Entscheidungsdatum: 13.07.2010
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Patentanmeldung 10 2004 004 073.7-53
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, der Richterin Eder sowie des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und der Richterin Dipl.-Ing. Wickborn
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die vorliegende Patentanmeldung, welche die Priorität zweier Voranmeldungen in Japan vom 30. Januar 2003 und vom 8. Januar 2004 in Anspruch nimmt, wurde am 27. Januar 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt in englischer Sprache eingereicht. Die rechtzeitig eingegangene deutsche Übersetzung trägt die Bezeichnung:
"Anzeigevorrichtung und Historie-Sammelsystem".
Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts in der Anhörung vom 7. März 2006 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der geltende Hauptanspruch nicht gewährbar sei, da sein Gegenstand im Hinblick auf zwei bestimmte im Prüfungsverfahren entgegengehaltene Druckschriften nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet. Sie hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, worin sich der beanspruchte Gegenstand nach ihrer Auffassung vom Stand der Technik unterscheide. Da es keine Anregungen gegeben habe, eine Weiterbildung in der beanspruchten Richtung vorzunehmen, liege eine erfinderische Tätigkeit vor. Dies gelte erst recht für den Gegenstand der Patentansprüche nach Hilfsantrag.
Die Anmelderin stellt den Antrag,
den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
- gemäß Hauptantrag mit Patentansprüchen 1 bis 4 vom 2. Dezember 2005, noch anzupassender Beschreibung Seiten 1 - 18 und 7 Blatt Zeichnungen mit 10 Figuren, jeweils vom 27. April 2004,
- gemäß Hilfsantrag mit Patentansprüchen 1 und 2 und Beschreibung Seiten 1 - 19, jeweils vom 12. Juli 2010, Zeichnungen mit Figuren wie Hauptantrag.
In der Fassung gemäß Hauptantrag lautet der Patentanspruch 1, hier mit einer möglichen Gliederung versehen:
" (a) Anzeigevorrichtung (2) für eine Spritzgussmaschine (1), die in Übereinstimmung mit einer Gussbedingung arbeitet,
wobei die Anzeigevorrichtung (2) umfasst:
(b) einen Eingangssignalcontroller (6), der eine geänderte Gussbedingung der Spritzgussmaschine und einen Zustand einer Gussqualität für die geänderte Gussbedingung eingibt;
(c) eine Speicherprozesseinheit (91), die Historie-Daten speichert, die die Änderung in der Gussbedingung und den Zustand der Gussqualität angeben; und
(d) eine Bildschirmanzeigeeinheit (3), die die Historie-Daten anzeigt, wenn ein Anzeigeanforderungssignal für die Historie-Daten empfangen wird."
Zu den Unteransprüchen 2 und 3 sowie zum nebengeordneten, auf ein "Historie-Sammelsystem" gerichteten Patentanspruch 4 wird auf die Akte verwiesen.
Dem Patentbegehren nach Hauptantrag soll die Aufgabe zugrunde liegen, eine Anzeigevorrichtung einer Spritzgussmaschine bereitzustellen, die geeignet ist, ohne weiteres die Gussqualität der Maschine zu verstehen, deren Gussbedingungen geändert wurden (siehe Eingabe vom 2. Dezember 2005, Seite 2 Absatz 3).
