Entscheidungsdatum: 06.09.2016
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 11 2007 000 985.3-53
…
hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 6. September 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn sowie den Richter Kruppa, die Richterin Dipl.-Phys. Dr. Otten-Dünnweber und den Richter Dr.-Ing. Flaschke
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 G des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. April 2012 aufgehoben, und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen erteilt:
- Patentansprüche 1 bis 7, eingegangen am 11. Juli 2016,
- Beschreibung, Seiten 1, 12 und 16, eingegangen am 2. Juni 2009, Seiten 2, 3 und 3a, eingegangen am 15. Dezember 2010, Seiten 4 bis 11 und 13 bis 15, eingegangen am 23. Oktober 2008,
- Figur 1, eingegangen am 23. Oktober 2008, Figur 2, eingegangen am 11. Juli 2016.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
I.
Die vorliegende Patentanmeldung 11 2007 000 985.3 geht aus einer PCT-Anmeldung hervor (Veröffentlichungsnummer WO 2007/127715 A2), die am 24. April 2007 unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität vom 24. April 2006 eingereicht worden ist. Sie trägt die Bezeichnung
„Verfahren zum Steuern der Kraftstoffeinspritzung in einem Motor mit Kompressionszündung“
und wurde durch die Prüfungsstelle für Klasse G 06 G mit Beschluss vom 19. April 2012 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des damals geltenden Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, wobei auf folgende Druckschrift verwiesen wurde:
D4: WO 2006/038 737 A1.
Dabei ging die Prüfungsstelle davon aus, dass die – fälschlich als US 2007 / 0 144 827 A1 bezeichnete –
D4a: US 2007/0113827 A1 (im Prioritätsintervall veröffentlichtes Familienmitglied zu Druckschrift D4)
als Übersetzung für die japanischsprachige Druckschrift D4 genutzt werden könne.
Im Zurückweisungsbeschluss vertritt die Prüfungsstelle die Auffassung, dass die Durchführung einer weiteren Anhörung nicht sachgerecht gewesen wäre, da die Anmelderin im Verlauf des Prüfungsverfahrens hinreichend Gelegenheit zur Erläuterung des Anmeldungsgegenstands gehabt hätte.
Im Prüfungsverfahren wurden folgende weitere Druckschriften berücksichtigt:
D1: US 5 038 737 A
D2: US 6 659 073 B1
D3: DE 10 2004 001 119 A1.
Gegen den o. g. Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag, zuletzt mit Schriftsatz vom 11. Juli 2016,
1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 G des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. April 2012 aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 7, eingegangen am 11. Juli 2016,
- Beschreibung, Seiten 1, 12 und 16, eingegangen am 2. Juni 2009, Seiten 2, 3 und 3a, eingegangen am 15. Dezember 2010, Seiten 4 bis 11 und 13 bis 15, eingegangen am 23. Oktober 2008,
- Figur 1, eingegangen am 23. Oktober 2008, Figur 2, eingegangen am 11. Juli 2016,
2. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 lautet:
M1 „Verfahren zum Steuern des Betriebes eines Verbrennungsmotors, der überstöchiometrisch arbeitet, wobei der Motor einen Mehrzylindermotor mit Direkteinspritzung umfasst, wobei der Motor in sich wiederholenden Zyklen arbeitet, wobei jeder Zyklus Einlass-, Verdichtungs-, Arbeits- und Auslasstakte umfasst, wobei das Verfahren umfasst, dass:
M2 mehrere Kraftstoffeinspritzvorrichtungen eingerichtet werden, um während jedes Zyklus eine erste und eine zweite Masse Kraftstoff direkt in jeden Zylinder einzuspritzen;
M3 mehrere Druckerfassungseinrichtungen eingerichtet werden, um während des fortwährenden Betriebes einen Zylinderinnendruck zu überwachen;
M4 die erste Masse Kraftstoff während des Verdichtungstaktes in einen der Zylinder eingespritzt wird;
M5 der Zylinderinnendruck im Anschluss an das Einspritzen der ersten Masse Kraftstoff gemessen wird;
Dadurch gekennzeichnet, dass
M6 ein Druckverhältnis für jeden Zylinder ermittelt wird, welches ein Verhältnis des unmittelbar im Anschluss an das Einspritzen der ersten Masse Kraftstoff gemessenen Zylinderinnendrucks und einem Druck in dem Zylinder bei einem Antreiben des Motors, wenn der Motor nicht mit Kraftstoff beaufschlagt wird, bei einer spezifischen Kurbelwinkelposition umfasst, und dass
M7 die erste Masse Kraftstoff, die in den Zylinder eingespritzt wird, auf der Basis des ermittelten Druckverhältnisses für den Zylinder eingestellt wird.“
Wegen der Ansprüche 2 bis 7 wird auf die Akte verwiesen.
