Entscheidungsdatum: 15.03.2017
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Patentanmeldung 10 2011 114 139.5
hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Phys. Dipl.-Wirtsch.-Phys. Arnoldi und Dipl.-Ing. Matter
beschlossen:
1. Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt – Prüfungsstelle für Klasse H 02 K – hat die am 23. September 2011 eingereichte Anmeldung mit der Bezeichnung
„Elektromotor, insbesondere polumschaltbarer Motor, Verfahren zum Betreiben eines Elektromotors und Elektromotor“
durch Beschluss vom 7. Dezember 2015 zurückgewiesen. In der schriftlichen Begründung ist sinngemäß ausgeführt, die jeweiligen Gegenstände der mit Schriftsatz vom 16. April 2014 eingereichten Patentansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag beruhten nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 1 Abs. 1 PatG i. V. m. § 4 PatG).
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 7. Januar 2016. Sie beantragt,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 K des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Dezember 2015 aufzuheben und das nachgesuchte Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 2 und
Beschreibung, Seiten 1 bis 16, gemäß 6. Hilfsantrag vom 24. Februar 2017 als Hauptantrag,
6 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 6, vom Anmeldetag 23. September 2011,
sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
Der Patentanspruch 1 nach 6. Hilfsantrag vom 24. Februar 2017, jetzt Hauptantrag, hat folgenden Wortlaut:
Verfahren zum Betreiben eines umrichtergespeisten polumschaltbaren Elektromotors,
wobei die Statorwicklung des Motors aus Strängen besteht,
wobei jeder Strang Spulengruppen aufweist,
wobei jede Spulengruppe aus konzentrisch angeordnete Spulen besteht,
wobei die Anschlüsse jeder Spulengruppe zu einer Verschaltungseinheit geführt sind,
wobei die Anzahl parallel geschalteter Spulengruppen eines jeweiligen Strangs von der Verschaltungseinheit bewirkten Verschaltung abhängig von dem Wert einer physikalischen Größe des Elektromotors verändert wird,
wobei mittels der Verschaltungseinheit unterschiedliche Verschaltungen bewirkt werden, so dass die Anzahl verändert wird während des Betriebs des Elektromotors,
wobei vor dem Ändern der Anzahl, also vor dem Ändern des Schaltzustands der Verschaltungseinheit, der Motorstrom auf Null hin geregelt wird und danach das Ändern durchgeführt wird, wonach wiederum der Motorstrom erhöht wird,
wobei die Anzahl abhängig von der Drehzahl verändert wird,
wobei bei Überschreiten eines ersten kritischen Wertes oder Unterschreiten eines zweiten kritischen Wertes die Anzahl verändert wird,
wobei die Anzahl derart gering gewählt wird, dass unter Einhaltung der Spannungsgrenze und der Stromgrenze der zur Erzeugung des Drehmoments notwendige Motorstrom möglichst klein ist,
wobei in einer ersten Schaltart der Verschaltungseinheit jeder Strang jeweils vier, in Reihe geschalteten Gruppen aufweist, also nur eine einzige „parallele Gruppe“ im Strang vorhanden ist,
in einer zweiten Schaltart der Verschaltungseinheit jeder Strang jeweils eine Reihenschaltung von zwei Parallelschaltungen aufweist, wobei jede Parallelschaltung aus zwei zueinander parallel geschalteten Gruppen besteht, so dass also jeder Strang zwei „parallele Gruppen“ aufweist,
in einer dritten Schaltart der Verschaltungseinheit jeder Strang jeweils eine Parallelschaltung aus vier zueinander parallel geschalteten Gruppen besteht, so dass also jeder Strang vier „parallele Gruppen“ aufweist.
Der Patentanspruch 2 nach 6. Hilfsantrag vom 24. Februar 2017, jetzt Hauptantrag, hat folgenden Wortlaut:
Umrichtergespeister polumschaltbarer Elektromotor zur Durchführung eines Verfahrens nach Anspruch 1,
wobei die Statorwicklung aus Strängen (U, V, W) besteht,
wobei jeder Strang Spulengruppen aufweist,
wobei jede Spulengruppe aus konzentrisch gewickelt angeordneten Spulen besteht, wobei die Spulengruppen nebeneinander oder in Umfangsrichtung überlappend angeordnet sind,
wobei die Anschlüsse jeder Spulengruppe zu einer Verschaltungseinheit geführt sind,
wobei von einem Umrichter her führende Leitungen mit den verschalteten Spulengruppen mittels der Verschaltungseinheit verbindbar sind,
wobei die von der Verschaltungseinheit bewirkte Verschaltung eine Anzahl parallel geschalteter Spulengruppen eines jeweiligen Strangs aufweist,
wobei mittels der Verschaltungseinheit unterschiedliche Verschaltungen bewirkbar sind, so dass die Anzahl veränderbar ist während des Betriebs des Elektromotors,
wobei durch Öffnen von Schaltern der Verschaltungseinheit der Motor von dem ihn speisenden Umrichter galvanisch trennbar ist,
wobei in einer ersten Schaltart der Verschaltungseinheit jeder Strang jeweils vier, in Reihe geschalteten Gruppen aufweist, also nur eine einzige „parallele Gruppe“ im Strang vorhanden ist,
in einer zweiten Schaltart der Verschaltungseinheit jeder Strang jeweils eine Reihenschaltung von zwei Parallelschaltungen aufweist, wobei jede Parallelschaltung aus zwei zueinander parallel geschalteten Gruppen besteht, so dass also jeder Strang zwei „parallele Gruppen“ aufweist,
in einer dritten Schaltart der Verschaltungseinheit jeder Strang jeweils eine Parallelschaltung aus vier zueinander parallel geschalteten Gruppen besteht, so dass also jeder Strang vier „parallele Gruppen“ aufweist,
wobei der polumschaltbare Motor eine polumschaltbare Dahlanderwicklung aufweist, insbesondere eine m/n Dahlander-Wicklung wobei m und n jeweils ganze Zahlen größer als 2 sind, insbesondere wobei m = 4 und n = 2 ist,
wobei die parallel und/oder in Reihe geschalteten Spulengruppen aus dem Umrichter versorgbar sind,
wobei die Verschaltungseinheit steuerbare Schalter aufweist, mit welchen die Verschaltung der Spulengruppen bewirkbar ist,
wobei die Spulen der Statorwicklung nach Art einer Dahlanderschaltung verschaltet sind, so dass die Polzahl mittels der Verschaltungseinheit umschaltbar ist, wobei die Anschlüsse der Spulen zur Verschaltungseinheit geführt sind.
Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt wurden folgende Druckschriften genannt:
E1 LU 91 508 A2
E2 US 4 363 985 A
E3 DE 36 31 298 A1
E4 DE 101 57 257 A1
E5 DE 11 2006 002 603 T5
E6 DE 603 20 056 T2
E7 GB 1 050 018 A
E8 DE 698 27 585 T2
E9 DE 699 12 504 T2.
Der Senat hat noch die folgenden Druckschriften eingeführt:
E10 DE 10 2007 020 706 A1
E11 EP 0 703 652 A1
E12 EP 1 986 310 A1
E13 DE 1 488 263 A.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteinhalt verwiesen.
II.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat in der Hauptsache keinen Erfolg.
1. Der Anmeldung liegt laut Beschreibungseinleitung (Fassung vom 24. Februar 2017, Seite 2, Zeilen 23, 24) die Aufgabe zugrunde, einen Antrieb bei kompakter Ausführung energiesparend zu betreiben.
In der Anmeldung geht es darum, die Statorwicklungen eines umrichtergespeisten, dreiphasigen und polumschaltbaren Asynchronmotors so zu wickeln, zu gruppieren und Anschlüsse der gebildeten Spulengruppen so vorzusehen, dass die Spulengruppen jedes der drei Wicklungsstränge mittels einer zwischen Umrichter und Elektromotor platzierten Verschaltungseinheit während des Betriebs unterschiedlich miteinander verschaltet werden können. Insbesondere sollen bei vier Spu-lengruppen pro Wicklungsstrang diese vier Gruppen in Reihe, parallel oder parallel-/seriell verschaltet werden (vgl. Figuren 4 bis 6).
Damit könnten bei jeder Drehzahl und jedem Drehmoment des Elektromotors der Motorstrom und damit die Verlustenergie möglichst klein werden. Zudem werde ein kompakter Antrieb realisiert, da der Umrichter nur einen vergleichsweise geringen Strom zur Verfügung stellen müsse (Seite 3, Zeilen 13 bis 21, Seite 6, Zeilen 12 bis 15, Seite 11, Zeilen 4 bis 20).
Mittels der variablen Verschaltung der Spulengruppen sei der Elektromotor auch polumschaltbar, d. h. bei konstanter Ausgangsfrequenz des Umrichters ergäbe sich durch die Polumschaltung eine unterschiedliche Motordrehzahl (Seite 13, Zeilen 19 bis 23).
In vorteilhafter Weise werde vor dem Ändern der Anzahl der parallel geschalteten Spulengruppen, also vor dem Ändern des Schaltzustands der Verschaltungseinheit, der Motorstrom auf Null hin geregelt und erst nach dem Ändern, also nach dem Schaltvorgang, wieder erhöht. Dadurch seien Schaltverluste verringerbar (Seite 6, Zeilen 17 bis 20; Seite 11, Zeilen 22 bis 24).
2. Vor diesem Hintergrund legt der Senat seiner Entscheidung als zuständigen Fachmann einen Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik zugrunde, der über eine mehrjährige Berufserfahrung in der Entwicklung elektrischer Maschinen verfügt.
3. Die gestellte Aufgabe soll durch die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 2 gelöst werden. Der auf ein Verfahren gerichtete Patentanspruch 1 lässt sich wie folgt gliedern (der Index kennzeichnet voneinander abweichende Fassungen nach den Ansprüchen 1 und 2):
M11 Verfahren zum Betreiben eines umrichtergespeisten polumschaltbaren Elektromotors,
M21 wobei die Statorwicklung des Motors aus Strängen besteht,
M3 wobei jeder Strang Spulengruppen aufweist,
M41 wobei jede Spulengruppe aus konzentrisch angeordnete [sic] Spulen besteht,
M6 wobei die Anschlüsse jeder Spulengruppe zu einer Verschaltungseinheit geführt sind,
M81 wobei die Anzahl parallel geschalteter Spulengruppen eines jeweiligen Strangs von der Verschaltungseinheit bewirkten Verschaltung abhängig von dem Wert einer physikalischen Größe des Elektromotors verändert wird,
M91 wobei mittels der Verschaltungseinheit unterschiedliche Verschaltungen bewirkt werden, so dass die Anzahl verändert wird während des Betriebs des Elektromotors,
M12 wobei vor dem Ändern der Anzahl, also vor dem Ändern des Schaltzustands der Verschaltungseinheit, der Motorstrom auf Null hin geregelt wird und danach das Ändern durchgeführt wird, wonach wiederum der Motorstrom erhöht wird,
M13 wobei die Anzahl abhängig von der Drehzahl verändert wird,
M14 wobei bei Überschreiten eines ersten kritischen Wertes oder Unterschreiten eines zweiten kritischen Wertes die Anzahl verändert wird,
M15 wobei die Anzahl derart gering gewählt wird, dass unter Einhaltung der Spannungsgrenze und der Stromgrenze der zur Erzeugung des Drehmoments notwendige Motorstrom möglichst klein ist,
M11a wobei in einer ersten Schaltart der Verschaltungseinheit jeder Strang jeweils vier, in Reihe geschalteten Gruppen aufweist, also nur eine einzige „parallele Gruppe“ im Strang vorhanden ist,
M11b in einer zweiten Schaltart der Verschaltungseinheit jeder Strang jeweils eine Reihenschaltung von zwei Parallelschaltungen aufweist, wobei jede Parallelschaltung aus zwei zueinander parallel geschalteten Gruppen besteht, so dass also jeder Strang zwei „parallele Gruppen“ aufweist,
„11c in einer dritten Schaltart der Verschaltungseinheit jeder Strang jeweils eine Parallelschaltung aus vier zueinander parallel geschalteten Gruppen besteht, so dass also jeder Strang vier „parallele Gruppen" aufweist.