Gemäß Hilfsantrag lautet der Patentanspruch 1 (mit einer Gliederung angelehnt an die Gliederung nach Hauptantrag):
" (a*) Spritzgussmaschine (1), die ausgestaltet ist, um in Übereinstimmung mit einstellbaren Gussbedingungen ein Gusserzeugnis herzustellen, das durch eine Mehrzahl von Gussqualitätszuständen gekennzeichnet ist,
(x) mit einer Eingabeeinheit mit
(b*) einem Eingangssignalcontroller (6), über den eine Änderung einer der Gussbedingungen und eines Gussqualitätszustandes für die geänderte Gussbedingung eingegeben werden können;
(c*) einer Speicherprozesseinheit (91), die Historie-Daten speichert, die die Änderungen der Gussbedingungen und des Gussqualitätszustandes angeben; und
(d) einer Bildschirmanzeigeeinheit (3), die die Historie-Daten anzeigt, wenn ein Anzeigeanforderungssignal für die Historie-Daten empfangen wird;
(e) wobei die Gussqualitätszustände eine Mehrzahl von Qualitätseigenschaften eines Gusserzeugnisses darstellen;
dadurch gekennzeichnet, dass
(f) die Änderungen der Gussqualitätszustände als "Besser" und "Schlechter" eingegeben werden; und
(g) wobei die Spritzgussmaschine (1) ausgestattet ist, um mittels Software aus den Historie-Daten einen Vorschlag einer Änderungsrichtung einer Gussbedingung zu erzeugen."
Wegen seines Unteranspruchs 2 wird wiederum auf die Akte verwiesen.
Diesen Patentansprüchen soll die Aufgabe zugrunde liegen, eine Spritzgussmaschine bereitzustellen, die geeignet ist, den Benutzer bei der Änderung der Gussbedingung zu unterstützen (siehe Beschreibung vom 12. Juli 2010, Seite 2 Zeile 21 - 25).
Als Stand der Technik wurden im Prüfungsverfahren entgegengehalten:
D1 DE 694 24 558 T2
D2 JP 2001 - 145 947 A (Abstract, Original-Figuren und elektronische Übersetzung)
D3 DE 100 20 999 A1
Der Senat hat in einem Ladungszusatz und in der mündlichen Verhandlung noch folgende Dokumente zitiert:
D4 US 5 870 698 A
D5 US 6 381 512 B1
D6 US 5 062 784
II.
Die rechtzeitig eingelegte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg, weil der jeweilige Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und nach Hilfsantrag sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab.
1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft in der geltenden, eingeschränkten Fassung Spritzgussmaschinen und im speziellen ein zugehöriges Anzeigegerät (hier zu verstehen als ein Bedien- und Beobachtungsgerät für die Überwachung des Spritzguss-Prozesses und die Einstellung der Guss-Parameter).
Dabei wird ausgegangen von einer Spritzgussmaschine mit einem solchen Anzeigegerät, wie es der selbstgenannte Stand der Technik gemäß D2 schildert (siehe Absatz [0002] bis [0006] der Offenlegungsschrift). Demnach war eine Anzeigeeinheit für Spritzgussmaschinen mit Eingabeelementen zur Einstellung von Gussbedingungen bekannt, welche in zwei separaten Fenstern Prozessparameter und Einstellmöglichkeiten anzeigt. Die "Gussbedingungen" sind hier als Prozessparameter zu verstehen, die Einfluss auf die Qualität des Endproduktes haben. Gemäß D2 insbesondere Absatz [0014] können die Prozessparameter angezeigt und auch in Datensätzen als "Prozesshistorie" abgespeichert werden.
Nach den Angaben in der Anmeldung (siehe Absatz [0007] bis [0009] der Offenlegungsschrift) hat eine solche Aufzeichnung den Nachteil, dass aus den Datensätzen die Auswirkungen einer durchgeführten Änderung der Gussbedingungen auf das Endprodukt nachträglich nicht mehr erkennbar sind. Daher schlägt die Anmeldung vor, in den Datensätzen zusätzlich die Qualitätsänderung des erzeugten Produktes mit aufzuzeichnen (und zwar auf Basis einer Bewertung des Bedieners, von Hand durch Druck auf die Tastenfelder "besser" oder "schlechter", siehe Anmeldung Figur 6). Derart ergänzte Datensätze erlauben im Nachhinein eine Auswertung der Auswirkungen von bestimmten Änderungen der Gussbedingungen.
Als Fachmann , der mit der Aufgabe betraut wird, ein Anzeigegerät für Spritzgussmaschinen so auszulegen, dass Auswirkungen von Einstellungsänderungen näher untersucht werden können, bzw. dass Benutzer bei der Änderung der Gussbedingung unterstützt werden können, sieht der Senat einen Maschinenbau-Ingenieur der Fachrichtung "Spritzgusstechnik" mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung an.