Die Beschwerdeführerin führt aus, dass die geltenden Ansprüche zulässig und im Lichte des im Verfahren befindlichen Standes der Technik patentfähig seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Erteilung des nachgesuchten Patents.
1. Die Anmeldung betrifft den Betrieb und die Steuerung von Motoren mit Kompressionszündung. Bekanntlich sei das Klopfen bzw. Klingeln eines Dieselmotors störend. Es sei bekannt, dass eine gewisse Abhilfe durch Piloteinspritztechniken geschaffen werden könne. Jedoch würde eine genaue Piloteinspritzung eine Herausforderung darstellen (vgl. geltende Beschreibung, S. 1, Abs. 4 i. V. m. S. 13, Z. 6 - 9).
Gemäß der Beschreibungseinleitung ist aus dem Stand der Technik eine Vielfalt von „eindringenden und nicht eindringenden Druckerfassungsmitteln“ zum Erfassen eines Drucks in einem Verbrennungsmotorzylinder bekannt. Auch würden Beschleunigungssensoren verwendet werden, um Schwingungen des Motorblocks zu erfassen. Die Hauptmängel der Systeme aus dem Stand der Technik lägen aber in ihrer Robustheit und Genauigkeit. Des Weiteren sei bekannt, dass Mehrfacheinspritzungen in Motoren mit Kompressionszündung z. B. das Verbrennungsgeräusch vermindern könnten. Dabei führe das Steuerungssystem eine Piloteinspritzung vor einer Haupteinspritzung aus, um die Brennkammer vorzuwärmen. Die Piloteinspritzung umfasse eine minimale Kraftstoffmenge, die bevorzugt bei oder in der Nähe des oberen Totpunkts (OT) des Kolbenhubes eingespritzt werde, wobei die Haupteinspritzung nach dem OT erfolge. Das zuverlässige und genaue Abgeben von Pilotkraftstoff stelle für viele Kraftstoffsysteme eine Herausforderung dar. Verfahren zum Detektieren von Auswirkungen der Piloteinspritzung und zum Einstellen der Einspritzung während des fortwährenden Betriebes seien wünschenswert. Zylinderdruck-Messwandler könnten eine Feinabstimmung der Piloteinspritzung ermöglichen. Jedoch seien typischerweise relativ hohe Datenabtastraten erforderlich (vgl. geltende Beschreibung, S. 1, Abs. 2, S. 2 u. S. 3, Abs. 1).
Als Aufgabe wird in der geltenden Beschreibung (S. 3, zweiter Abs.) angegeben, ein Verfahren zum Steuern eines Verbrennungsmotors mit Direkteinspritzung und Kompressionszündung anzugeben, das ein zuverlässiges und genaues Einspritzen von Pilotkraftstoff zur Reduzierung des Verbrennungsgeräusches ermöglicht.
Der zuständige Fachmann weist eine Hochschulausbildung im Bereich Fahrzeug- und Motorentechnik auf und besitzt Erfahrungen in der Optimierung von Hochdruckeinspritz-Systemen bei Dieselmotoren. Zudem verfügt er auf dem Gebiet der Kalibrierung von Sensoren über zusätzliches Wissen.
Als Lösung der Aufgabe ist gemäß Anspruch 1 ein Verfahren zur Einstellung einer ersten Masse Kraftstoff vorgesehen, wobei die erste Masse Kraftstoff, die direkt in den Zylinder eingespritzt wird, auf der Basis eines ermittelten Druckverhältnisses eingestellt wird, welches ein Verhältnis des unmittelbar im Anschluss an das Einspritzen der ersten Masse Kraftstoff gemessenen Zylinderinnendrucks und einem Druck in dem Zylinder bei einem Antreiben des Motors, wenn der Motor nicht mit Kraftstoff beaufschlagt wird, bei einer spezifischen Kurbelwinkelposition umfasst.
2. Einige Merkmale bedürfen der Auslegung.
Die Merkmale gemäß Anspruch 1 betreffen ein Verfahren zum Steuern des Betriebs eines Verbrennungsmotors, der überstöchiometrisch arbeitet, also mit einem mageren Luft-Kraftstoff-Gemisch mit 1. Vorzugsweise handelt es sich dabei um einen Dieselmotor (vgl. S. 1, Z. 23, S. 12, Z. 7 - 9 u. S. 6, Z. 1 - 4 der geltenden Beschreibung u. Fig. 1 u. 2) (Merkmal M1). Dabei werden während eines Arbeitszyklus eine erste und eine zweite Masse direkt in jeden Zylinder eingespritzt. Das verwendete Kraftstoffeinspritzsystem basiert damit auf einer Technologie der Mehrfacheinspritzung, wobei die eingespritzte Kraftstoffmenge auf eine erste (Piloteinspritzung) und eine zweite Masse Kraftstoff (Haupteinspritzung) verteilt wird (Merkmal M2). Die Piloteinspritzung erfolgt während des Verdichtungstaktes bei etwa 20° vor dem oberen Totpunkt OT (vgl. Fig. 2 i. V. m. S. 13, Z. 25 - 28 der geltenden Beschreibung) (Merkmal M4). Als Parameter zur Regelung der Voreinspritzmenge dient der Zylinderdruck.
