Entscheidungsdatum: 20.12.2010
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2005 034 168.3 - 32
hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Bertl, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dr.-Ing. Scholz und Dipl.-Ing. J. Müller
beschlossen:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdegebühr wird nicht zurückgezahlt.
I.
Die am 21. Juli 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Verfahren zum Bedienen und Beobachten eines Steuergeräts, hiermit korrespondierendes Bedien-/Beobachtungsgerät, Steuergerät sowie Maschine mit einem solchen Steuergerät und Verwendungen des Verfahrens sowie Datenspeichermedien“
wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 05 B des Deutschen Patent- und Markenamtes durch Beschluss vom 13. März 2007 mit der Begründung zurückgewiesen, die Patentansprüche 21 und 22 seien auf herkömmliche Speichermedien für die Speicherung von Daten oder von Computerprogrammen als solchen gerichtet.
Gegen diesen Beschluss richtet sich Beschwerde der Anmelderin.
Sie beantragt:
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 05 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. März 2007 aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 33 und
Beschreibungsseiten 1, 1a, 1b und 5 vom 15. Dezember 2006,
übrige Beschreibungsseiten 2 bis 4 und 6 bis 22 sowie
9 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 17, vom Anmeldetag 21. Juli 2005,
hilfsweise,
Patentansprüche 1 bis 31 gemäß 1. Hilfsantrag,
Patentansprüche 1 bis 22 gemäß 2. Hilfsantrag,
jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung,
übrige Unterlagen jeweils wie Hauptantrag,
Außerdem beantragt sie, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag vom 15. Dezember 2006 lautet unter Einfügung einer Gliederung:
a) „Verfahren zum Bedienen und Beobachten eines Steuergeräts (9) mittels eines damit datentechnisch verbundenen Bedien/Beobachtungsgeräts (1),
b) wobei das Steuergerät (9) und das Bedien-/Beobachtungsgerät (1) eine prozessorgestützte Steuereinheit (10) zum Ausführen von Softwareprogrammen aufweist,
c) - wobei auf dem Steuergerät (9) ein Interpreter-Programm (24) ausgeführt wird, welches auf Skripte (31) mit Anzeigebausteinen (32) und Programmstrukturen (33) zugreifen kann,
d) - wobei die Programmstrukturen (33) auf Betriebsdaten der Firmware des Steuergeräts (9) zugreifen können, wobei die Betriebsdaten in Anzeigedaten eines vorgebbaren Anzeigeformats umgewandelt werden und umgekehrt, und
e) - wobei die Skripte (31) abgearbeitet werden, wobei die Programmstrukturen (33) das zugehörige Ergebnis in Form von Anzeigebausteinen (32) mit ggf. den Anzeigedaten im vorgegebenen Anzeigeformat zusammenstellen und das Ergebnis dem Bedien-/ Beobachtungsgerät (1) zur Verfügung stellen,
dadurch gekennzeichnet,
f) - dass auf dem Bedien-/Beobachtungsgerät (1) ein Anzeigeprogramm (28) ausgeführt wird, um zumindest Anzeigebausteine (32) im vorgebbaren Anzeigeformat darzustellen, und
g) - dass in den Anzeigebausteinen (32) Verweise auf zumindest ein Skript (31) auf dem Steuergerät (9) hinterlegt sind, welche in Zusammenhang mit einem Ereignis stehen, wobei dann das zugehörige Skript (31) bei Eintritt des Ereignisses vom Interpreter-Programm (24) gestartet und abgearbeitet wird.“
Der Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag überreicht in der mündlichen Verhandlung am 20. Dezember 2010 lautet unter Fortführung der Gliederung:
a) „Verfahren zum Bedienen und Beobachten eines Steuergeräts (9) mittels eines damit datentechnisch verbundenen Bedien/Beobachtungsgeräts (1),
b) wobei das Steuergerät (9) und das Bedien-/Beobachtungsgerät (1) eine prozessorgestützte Steuereinheit (10) zum Ausführen von Softwareprogrammen aufweist,
c) - wobei auf dem Steuergerät (9) ein Interpreter-Programm (24) ausgeführt wird, welches auf Skripte (31) mit Anzeigebausteinen (32) und Programmstrukturen (33) zugreifen kann,
d) - wobei die Programmstrukturen (33) auf Betriebsdaten der Firmware des Steuergeräts (9) zugreifen können, wobei die Betriebsdaten in Anzeigedaten eines vorgebbaren Anzeigeformats umgewandelt werden und umgekehrt, und