Der auf eine Vorrichtung gerichtete Anspruch 2 lässt sich wie folgt gliedern:
M12 Umrichtergespeister polumschaltbarer Elektromotor zur Durchführung eines Verfahrens nach Anspruch 1,
M22 wobei die Statorwicklung aus Strängen (U, V, W) besteht,
M3 wobei jeder Strang Spulengruppen aufweist,
M42 wobei jede Spulengruppe aus konzentrisch gewickelt angeordneten Spulen besteht,
M5 wobei die Spulengruppen nebeneinander oder in Umfangsrichtung überlappend angeordnet sind,
M6 wobei die Anschlüsse jeder Spulengruppe zu einer Verschaltungseinheit geführt sind,
M7 wobei von einem Umrichter her führende Leitungen mit den verschalteten Spulengruppen mittels der Verschaltungseinheit verbindbar sind,
M82 wobei die von der Verschaltungseinheit bewirkte Verschaltung eine Anzahl parallel geschalteter Spulengruppen eines jeweiligen Strangs aufweist,
M92 wobei mittels der Verschaltungseinheit unterschiedliche Verschaltungen bewirkbar sind, so dass die Anzahl veränderbar ist während des Betriebs des Elektromotors,
M10 wobei durch Öffnen von Schaltern der Verschaltungseinheit der Motor von dem ihn speisenden Umrichter galvanisch trennbar ist,
M11a wobei in einer ersten Schaltart der Verschaltungseinheit jeder Strang jeweils vier, in Reihe geschalteten Gruppen aufweist, also nur eine einzige „parallele Gruppe“ im Strang vorhanden ist,
M11b in einer zweiten Schaltart der Verschaltungseinheit jeder Strang jeweils eine Reihenschaltung von zwei Parallelschaltungen aufweist, wobei jede Parallelschaltung aus zwei zueinander parallel geschalteten Gruppen besteht, so dass also jeder Strang zwei „parallele Gruppen“ aufweist,
M11c in einer dritten Schaltart der Verschaltungseinheit jeder Strang jeweils eine Parallelschaltung aus vier zueinander parallel geschalteten Gruppen besteht, so dass also jeder Strang vier „parallele Gruppen“ aufweist,
M16 wobei der polumschaltbare Motor eine polumschaltbare Dahlanderwicklung aufweist, insbesondere eine m/n Dahlander-Wicklung,
M17 wobei m und n jeweils ganze Zahlen größer als 2 sind, insbesondere wobei m = 4 und n = 2 ist,
M18 wobei die parallel und/oder in Reihe geschalteten Spulengruppen aus dem Umrichter versorgbar sind,
M19 wobei die Verschaltungseinheit steuerbare Schalter aufweist, mit welchen die Verschaltung der Spulengruppen bewirkbar ist,
M20 wobei die Spulen der Statorwicklung nach Art einer Dahlanderschaltung verschaltet sind, so dass die Polzahl mittels der Verschaltungseinheit umschaltbar ist, wobei die Anschlüsse der Spulen zur Verschaltungseinheit geführt sind.
4. Die Merkmale der Ansprüche 1 und 2 versteht der Fachmann, soweit sie erklärungsbedürftig sind, wie folgt:
Nach den Angaben in den Merkmalen M21/M22, M3 und M41/M42 umfasst jeder Strang der Statorwicklung des Elektromotors mindestens zwei Spulengruppen, die ihrerseits jeweils aus mindestens zwei Spulen gebildet sind. Bei einem Drehstrom-Asynchronmotor, bei dem die Statorwicklung entsprechend der Phasenzahl drei Stränge umfasst, verfügt der beanspruchte Elektromotor somit über mindestens sechs Spulengruppen, wie dies auch die Figur 1 der Anmeldung zeigt. Dort besteht jede der sechs Spulengruppen aus drei Spulen, so dass die Statorwicklung insgesamt 18 Spulen umfasst. Da jede Spule in zwei Nuten gewickelt ist, ergibt sich in diesem Beispiel gemäß der Figur 1 ein Stator mit 36 Nuten.
Unter der konzentrischen Anordnung bzw. der konzentrisch gewickelten Anordnung der Spulen jeder Spulengruppe nach den Merkmal M41 bzw. M42 versteht der Fachmann eine Anordnung, bei der die mindestens zwei Spulen einer Spulengruppe (Figur 1 zeigt drei Spulen je Spulengruppe) so in die Statornuten gewickelt sind, dass sie einen gemeinsamen – virtuellen – Mittelpunkt aufweisen und somit in Umfangsrichtung nicht versetzt zueinander gewickelt sind, wie dies auch aus der Figur 1 der Anmeldung ersichtlich ist (vgl. dort die drei Spulen der ersten Spulengruppe, die in den Nuten (01/12), (02/11) und (03/10) liegen).
Dem Merkmal M81 bzw. M82 entnimmt der Fachmann, dass die mindestens zwei Spulengruppen jedes Stranges der Statorwicklung in beliebiger Kombination von Reihen- und Parallelschaltungen verschaltet werden können. In der Beschreibung ist hierzu ausgeführt, dass die „Anzahl parallel geschalteter Spulengruppen“ auch gleich Eins sein kann, d. h. der Fall der Reihenschaltung aller Spulengruppen eines Stranges ist ebenfalls umfasst. Dies ergibt sich auch explizit aus den Merkmalen M11a, M11b und M11c. Diese konkretisieren zunächst die nach Merkmal M3 nach oben offene Anzahl (nach Merkmal M3: mindestens zwei) auf genau vier Spulengruppen je Strang der Statorwicklung, wie dies auch in den Figuren 3 bis 6 der Anmeldung dargestellt ist. Gemäß der im Merkmal M11a beschriebenen Schaltart der Verschaltungseinheit sind die vier Spulengruppen jedes Strangs in Reihe geschaltet, womit in der Sprache der Anmeldung die Anzahl parallel geschalteter Spulengruppen gleich Eins ist (vgl. Figur 4).