2. Ob die geltenden Anspruchsfassungen nach Hauptantrag und Hilfsantrag zulässig sind, kann dahingestellt bleiben; zu Gunsten der Anmelderin interpretiert der Senat die Ansprüche so, wie sie ausgehend von der Offenbarung in der Anmeldung und den Ausführungen des Vertreters in der mündlichen Verhandlung verstanden werden sollten.
2.1 Im Erteilungsverfahren ist für Patentansprüche zu sorgen, die die unter Schutz gestellte Erfindung klar und deutlich umschreiben (BGH GRUR 1988, 757 "Düngerstreuer"). Die geltenden Formulierungen nach Haupt- und nach Hilfsantrag weisen jedoch noch Mehrdeutigkeiten, Ungenauigkeiten und Unklarheiten auf, wie sich teilweise bereits aus dem Ladungszusatz des Senats vom 28. Mai 2010 ergibt.
2.2 Nachdem sich das Gemeinte aber aus der ursprünglichen Offenbarung - wenn auch nicht immer "ohne weiteres" - erkennen lässt und zum Vergleich mit dem Stand der Technik herangezogen werden kann, konnte auf eine Umformulierung der Ansprüche verzichtet werden, da sich die (im Folgenden begründete) Beurteilung dadurch nicht verändert hätte.
3. Zum Hauptantrag
Um zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag zu gelangen, war keine erfinderische Tätigkeit erforderlich. Der Hauptantrag hat daher keinen Erfolg.
3.1 Im Einvernehmen mit der Anmelderin wird als nächstkommender Stand der Technik die neu eingeführte D6 (US 5 062 784) angesehen. Sie beschreibt eine Spritzgussmaschine (1 bis 4) mit einem NC-Steuergerät (100), welches eine "Anzeigevorrichtung" im Sinne der vorliegenden Anmeldung (Merkmal (a) ) mit einem Eingangssignalcontroller (112), einer Speicherprozesseinheit (106) für Historie-Daten, und mit einer Bildschirmanzeigeeinheit (CRT in 114) zur Anzeige der Daten aufweist (siehe insbesondere Figur 1 und zugehörige Beschreibung). Gemäß Spalte 4 Zeile 56 ff. stellt der Bediener "Gussbedingungen" (Prozess-Parameter) über eine manuelle Eingabeeinheit (MDI in 114) ein, entsprechend denen die Spritzgussmaschine angesteuert wird ("one set of tentative molding conditions"); dabei hat die Eingabe neuer Einstellparameter die Bedeutung einer Eingabe von "geänderten Gussbedingungen" über den Eingangssignalcontroller im Sinne des Merkmals (b) des Patentanspruchs 1. Anschließend begutachtet der Bediener das mit diesen Parametern erzeugte Produkt und gibt ggf. die Art eines aufgetretenen Fehlers ("data representing a certain type of molding defect", siehe Spalte 5 Zeile 52 - 54) dazu über den Eingangssignalcontroller ein ("Zustand einer Gussqualität für die geänderte Gussbedingung" in der Formulierung der Anmeldung, noch Merkmal (b) ). Parameter-Datensätze mit solchen Fehlerinformationen werden gespeichert (teilweise Merkmal (c) ) und bei zukünftigen Einstellvorgängen zum Vergleich herangezogen; sollte der Bediener einen Parametersatz einstellen, der bereits mit Fehler gespeichert ist, wird ein Alarm ausgegeben (siehe Spalte 6 Zeile 43 - 66), dabei ist auch eine Anzeige der Historie-Daten möglich (Zeile 64 - 66: Merkmal (d) ). In Bezug auf Merkmal (c) wird in D6 noch als Stand der Technik dargestellt (siehe Spalte 1 Zeile 42 - 61), dass man nicht nur Parametersätze speichert, die zu Fehlern führen, sondern auch Parametersätze für "gute" Spritzgussergebnisse.