Zur Überwachung des Zylinderinnendrucks werden gemäß Beschreibung vorzugsweise piezo-keramische Messwertgeber verwendet, die in der Glühkerze des Dieselmotors integriert sind und fortwährend ein Ausgangssignal liefern, welches proportional zum Zylinderdruck ist (vgl. S. 6, Z. 1 - 7 u. S. 13, Z. 18 - 21 der geltenden Beschreibung) (Merkmal M3). Insbesondere gibt Merkmal M5 an, dass der Zylinderinnendruck im Anschluss an die Piloteinspritzung gemessen wird.
Für die nachfolgende Signalverarbeitung ist dabei der Zylinderdruck entscheidend, welcher sich unmittelbar nach der Piloteinspritzung, d. h. unter Berücksichtigung des Zündverzugs im Bereich zwischen 10° vor und 5° nach dem oberen Totpunkt OT einstellt (vgl. ursprüngliche Ansprüche 1 u. 6 i. V. m. S. 13, Z. 25 - 30 der geltenden Beschreibung u. Fig. 2). Dieses Messfenster dient zur Überwachung speziell des Zylinderdrucks, welcher sich aufgrund der Verbrennung der Piloteinspritzung ergibt. In Abhängigkeit dieses Zylinderdrucks wird ein Druckverhältnis ermittelt, welches „ein Verhältnis des unmittelbar im Anschluss an das Einspritzen der ersten Masse Kraftstoff gemessenen Zylinderinnendrucks und einem Druck in dem Zylinder bei einem Antreiben des Motors, wenn der Motor nicht mit Kraftstoff beaufschlagt wird, bei einer spezifischen Kurbelwinkelposition umfasst“. Der Fachmann versteht darunter, dass der gemessene Zylinderdruck mit einem Zylinderdruck ins Verhältnis gesetzt wird, welcher sich bei gleicher Kurbelwellenwinkelposition – also mit gleichem Volumen – in einem „leeren“ Zylinder einstellt (d. h. im Schleppbetrieb, bei dem kein Kraftstoff eingespritzt wird; vgl. hierzu ersten Abs. auf S. 12 i. V. m. Brückenabsatz S. 10/11 der geltenden Beschreibung) (Merkmal M6).
In Abhängigkeit vom berechneten Druckverhältnis wird die Kraftstoffmenge für die Piloteinspritzung des nachfolgenden Zyklus korrigiert (vgl. S. 10, Z. 22 - 26 der geltenden Beschreibung) (Merkmal M7). Wenn beispielsweise das Druckverhältnis für einen der Zylinder unter einem Schwellenwert liegt, z. B. kleiner ist als 1,15, wird der Einspritzbefehl EINSPRITZ_PW für die Piloteinspritzung des nachfolgenden Arbeitsspiels für den spezifischen Zylinder inkrementiert (vgl. Brückenabsatz S. 13/14 der Anmeldeunterlagen).
Somit besteht der Kern der Anmeldung in der Kalibrierung der Piloteinspritzung und damit des Injektors während des Motorbetriebes (vgl. Brückenabsatz S. 2/3 der geltenden Beschreibung).
3. Die geänderten Patentansprüche 1 bis 7 sowie die Änderungen in der Beschreibung und der Figur 2 sind zulässig (§ 38 PatG).
Die Merkmale des geltenden Anspruchs 1 sind durch die ursprünglichen Patentansprüche 1, 8 und 9 in Verbindung mit Seite 6, Zeilen 4 bis 5, Seite 10, Zeile 14 bis Seite 11, Zeile 3 und Seite 13, Zeilen 18 bis 30 der Anmeldeunterlagen als zur Erfindung zugehörend offenbart. Die Ergänzung im Merkmal M4, wonach die erste Masse Kraftstoff „während des Verdichtungstaktes“ in einen der Zylinder eingespritzt wird, entnimmt der Fachmann der ursprünglich eingereichten Figur 2 in Verbindung mit Seite 13, Zeilen 25 bis 28 (vgl. hierzu BGH, Urteil X ZR 50/91 vom 21. September 1993, Mitt. 1996, 204, Abs. 3. a) – Spielfahrbahn).