e) - wobei die Skripte (31) abgearbeitet werden, wobei die Programmstrukturen (33) das zugehörige Ergebnis in Form von Anzeigebausteinen (32) mit ggf. den Anzeigedaten im vorgegebenen Anzeigeformat zusammenstellen und das Ergebnis dem Bedien-/ Beobachtungsgerät (1) zur Verfügung stellen,
dadurch gekennzeichnet,
h) - dass mehrere Anzeigebausteine (32) zu Anzeigeseiten kombiniert werden,
i) - dass die Anzeigebausteine (32) bzw. die aus Anzeigebausteinen (32) kombinierten Anzeigeseiten in ein komprimiertes Dateiformat in einer Ergebnisdatei (25) gespeichert werden,
f) - dass auf dem Bedien-/Beobachtungsgerät (1) ein Anzeigeprogramm (28) ausgeführt wird, um zumindest Anzeigebausteine (32) im vorgebbaren Anzeigeformat darzustellen, und
g) - dass in den Anzeigebausteinen (32) Verweise auf zumindest ein Skript (31) auf dem Steuergerät (9) hinterlegt sind, welche in Zusammenhang mit einem Ereignis stehen, wobei dann das zugehörige Skript (31) bei Eintritt des Ereignisses vom Interpreter-Programm (24) gestartet und abgearbeitet wird.“
Der Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag überreicht in der mündlichen Verhandlung am 20. Dezember 2010 lautet unter Fortführung der Gliederung:
a) „Verfahren zum Bedienen und Beobachten eines Steuergeräts (9) mittels eines damit datentechnisch verbundenen Bedien/Beobachtungsgeräts (1),
b) wobei das Steuergerät (9) und das Bedien-/Beobachtungsgerät (1) eine prozessorgestützte Steuereinheit (10) zum Ausführen von Softwareprogrammen aufweist,
c) - wobei auf dem Steuergerät (9) ein Interpreter-Programm (24) ausgeführt wird, welches auf Skripte (31) mit Anzeigebausteinen (32) und Programmstrukturen (33) zugreifen kann,
d) - wobei die Programmstrukturen (33) auf Betriebsdaten der Firmware des Steuergeräts (9) zugreifen können, wobei die Betriebsdaten in Anzeigedaten eines vorgebbaren Anzeigeformats umgewandelt werden und umgekehrt, und
e) - wobei die Skripte (31) abgearbeitet werden, wobei die Programmstrukturen (33) das zugehörige Ergebnis in Form von Anzeigebausteinen (32) mit ggf. den Anzeigedaten im vorgegebenen Anzeigeformat zusammenstellen und das Ergebnis dem Bedien-/ Beobachtungsgerät (1) zur Verfügung stellen,
dadurch gekennzeichnet,
h) - dass mehrere Anzeigebausteine (32) zu Anzeigeseiten kombiniert werden,
i) - dass die Anzeigebausteine (32) bzw. die aus Anzeigebausteinen (32) kombinierten Anzeigeseiten in ein komprimiertes Dateiformat in einer Ergebnisdatei (25) gespeichert werden,
j) - dass die Ergebnisdatei (25) nach dem Laden durch das Anzeigeprogramm (28) wieder dekomprimiert wird,
f) ausgeführt wird, um zumindest Anzeigebausteine (32) im vorgebbaren Anzeigeformat darzustellen, und
g) - dass in den Anzeigebausteinen (32) Verweise auf zumindest ein Skript (31) auf dem Steuergerät (9) hinterlegt sind, welche in Zusammenhang mit einem Ereignis stehen, wobei dann das zugehörige Skript (31) bei Eintritt des Ereignisses vom Interpreter-Programm (24) gestartet und abgearbeitet wird,
k) - dass das Ereignis ein interner Melde- oder Alarmzustand des Steuergerätes (9) ist,
l) - dass der interne Melde- oder Alarmzustand (9) vom Steuergerät (9) zyklisch ausgegeben wird,
m) - dass das Anzeigeprogramm (28) zyklisch das Vorhandensein von aktualisierten Anzeigebausteinen (32) bzw. von aus Anzeigebausteinen (32) kombinierten aktualisierten Anzeigeseiten prüft und diese bei Vorliegen lädt und darstellt,
n) - dass das Interpreter-Programm (24) durch die Steuereinheit (10) in einem Hintergrundprozess ausgeführt wird, wobei
o) die Steuereinheit (10) Softwareprogramme eines Realtime-Betriebssystems ausführt.“
Die Aufgabenstellung lautet (Seite 5, Absätze 1 und 2 der Unterlagen vom 15. Dezember 2006), ein Verfahren sowie ein korrespondierendes Bedien-/Beobachtungsgerät und Steuergerät sowie eine Maschine mit einem solchen Steuergerät anzugeben, durch welche der Aufwand für die Entwicklung und Wartung eines Bedien-/Beobachtungsgerätes sowie eines Steuergerätes verringert werde. Weiter soll der Aufwand zur Anpassung eines Bedien-/Beobachtungsgeräte an ein anzuschließendes Steuergerät vermindert werden.
