Bundesarbeitsgericht

Entscheidungsdatum: 19.10.2010


BAG 19.10.2010 - 2 AZN 194/10 (A)

Gegenstandswert mehrerer Kündigungsschutzklagen


Gericht:
Bundesarbeitsgericht
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsdatum:
19.10.2010
Aktenzeichen:
2 AZN 194/10 (A)
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend ArbG Aachen, 23. April 2009, Az: 2 Ca 2852/06, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Köln, 4. Februar 2010, Az: 6 Sa 1045/09, Urteil
Zitierte Gesetze

Tenor

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens war, ausgehend von einem Bruttomonatsverdienst von 3.500,00 Euro, in Höhe des Vierteljahresverdienstes des Klägers festzusetzen.

2

1. Rechtsgrundlage für die Bemessung des nach § 63 GKG festzusetzenden Gegenstandswerts für die Gerichtsgebühren bildet § 42 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz GKG. Danach ist für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten ua. über die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend. Dabei ist im Regelfall der Dreimonatsverdienst festzusetzen, es sei denn, der Bestand des Arbeitsverhältnisses wird für einen geringeren Zeitraum geltend gemacht (GMPM/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 12 Rn. 103).

3

2. Eine solche Antragsbeschränkung lag hier nicht vor. Der Kläger hat ohne zeitliche Eingrenzung Kündigungsschutzklage erhoben. Der Gerichtsgebührenwert war auch nicht deshalb unterhalb der Höchstgrenze des § 42 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz GKG festzusetzen, weil die Beklagte neben der vorliegenden Kündigung weitere Kündigungen erklärt hat, die Gegenstand weiterer zwischen den Parteien geführter Kündigungsschutzprozesse sind bzw. waren. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass die betreffenden Kündigungen in einem zeitlichen Abstand von weniger als drei Monaten zur vorliegenden Kündigung erklärt wurden.

4

a) Die Wertberechnung bei Ausspruch mehrerer Kündigungen, die der Arbeitnehmer in unterschiedlichen Verfahren angegriffen hat, ist in der Rechtsprechung der Instanzgerichte umstritten. Nach einer Ansicht soll grundsätzlich für jedes Verfahren der Höchstwert von drei Monatsverdiensten berechnet werden, selbst wenn sich bei einer Bündelung in einem Verfahren ein geringerer Wert ergeben hätte (bspw. LAG Nürnberg 23. Juni 1987 - 4 Ta 6/85 - LAGE ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 78). Nach anderer Auffassung soll es keinen Unterschied machen, ob mehrere Kündigungen in einem oder getrennten Verfahren angegriffen werden. Auch bei getrennter Prozessführung sei darauf abzustellen, ob sich die wirtschaftlichen Interessen, die in den getrennt geführten Prozessen verfolgt werden, teilweise decken. Es könne nicht von der zufälligen Handhabung abhängen, wie sich der Gegenstandswert berechne. Wie bei der Kumulation aller Klageanträge in einem einheitlichen Verfahren sei ein Folgeprozess, der eine von mehreren Kündigungen zum Gegenstand habe, ggf. geringer zu bewerten (bspw. LAG Düsseldorf 8. November 2007 - 6 Ta 590/07 -; ausführlich zum Meinungsstand: GMPM/Germelmann 7. Aufl. § 12 ArbGG Rn. 106 ff.).

5

b) Der Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an. Die Wertberechnung richtet sich nach dem prozessualen Anspruch, der in dem jeweiligen Rechtsstreit verfolgt wird. Bestimmend ist der erhobene Antrag. Werden in einer Klage mehrere Kündigungen angegriffen, handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände mit der Folge, dass grundsätzlich nach § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG eine Addition der Gegenstandswerte vorzunehmen ist. Betreffen die in einer Klage erhobenen Ansprüche allerdings denselben Gegenstand, ist (nur) der Wert des höheren Anspruchs maßgebend, § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Ausgehend von diesen Grundsätzen mag in Fällen einer objektiven Häufung mehrerer Kündigungsschutzanträge Berücksichtigung finden, dass sich das Klageziel in zeitlicher Hinsicht - ggf. auch nur teilweise - deckt. Werden die verschiedenen Kündigungen demgegenüber in unterschiedlichen Prozessen angegriffen, fehlt für eine Anrechnung der jeweiligen Gegenstandswerte eine Rechtsgrundlage (vgl. ErfK/Koch 10. Aufl. § 12 Rn. 16). Die Frage, ob ein Anwalt durch eine solche Verfahrensgestaltung vermeidbare Kosten verursacht, ist für die Bemessung des Gegenstandswerts ohne Bedeutung.

6

3. An die - niedrigere - Festsetzung des Gerichtsgebührenwerts in den Vorinstanzen ist der Senat für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gebunden (vgl. Senat 30. November 1984 - 2 AZN 572/82 (B) - AP ArbGG 1979 § 12 Nr. 9 = EzA ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 36; Hartmann GKG 40. Aufl. § 63 Rn. 35).

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Berger