Entscheidungsdatum: 29.11.2017
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2014 000 937.8
…
hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn sowie den Richter Kruppa, die Richterin Dipl.-Phys. Dr. Otten-Dünnweber und den Richter Dipl.-Ing. Altvater
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die von der Anmelderin am 23. Januar 2014 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 30. Januar 2013 (JP 2013-015923) beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung 10 2014 000 937.8 mit der Bezeichnung
„Simulationsvorrichtung zur Ausführung einer Simulation auf der Grundlage eines Roboterprogramms“
wurde durch die Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 22. Juli 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Prüfungsstelle ausgeführt, dass der Gegenstand des jeweiligen Anspruchs 1 gemäß damaligem Hauptantrag und damaligem Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem Stand der Technik gemäß Druckschrift
P1: MOSTERMAN, P. J.: An Overview of Hybrid Simulation Phenomena and Their Support by Simulation Packages. In: Hybrid Systems: Computation and Control – Lecture Notes in Computer Science, Vol. 1569, 1999, Seiten 165 bis 177
beruhen würde.
Gegen den o. g. Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie beantragt,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Juli 2015 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 5, eingegangen am 24. November 2017,
hilfsweise Patentansprüche 1 bis 4, eingegangen am 24. November 2017,
- Beschreibung Seiten 1 bis 4, eingegangen am 22. Juli 2015, Seiten 5 bis 8 und 11, eingegangen am 16. April 2014, Seiten 9 und 10, eingegangen am 24. November 2017,
- Figuren 1 bis 6, eingegangen am 16. April 2014.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
M1 „Simulationsvorrichtung zur Durchführung einer Simulation eines Roboters (16) auf der Grundlage eines Roboterprogramms (30, 40), wobei die Simulationsvorrichtung weiterhin eingerichtet ist, um:
M2 - eine separate Datei (32, 48) zu verwenden, die von dem Roboterprogramm verschieden ist,
M2.1 wobei die separate Datei eine Vielzahl von Zeilen umfasst, von denen jede jeweils einer Zeile des Roboterprogramms entspricht,
M3 - einen Status und einen Wert durch Ausführung der Zeile des Roboterprogramms zu referenzieren, wobei die separate Datei, in einer Zeile der separaten Datei entsprechend der Zeile der in Ausführung befindlichen Zeile des Roboterprogramms, einen Befehl (34, 36, 38, 40) zum Setzen des Status eines Signals oder einen Befehl (50, 52, 54) zum Setzen des Werts eines Datenregisters umfasst, und
M4 - den Status des Signals oder den Wert des Datenregisters, der entsprechend der in Ausführung befindlichen Zeile des Roboterprogramms beschrieben ist, synchron auf der Grundlage des Befehls mit der in Ausführung befindlichen Zeile des Roboterprogramms zu ändern, wenn die Simulation auf der Grundlage des Befehls durchgeführt wird.“
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag entspricht dem Anspruch 1 nach Hauptantrag, unter Streichung von Merkmal M2.1 und unter Einschub des folgenden Merkmals zwischen die Merkmale M3 und M4:
M5 „- den Status des Signals oder den Wert des Datenregisters auf einen Status oder einen Wert zu setzen, der zu setzen ist, nachdem eine Verzögerungszeit von der Ausführung der entsprechenden Zeile des Roboterprogramms verstrichen ist, wobei der Befehl eine Spezifikation der Verzögerungszeit umfasst,“
Wegen des Wortlauts der nach Haupt- und Hilfsantrag geltenden abhängigen Ansprüche 2 bis 5 bzw. 2 bis 4 wird auf die Akte verwiesen.
Die Beschwerdeführerin macht hierzu geltend, dass die geltenden Anspruchssätze jeweils zulässig und die Gegenstände der geltenden Ansprüche dem Patentschutz zugänglich und patentfähig seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da die Gegenstände des jeweiligen Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag gemäß § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG dem Patentschutz nicht zugänglich sind.
1. Die Patentanmeldung betrifft eine Simulationsvorrichtung zum Ausführen einer Simulation eines Roboters auf der Grundlage eines Roboterprogramms (vgl. geltende Beschreibung, S. 1, Z. 9 - 10).