Zur Begründung ihrer Beschwerde führt die Anmelderin aus, dadurch, dass auf dem fest mit der Maschine verbundenen Steuergerät eine Interpreter-Programm installiert sei, dass auf eine Datenbibliothek mit einer Vielzahl verschiedener Skripte zugreifen könne, durchbreche die Erfindung die bislang gängige Praxis, wonach auf einem Bedien-/Beobachtungsgerät die gesamte Funktionalität gespiegelt sein müsse, die auf dem Steuergerät einer Maschine vorhanden sei. Dadurch sei das Bedien-/Beobachtungsgerät bislang stets nur für einen bestimmten Typ von Steuergeräten verwendbar, zudem müssten etwaige Änderungen immer bei beiden Geräten parallel zueinander vollzogen werden. Durch die Erfindung sei es nun möglich das Bedien-/Beobachtungsgerät wesentlich unabhängiger von den Steuergeräten einzusetzen, da es nur Grundfunktionalitäten aufweisen, nicht jedoch das Steuergerät spiegeln müsse. Zudem habe der Bediener keine Möglichkeit auf die Firmware des Steuergerätes zuzugreifen. Dadurch sei das Know-how, das in der Entwicklung der Steuerung stecke, wirkungsvoller geschützt.
Für diese Verfahrensweise gebe es aus dem Stand der Technik, der von der Prüfungsstelle genannt worden sei, keine Anregung, so dass das Verfahren gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des Wortlauts der weiteren Patentansprüche nach den jeweiligen Anträgen und den Besonderheiten des Prüfungsverfahrens wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die frist- und formgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sache im Ergebnis keinen Erfolg.
1. Das Verfahren nach geltendem Patentanspruch gemäß Hauptantrag ergibt sich bereits aus der EP 1 548 527 A1 die von der Prüfungsstelle im Prüfungsverfahren als Entgegenhaltung 1 genannt worden ist. Aus dieser Druckschrift ist in den Worten des Patentanspruchs 1 ausgedrückt, Folgendes bekannt (vgl. insbesondere Fig. 1 sowie 2): ein
a) „Verfahren zum Bedienen und Beobachten eines Steuergeräts (Steuer-/Regeleinrichtung 1,4) mittels eines damit datentechnisch verbundenen Bedien/Beobachtungsgeräts (Absatz [0028]: Der Anwender erhält über einen Bildschirm Anweisungen und hat die Möglichkeit in Menus auszuwählen sowie Parameter einzugeben. Dies impliziert, dass eine Eingabemöglichkeit vorhanden sein muss, sei es, dass der Bildschirm als Touch panel ausgeführt oder eine separate Tastatur vorhanden ist. ),
b) wobei das Steuergerät (1,4) und das Bedien-/Beobachtungsgerät eine prozessorgestützte Steuereinheit (Embedded-Rechnersystem 21a, vgl. Abs. [0024], [0046]) zum Ausführen von Softwareprogrammen aufweist,
c) wobei auf dem Steuergerät (1) ein Interpreter-Programm (10) ausgeführt wird, welches auf Skripte (Makros 12a - e) mit Anzeigebausteinen (Spalte 9, Zeilen 32 bis 34 : Die Kontrollanweisung 18c, die ihrerseits Teil eines Makros 12a ist - vgl. Fig. 3 - , erzeugt auf dem Bildschirm eine Eingabemaske ) und Programmstrukturen (Spalte 9, Zeilen 21 bis 25: Verzweigungen, Schleifen oder Abfragen ) zugreifen kann,
d) wobei die Programmstrukturen auf Betriebsdaten der Firmware des Steuergeräts (1,4) zugreifen können (Spalte 1, Zeilen 33 bis 38: Die Software ist in Form einer Firmware fest in dem Gerät installiert ), wobei die Betriebsdaten in Anzeigedaten eines vorgebbaren Anzeigeformats umgewandelt werden und umgekehrt (Spalte 1, Zeilen 46 bis 48: Die Software 2a dient zur Realisierung von Bedien - und Visualisierungsfunktionen ),