Das Merkmal M11b korrigiert der Fachmann unter Rückgriff auf die Figur 5 und die zugehörige Beschreibung ohne weiteres zu „… jeder Strang jeweils eine Parallelschaltung von zwei Reihenschaltungen aufweist, wobei jede Reihenschaltung aus zwei in Reihe geschalteten Gruppen besteht, so dass also jeder Strang zwei „parallele“ Gruppen aufweist“.
Den „Schaltzustand“ der Verschaltungseinheit nach Merkmal M12 setzt der Fachmann mit der „Schaltart“ der Verschaltungseinheit nach den Merkmalen M11a, M11b und M11c gleich.
Den Angaben in den Merkmalen M13 und M14 entnimmt der Fachmann in Kombination mit den Angaben in den Merkmalen M11a bis M11c, dass die drei unterschiedlichen Schaltarten mit drei Drehzahlbereichen des Elektromotors korrespondieren.
Unter der im Merkmal M15 genannten Einhaltung der Spannungs- bzw. Stromgrenze versteht der Fachmann, dass unter allen Betriebsbedingungen die Anzahl der parallel geschalteten Spulengruppen jedes Strangs der Statorwicklung so gewählt wird, dass es nicht zu einer unzulässigen Überlastung des Elektromotors kommt.
Den Merkmalen M16, M17 und M20 entnimmt der Fachmann, dass die Statorwicklung des beanspruchten Elektromotors als Dahlander-Wicklung ausgeführt ist, die eine Umschaltung der Polzahl im Verhältnis 2:1 erlaubt, wobei die möglichen Polpaarzahlen insbesondere 4 bzw. 2 sind. Dabei liest der Fachmann im Merkmal M17 „jeweils ganze Zahlen größer gleich 2 sind“, da ansonsten die fakultative Wahl von m und n (m = 4 und n = 2) nicht umfasst wäre.
5. Die gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen vorgenommenen Änderungen sind zulässig (§ 38 Satz 1 PatG).
Die Merkmale der Ansprüche 1 und 2 sind wie folgt ursprungsoffenbart:
M11, M12 ursprüngliche Ansprüche 4, 7 und 11
M21, M22 ursprünglicher Anspruch 7
M3 ursprüngliche Ansprüche 7 bzw. 11
M41, M42 ursprüngliche Ansprüche 7 bzw. 11 und Figuren 1, 2
M5 ursprünglicher Anspruch 11 und Figuren 1, 2
M6 ursprünglicher Anspruch 7
M7 ursprünglicher Anspruch 2
M81 ursprünglicher Anspruch 7
M82 ursprünglicher Anspruch 1
M91, M92 ursprünglicher Anspruch 7
M10 ursprünglicher Anspruch 4
M11a - M11c ursprünglicher Anspruch 6
M12 ursprünglicher Anspruch 10
M13, M14 ursprünglicher Anspruch 8
M15 ursprünglicher Anspruch 9
M16, M17 ursprünglicher Anspruch 14
M18 ursprünglicher Anspruch 2
M19 ursprünglicher Anspruch 3
M20 ursprünglicher Anspruch 5.
6. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und ist daher nicht patentfähig (§ 1 PatG i. V. m. § 4 PatG).
Aus der Druckschrift E10 (DE 10 2007 020 706 A1) ist in den Worten des Anspruchs 1 bekannt ein
M11 teils Verfahren zum Betreiben eines polumschaltbaren Elektromotors,
(vgl. Anspruch 10: „Verfahren zum Betrieb eines Asynchronmotors … der Asynchronmotor … zwischen mindestens zwei Polzahlen umgeschaltet wird“)
M21 wobei die Statorwicklung des Motors aus Strängen besteht,
(vgl. Absatz 0029: „...Aufgrund der Forderung nach einem möglichst kompakten Asynchronmotor wurde die Nutzahl möglichst gering gewählt, so dass die Anzahl der Nuten […] des Stators 24 beträgt, unter Berücksichtigung von drei Anschlusssträngen“)
M3 wobei jeder Strang Spulengruppen (vgl. Bezugszeichen 24 in den Figuren 2a und 2b; Bezugszeichen 1 bis 12 in der Figur 2c) aufweist,
(vgl. Anspruch 1: „mit einem Stator mit einer aus mehreren Spulengruppen bestehenden Statorwicklung“; Absatz 0026: „Beispielhaft werden die Spulengruppen durch Anschlüsse repräsentierende Ziffern von S1 bis S12 gekennzeichnet“; Figuren 2a bis 2c)
M41 teils wobei jede Spulengruppe (1 bis 12) aus Spulen (32) besteht,
(vgl. Figur 2c: Die Spulengruppe 1 besteht aus den beiden Spulen die in den Nuten (1/4) und (2/5) liegen, die Spulengruppe 2 aus den beiden Spulen in den Nuten (3/6) und (4/7), etc.)