Gemäß der Beschreibungseinleitung gebe es, um die Bewegung eines Systems oder einer Fabrik, die einen Roboter umfasst, zu prüfen und um deren Leistung zu schätzen, Techniken für eine Simulation unter Verwendung eines virtuellen Roboters, wie aus dem Stand der Technik bekannt (vgl. geltende Beschreibung, S. 1, Z. 14 - S. 2, Z. 6). Zum Prüfen eines Roboterprogramms gebe es des Weiteren Verfahren, in denen ein virtuelles Peripheriegerät in einer Simulationsvorrichtung ein Pseudosignal an ein Peripheriegerät ausgebe oder in denen eine PLC (Programmierbare Logik-Steuervorrichtung) verwendet werde, um Signale ein- und auszugeben (vgl. geltende Beschreibung, S. 2, Z. 15 - 25).
Die Aufgabe der Erfindung bestehe daher in der Bereitstellung einer Simulationsvorrichtung, die in der Lage sei, eine geeignete Simulation durchzuführen, ohne ein Programm zu ändern, während die Definition eines virtuellen Peripheriegeräts und/oder einer PLC nicht erforderlich sein soll (vgl. geltende Beschreibung, S. 3, Z. 9 - 12).
Die Aufgabe soll durch die Gegenstände mit den im jeweiligen Anspruch 1 in der Fassung des Haupt- und Hilfsantrags angegebenen Merkmalen gelöst werden.
Als Fachmann ist ein Informatiker mit mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Softwareprogrammen zur Simulation von Systemen und zur Ansteuerung von Robotern anzusehen.
2. Der Patentanspruch 1 bedarf der Auslegung.
Auch wenn der jeweilige Patentanspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag von der Formulierung her eine Simulationsvorrichtung, also einen Computer, betrifft, so ist er im Grunde auf ein Roboterprogramm und eine davon separate aber assoziierte Datei gerichtet (vgl. geltende Beschreibung, S. 5, vorle. Abs.). Der Anspruch 1 schlägt eine Simulationsvorrichtung vor, welche auf der Grundlage eines Roboterprogramms eingerichtet ist (vgl. Merkmal M1), um eine separate Datei zu verwenden, welche von einem Roboterprogramm, das zur Simulation eines Roboters dient, verschieden ist (vgl. Merkmal M2). In der Fassung des Hauptantrags umfasst dabei die separate Datei eine Vielzahl von Zeilen, die jeweils einer Zeile des Roboterprogramms zugeordnet sind (vgl. Merkmal M2.1). Wenn die Simulation durchgeführt wird, also wenn das Roboterprogramm ausgeführt wird, soll ein Status eines Signals oder ein Wert eines Datenregisters synchron mit der in Ausführung befindlichen Zeile des Roboterprogramms geändert werden und zwar auf der Grundlage eines von der separaten Datei umfassten Befehls zum Setzen des Status eines Signals oder zum Setzen des Werts eines Datenregisters (vgl. Merkmale M3 und M4). Mit dem Begriff Befehl wird in der vorliegenden Anmeldung kein Maschinenbefehl eines Prozessors bezeichnet, sondern die Vorgabe von Werten eines Signalstatus durch die separate Datei, welche in der Anmeldung auch als Signalstatussetzdatei bezeichnet wird (vgl. geltende Beschreibung, Fig. 2 u. 6, S. 6, erster Abs., S. 9, dr. Abs., insbes. S. 10, Zn. 1f: In den Befehlen 50 und 52 können zumindest der Name des Datenregisters und des zu setzenden Werts spezifiziert werden.). Entsprechend ist das in Merkmal M3 aufgeführte Referenzieren eines Status und eines Werts durch Ausführung der Zeile des Roboterprogramms – in Übereinstimmung mit den in den Figuren 3 und 4 der Anmeldung gezeigten Programmablaufdiagrammen – dadurch gegeben, dass das Roboterprogramm aus der separaten Datei Werte ausliest bzw. einschreibt, womit der Signalstatus oder der Wert eines Datenregisters auf der Grundlage des entsprechendes Befehls gesetzt werden (vgl. geltende Beschreibung, S. 7, le. Abs.). Das synchrone Ändern des Status oder des Werts bedeutet somit lediglich, dass die einzelnen Programmschritte des Roboterprogramms sukzessive abgearbeitet werden und dabei jeweils der zugehörige Signalstatus oder der Wert entsprechend des in der separaten Datei umfassten „Befehls“ geändert wird (vgl. geltende Beschreibung, S. 8, zw. Abs., Fig. 3 / vgl. Merkmal M4).
Gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag wird als Zwischenschritt eine Verzögerungszeit eingeführt, die vor der Ausführung der entsprechenden Zeile des Roboterprogramms abzuwarten ist (vgl. Merkmal M5).