Die abhängigen Ansprüche 3 und 5 bis 7 basieren auf den ursprünglichen Ansprüchen 4, 6, 7 und 10 unter Anpassung der Rückbezüge und redaktioneller Korrekturen im Anspruch 5. Die abhängigen Ansprüche 2 und 4 basieren auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 3 und 5 und der Figur 2 in Verbindung mit dem Brückenabsatz auf den Seiten 13/14 der Anmeldeunterlagen.
In der Beschreibung wurden redaktionelle Änderungen im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung vorgenommen. Zudem wurde der im Prüfungsverfahren ermittelte Stand der Technik gewürdigt und eine Aufgabe formuliert.
In der Legende von Figur 2 wurde die Zuordnung der Striche und der Beträge zu den dargestellten Kurven berichtigt.
4. Der Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu (§ 3 PatG).
Druckschrift D1 betrifft einen Ottomotor mit Saugrohreinspritzung, bei dem in Abhängigkeit vom Zylinderdruck eine Einlassluftmenge berechnet wird (vgl. Fig. 1, Sp. 1, Z. 56 - 58 u. Sp. 2, Z. 31 - 47). Es wird weder eine Mehrfacheinspritzung beschrieben, noch wird eine einzuspritzende Kraftstoffmenge in Abhängigkeit von einem gemessenen Zylinderdruck festgelegt.
Die Druckschrift D2 beschreibt einen Verbrennungsmotor, bei dem der Kraftstoff mehrfach eingespritzt wird (vgl. Sp. 1, Z. 31 - 35, Z. 43 - Sp. 2, Z. 46; Fig. 2 u. 3). Die erste Einspritzung erfolgt vor dem unteren Totpunkt und damit nicht während des Verdichtungstaktes, sondern während der Ansaugphase. Eine Zylinderinnendruckmessung wird nicht beschrieben.
Die Druckschriften D1 und D2 sind somit nicht relevant.
Druckschrift D3 beschreibt ein Verfahren zum Steuern eines mehrzylindrigen Viertaktmotors. Dabei handelt es sich um einen überstöchiometrisch arbeitenden Dieselmotor mit Direkteinspritzung (vgl. Anspruch 10, Abs. [0003] u. Abs. [0046]; Merkmal M1). Er verfügt über ein Rail mit mehreren Kraftstoffeinspritzvorrichtungen, die während jedes Arbeitsspiels eine erste und eine zweite Masse Kraftstoff direkt in jeden Zylinder einspritzen (vgl. Abs. [0022] u. [0023]; Anspruch 9). In Figur 2b ist der Verbrennungsverlauf bei einer Mehrfacheinspritzung mit zwei Vor-, einer Haupt- und einer Nacheinspritzung qualitativ dargestellt (Merkmal M2). An jedem Zylinder ist ein Drucksensor angebracht, der den Zylinderinnendruck in Abhängigkeit vom Kurbelwellenwinkel erfasst (vgl. Drucksensor 120 in Fig. 1 i. V. m. den letzten beiden Sätzen im Abs. [0018]; Merkmal M3). Figur 2a zeigt den resultierenden Druckverlauf in Abhängigkeit vom Kurbelwellenwinkel, wobei der Kompressionsdruck gestrichelt dargestellt ist. Der Fachmann erkennt daraus, dass die erste Masse Kraftstoff während des Verdichtungstaktes eingespritzt wird (vgl. auch Abs. [0030]; Merkmal M4). Der Zylinderinnendruck wird kontinuierlich gemessen, also auch im Anschluss an das Einspritzen der ersten Kraftstoffmasse (vgl. Fig. 2a u. 2b; Merkmal M5). Des Weiteren beschreibt Druckschrift D3 die Signalverarbeitung der Drucksignale. In Abhängigkeit von den Druckmesswerten berechnet eine Auswerteeinheit die Istwärmemenge QI (Fig. 1 u. Fig. 3 i. V. m. Abs. [0042]). Die Größe QI wird einer Regelung zugeführt und mit einer vorgegebenen Sollwärmemenge QS verglichen (vgl. Abs. [0042] u. [0043] i. V. m. Fig. 3). Die Regeldifferenz bewirkt eine Stellgröße Ai für die Injektoren, um die Menge und den Zeitpunkt der Voreinspritzung anzupassen (vgl. Anspruch 9, Absätze [0026] u. [0042]). Dadurch kann der Ablauf der Verbrennung so beeinflusst werden, dass das Verbrennungsgeräusch verringert wird (vgl. Abs. [0046]; teilweise Merkmal M7, ohne Druckverhältnis).