M6 wobei die Anschlüsse (S1 bis S12) jeder Spulengruppe (1 bis 12) zu einer Verschaltungseinheit (Umschalter) geführt sind,
(vgl. Anspruch 1: „wobei Anzapfleitungen und/oder die Enden der Spulengruppen getrennt aus dem Motor heraus zu einem Umschalter geführt sind“)
M81 wobei die Anzahl parallel geschalteter Spulengruppen (1 bis 12) eines jeweiligen Strangs von der Verschaltungseinheit bewirkten Verschaltung abhängig von dem Wert einer physikalischen Größe des Elektromotors verändert wird,
(vgl. Druckschrift E10, Anspruch 5: „bei dem der Umschalter beim durch ansteigende Frequenz der Stromversorgung hervorgerufenen Erreichen oder Überschreiten einer gegebenen maximalen Drehzahl (10) die Polzahl durch Umschalten erhöht“; Anspruch 6: „bei dem der Umschalter beim durch sinkende Frequenz der Stromversorgung hervorgerufenen Erreichen oder Unterschreiten einer gegebenen minimalen Drehzahl (8) die Polzahl durch Umschalten verringert.“; Figuren 2a und 2b)
M91 wobei mittels der Verschaltungseinheit unterschiedliche Verschaltungen bewirkt werden, so dass die Anzahl verändert wird während des Betriebs des Elektromotors,
(vgl. Figur 3 und Absatz 0030)
M13 wobei die Anzahl abhängig von der Drehzahl verändert wird,
M14 wobei bei Überschreiten eines ersten kritischen Wertes (Überschreiten 44 der maximalen Drehzahl) oder Unterschreiten eines zweiten kritischen Wertes (Unterschreiten 38 der minimalen Drehzahl) die Anzahl verändert wird,
(zu den Merkmalen M13 und M14 vgl. die Absätze 0021, 0030 und 0031 und Figur 3)
M11a wobei in einer ersten Schaltart der Verschaltungseinheit jeder Strang jeweils vier, in Reihe geschalteten Gruppen aufweist, also nur eine einzige „parallele Gruppe“ im Strang vorhanden ist,
(vgl. Figuren 2a und 2c, wonach die drei Stränge der Statorwicklung jeweils aus vier in Reihe geschalteten Spulengruppen bestehen, z. B. der „linke“ Strang der Dreiecksschaltung in Figur 2a aus der Reihenschaltung der vier Spulengruppen 3, 9, 6, 12)
M11b in einer zweiten Schaltart der Verschaltungseinheit jeder Strang jeweils eine Parallelschaltung von zwei Reihenschaltungen aufweist, wobei jede Reihenschaltung aus zwei zueinander in Reihe geschalteten Gruppen besteht, so dass also jeder Strang zwei „parallele Gruppen“, aufweist,
(vgl. Figuren 2b und 2c, wonach die drei Stränge der Statorwicklung jeweils eine Parallelschaltung von zwei Reihenschaltungen aufweisen, so z. B. der „obere“ Strang nach Figur 2b die Parallelschaltung der beiden Spulengruppen 1 und 7 mit den beiden Spulengruppen 4 und 10, wobei nach Figur 2c die Spulengruppen 1 und 7 bzw. 4 und 10 jeweils in Reihe geschaltet sind).
Soweit stimmt der Gegenstand des Anspruchs 1 mit dem aus der Druckschrift E10 bekannten Elektromotor überein.
Als Unterschiede verbleiben
- der Betrieb des Motors an einem Umrichter, wohingegen der aus der Druckschrift E10 bekannte Motor ohne Umrichter aus einer frequenzvariablen Stromversorgung gespeist wird (Rest des Merkmals M1),
- die konzentrische Anordnung der Spulen einer Spulengruppe, während sie nach Druckschrift E10 im Sinne einer Schleifenwicklung versetzt zueinander gewickelt sind (Rest von Merkmal M4 1 /M4 2 ),
- die Regelung des Motorstroms auf Null hin, vor einer Änderung des Schaltzustands der Verschaltungseinheit (Merkmal M12), hierzu schweigt die Druckschrift E10,
- die Wahl der Anzahl der parallelen Spulengruppen in der Weise, dass unter Einhaltung der Spannungs- und Stromgrenze der zur Erzeugung des Drehmoments notwendige Motorstrom möglichst klein ist (Merkmal M15), auch hierzu äußert sich die Druckschrift E10 nicht,
- die Parallelschaltung aller vier Spulengruppen jedes Strangs in einer dritten Schaltart (Merkmal M11c), eine solche Verschaltung ist zumindest explizit in der Druckschrift E10 nicht genannt.
Diese Unterschiede können jedoch nicht das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit begründen:
Die Druckschrift E10 beschäftigt sich mit einer sehr speziellen Umgebung für einen Elektromotor, nämlich einem Passagierflugzeug mit einem frequenzvariablen Stromversorgungsnetz, bei dem aus Platz-, Gewichts- und Zuverlässigkeitsgründen auf den an sich erforderlichen Frequenzumrichter verzichtet wird. Um trotz der auftretenden Frequenzschwankungen die Drehzahl des Elektromotors innerhalb eines bestimmten Bereiches zu halten, wird eine Polumschaltung eingesetzt (vgl. Druckschrift E10, Absätze 0004, 0007 und 0008).
Der Offenbarungsgehalt der Druckschrift E10 ist nicht auf ihr Ausführungsbeispiel, einer Polumschaltung zwischen zwei Polpaarzahlen mittels einer klassischen Dahlander-Wicklung mit einem Polpaarverhältnis von 1:2, beschränkt (vgl. Druckschrift E10, Anspruch 3). Sie lehrt allgemein, dass mittels Umschalten der Statorwicklungen auch drei, vier, fünf oder mehr verschiedene Polpaarzahlen erreicht werden können, um eine stabilere Drehzahl zu erreichen (vgl. Druckschrift E10, Anspruch 2 und Absatz 0010). Da die für diese Polpaarzahlen erforderlichen Schaltarten der Spulengruppen in der Druckschrift E10 nicht angegeben sind, stellt sich dem Fachmann die Aufgabe, die aus der Druckschrift E10 bekannten vier Spulengruppen je Strang des Drehstrom-Asynchronmotors so zu verschalten, dass zumindest drei verschiedene Polpaarzahlen möglich sind. Bei der Suche stößt er auf die Druckschriften E2 (Figuren 4 bis 7), E5 (Figuren 3A, 3B, 3C; Absätze 0034, 0038; Ansprüche 1 bis 4 und 7 bis 9) und E13 (Figuren 1 bis 4), die ihm jeweils die drei unterschiedlichen Schaltarten gemäß den Merkmalen M11a, M11b und M11c zeigen, so dass der Fachmann ausgehend von den aus der Druckschrift E10 bekannten zwei Schaltarten nach den Merkmalen M11a und M11b auch die dritte Schaltart nach Merkmal M11c vorsieht, um wie gewünscht drei verschiedene Polpaarzahlen zu ermöglichen.
