Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 18.03.2013


BPatG 18.03.2013 - 17 W (pat) 65/10

Patentbeschwerdeverfahren – „Verfahren und Vorrichtung zur Ablagerung von Messdaten“ – keine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Rücknahme der Anmeldung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
17. Senat
Entscheidungsdatum:
18.03.2013
Aktenzeichen:
17 W (pat) 65/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 100 37 647.9-53

hier: Rückzahlung der Beschwerdegebühr

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung am 18. März 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Phys. Dr. Forkel

beschlossen:

Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Beim Deutschen Patent- und Markenamt wurde am 31. Juli 2000 ein Antrag auf Erteilung eines Patents mit der Bezeichnung „Verfahren und Vorrichtung zur Ablagerung von Meßdaten“ gestellt.

2

Am 13. Januar 2009 hat die Prüfungsstelle für Klasse G06T einen Prüfungsbescheid erlassen. Darin beanstandet sie unter anderem, dass die eingereichten Patentansprüche keine Offenbarungshinweise enthielten, jedenfalls aber unzulässig erweitert seien. Zudem werde die gestellte Aufgabe durch den Hauptanspruch nicht gelöst. Selbst wenn dieser Mangel jedoch nur auf einer ungünstigen Formulierung der Aufgabe beruhe und deshalb die objektive Aufgabe ermittelt werde, sei festzustellen, dass der Fachwelt die Lösung des Problems bereits bekannt war. Der geltende Hauptanspruch sei auch nicht nacharbeitbar. Die genannten Druckschriften 1 bis 3 stünden dem Hauptanspruch ebenfalls entgegen. Der Hauptanspruch könne damit keine erfinderische Tätigkeit begründen.

3

Auf diesen Prüfungsbescheid hin antwortete der Anmelder, dass die Prüfungsstelle offenbar das Wesen der Anmeldung verkannt habe. Deshalb werde vorgeschlagen, dass die Prüfungsstelle einen Anhörungstermin anberaume, zu dem auch der Erfinder mitkommen solle. Im Hinblick auf die formalen Beanstandungen, insbesondere auf die Beanstandung zur angeblich unzulässigen Erweiterung, könne bis dahin ohne weiteres geantwortet werden. Insoweit werde im Hinblick auf den von der Prüfungsstelle anzuberaumenden Anhörungstermin gebeten, die Beantwortung des Prüfungsbescheids zurückzustellen bis zu einem kurz vor dem Anhörungstermin liegenden Antworttermin.

4

Daraufhin hat der Prüfer den Anmeldevertreter am 24. August 2009 angerufen und erklärt, dass eine Anhörung insbesondere wegen der formalen Mängel derzeit verfrüht sei, aber dennoch eine erteilbare Fassung der Patentanmeldung derzeit nicht ausgeschlossen werden könne. Ein formloser schriftlicher Antrag auf 2-4 Monate Fristverlängerung würde wegen der Komplexität der Anmeldung gewährt werden. Daraufhin hat der Anmeldevertreter dieses Telefonat schriftlich bestätigt und eine Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2009 beantragt. Diese ist von der Prüfungsstelle gewährt worden.

5

Am 17. Februar 2010 hat die Prüfungsstelle die Patentanmeldung mittels Beschluss zurückgewiesen. Sie hat dabei auf die Gründe des Bescheids vom 13. Januar 2009 Bezug genommen.

6

Hiergegen hat sich der Anmelder mit der Beschwerde gewandt, mit der er u. a. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt. Die Prüfungsstelle habe den Antrag auf Anberaumung eines Anhörungstermins zusammen mit den dort im Einzelnen genannten Vorgehensweisen zur redaktionellen Stellungnahme auf die Formalia mit ihrem Zurückweisungsbeschluss übergangen ohne dem Anmelder, der Herr des Verfahrens sei, auf diese Weise rechtliches Gehör zu gewähren. Es mache nämlich wenig Sinn, auf redaktionelle Beanstandungen zu erwidern und inhaltlich von der Prüfungsstelle missverstanden zu werden.

7

Die Anmeldung gilt wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr als zurückgenommen.

8

Der Anmelder hat den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr aufrechterhalten.

II.

9

Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist zulässig. Auch nach Rücknahme der Anmeldung kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet werden (§ 80 Abs. 4 PatG). Dabei gilt die Nichtzahlung der Jahresgebühr gemäß § 58 Abs. 3 PatG als Rücknahme der Anmeldung (Schulte, PatG, 8. Aufl., § 80 Rdnr. 113 a. E.).

10

Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist aber nicht begründet (§ 80 Abs. 3 PatG).