Druckschrift D3 offenbart nicht, dass ein Druckverhältnis für jeden Zylinder ermittelt wird, welches ein Verhältnis des im Anschluss an das Einspritzen der ersten Masse Kraftstoff gemessenen Zylinderinnendrucks und einem Druck in dem Zylinder bei einem Antreiben des Motors, wenn der Motor nicht mit Kraftstoff beaufschlagt wird, bei einer spezifischen Kurbelwinkelposition umfasst (Merkmal M6 fehlt). Damit ist der Schrift auch nicht zu entnehmen, dass die erste Masse Kraftstoff, die in den Zylinder eingespritzt wird, auf der Basis des Druckverhältnisses für den Zylinder eingestellt wird.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu gegenüber der Lehre der Druckschrift D3.
Die im Prioritätszeitraum veröffentlichte Druckschrift D4a ist eine auf der japanischsprachigen internationalen Anmeldung Druckschrift D4 beruhende US-amerikanische Offenlegungsschrift. Wenn davon ausgegangen wird, dass die US-amerikanische Anmeldung gemäß den gesetzlichen Vorschriften eingereicht wurde, geht ihr Inhalt nicht über den der internationalen Anmeldung D4 hinaus, so dass auch alles, was in Druckschrift D4a enthalten ist, in der vorveröffentlichten Druckschrift D4 bereits enthalten sein muss. Die folgenden Zitate beziehen sich deshalb auf Druckschrift D4a.
Druckschrift D4a befasst sich mit der internen Abgasrückführung bei einem Verbrennungsmotor mit variabler Ventilsteuerung (vgl. Abs. [0001] u. [0004]). Bei dem Motor handelt es sich um einen Mehrzylindermotor mit Direkteinspritzung, welcher auch ein überstöchiometrisch arbeitender Dieselmotor sein kann (vgl. Abs. [0050]; Merkmal M1). Um den Luftbedarf des Motors bei der Verbrennung zu ermitteln, werden die Menge der Einlassluft und des Restgases, welches aufgrund der Ventilüberschneidung im Zylinder bleibt, berechnet (vgl. Abs. [0004] u. [0005]). Als Werkzeuge für die Modellierung der Luftmasse sind mehrere Druckerfassungseinrichtungen vorgesehen, die während des fortwährenden Betriebes den Ansaug- und den Zylinderinnendruck überwachen (intake pressure sensor 16, cylinder pressure sensor 15 in Abs. [0053] u. [0054] i. V. m. Fig. 1; Merkmal M3). Der Fachmann liest dabei mit, dass der Zylinderinnendruck kontinuierlich und damit auch im Anschluss an das Einspritzen des Kraftstoffs gemessen wird (teilweise Merkmal M5, ohne erste Masse).
Entgegen der Auffassung der Prüfungsstelle beschreibt Druckschrift D4a keine Mehrfacheinspritzung. Die von der Prüfungsstelle im Zurückweisungsbeschluss genannte Textstelle im Absatz [0050] offenbart lediglich, dass der Verbrennungsmotor über mehrere Einspritzventile (a plurality of injectors 12) verfügt, die Kraftstoff in den jeweiligen Zylinder einspritzen. Eine Aufteilung der eingespritzten Kraftstoffmasse in eine erste und eine zweite Masse Kraftstoff während jedes Zyklus wird nicht beschrieben (Merkmal M2 fehlt). Somit können bei dem Verfahren gemäß Druckschrift D4a auch keine Einspritzung einer ersten Masse Kraftstoff während des Verdichtungstaktes und keine Einstellung dieser Piloteinspritzmenge erfolgen (Merkmale M4 und M7 fehlen). Auch eine breite Auslegung dahingehend, dass die (Haupt-) Kraftstoffeinspritzmenge eines Injektors als eine erste Masse Kraftstoff verstanden wird, hätte nicht zum vorliegenden Gegenstand geführt. Denn die Bemessung der Kraftstoffeinspritzmenge erfolgt beim Gegenstand von Druckschrift D4a auf Basis der berechneten Einlassluftmasse (vgl. Abs. [0079]). Ein Druckverhältnis im Sinne der vorliegenden Anmeldung wird dabei nicht ermittelt. Hingegen beschreibt Druckschrift D4a eine Druckdifferenz. Diese ergibt sich aus der Differenz zwischen dem gemessenen Zylinderdruck und einer Druckänderung welche sich aufgrund der Ventilüberschneidung einstellt (vgl. Abs. [0037] u. [0038] u. S. 32 in Fig. 2). Auf Basis dieser Druckdifferenz erfolgt die Berechnung der Luftmasse und des damit vorliegenden Luft-Kraftstoff-Verhältnisses (vgl. Gleichung (7) in Abs. [0036]). Die beiden, in den Figuren 2 und 3 dargestellten Druckverhältnisse und können nicht mit dem Druckverhältnis der vorliegenden Anmeldung gleichgesetzt werden. Sie beziehen sich auf Verhältnisse zwischen dem gemessenen Einlassluftdruck dem Zylinderinnendruck und dem Abgasdruck (vgl. Abs. [0058]). Ein Druckverhältnis, welches sich auf Drücke im Inneren eines Zylinders bezieht, wird nicht ermittelt. Insbesondere ist Druckschrift D4a kein Druckverhältnis entnehmbar, welches den Zylinderinnendruck, der sich bei einer spezifischen Kurbelwinkelposition im Anschluss an das Einspritzen der ersten Masse Kraftstoff einstellt, mit dem jeweiligen Zylinderinnendruck im Schleppbetrieb (ohne Einspritzung) vergleicht (Merkmal M6 fehlt). Der Merkmalsanalyse der Prüfungsstelle und insbesondere den im Zurückweisungsbeschluss genannten Zitaten und Textstellen vermag der Senat daher nicht zu folgen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu gegenüber der Lehre von Druckschrift D4a bzw. D4.