Der in der Druckschrift E10 beschriebene Asynchronmotor wird zum Antrieb einer Kühlmittelpumpe in einem Passagierflugzeug verwendet (vgl. Druckschrift E10, Absatz 0018). Dem Fachmann ist bewusst, dass der Kühlungsbedarf in einer solchen Umgebung sehr unterschiedlich sein kann, wobei z. B. je nach Flugzeuggröße der die Kühlmittelpumpe antreibende Elektromotor nicht nur unterschiedliche Drehzahlen, sondern auch unterschiedliche Drehmomente liefern muss. Um diese variablen Anforderungen kostengünstig mit nur einer Motorvariante erfüllen zu können, wird der Fachmann ausgehend von der Druckschrift E10 nach Antriebslösungen suchen, die nicht nur unterschiedliche Drehzahlen, sondern auch unterschiedliche Drehmomente des Elektromotors ermöglichen. Dabei wird der Fachmann aufgrund der fortlaufend sinkenden Kosten und Größe von Leistungshalbleiterbauelementen – trotz gegenteiliger Aussagen in der Druckschrift E10 – zusätzlich zur Polumschaltung einen Umrichter vorsehen (Rest von Merkmal M1), um so eine genauere und flexiblere Motorsteuerung bei unterschiedlichen Frequenzen des Stromversorgungsnetzes und unterschiedlichen Lastverhältnissen zu ermöglichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die Druckschrift E10 einen Nachteil einer Drehzahlregelung alleine durch Polumschaltung anspricht (vgl. Absatz 0010, letzter Satz). Auch die Druckschrift E5 liefert dem Fachmann eine Anregung für eine solche Kombination, denn dort werden die Leistungsversorgung und die Polumschaltung des Elektromotors so angesteuert, dass die unterschiedlichsten Lastfälle mit den jeweils erforderlichen Drehzahlen und Drehmomenten abgedeckt werden können (vgl. Druckschrift E5, Absätze 0058, 0059; Figuren 3, 6).
Das Regeln des Stroms auf Null vor einem Schaltvorgang geht über eine fachmännische Maßnahme zur Schonung des Umrichters und der Schalter in der Verschaltungseinheit nicht hinaus, denn ein Schalten unter Strom würde zu hohen Spannungsspitzen mit den daraus resultierenden Nachteilen, wie Kontaktabbrand bei mechanischen Schaltern oder Zerstörung bei elektronischen Schaltern führen, wie dies z. B. aus der Druckschrift E11 bekannt ist, die bei einem System mit mehreren Umrichtern und mehreren Lasten lehrt, vor einem Lastwechsel den von dem Umrichter gelieferten Strom auf Null zu regeln, vgl. dort Spalte 5, Zeile 42 bis Spalte 6, Zeile 42 sowie Spalte 7, Zeilen 38 bis 57. Auch die Druckschrift E12 äußert sich in dieser Weise, vgl. Absatz 0037 (Merkmal M12).
Bei dem gesamten Antriebssystem darauf zu achten, dass für alle Betriebsfälle, d. h. unterschiedliche Drehzahlen, Drehmomente und Schaltarten, die Spannungs- und Stromgrenzen gemäß Merkmal M15 eingehalten werden, ist für den Fachmann eine selbstverständlich zu erfüllende Anforderung, da anderenfalls die Funktionsfähigkeit oder zumindest die nötige Zuverlässigkeit nicht gegeben wäre.
Die konzentrische Anordnung der einzelnen Spulen jeder Spulengruppe stellt bei einem Drehstrom-Asynchronmotor eine fachübliche Variante dar (Rest der Merkmale M4 1 /M4 2 ) und ist z. B. aus der Druckschrift E2 bekannt (vgl. Spalte 4, Zeilen 39 und 40).
Somit ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
7. Der auf einen Elektromotor gerichtete Anspruch 2 unterscheidet sich inhaltlich vom Verfahren nach Anspruch 1 in den Merkmalen M5, M7, M10 und M16 bis M20, die wie folgt aus dem Stand der Technik, insbesondere der bereits zum Anspruch 1 genannten Druckschrift E10, bekannt sind bzw. sich für den Fachmann in naheliegender Weise ergeben:
M5 wobei die Spulengruppen (1 bis 12) nebeneinander oder in Umfangsrichtung überlappend angeordnet sind,
(vgl. Figur 2c der Druckschrift D10, aus der ersichtlich ist, dass z. B. die Spulengruppen 1, 4, 7 und 10 nebeneinander angeordnet sind, während die Spulengruppen 1 und 2 in Umfangsrichtung überlappend angeordnet sind)
M7 wobei von einem Umrichter her führende Leitungen mit den verschalteten Spulengruppen (1 bis 12) mittels der Verschaltungseinheit (Umschalter) verbindbar sind,
(teilweise aus Druckschrift E10 bekannt, vgl. Anspruch 1: „wobei Anzapfleitungen und/oder die Enden der Spulengruppen getrennt aus dem Motor heraus zu einem Umschalter geführt sind, der ein Beschränken der Drehzahl des Asynchronmotors bei unterschiedlichen Frequenzen der Stromversorgung auf einen vorbestimmten Bereich durch Polumschaltung ermöglicht“; dabei befindet sich der Umschalter zwischen Stromversorgung und den Anschlüssen der Statorspulengruppen; da sich der Einsatz eines Umrichters statt einer frequenzvariablen Stromversorgung für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Druckschrift E10 ergibt, wie zum Anspruch 1 ausgeführt, ersetzt der Umrichter dann diese Stromversorgung, womit sich das Merkmal M7 für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Druckschrift E10 ergibt)
M10 wobei durch Öffnen von Schaltern der Verschaltungseinheit der Motor von dem ihn speisenden Umrichter galvanisch trennbar ist,
(Das Vorsehen von Schaltern zwischen dem Umrichter (bzw. allgemein zwischen einer Leistungsversorgung) und einem davon gespeisten Elektromotor geht über fachübliches Vorgehen nicht hinaus, vgl. auch die Druckschriften E11 (Figur 1, Schalter SA1 bis SA6) und E12 (Figur 4, Schalter 24a)).
M16 wobei der polumschaltbare Motor eine polumschaltbare Dahlanderwicklung aufweist, insbesondere eine m/n Dahlander-Wicklung,
M17 wobei m und n jeweils ganze Zahlen größer gleich 2 sind, insbesondere wobei m = 4 und n = 2 ist,
(zu den Merkmalen M16 und M17: vgl. Druckschrift E10, die in ihren Figuren 1, 2a und 2c eine fachübliche polumschaltbare Dahlanderwicklung (Dreieck- und Doppelstern-Schaltung) mit den möglichen Polpaarzahlen 2 und 4 zeigt).