Der jeweilige Anspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag legt somit die vorrichtungstechnische Ausgestaltung des Computers – der Simulationsvorrichtung – nur insoweit fest (vgl. Merkmal M1), als dass sie zur Ausführung des Roboterprogramms eingerichtet sein soll. Damit ist auch die Eignung zur Durchführung einer Simulation eines Roboters, soweit das Roboterprogramm und die separate Datei dies beschreiben, gegeben, wie in Merkmal M1 und M2 eingangs angegeben. Die weiteren Merkmale M3 bis M5 definieren dabei, wie das Roboterprogramm, also ein ausführbares Computerprogramm, mit der separaten Datei interagiert und welche Werte in der separaten Datei referenziert werden.
3. Der jeweilige Gegenstand des Anspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag liegt auf technischem Gebiet im Sinne des § 1 Abs. 1 PatG.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei Erfindungen mit Bezug zu Vorrichtungen und Verfahren der elektronischen Datenverarbeitung zunächst zu klären, ob der Gegenstand der Erfindung auf technischem Gebiet liegt. Dies ist vorliegend gegeben. Denn mit der beanspruchten Simulationsvorrichtung, die zur Ausführung eines Programms eingerichtet sein soll, das zur Simulation eines Roboters dient, und mit der Bereitstellung eines Roboterprogramms, einer separaten Datei und eines Datenregisters wird die Nutzung einer Datenverarbeitungsanlage gelehrt (vgl. geltende Beschreibung, S. 5, vorle. Abs.), was dem Gebiet der Technik zuzurechnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. April 2010, Xa ZB 20/08, GRUR 2010, 613, erster Leitsatz – Dynamische Dokumentengenerierung; BGH, Urteil vom 24. Februar 2011, X ZR 121/09, GRUR 2011, 610, zweiter Leitsatz – Webseitenanzeige).
4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag und ebenso der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag sind jedoch gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 i. V. m. Abs. 4 PatG dem Patentschutz nicht zugänglich. Die Gegenstände des jeweiligen Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag enthalten keine Anweisungen, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist auch ein Verfahren, das sich zur Herbeiführung des angestrebten Erfolges eines Programms bedient, mit dessen Hilfe eine Datenverarbeitungsanlage so gesteuert wird, dass der gewünschte Erfolg erzielt wird, nicht schon wegen des Vorgangs der elektronischen Datenverarbeitung dem Patentschutz zugänglich. Da das Gesetz Programme für Datenverarbeitungsanlagen als solche vom Patentschutz ausschließt (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG) muss die beanspruchte Lehre vielmehr Anweisungen enthalten, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen (BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2004 – X ZB 34/03, GRUR 2005, 143 – Rentabilitätsermittlung; BGH, – Webseitenanzeige, a. a. O.). Nichts anderes gilt, wenn in Rede steht, ob eine beanspruchte Lehre als Plan, Regel oder Verfahren für gedankliche oder geschäftliche Tätigkeiten (§1 Abs. 3 Nr. 3 PatG) oder als Wiedergabe von Informationen (§1 Abs. 3 Nr. 4 PatG) nicht als Erfindung anzusehen ist.
Welches technische Problem durch eine Erfindung gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2004 – X ZB 33/03, GRUR 2005, 141, Abschnitt II. 4. b) – Anbieten interaktiver Hilfe).
Die der Erfindung zugrundeliegende objektive Problemstellung liegt vorliegend darin, ein Roboterprogramm prüfen zu können, ohne ein virtuelles Peripheriegerät oder eine Programmierbare Logik-Steuervorrichtung zu verwenden und ohne das Programm modifizieren zu müssen (vgl. geltende Beschreibung, S. 10, dritter u. vierter Abs.). Nach Angaben der Anmelderin soll damit auch ungeschultes Personal zur Ausführung der Simulation befähigt sein (vgl. Schriftsatz vom 9. Dezember 2015, S. 6).