5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ergibt sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Wie vorstehend ausgeführt, ist keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften ein Verfahren zum Steuern des Betriebes eines Verbrennungsmotors zu entnehmen, bei dem „ein Druckverhältnis für jeden Zylinder ermittelt wird, welches ein Verhältnis des unmittelbar im Anschluss an das Einspritzen der ersten Masse Kraftstoff gemessenen Zylinderinnendrucks und einem Druck in dem Zylinder bei einem Antreiben des Motors, wenn der Motor nicht mit Kraftstoff beaufschlagt wird, bei einer spezifischen Kurbelwinkelposition umfasst“ (Merkmal M6), und bei dem „die erste Masse Kraftstoff, die in den Zylinder eingespritzt wird, auf der Basis des ermittelten Druckverhältnisses für den Zylinder eingestellt wird“ (Merkmal M7).
Druckschrift D3, die als nächstliegender Stand der Technik anzusehen ist, befasst sich, ebenso wie die vorliegende Anmeldung, mit einem Verfahren zum Steuern des Betriebes eines Verbrennungsmotors mit Direkteinspritzung, bei dem durch Mehrfacheinspritzung von Kraftstoff das Verbrennungsgeräusch verringert werden soll. Insbesondere offenbart Druckschrift D3 ein Regelungsverfahren, mit dem – wie vorstehend im Abschnitt II.4. beschrieben – die Voreinspritzmenge in Abhängigkeit vom Zylinderdruck eingestellt werden kann. Im Unterschied zum geltenden Anspruch 1 ist dieser Schrift aber nicht entnehmbar, dass die erste Masse Kraftstoff, die in den Zylinder eingespritzt wird, auf Basis eines Druckverhältnisses eingestellt wird, welches gemäß Merkmal M6 berechnet wird. Vielmehr erfolgt die Regelung der Kraftstoffeinspritzmenge durch den Relativdruck P (vgl. Fig. 2a u. 3). Der Fachmann liest mit, dass hierfür kalibrierte Druckaufnehmer verwendet werden (vgl. letzten Satz im Abs. [0045]). Eine weitere rechnerische Korrektur der Messwerte hinsichtlich systematischer Fehler ist nicht vorgesehen. Für den Fachmann ergibt sich daher keine Veranlassung, das aus Druckschrift D3 bekannte Verfahren entsprechend zu ändern oder zu ergänzen, um Skalierungsfehler nachträglich aus den Drucksignalen zu kompensieren bzw. die Empfindlichkeit der Drucksensoren im laufenden Motorbetrieb zu ändern.
Auch das allgemeine Fachwissen des Fachmanns weist in eine andere Richtung. Zwar sind ihm aus seiner täglichen Praxis Maßnahmen zur Einstellung der Empfindlichkeit eines Drucksensors geläufig, diese wird er aber im Rahmen einer Sensor-Kalibrierung unter idealen Bedingungen durchführen. Denn mittels der Verhältnisbildung gemäß Merkmal M6 können nicht sämtliche, möglicherweise auftretenden Fehler aus dem Drucksignal zuverlässig eliminiert werden. Es lassen sich zwar systematische Skalierungsfehler des Sensors aus dem Drucksignal kürzen, der Offsetfehler bleibt jedoch erhalten und verfälscht mitunter den Verhältniswert. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 soll aber nicht der Sensor-Kalibrierung dienen; vielmehr wird auf diese Weise die Kalibrierung der Piloteinspritzung bzw. des Injektors vorgenommen. Damit ist die beanspruchte Vorgehensweise dem Fachmann nicht ohne weiteres nahegelegt.