11

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist anzuordnen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Maßgebend dafür sind alle Umstände des Falles, insbesondere das Verhalten der Beteiligten und die Sachbehandlung durch das Deutsche Patent- und Markenamt unter dem Gesichtspunkt der Ordnungsmäßigkeit und der Angemessenheit seiner Maßnahmen (wie beispielsweise sachliche Fehlbeurteilung, Verfahrensfehler, Verstoß gegen Verfahrensökonomie, vgl. Benkard, PatG, 10. Aufl., § 80 Rdnr. 21; Schulte, a. a. O., § 80 Rdnr. 111). Auch die Ablehnung einer von einem Anmelder beantragten Anhörung kann, wie vom Senat wiederholt ausgeführt, einen die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigenden Verfahrensverstoß darstellen. Die Ablehnung einer beantragten Anhörung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, beispielsweise wenn die Anhörung nach Lage der Akten zu einer unnötigen Verfahrensverzögerung führen würde, oder wenn der Sachverhalt und die rechtliche Würdigung so banal und einfach sind, dass eine Anhörung nur verfahrensverzögernd wäre (vgl. Schulte, a. a. O., § 46 Rdnr. 12). Vorliegend war der Erlass des Zurückweisungsbeschlusses ohne vorherige Durchführung einer Anhörung jedoch aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles gerechtfertigt. Der Anmelder hat den konkreten Verfahrensablauf durch sein Verhalten verursacht. Der Beurteilungsspielraum der Prüfungsstelle bei der Einschätzung der Sachdienlichkeit der Anhörung ist im vorliegenden Fall nicht überschritten worden.

12

Die Prüfungsstelle hat sich nämlich nach der insoweit maßgeblichen Telefonnotiz, die vom Anmelder schriftlich bestätigt worden ist, nicht gegen die Durchführung einer Anhörung gesperrt. Vielmehr hat sie eine solche wegen bestehender, formaler Mängel der Anmeldung lediglich als verfrüht bezeichnet, eine erteilbare Fassung der Anmeldung allerdings nicht ausgeschlossen. Sie hatte damit noch kein abschließendes Urteil über die Anmeldung gefällt und eine grundsätzliche Bereitschaft zur Durchführung einer Anhörung signalisiert. Der Anmelder hat sich auf das von der Prüfungsstelle im Telefonat vom 24. August 2009 gemachte Angebot einer Fristverlängerung eingelassen und eine Frist bis zum 31. Dezember 2009 beantragt. Er hat sich aber bis zum Fristablauf weder in formaler Hinsicht noch in der Sache selbst geäußert und auch keine weitere Frist beantragt. Der Anmelder hat sich damit selbst nicht an das zwischen ihm und der Prüfungsstelle vereinbarte Vorgehen gehalten und somit auch keine Bereitschaft für eine zielgerichtete Weiterführung des Verfahrens erkennen lassen. Damit ist es nicht zu beanstanden, wenn die Prüfungsstelle 6 Wochen nach Ablauf der gewährten Frist einen Beschluss erlassen hat, ohne beim Anmelder noch einmal „nachzuhaken“. Zudem entspricht dies den Richtlinien für die Prüfung von Patentanmeldungen, wonach umgehend in der Sache entschieden werden kann, wenn auf einen Bescheid nicht fristgerecht geantwortet wird (vgl. ebenda, 3. Prüfungsverfahren, 3.5. Fristgewährung).

13

Hinzu kommt, dass der Anmelder in seinem Antrag auf Anberaumung einer Anhörung selbst vorgeschlagen hat, zunächst einen Termin zu bestimmen und in der Zwischenzeit, also bis zu diesem Termin, auf formale Beanstandungen zu antworten. Er hat aber im Verlauf der auf das Telefonat gewährten Frist weder Anstalten unternommen, die gerügten Mängel zu beseitigen noch sonst irgendeine Reaktion gezeigt.

14

Ein die Rückzahlung rechtfertigender Verstoß gegen den Grundsatz der Verfahrensökonomie liegt ebenfalls nicht vor. Die Auffassung des Anmelders, er sei Herr des Verfahrens und es mache wenig Sinn, auf redaktionelle Beanstandungen zu erwidern und inhaltlich von der Prüfungsstelle missverstanden zu werden, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Zum einen hat der Anmelder selbst vorgeschlagen, bis zur Anberaumung eines Anhörungstermins auf den Prüfungsbescheid hinsichtlich der formalen Beanstandungen zu antworten. Zum anderen hat sich der Anmelder im Telefonat und seinem darauffolgenden Fristgesuch - wie oben ausgeführt - mit der von der Prüfungsstelle vorgeschlagene Vorgehensweise einverstanden erklärt, ohne anschließend selbst zum Gelingen des Verfahrens beizutragen.