e) wobei die Skripte ( Makros ) abgearbeitet werden, wobei die Programmstrukturen ( Kontrollanweisungen ) das zugehörige Ergebnis in Form von Anzeigebausteinen ( Visualisierung ) mit ggf. den Anzeigedaten im vorgegebenen Anzeigeformat zusammenstellen und das Ergebnis dem Bedien-/Beobachtungsgerät ( Bedienfunktionen ) zur Verfügung stellen,
wobei,
f) auf dem Bedien-/Beobachtungsgerät ein Anzeigeprogramm ( Visualisierungsfunktionen ) ausgeführt wird, um zumindest Anzeigebausteine (z. B. Spalte 5, Zeilen 32 bis 34: Eingabemasken ) im vorgebbaren Anzeigeformat darzustellen, und
g) in den Anzeigebausteinen Verweise auf zumindest ein Skript auf dem Steuergerät hinterlegt sind (z. B. Absatz [0042]: Der Anwender wird über eine Bildschirmmaske zur Angabe des Parameters aufgefordert, ob ein Geber vorhanden ist oder nicht. ), welche in Zusammenhang mit einem Ereignis stehen ( Eingabe des Wertes ), wobei dann das zugehörige Skript bei Eintritt des Ereignisses vom Interpreter-Programm gestartet und abgearbeitet wird ( Die Hochlaufzeit wird durch eine bedingte Verzweigung entweder auf 5 Sekunden oder auf 2 Sekunden gesetzt ).
Daher ist der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 PatG mangels Neuheit seines Gegenstandes nicht gewährbar.
2. Das Verfahren nach geltendem Patentanspruch gemäß 1. Hilfsantrag ergibt sich für den Fachmann, bei dem es sich nach Ansicht des Senats hier um einen Diplom-Ingenieur mit Hochschul- oder zumindest Fachhochschulabschluss der Fachrichtungen Elektrotechnik, Informatik oder Mechatronik handelt, der mit dem Entwurf der Steuerung von Werkzeugmaschinen beauftragt ist, in nahe liegender Weise aus der EP 1 548 527 A1:
Über den Hauptantrag hinaus sind im Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag die Merkmale genannt,
h) dass mehrere Anzeigebausteine (32) zu Anzeigeseiten kombiniert werden, sowie
i) dass die Anzeigebausteine (32) bzw. die aus Anzeigebausteinen (32) kombinierten Anzeigeseiten in ein komprimiertes Dateiformat in einer Ergebnisdatei (25) gespeichert werden.
Zum einen ist für den Senat kein kombinatorischer Effekt dieser Maßnahmen zu den anderen im Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag enthaltenen Maßnahmen zu erkennen; zum anderen handelt es sich sowohl bei der Maßnahme, Bildschirmseiten aus mehreren Softwaremodulen gemäß Merkmal h) aufzubauen als auch speicherplatzintensive Programmteile entsprechende Merkmal i) in komprimierter Form zu speichern, um Maßnahmen, die in der Datenverarbeitung gang und gäbe sind und daher weder für sich noch in Aggregation mit anderen bereits bekannten Maßnahmen eine Besonderheit darstellen.
Im Übrigen umfassen diese Merkmale nach Seite 9 Absatz 3 der Beschreibung auch die Darstellung eines Stammmenüs, wobei Menüs zum Aufruf von weiteren Skripten (Makros) aus der EP 1 548 527 (Sp. 9, Z. 51 bis 55) bekannt sind.
Daher beruht der Patentanspruch 1 nach 1. Hilfsantrag nicht auf erfinderischer Tätigkeit, er ist gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 PatG nicht gewährbar.