D6 lehrt allerdings nicht speziell das Abspeichern von "Änderungen in der Gussbedingung", so wie es beispielsweise in Figur 7 der Anmeldung ("vorhergehender Einstellwert" → "Aktueller Einstellwert") zum Ausdruck kommt (Teil von Merkmal (c) des Patentanspruchs 1).
Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass der in D6 beschriebene Einstellvorgang einer Spritzgussmaschine mit "Versuchseinstellungen" mehrfach nacheinander durchgeführt wird ("tentative injection molding process", siehe Spalte 5 Zeile 25 - 36), so dass mehrere Parametersätze aufeinanderfolgender Einstellungen gespeichert werden (siehe Spalte 4 Zeile 31 - 35). Demnach sind - durch Vergleich solcher Datensätze - gemäß D6 Daten auch über "Änderungen in der Gussbedingung" vorhanden. Dass sie anmeldungsgemäß ausdrücklich als Änderungen abgespeichert werden, kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen, zumal die Art der Darstellung von Daten "an sich" kein technisches Merkmal darstellt.
3.2 Möglicherweise könnte der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag noch so verstanden werden, dass er zusätzlich eine Erfassung und Speicherung der Änderung der Gussqualität (siehe Figur 7: "Qualität besser / schlechter") umfasst.
Dies wäre aber eine Anweisung allein an den Bediener der Spritzgussmaschine, der hierfür eine auf seinem persönlichen Erfahrungsschatz beruhende Einschätzung vornehmen müsste, ob sich die Qualität des erzeugten Produktes nach der Änderung der Prozessparameter verbessert oder verschlechtert hat; die Einschätzung der Qualitätsänderung wäre von ihm einzugeben und im Gerät abzuspeichern. Solche Daten über eine Qualitätsänderung hätten lediglich einen anderen Bedeutungsinhalt als die bekannten Daten über die Qualität. Der Unterschied läge in der Art der Bedienung bzw. der Benutzeroberfläche, er hätte aber keine technischen Auswirkungen; ein technisches Problem müsste nicht gelöst werden, um den Vorschlag zu machen. Daher ließe sich auch mit einem solchen Verständnis des Anspruchs das Vorliegen einer erfinderische Tätigkeit nicht begründen.
3.3 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ergab sich sonach für den Fachmann in naheliegender Weise aus D6 , der Anspruch ist daher nicht patentierbar. Mit ihm fallen zwangsläufig auch die Unteransprüche 2 und 3 sowie der Nebenanspruch 4, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (BGH GRUR 1997, 120 "Elektrisches Speicherheizgerät").
4. Zum Hilfsantrag
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag ergab sich für den Fachmann ebenfalls ohne erfinderische Tätigkeit aus dem Stand der Technik, so dass auch dem Hilfsantrag nicht gefolgt werden kann.
4.1 Die Fassung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich von der Fassung nach Hauptantrag zunächst durch einige Klarstellungen. So ist der Anspruch nunmehr auf eine "Spritzgussmaschine … mit einer Eingabeeinheit" gerichtet, wobei diese Eingabeeinheit u. a. eine Bildschirmanzeigeeinheit aufweist und somit als das Bedien- und Beobachtungsgerät zu verstehen ist, dass im Anspruch 1 des Hauptantrags als "Anzeigeeinheit" bezeichnet worden war. Ferner stellt Merkmal (e) (im Sinne einer Definition, nicht eines besonderen Merkmals der Spritzgussmaschine) klar, dass der Begriff "Gussqualität" verschiedene Eigenschaften eines Gusserzeugnisses betrifft (wie Verwerfungen, Einfallstellen u. a. - vgl. dagegen den missverständlichen Begriff "Bedingung" in Figur 6 / 7 der Anmeldung). Des weiteren ist klargestellt, dass Änderungen eines Gussqualitätszustandes eingegeben und in den Historie-Daten abgespeichert werden können.