Auch keiner der anderen, im Verfahren befindlichen Druckschriften ist ein Hinweis zu entnehmen, zur Einstellung einer Piloteinspritzmenge den gemessenen Zylinderdruck mit einem Zylinderdruck ins Verhältnis zu setzen, welcher sich bei gleicher Kurbelwellenwinkelposition – also mit gleichem Volumen – in einem Zylinder einstellt, wenn kein Kraftstoff eingespritzt wird (Merkmale M6 und M7). Soweit im angefochtenen Beschluss die Auffassung vertreten wird, die Merkmale des Anspruchs 1 seien dem Fachmann alleine aus Druckschrift D4a bzw. D4 „bekannt oder nahegelegt“, ist nicht nachvollziehbar, welche Fachkenntnisse den Fachmann veranlassen könnten, die in Druckschrift D4a sich auf die Einlassluft beziehenden „beschriebenen Druckverhältnisse als Grundlage für eine Bestimmung einer Pilotkraftstoffmenge“ zu verwenden. Denn der in Druckschrift D4 bzw. D4a beschriebene Verbrennungsmotor ist nicht dazu eingerichtet, eine erste Masse Kraftstoff und eine zweite Masse Kraftstoff während eines Arbeitsspiels in jeden Zylinder einzuspritzen.
Damit führt weder eine gemeinsame Betrachtung der Lehren der Druckschriften D1 bis D4 bzw. D4a noch eine Ergänzung der Lehren dieser Druckschriften mit dem Wissen des Fachmanns in naheliegender Weise zu dem Gegenstand des geltenden Anspruchs 1.
6. Gleichfalls patentfähig sind die besonderen Ausführungsformen der das Verfahren nach Patentanspruch 1 betreffenden Patentansprüche 2 bis 7.
7. Da die vorgelegten geltenden Unterlagen auch den weiteren Voraussetzungen zur Patenterteilung (§§ 1, 2, 5, 34 PatG) genügen, war auf die Beschwerde der Anmelderin der Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 G des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben, und ein Patent zu erteilen.
8. Der Beschluss konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da dem Antrag des Anmelders vollumfänglich stattgegeben wurde.
III.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 80 Abs. 3 PatG war anzuordnen.
Nach dieser Vorschrift kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dies kommt insbesondere bei Verfahrensfehlern oder unsachgemäßer Sachbehandlung in Betracht (vgl. Schulte/Püschel, PatG, 9. Aufl., § 80 Rdn. 111 - 113 und § 73 Rdn. 131 ff.; Busse/Engels, PatG, 7. Aufl., § 80 Rdn. 90 ff.).
Nach drei Prüfungsbescheiden, in denen die Druckschriften D1, D2 und D3 eingeführt worden waren, und auf die hin die Anmelderin geänderte Anspruchssätze vorgelegt hatte, erfolgte am 9. Dezember 2011 eine Anhörung vor der Prüfungsstelle. Ausweislich des Protokolls wurde in ihr ein neuer Anspruchssatz mit den Ansprüchen 1 bis 9 vom 9. Dezember 2011 erarbeitet, der als voraussichtlich gewährbar eingestuft wurde. Nach Einreichung der Ansprüche in Reinschrift, datiert auf den 13. Dezember 2011, erging am 19. Dezember 2011 ein weiterer Prüfungsbescheid, in dem Druckschrift D4 bzw. D4a eingeführt wurde. Zur fehlenden erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 ist im Bescheid ausschließlich ausgeführt:
Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 11. April 2012 ausführlich Stellung genommen und hilfsweise die Durchführung einer weiteren Anhörung beantragt. Darauf erfolgte am 19. April 2012 die Zurückweisung der Patentanmeldung wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 gegenüber Druckschrift D4 bzw. D4a.
Im angefochtenen Beschluss liegt ein Verfahrensfehler vor (Schulte, a. a. O., § 73 Rdn. 142, 154), weil die Verweigerung einer zweiten Anhörung im vorliegenden Fall den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt hat. Zwar ist einzuräumen, dass „weitere“ Anhörungen oftmals nicht sachdienlich sein mögen; die Arbeit der Prüfungsstelle unterliegt (auch) dem Grundsatz der Verfahrensökonomie, so dass eine zweite Anhörung i. d. R. abzulehnen sein dürfte, wenn aller Voraussicht nach lediglich bereits ausdiskutierte Fragen erneut zur Diskussion stünden. Jedoch muss dem Antrag auf eine zweite Anhörung stattgegeben werden, wenn von der Prüfungsstelle neue Ablehnungsgründe vorgebracht worden waren (vgl. Busse/ Keukenschrijver, PatG, 7. Auflage, § 46 Rdn. 17, BPatG, Beschluss vom 19. Januar 2011 – 17 W (pat) 104/07 – juris; BPatGE 15, 149).
