1) der Gründe). Ist einer der Richter, die an der letzten mündlichen Verhandlung teilgenommen haben, mittlerweile ausgeschieden, entscheiden über die Wiedereröffnung die verbliebenen Richter allein ( BGH 1. Februar 2002 - V ZR 357/00 - zu II 2 a und II 2 a bb (2) der Gründe). Tritt nach Schluss der mündlichen Verhandlung ein Richterwechsel ein und war das Urteil zu diesem Zeitpunkt noch nicht „gefällt“, ist allerdings gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zwingend die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anzuordnen ( BGH 1. März 2012 - III ZR 84/ 11 - Rn. 9).
b) Die Beklagte hat nicht dargelegt, das am 1. Oktober 2014 verkündete Urteil sei vor dem Ausscheiden des Richters, der in der letzten mündlichen Verhandlung den Vorsitz der Kammer führte, noch nicht „gefällt“ gewesen, so dass es deshalb zwingend einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bedurft hätte. Ein Urteil ist nicht zwangsläufig erst dann iSd. § 309 ZPO gefällt, wenn aufgrund eines nachgereichten Schriftsatzes auch über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beraten worden ist. Eine abschließende Beratung und Abstimmung über das Urteil selbst kann vielmehr schon zuvor erfolgt sein. Falls später die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung abgelehnt wird, verbleibt es bei dem bereits gefällten Urteil. Die Beklagte hat auch nicht aufgezeigt, dass der schon ausgeschiedene Vorsitzende an der Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gleichwohl noch beteiligt gewesen sei. Dies ergibt sich nicht allein daraus, dass in den Urteilsgründen ausgeführt ist, ein gesetzlicher Grund für die Wiedereröffnung habe nicht bestanden. Die Beklagte macht nicht etwa geltend, sie habe sich vergeblich um Auskunft darüber bemüht, wer an der Entscheidung über die Wiedereröffnung mitgewirkt habe. Im Übrigen waren dies nach dem Vermerk vom 26. September 2014 ausschließlich die ehrenamtlichen Richter.
3. Soweit die Beklagte rügt, der Vermerk über die Verhinderung des - ausgeschiedenen - Vorsitzenden unter dem schriftlich abgefassten Urteil lasse den Grund seiner Verhinderung nicht erkennen, ist auch damit nicht aufgezeigt, das Gericht sei iSv. § 547 Nr. 1 ZPO nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Falls ein unzureichender Vermerk über den Grund der Verhinderung dazu führt, dass das Urteil iSd. § 72b ArbGG nicht ordnungsgemäß mit Unterschriften versehen ist, ist dies gemäß § 72b Abs. 1 Satz 2 ArbGG kein Grund für die Zulassung der Revision. Die stattdessen zu erhebende und von der Beklagten tatsächlich erhobene sofortige Beschwerde nach § 72b ArbGG hat der Senat mit Beschluss vom 23. April 2015 (- 2 AZB 12/15 -) verworfen.
II. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die anzufechtende Entscheidung ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe (§ 72 Abs. 2 Nr. 3, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG).
1. Beruft sich der Beschwerdeführer auf § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG, so muss er die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör sowie deren Entscheidungserheblichkeit darlegen. Es gelten die Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gestellt werden (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZN 195/05 - zu II 2 der Gründe, BAGE 114, 295).
2. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
a) Das Landesarbeitsgericht hat eine Doppelbegründung gegeben. Es hat angenommen, die Kündigung habe das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst, weil sie nicht sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 1 KSchG sei (Erstbegründung). Zum anderen und unabhängig davon sei die Kündigung mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam (Zweitbegründung).
b) Beruht die anzufechtende Entscheidung auf einer Mehrfachbegründung, so kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nur Erfolg haben, wenn jede der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründungen angegriffen wird und die Rügen gegen jede von ihnen durchgreifen (vgl. BAG 18. März 2010 - 2 AZN 889/09 - Rn. 13; 10. März 1999 - 4 AZN 857/98 - zu B II 2.1.2 der Gründe, BAGE 91, 93).
c) Die Beklagte hat jedenfalls gegen die Zweitbegründung keine zulässigen Rügen erhoben. Damit ist zugleich die Entscheidungserheblichkeit der gegen die Erstbegründung geltend gemachten Zulassungsgründe nicht dargetan, ohne dass es darauf ankäme, ob diese im Übrigen ausreichend begründet wären.
aa) Soweit die Beklagte rügt, das Landesarbeitsgericht habe ihren Sachvortrag nebst Beweisantritten zur Betriebsratsanhörung offensichtlich nicht vollständig und richtig zur Kenntnis genommen, hat sie nicht dargelegt, welches konkrete Vorbringen aus welchem Schriftsatz (vgl. zu diesem Erfordernis BAG 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rn. 19 mwN, BAGE 128, 13) es übergangen habe. Dies ist auch nicht unmittelbar ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat vielmehr im Einzelnen ausgeführt, aus welchen rechtlichen Gründen es das Vorbringen der Beklagten im Ergebnis nicht als ausreichend für die Darlegung einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung erachtet hat. Soweit sich die Beklagte auf konkretes Vorbringen in näher bestimmten Schriftsätzen bezieht, rügt sie lediglich, das Landesarbeitsgericht habe dies nicht zutreffend gewürdigt. Dies vermag eine Zulassung der Revision nicht zu begründen. Art. 103 Abs. 1 GG schützt nicht davor, dass das Gericht dem Vortrag einer Partei nicht die aus deren Sicht richtige Bedeutung beimisst (BVerfG 4. August 2004 - 1 BvR 1557/01 - zu III 2 b der Gründe, BVerfGK 4, 12; BAG 18. November 2008 - 9 AZN 836/08 - Rn. 8; 31. Mai 2006 - 5 AZR 342/06 (F) - Rn. 6, BAGE 118, 229).Auch soweit die Beklagte auf überreichte Urkunden und eine Aktennotiz sowie auf die von ihr benannten, zum Teil in der mündlichen Verhandlung präsenten Zeugen verweist, hat sie nicht dargelegt, dass sich daraus das vom Landesarbeitsgericht vermisste Vorbringen ergäbe - nämlich Vortrag dazu, welche konkreten Tatsachen dem Betriebsrat zur Begründung der Kündigung mitgeteilt worden seien.
bb) Soweit die Beklagte geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe es unterlassen, erforderliche gerichtliche Hinweise auf vermeintlich übersehene Gesichtspunkte zu geben, hat sie nicht dargelegt, welchen konkreten Vortrag sie daraufhin ergänzend gehalten hätte.
cc) Von einer näheren Begründung wird gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG abgesehen.
III. Die Kosten ihrer erfolglos gebliebenen Beschwerde fallen nach § 97 Abs. 1 ZPO der Beklagten zur Last.
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