Die Überprüfung eines Programms und die Durchführung der Simulation eines Roboters mögen vorliegend noch als eine technische Aufgabe angesehen werden können. Die mit dem jeweiligen Anspruch 1 beanspruchte Simulationsvorrichtung verwendet jedoch zur Lösung dieser Problemstellung keine technischen Mittel, sondern bleibt auf eine reine Software-Lösung beschränkt, für die keine über übliche Programmiermethoden hinausgehenden Kenntnisse erforderlich sind.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein technisches Mittel zur Lösung eines technischen Problems vor, wenn Gerätekomponenten modifiziert oder grundsätzlich abweichend adressiert werden (vgl. BGH - Webseitenanzeige, a. a. O., Abs. III. 1. c) bb)). Darauf zielt der jeweilige Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag ersichtlich nicht. Für die anspruchsgemäße Ausführung eines Roboterprogramms unter Verwendung einer separaten Datei sind keine Modifikationen oder abweichenden Adressierungen von Gerätekomponenten der dazu eingerichteten Simulationsvorrichtung vonnöten. Auch die Beschreibung der vorliegenden Anmeldung macht keine Angaben zu erforderlichen Modifikationen an den technischen Komponenten der Simulationsvorrichtung oder zu einer besonderen Adressierung von Gerätekomponenten, welche über das übliche Datenwert-Einschreiben und Auslesen von einem ausführbaren Programm zugeordneten Dateien hinausgehen. Auch werden keine Systemkomponenten modifiziert oder in neuartiger Weise adressiert. Als Simulationsvorrichtung kann somit jede herkömmliche Datenverarbeitungsanlage dienen, ohne dass auf technische Gegebenheiten innerhalb oder außerhalb dieser Datenverarbeitungsanlage Rücksicht genommen werden müsste (vgl. BGH, a. a. O. - Dynamische Dokumentengenerierung; BGH, a. a. O. – Webseitenanzeige).
Von einem zur Lösung eines technischen Problems eingesetzten technischen Mittel kann ferner dann gesprochen werden, wenn der Ablauf eines zur Problemlösung eingesetzten Datenverarbeitungsprogramms durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt (vgl. BGH – Dynamische Dokumentengenerierung, a. a. O., Abs. II. 4. c) cc)). Auch diese Voraussetzungen erfüllt die mit Patentanspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag beanspruchte Lehre nicht. Weder wird durch die beanspruchte Simulationsvorrichtung ein Zusammenhang mit den technischen Gegebenheiten der Laufzeitumgebung hergestellt, der über das Auslesen von Daten aus Registern o. ä. hinausgeht, noch gehen technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage im Sinne von Messwerten oder während des Programmablaufs ermittelten Stellgrößen eines Roboters ein. Ein Zusammenwirken mit außerhalb der Datenverarbeitungsanlage ermittelten aktuellen Stellwerten ist von der Anspruchsformulierung gerade nicht umfasst, sondern lediglich die Abarbeitung mit vorab festgelegten Statuswerten und gegebenenfalls, gemäß Hilfsantrag, einer bestimmten Verzögerungszeit bei der Programmausführung, die zum Zwecke der Simulation von einer separaten Datei vorgegeben werden.
Die von der separaten Datei umfassten Befehle zum Setzen des Status eines Signals oder eines Datenregisterwertes, also die in der separaten Datei abgelegten Werte, müssen durch ein initiales Setzen in die Datei eingeschrieben werden (vgl. geltende Beschreibung, S. 8, le. Abs. - S. 9, erster Abs.), was bedeutet, dass ein Programmierer die interagierenden Zeilen von Roboterprogramm und separater Datei vor Beginn der Ausführung der Simulation vorgeben muss. Darin kann ebenfalls kein technisches Mittel gesehen werden.