M18 wobei die parallel und/oder in Reihe geschalteten Spulengruppen aus dem Umrichter versorgbar sind,
(Merkmal M18 geht inhaltlich nicht über Merkmal M7 hinaus)
M19 wobei die Verschaltungseinheit steuerbare Schalter aufweist, mit welchen die Verschaltung der Spulengruppen bewirkbar ist,
(steuerbare Schalter sind fachüblich, vgl. z. B. die Druckschrift E10 (Absatz 9: „einen durch ein Elektronikgerät gesteuerten Umschalter“), Druckschrift E5 (vgl. Absatz 0038: „Eine Steuervorrichtung 48 kann betriebsmäßig mit dem Leistungswandler 42 gekoppelt sein und konfiguriert sein, um eine oder mehrere Schaltvorrichtungen 44a-j basierend auf einem erwünschten Betrieb des selektiv konfigurierbaren Elektromotors 20 zu betreiben“) und Druckschrift E12 (Absatz 0027 und Figur 4))
M20 wobei die Spulen der Statorwicklung nach Art einer Dahlanderschaltung verschaltet sind, so dass die Polzahl mittels der Verschaltungseinheit umschaltbar ist, wobei die Anschlüsse der Spulen zur Verschaltungseinheit geführt sind,
(das Merkmal M20 geht inhaltlich insofern über das Merkmal M16 hinaus, als dass nicht nur die Anschlüsse der Spulengruppen, sondern auch die Anschlüsse der Spulen zur Verschaltungseinheit geführt sind; dies ist aus der Druckschrift E10 bekannt (vgl. Anspruch 1: „wobei Anzapfleitungen und/oder die Enden der Spulengruppen getrennt aus dem Motor heraus zu einem Umschalter geführt sind“), ergänzend wird noch auf die Druckschrift E2 (vgl. Figur 2) verwiesen).
Danach ergibt sich auch der Gegenstand des Anspruchs 2 für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
8. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war gemäß § 80 Abs. 3 PatG anzuordnen.
Ob die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Senats. Sie ist veranlasst, wenn es aufgrund besonderer Umstände unbillig wäre, die Gebühr einzubehalten. Solche besonderen Umstände können u. a. in einem fehlerhaften Verfahren der Prüfungsstelle liegen, sofern dies ursächlich für die Beschwerdeeinlegung war (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., 2014, § 80 Rdn. 111 ff., § 73 Rdn. 131 ff. m. Nw.; Benkard, PatG, 11. Aufl., 2015, § 80 Rdn. 22 und 25 m. Nw.; BPatG, Beschluss vom 28. Dezember 2005, 21 W (pat) 63/05, BPatGE 49, 154, 161 ff. – Tragbares Gerät; Beschluss vom 18. Mai 2006 – 10 W (pat) 1/05, BlPMZ 2006, 372, 374 – Frequenzsignal). Darauf, ob die Beschwerde im Ergebnis Erfolg hat, kommt es nicht an. Die Rückzahlung kann auch bei einer erfolglosen Beschwerde angeordnet werden (vgl. Schulte, a. a. O., § 73 Rdn. 133). Bei Würdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalles hält der Senat eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen für angezeigt.
Die Prüfungsstelle hat verfahrensfehlerhaft die von der Anmelderin beantragte Verlegung der auf Montag, den 7. Dezember 2015, 12.00 Uhr, terminierten Anhörung abgelehnt und aufgrund der in Abwesenheit der Anmelderin bzw. ihres Vertreters durchgeführten Anhörung mit am Ende verkündeten Zurückweisungsbeschluss zugleich den Anspruch der Anmelderin auf rechtliches Gehör verletzt.
Nachdem im Patentgesetz Vorschriften für die Verlegung eines Anhörungstermins vor der Prüfungsstelle nicht existieren, ist insoweit, im Hinblick auf die justizförmige Ausgestaltung der Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, auf eine entsprechende Anwendung der einschlägigen ZPO-Bestimmungen, hier des § 227 Abs. 1 ZPO, zurückzugreifen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 1994, X ZB 7/93, GRUR 1994, 724 – Spinnmaschine; BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009, I ZB 53/07, GRUR 2010, 231 – Legostein, zum Markenlöschungsverfahren). Nach dieser Bestimmung kann ein Termin aus erheblichen Gründen verlegt werden. Ein erheblicher Grund liegt vor, wenn ein Beteiligter oder sein Vertreter ohne Verschulden am Erscheinen zu dem Termin verhindert ist (§ 227 Abs. 1 Nr. 1 ZPO entspr.). Eine unverschuldete Verhinderung des Firmenvertreters der Anmelderin an der Wahrnehmung des Anhörungstermins ist hier anzuerkennen.
Unbestritten hat der Vertreter per E-Mail am Morgen des 7. Dezember 2015 um Terminverlegung gebeten, weil sein Sohn Fieber habe und seine Frau selber beim Arzt sei. Diese Bitte hat er, ausweislich einer Telefonnotiz in den Akten, nochmals in einem am späteren Vormittag des 7. Dezember 2015 mit dem Prüfer geführtem Telefonat vorgetragen. Durch die nicht vorhersehbare fiebrige Erkrankung seines Sohnes und die gleichzeitige Abwesenheit der Ehefrau, ist anzuerkennen, dass der Vertreter der Anmelderin, um seiner Aufsichtspflicht als Elternteil für das kranke Kind nachzukommen, an dem Morgen ohne Verschulden verhindert war, die Fahrt von Baden-Württemberg nach München zur Wahrnehmung des Anhörungstermins anzutreten. Dies hat offenbar auch der Prüfer so beurteilt, da er, wie in seiner Aktennotiz vermerkt, in dem Telefonat Verständnis für die Situation des Anmeldervertreters geäußert hat. Gleichwohl hat er eine Verlegung der Anhörung abgelehnt aus dem Zwang der hohen Arbeitsbelastung (es seien 32 weitere Anhörungen terminiert und ein Ausweichtermin könne erst in 2017 in Aussicht gestellt werden) und dem Unwillen, die in die Vorbereitung der Anhörung investierte Arbeit zu entwerten.