3. Das Verfahren nach geltendem Patentanspruch gemäß 2. Hilfsantrag ergibt sich für den Fachmann ebenfalls in nahe liegender Weise aus der EP 1 548 527 A1:
Über den 1. Hilfsantrag hinaus sind im Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag die Merkmale genannt,
k) dass das Ereignis ein interner Melde- oder Alarmzustand des Steuergerätes (9) ist,
l) dass der interne Melde- oder Alarmzustand (9) vom Steuergerät (9) zyklisch ausgegeben wird,
m) dass das Anzeigeprogramm (28) zyklisch das Vorhandensein von aktualisierten Anzeigebausteinen (32) bzw. von aus Anzeigebausteinen (32) kombinierten aktualisierten Anzeigeseiten prüft und diese bei Vorliegen lädt und darstellt,
n) dass das Interpreter-Programm (24) durch die Steuereinheit (10) in einem Hintergrundprozess ausgeführt wird, wobei
o) die Steuereinheit (10) Softwareprogramme eines Realtime-Betriebssystems ausführt.“
Abgesehen davon, dass sich die Merkmale k) bis m), das Merkmal n) sowie das Merkmal o) weder gegenseitig bedingen noch einen kombinatorischen Effekt aufweisen, und für sich gesehen nach Überzeugung des Senats zum Bereich des selbstverständlichen Handelns des Fachmann gehören, sind diese Merkmale wiederum durch die EP 1 548 527 A1 vorweggenommen oder nahegelegt.
So sind dort entsprechend Merkmal k), Aufgaben des Betriebssystems (des Steuergeräts) genannt (Spalte 11, Zeilen 24 bis 26), wozu zweifellos auch Alarme gehören (Spalte 6, Zeile 23), die unter anderem zwingend eine Anzeige auf dem Bildschirm zur Folge haben.
Weiter ist in der EP 1 548 527 A1 zwar nur ein nichtzyklischer Datenaustausch für Visualisierungszwecke ausdrücklich genannt (Spalte 7, Zeilen 52 bis 54), die Formulierung „auch“ impliziert jedoch, dass der Fachmann entsprechend Merkmal m) für den Normalfall an eine zyklische Abfrage denkt. Analog dazu realisiert er selbstverständlich auch die Ausgabe der Meldungen und Alarme, wie in Merkmal l) angegeben, durch einen zyklischen Datenaustausch.
Wie in Merkmal n) gefordert, sind gemäß EP 1 548 527 A1 Kommunikationsaufgaben, also die Bedien- und Visualisierungsfunktionen, einer Hintergrundebene zugeordnet (Spalte 11, Zeilen 1 bis 6). Diese Funktionen werden durch die Nichtechtzeitsoftware 2a realisiert (Spalte 1, Zeilen 46 bis 48), die ein Interpreter-Programm umfasst (Spalte 3, Zeilen 13 bis 14).
Schließlich ist auch das Merkmal o) explizit in der EP 1 548 527 A1 genannt (Spalte 7, Zeilen 45 bis 46).
Daher ist auch der Patentanspruch 1 nach 2. Hilfsantrag gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 PatG nicht gewährbar.
4. Die weiteren unabhängigen Patentansprüche nach allen Anträgen gehen inhaltlich nicht über die jeweiligen Patentansprüche 1 hinaus, daher sind deren Gegenstände aufgrund der EP 1 548 527 A1 gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 3 bzw. 4 PatG ebenfalls nicht patentfähig.
Die jeweiligen abhängigen Patentansprüche teilen das Schicksal der nicht patentfähigen unabhängigen Patentansprüche auf die sie rückbezogen sind.
Somit war die Beschwerde zurückzuweisen
III .
Die Beschwerdegebühr wird entgegen dem Antrag der Anmelderin nicht zurückgezahlt. Ob die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird, steht gemäß § 80 Abs. 3 PatG im pflichtgemäßen Ermessen des Senats. Sie ist veranlasst, wenn es aufgrund besonderer Umstände der Billigkeit widerspricht, die Gebühr einzubehalten. Solche besonderen Umstände können u. a. auch in einem fehlerhaften Verfahren der Prüfungsstelle liegen (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 73 Rdn. 132 ff. m. Nw.; BPatGE 49, 111, 112 - Anhörung im Prüfungsverfahren), soweit der Verfahrensverstoß ursächlich für die Beschwerdeeinlegung war, bei einwandfreier Verfahrensbehandlung durch das Amt die Beschwerde also nicht erforderlich gewesen wäre (vgl. Benkard, PatG, 10. Aufl., § 80 Rdn. 23 und 28 m. Nw.; BPatGE 30, 207, 210 f.; 47, 224, 231 - Mikroprozessor; 49, 154, 161 ff. - Tragbares Gerät; BPatG Mitt. 2010, 41, 43 - Mobilfunknetzwerk). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.