Als Besonderheit wird mit dem Hilfsantrag beansprucht, dass die Änderungen der Gussqualitätszustände als "Besser" und "Schlechter" eingegeben werden (Merkmal (f) ), und dass dem Bediener mittels Software aus den Historie-Daten ein Vorschlag einer Änderungsrichtung einer Gussbedingung unterbreitet wird (Merkmal (g) - siehe Anmeldung Seite 7 "gussunterstützende AI-Software").
4.2 Der Anmeldungsgegenstand weist neben technischen offensichtlich auch nicht-technische Merkmale auf, denen keine "auf technischen Überlegungen beruhende Erkenntnisse" zugrunde liegen (BGH BlPMZ 2000, 273 "Logikverifikation"), sondern die sich an den Benutzer richten und ihre Ausgestaltung erfahren, um ihm die Bedienung zu erleichtern.
Für das Technizitätserfordernis an sich ist dies unerheblich (vgl. BGH BlPMZ 2009, 183 "Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten", Absatz 10), ein grundsätzlicher Patentierungsausschluss liegt nicht vor.
Dass der Benutzer am Bedienverfahren beteiligt ist, stellt ebenfalls keinen Ausschlussgrund dar. "Dem technischen Charakter der Vorrichtung steht es nicht entgegen, dass ein Eingreifen des Menschen in den Ablauf des auf dem Rechner durchzuführenden Programms in Betracht kommt" (BGH BlPMZ 2000, 276 "Sprachanalyseeinrichtung"), bzw. "Dass ein Arbeitsgang durch einen Menschen eingeleitet oder ausgelöst wird, nimmt der Erfindung nicht die erforderliche Technizität" (BGH Mitt. 2002, 176 "Gegensprechanlage").
Jedoch ist "bei der Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit diese [erg.: technische] Problemlösung in den Blick zu nehmen … Außerhalb der Technik liegende Anweisungen genügen in diesem Zusammenhang grundsätzlich nicht; sie sind nur in dem Umfang von Bedeutung, in dem sie auf die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln Einfluss nehmen … Schutzfähig ist eine solche Lehre vielmehr erst dann, wenn die Lösung des konkreten technischen Problems neu und erfinderisch ist" (BGH "Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten", a. a. O., Absatz 11). "Anweisungen, die auf nichttechnischem Gebiet liegen, können das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen" (BPatG Mitt. 2009, 233 "Druckvorlagenerstellung", Leitsatz)).
4.3 Ausgehend von der Erläuterung unter 3.1 (s. o.), beschreibt die nächstkommende Druckschrift D6 eine Spritzgussmaschine mit den Merkmalen (a*) , (x) , (d) und (e) , die auch einen Eingangssignalcontroller (112) enthält, über den eine Änderung einer der Gussbedingungen durch Eingabe neuer Parameter eingegeben werden kann (vgl. Figur 2 / Spalte 7 Zeile 1 - 18); ferner kann der Gussqualitätszustand für die geänderte Gussbedingung eingegeben werden (Spalte 5 Zeile 47 - 58: "different types of molding defects or the absence of defects"); entsprechend werden die geänderten Gussbedingungen und der Gussqualitätszustand im Speicher (106) als Datensatz gespeichert (teilweise Merkmal (b*) und (c*) ).
Darüber hinaus ist die in D6 beschriebene Spritzgussmaschine ausgelegt, um dem Bediener mittels Software aus den Historie-Daten eine Unterstützung bei der Einstellung von Guss-Parametern zu geben (Alarm mit Anzeige der gerade neu eingegebenen Parameter und der als ähnlich erkannten alten, fehlerverursachenden Parameter: siehe Spalte 6 Zeile 59 - 66) (teilweise Merkmal (g) ).