Auch bei der beanspruchten Aufspaltung in ein Roboterprogramm und eine von dem Programm zu verwendende separate Datei sind keine besonderen technischen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Der Anmelderin kann zugestimmt werden, dass der von der Prüfungsstelle herangezogene BGH-Beschluss „Buchungsblatt“ (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 1975, X ZB 9/74, GRUR 1975, 549) hinsichtlich der dort geforderten unmittelbaren Einwirkung auf die Außenwelt überholt und inhaltlich völlig am Anmeldungsgegenstand vorbei geht. Die Anmelderin hat weiter ausgeführt, die Bereitstellung einer separaten Datei, die von dem Roboterprogramm verschieden sei, trage zu einer effizienteren Ausnutzung von Systemressourcen bei, indem die Simulationszeiten verkürzt werden. Denn durch die Aufspaltung sei es möglich, dem Roboterprogramm den realen Kontext zu entziehen – die mechatronische Schnittstelle für die Ereignisübergabe werde in die separate Datei verlagert, und der Wegfall der realen Ereignisse stelle eine technische Erwägung dar. Der Senat mag dieser Argumentation noch insoweit folgen, als dass die in der separaten Datei vorgehaltenen Werte einen Bezug zu technischen Gegebenheiten, sprich dem zu simulierenden Roboter herstellen. Allerdings sind diese Werte vor Beginn der Simulation, wie ausgeführt, von einem Programmierer in der Datei in einem Initialisierungsprozess festzulegen. Bei der Ausführung des Roboterprogramms wird dann lediglich auf die vorab festgelegten Werte in der separaten Datei zugegriffen, und der Anspruch 1 legt allein das Zusammenwirken des Roboterprogramms mit der separaten Datei fest. Die von der Anmelderin hierzu zitierte BGH-Entscheidung „Seitenpuffer“, bei der es um auf Betriebssystemebene realisierte Ladestrategien für ein Arbeitsspeichersystem geht (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 1991, X ZB 13/88, GRUR 1992, 33 – Seitenpuffer), ist bei dem hier vorliegenden Anmeldegegenstand nicht treffend. Denn bei der anspruchsgemäßen Simulationsvorrichtung handelt es sich um eine bestimmungsgemäß genutzte Datenverarbeitungsanlage, welche eingerichtet ist, ein Roboterprogramm und eine damit referenzierte Datei zu verwenden, es geht somit um die Aufteilung von Programm (Roboterprogramm) und Daten (separate Datei) auf der Ebene der Anwendersoftware. Die Bereitstellung eines Computerprogramms und einer damit referenzierten Datei unter Erfüllung von nichttechnischen Anforderungen dient jedoch nicht der Lösung einer technischen Problemstellung mit technischen Mitteln. Denn der Anspruch beschränkt sich darauf, fachübliche Mittel des Datenauslesens und -Einschreibens in eine Datei bestimmungsgemäß einzusetzen, um die Überprüfung eines Roboterprogramms für den Programmierer zu vereinfachen. Es ist nicht ersichtlich, dass technische Zusammenhänge, welche bei der Überprüfung von Roboterprogrammen während deren Ablauf eine Rolle spielen könnten, oder weitere technische Randbedingungen wie etwa außerhalb der Datenverarbeitungsanlage liegende technische Gegebenheiten eines realen Roboters, bei der Simulationseinrichtung des jeweiligen Anspruchs 1 berücksichtigt werden.
Auch die mit Merkmal M5 in den Hilfsantrag aufgenommene Verzögerungszeit ist nicht als ein technisches Mittel zur Lösung eines technischen Problems anzusehen. Denn die Spezifikation der Verzögerungszeit steht in keinem Bezug zu während der Laufzeit des Roboterprogramms ermittelten Werten oder Messgrößen, sondern wird auf einen einmal spezifizierten Wert festgelegt (vgl. geltende Beschreibung, S. 10, Z. 38 - S. 11, Z. 3; S. 3, Z. 40 - S. 4, Z. 2; S. 8, erster u. zweiter Abs.; S. 9, Z. 20 - S. 10, Z. 2). Damit gilt für die Verzögerungszeiten nichts anderes als für die Vorgabe von Registerwerten bzw. Stellgrößen in der separaten Datei. Mit der von einem Programmierer vorab festgelegten Verzögerungszeit wird somit dem Roboterprogramm lediglich eine Warteschleife vorgegeben, was ebenfalls eine reine Softwaremaßnahme darstellt. Diese vermag zwar technische Zusammenhänge möglicherweise zutreffend beschreiben. Ihre Angabe in der separaten Datei ist jedoch nicht durch ein reales Robotersystem bestimmt, sondern beruht allein auf den Angaben, die ein Programmierer in der separaten Datei vorab festlegt. Somit vermag auch das im Hilfsantrag zusätzlich aufgenommene Merkmal der mit dem Anspruch 1 beanspruchten Simulationsvorrichtung nicht dazu verhelfen den Ausschlusstatbestand gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 i. V. m. Abs. 4 zu überwinden.
Der jeweilige Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag ist daher dem Patentschutz nicht zugänglich.
5. Mit den jeweils nicht schutzfähigen Ansprüchen 1 nach Haupt- und Hilfsantrag sind auch die auf diese Ansprüche direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet war (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 - X ZB 6/05, GRUR 2007, 862, Abschnitt III. 3. a) a)) – Informationsübermittlungsverfahren II).
6. Nachdem die jeweiligen Anspruchssätze nach Hauptantrag und Hilfsantrag nicht schutzfähig sind, war die Beschwerde zurückzuweisen.