Demnach hätte die Prüfungsstelle bei ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung die von der Anmelderin beantragte weitere Anhörung durchführen müssen, um die unterschiedlichen Ansichten im gegenseitigen direkten Austausch von Argumenten zu diskutieren. Die von der Anmelderin im Schriftsatz vom 11. April 2012 vorgebrachten Argumente bezüglich der grundsätzlichen Unterschiede zwischen der Lehre der vorliegenden Anmeldung und der nachrecherchierten Druckschrift D4 belegen vielmehr, dass nicht bereits alle wesentlichen inhaltlichen Aspekte der Anmeldung behandelt worden waren. Allein aus der konträren Bewertung des in Druckschrift D4 genannten Druckverhältnisses durch die Prüfungsstelle und die Anmelderin geht klar hervor, dass entscheidungserhebliche Sachfragen noch nicht abschließend geklärt waren. In einer zweiten Anhörung wären beide Seiten weitaus mehr als im schriftlichen Verfahren gezwungen gewesen, ihre Sichtweise gegenüber der neu in das Verfahren eingeführten Druckschrift D4 zu überdenken und ggfs. Lücken in der eigenen Argumentation zu erkennen, weshalb eine Anhörung in der Regel zu einer auf dem Ergebnis der Diskussion aufbauenden tragfähigen abschließenden Verfahrensentscheidung führt, mit der eine Beschwerde und die Zahlung der Beschwerdegebühr vermieden werden kann (vgl. Schulte/Püschel, PatG, 9. Auflage, § 73, Rdn. 131 und 132).
Über den diesbezüglichen Antrag der Anmelderin hat sich die Prüfungsstelle aber hinweggesetzt. Im Zurückweisungsbeschluss vertritt die Prüfungsstelle die Auffassung, dass die Durchführung einer weiteren Anhörung nicht sachgerecht war, da die Anmelderin „im Verlauf des Prüfungsverfahrens hinreichend Gelegenheit zur Erläuterung des Anmeldungsgegenstands“ hatte (vgl. Abschnitt IV. des angefochtenen Beschlusses). Die Ansicht des Prüfers reicht für die Ablehnung einer Anhörung aber grundsätzlich nicht aus. Denn dadurch, dass neuer Stand der Technik ermittelt wurde, der zu einer Änderung der rechtlichen Beurteilung durch die Prüfungsstelle führte, hat sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt geändert (vgl. Schulte/Rudloff-Schäffer PatG, 9. Auflage, § 46, Rdn. 16, Busse/Keukenschrijver, a. a. O). Sonach hätte der beantragten weiteren Anhörung stattgegeben werden müssen – dies insbesondere auch deswegen, weil die Prüfungsstelle in der ersten Anhörung die Ansprüche als voraussichtlich gewährbar erachtet hatte (vgl. Niederschrift über die Anhörung vom 9. Dezember 2011).
Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Prüfungsstelle erst im Zurückweisungsbeschluss ausführlich und merkmalsbezogen mit der Druckschrift D4a befasst hat, auf deren Lehre sich der Beschluss alleine stützt. Es ist einzuräumen, dass im Prinzip ein knapper Prüfungsbescheid genügt, um der Anmelderin einen neu ermittelten Stand der Technik zu nennen, welcher für das weitere Prüfungsverfahren relevant sein dürfte. In diesem Einzelfall aber war der Prüfungsbescheid vom 19. Dezember 2011 nicht geeignet, der Anmelderin den entscheidungserheblichen Sachverhalt mitzuteilen. In dem Prüfungsbescheid wurde nur auf die Figuren 2, 3 und 6 der japanischsprachigen Druckschrift D4 verwiesen. Mit den Merkmalen des Anspruchs hat sich die Prüfungsstelle nur kursorisch auseinandergesetzt. Erst im angefochtenen Beschluss wurden der Anmelderin die Gründe ausführlich mitgeteilt.
Bei dieser Sachlage war die Beschwerdegebühr aus Gründen der Billigkeit zurückzuzahlen, zumal aufgrund der vorgenannten Umstände des konkreten Einzelfalls auch davon ausgegangen werden kann, dass der vorgenannte Verfahrensfehler der Prüfungsstelle für die Erhebung der Beschwerde ursächlich war.
Ob darüber hinaus die sachliche Fehlbeurteilung des Standes der Technik, insbesondere der Druckschrift D4 bzw. D4a, die möglicherweise auch in der unzutreffenden Patentklassifikation der Anmeldung begründet ist, eine Rückzahlung billig erscheinen lässt, kann dahingestellt bleiben.