Somit unterscheidet sich die Lehre des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag von diesem Stand der Technik in folgenden Punkten:
(1) Gemäß D6 kann für geänderte Gussbedingungen der Gussqualitätszustand eingegeben und gespeichert werden; anmeldungsgemäß soll statt dessen die Änderung des Gussqualitätszustands eingegeben und gespeichert werden, und zwar gemäß Merkmal (f) als "Besser" bzw. "Schlechter";
(2) Gemäß D6 kann die Spritzgussmaschine mittels Software aus den Historie-Daten eine Unterstützung bei der Einstellung von Guss-Parametern geben; anmeldungsgemäß soll sie dazu einen Vorschlag einer Änderungsrichtung einer Gussbedingung erzeugen.
Mit Recht weist die Anmelderin darauf hin, dass diese Unterschiede weder in D6 noch im Übrigen zitierten Stand der Technik vorbeschrieben sind; es findet sich auch keine konkrete Anregung, in dieser Richtung vorzugehen.
Dennoch können die genannten Unterschiede das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen.
4.3.1 Wenn beansprucht wird, statt des Gussqualitätszustands die Änderung des Gussqualitätszustands einzugeben und zu speichern, richtet sich das als Anweisung an den Bediener, wie bereits unter 3.2 ausgeführt. Auch dass die Eingabe als "Besser" oder "Schlechter" erfolgen soll, betrifft wieder nur die Art der Bedienung und die Benutzeroberfläche; die Lösung eines technischen Problems kann darin nicht erkannt werden. Ob die eingegebenen Daten eine andere "Qualität" haben als die aus D6 bekannte Eingabe der Art des Fehlers (ohne Bewertung), hängt von den Fähigkeiten des Bedieners bei seiner Beurteilung des jeweiligen Gusserzeugnisses ab, nicht aber vom Aufbau der beanspruchten Spritzgussmaschine.
Der genannte Unterschied (1) betrifft daher keine technische Lehre, die bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit berücksichtigt werden könnte.
4.3.2 Der zweite Unterschied besteht darin, statt eines Alarms mit Anzeige der aktuellen und vergleichbarer, zu einem fehlerhaften Erzeugnis führender Einstellparameter eine Hilfestellung zu geben, in welcher Richtung eine Gussbedingung geändert werden sollte. Hier ist zunächst festzustellen, dass die Anmeldung keine konkrete Lehre gibt, wie eine sinnvolle Einstellrichtung bestimmt werden kann; sie beschränkt sich allein auf die Idee und setzt voraus, dass eine AI- (Artificial Intelligence-) Software diese Information schon "irgendwie" bereitstellen können wird.
Allein die Idee, eine für den Bediener geeignetere Hilfestellung als die aus D6 vorbekannte zu geben, liegt aber im Rahmen des Wissens und Könnens des Durchschnittsfachmanns. Dabei wird er abwägen, welche Informationen zur Verfügung stehen (Datensätze vorheriger Spritzgussvorgänge mit Bewertung) und welcher Aufwand zu treiben ist (AI-Software?), um für den Benutzer die Einstellung von Guss-Parametern möglichst zu vereinfachen. Derartige Abwägungen sind übliches fachmännisches Handeln.
Hinzukommt, dass durch den anspruchsgemäßen Vorschlag , in welcher Richtung eine Gussbedingung zu ändern wäre, keine unmittelbare technische Wirkung auf die Spritzgussmaschine eingeleitet wird. Das objektiv gelöste Problem ist vielmehr darin zu sehen, dem Bediener eine "möglichst hilfreiche" Bedienunterstützung zu geben. Dieses Problem ist indessen nicht technischer Natur (vgl. BGH BlPMZ 2005, 77 "Anbieten interaktiver Hilfe", II. 4 b / c). Auch diese Sichtweise verbietet es daher, den Unterschied (2) als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend anzuerkennen.
4.3.3 Damit unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag nicht in erfinderischer Weise vom Stand der Technik, so dass der Anspruch keinen Bestand haben kann. Mit ihm fällt zwangsläufig sein Unteranspruch 2.
III.
Sonach war die Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss der Prüfungsstelle zurückzuweisen.