Zwar räumt die Kann-Bestimmung des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch bei Vorliegen eines erheblichen Grundes grundsätzlich ein Ermessen bei der Gewährung einer Terminänderung ein. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht jedoch kein Ermessensspielraum mehr, wenn die erheblichen Gründe den Anspruch auf rechtliches Gehör eines Beteiligten berühren und bei Ablehnung der beantragten Terminänderung ihm die Möglichkeit entzogen wäre, sich in der betreffenden Instanz sachgemäß und erschöpfend über alle entscheidungsrelevanten Umstände zu erklären. Gegen eine Verlegung sprechende Gründe, wie insbesondere eine Beschleunigung und Konzentration des Verfahrens, haben dann zurückzutreten (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2004, X ZR 212/02, GRUR 2004, 354 – Crimpwerkzeug). So verhält es sich hier. Der Anmelderin ist durch die Ablehnung der beantragten Terminverlegung und die Verkündung des Beschlusses am Ende der in Abwesenheit ihres Vertreters durchgeführten Anhörung die Möglichkeit abgeschnitten worden, sich vor der Beschlussfassung zu den wesentlichen, die Zurückweisung der Anmeldung tragenden Umständen äußern zu können (§ 48 PatG i. V. m. § 42 Abs. 3 Satz 2 PatG, Art 103 Abs. 1 GG).
Auf den Prüfungsbescheid vom 13. Mai 2013, in dem insbesondere die Gegenstände des ursprünglichen Patentanspruchs 1 sowie der untergeordneten ursprünglichen Ansprüche 2, 4 und 6 als nicht neu gegenüber der Druckschrift E1 beanstandet worden sind, hat die Anmelderin mit Eingabe vom 16. April 2014 geänderte Patentansprüche nach Hauptantrag sowie einen 1. Hilfsantrag eingereicht und hilfsweise eine Anhörung beantragt. Dabei sind die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 1, 2 und 4 bzw. 1, 2, 4 und 6 in die Gegenstände der jeweiligen Patentansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag aufgenommen worden. In einer Mitteilung vom 30. November 2015, also fast eineinhalb Jahre nach der Eingabe der Anmelderin, hat die Prüfungsstelle der Anmelderin zur Vorbereitung des Termins am 7. Dezember 2015 sechs weitere Druckschriften E4 bis E9 übermittelt und die Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag vom 16. April 2014 als nicht neu gegenüber der Druckschrift E1 gerügt, was die Schriften E4 bis E9 unterstreichen würden. In den schriftlichen Gründen des am Ende der Anhörung verkündeten Beschlusses ist die Zurückweisung hingegen darauf gestützt worden, dass die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Hilfsantrag und Hauptantrag gegenüber dem nächstkommenden Stand der Technik in den Druckschriften E4 und E5 als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend gelten würden. Weder zu dem bis dahin im Verfahren noch nicht eingeführten neuen rechtlichen Gesichtspunkt der mangelnden erfinderischen Tätigkeit nach § 4 PatG, noch zu den neu eingeführten Schriften E4 und E5, die als nächstkommender Stand der Technik der Zurückweisung nach § 4 PatG zugrunde gelegt worden sind, konnte sich die Anmelderin in angemessener Frist vor der Beschlussverkündung erklären.
Der Bescheid vom 30. November 2015, mit dem die Schriften übermittelt worden sind, ist am Dienstag, den 1. Dezember 2015, versandt worden, so dass er, gerechnet mit einer dreitägigen Postlaufzeit, im Zweifel erst am Freitag, den 4. Dezember 2015, bei der Anmelderin eingegangen ist. Bis zu dem Anhörungstermin am Montag, den 7. Dezember 2015, war mit dem dazwischen liegenden Wochenende folglich auch auf schriftlichem Weg keine ausreichende Möglichkeit mehr für die Anmelderin, zu den neuen Schriften Stellung zu nehmen. Soweit in den schriftlichen Beschlussgründen am Ende – ohne nähere Ausführungen – erwähnt ist, dass die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag auch neuheitsschädlich aus den Entgegenhaltungen E1 und E2 bekannt seien, wie in dem Prüfbescheid vom 13. Mai 2013 dargelegt, wahrt dies nicht das rechtliche Gehör der Anmelderin. Denn darauf ist die Zurückweisung der Patentanmeldung ersichtlich nicht gestützt worden, da die Beschlussgründe eine hierauf basierende mangelnde Patentfähigkeit ausdrücklich dahinstehen lassen. Zudem wäre es widersprüchlich, einerseits als nächstkommenden Stand der Technik die Druckschriften E4 und E5 zu beurteilen, die den Gegenständen der Ansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag nicht neuheitsschädlich entgegenstehen, sondern – nur – die mangelnde erfinderische Tätigkeit begründen, wenn andererseits neuheitsschädlicher Stand der Technik in den Entgegenhaltungen E1 und E2 vorhanden sein soll. Auch hieraus ist zu schließen, dass die Zurückweisung nicht – auch – mit fehlender Neuheit nach § 3 PatG gegenüber diesen beiden Druckschriften begründet worden ist.
Die fehlerhaft, in Abwesenheit des Vertreters der Anmelderin durchgeführte Anhörung mit Beschlussverkündung und die damit verbundene Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör waren schließlich auch ursächlich für die Beschwerdeeinlegung. Denn nur auf diesem Weg konnte die Anmelderin ihr rechtliches Gehör wahrnehmen und auf den neu in dem Beschluss eingeführten Zurückweisungsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit und die hierfür herangezogenen neuen Druckschriften E4 und E5 reagieren. Es ist nicht auszuschließen, dass sich bei umfänglicher Erörterung der Sach- und Rechtslage in einer verlegten Anhörung unter Berücksichtigung der von der Anmelderin in Reaktion auf den Zurückweisungsbeschluss mit der Beschwerde gestellten weiteren Hilfsanträge die Beschwerde erübrigt hätte.