So sieht der Senat in dem Vorgehen der Prüfungsstelle, den angefochtenen Zurückweisungsbeschluss ohne vorherige Durchführung der von der Anmelderin mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2006 hilfsweise beantragten fernmündlichen Unterredung zu erlassen, schon keinen Verfahrensverstoß. Für eine fernmündliche Unterredung oder Anhörung gibt es keine Anspruchsgrundlage. § 46 PatG sieht insoweit nur die förmliche Anhörung mit Ladung und Niederschrift vor, die auf Antrag des Anmelders zu erfolgen hat, wenn dies sachdienlich ist. Ein telefonisches Gespräch mag zwar im Einzelfall verfahrensförderlich sein, ist aber mit der gesetzlich geregelten förmlichen Anhörung schon deswegen nicht gleichzusetzen, weil etwaige Anträge oder Verfahrenserklärungen zwingend der Schriftform bedürfen, also nicht telefonisch erfolgen können.
Ein Verfahrensfehler der Prüfungsstelle ist allerdings darin zu sehen, dass der Zurückweisungsbeschluss auf einen Grund gestützt worden ist, welcher der Anmelderin vorher nicht bzw. nicht in der gebotenen Deutlichkeit mitgeteilt worden ist. Darin liegt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
Auch die Tatsache, dass der Zurückweisungsbeschluss von der Prüfungsstelle auf einen Grund gestützt worden ist, der der Anmelderin zuvor nicht bekannt gemacht worden war, konnte hier nicht zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr führen.
Während im einzigen Prüfungsbescheid noch in Übereinstimmung mit der gefestigten Rechtsprechung ausgeführt gewesen ist, dass die Datenspeichermedien gemäß den Patentansprüchen 21 und 22 weder technisch geprägt seien noch die Verfahrensschritte der in Bezug genommen Patentansprüche 1 bis 18 eine erfinderische Tätigkeit darstellten, gründet der Zurückweisungsbeschluss darauf, dass die Verfahren nach den Patentansprüche 1 bis 18 ein Computerprogramm als solches darstellten und daher nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 PatG vom Patentschutz ausgenommen seien und mithin die Patentfähigkeit eines Datenspeichermediums nach Patentansprüchen 21 und 22 nicht begründen könnten. Diese als solche der Anmelderin nicht bekannte Erwägung ist dann mit dem aus der Begründungslinie des Prüfungsbescheids herausgelösten Argument verknüpft worden, dass es den Datenspeichermedien an prägenden technischen Merkmalen fehle.
Es ist anhand der Akte nicht festzustellen, dass die Prüfungsstelle der Anmelderin diese, in den tragenden Erwägungen veränderte Beurteilung der Verfahren gemäß den Patentansprüchen 1 bis 18 und in Folge davon auch der Patentansprüche 21 und 22 mitgeteilt und ihr Gelegenheit gegeben hätte, hierzu Stellung zu nehmen (§ 48 Satz 2 i. V. m. § 43 Abs. 2 Satz 2 PatG).
Dieser Verfahrensverstoß rechtfertigt gleichwohl nicht die Rückzahlung der Beschwerdegebühr, weil er für die Beschwerdeeinlegung nicht ursächlich war. Auch wenn insoweit der Anmelderin noch die Möglichkeit zur vorherigen Stellungnahme eingeräumt worden wäre, ist im Hinblick auf den Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht anzunehmen, dass die Entscheidung der Prüfungsstelle dann im Ergebnis anders ausgefallen wäre und sich dadurch die Einlegung der Beschwerde erübrigt hätte. Dies um so weniger, als nach der intensiven und kontroversen Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung der Senat den Eindruck gewonnen hat, dass die Anmelderin unabhängig von der Arbeitsweise der Prüfungsstelle eine gerichtliche Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung des Patents herbeigeführt hätte.