Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 19.03.2015


BPatG 19.03.2015 - 17 W (pat) 4/12

Patentbeschwerdeverfahren – „Such- und Auswerteverfahren sowie Such- und Auswertesystem“ – zur Patentfähigkeit – keine Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
17. Senat
Entscheidungsdatum:
19.03.2015
Aktenzeichen:
17 W (pat) 4/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2008 030 125.6-53

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und der Richterin Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die vorliegende Patentanmeldung ist am 27. Juni 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden. Sie trägt die Bezeichnung

2

„Such- und Auswerteverfahren sowie Such- und Auswertesystem“.

3

Auf den ersten Prüfungsbescheid hin haben die Anmelder eine Patenterteilung auf Basis der ursprünglich eingereichten Patentansprüche beantragt; hilfsweise haben sie Antrag auf Anhörung gestellt. Im hierauf folgenden Amtsbescheid vom 19. Oktober 2010 ist dargelegt worden, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht im Bereich der vom Patentrecht geschützten Erfindungen liege (§ 1 PatG) und somit nicht gewährbar sei. Daraufhin haben die Anmelder mit Eingabe vom 28. Februar 2011 kurzfristige Entscheidung nach Aktenlage beantragt.

4

Die Prüfungsstelle für Klasse G06N hat am 13. Juli 2011 aus den Gründen des Bescheides vom 19. Oktober 2010 die Anmeldung zurückgewiesen.

5

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerde der Anmelder.

6

Der Vertreter der Anmelder stellte den Antrag,

7

den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

8

gemäß Hauptantrag mit

9

Patentansprüchen 1 bis 15,

10

Beschreibung Seiten 3 bis 13 und

11

1 Blatt Zeichnungen mit 1 Figur, jeweils vom Anmeldetag,

12

Beschreibung Seiten 1, 1a, 2 vom 29. September 2009;

13

gemäß Hilfsantrag mit

14

Patentansprüchen 1 bis 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung,

15

noch anzupassender Beschreibung und

16

Zeichnung mit Figur, jeweils wie Hauptantrag.

17

Er regte die Zulassung der Rechtsbeschwerde an mit der Frage, ob ein abstrakt beanspruchtes Verfahren, welches sowohl auf nichttechnischem als auch auf technischem Gebiet anwendbar wäre, dem Patentschutz zugänglich sein kann.

18

Zusätzlich regte er die Rückzahlung der Beschwerdegebühr an.

19

Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind folgende Druckschriften genannt worden:

20

D1: Albrecht Schmidt: “A Modular Neural Network Architecture with Additional Generalization Abilities for High Dimensional Input Vectors”, Thesis, Manchester Metropolitan University, Department of Computing, 1996

21

D2: US 2008/0112620 A1

22

D3: Wikipedia-Artikel “Graph (Graphentheorie)”, Version vom 12. Juni 2008, http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Graph_%28Graphentheorie%29&oldid=47161744 .

23

Der Senat hat zusätzlich die Druckschriften

24

D4: Wikipedia-Artikel „Künstliches Neuron“ vom 28. März 2008, unter http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Künstliches_Neuron&oldid=44246316

25

D5: C. W. Eurich: „Neuronale Netze“, Lexikon der Physik in sechs Bänden, vierter Band, 2000, Spektrum Akademischer Verlag GmbH Heidelberg, Seiten 81 bis 86

26

D6: John A. Bullinaria: Committee Machines. Introduction to Neural Networks: Lecture 15, 2003; gespeichert in archive.org am 28. April 2004, https://web.archive.org/web/20040428001406/http://www.cs.bham.ac.uk/~jxb/NN/l15.pdf

27

in das Verfahren eingeführt.

28

Zu den Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II.

29

Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht und auch sonst zulässig. Sie konnte jedoch keinen Erfolg haben, da das Verfahren des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag nach § 1 PatG dem Patentschutz nicht zugänglich ist, und da in entsprechender Weise auch das System des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag nicht patentfähig ist.

30

1. Die Patentanmeldung betrifft ein Such- und Auswerteverfahren zur Auswertung von elektronisch gespeicherten Texten mittels eines Computersystems und neuronaler Netze unter Verwendung von vorgebbaren oder zuvor ermittelten Suchbegriffen, sowie ein entsprechendes Such- und Auswertesystem (Offenlegungsschrift Abs. [0001]).

31

Es seien verschiedenste Such- und Auswerteverfahren zur Auswertung von elektronisch gespeicherten Texten mittels eines Computersystems bekannt. Üblicherweise würden dabei unter Verwendung von einem oder mehreren Suchbegriffen elektronisch gespeicherte Texte nach diesen Begriffen durchsucht und anschließend in Ergebnislisten aufgeführt (Offenlegungsschrift Abs. [0002]).

32

Ebenfalls bekannt seien neuronale Netze, bei denen ein jedes Neuron eine Aktivierung aufweise und über eine gewichtete Verbindung mit zumindest einem anderen Neuron verbunden sei, wobei das Produkt aus der Aktivierung des Neurons mit dem Verbindungsgewicht eine Endaktivierung bilde (Offenlegungsschrift Abs. [0003]).

33

Nachteilig bei den bekannten Suchverfahren sei es, dass lediglich die Tatsache, dass ein Suchbegriff in dem durchsuchten Text enthalten ist, aus der Ergebnisliste erschlossen werden könne, es erfolge jedoch keine Auswertung der Texte hinsichtlich ihrer Relevanz in Bezug auf die verwendeten Suchbegriffe. Dadurch dass keine Sortierung hinsichtlich der Relevanz erfolge, würden zum Teil unbrauchbare Ergebnislisten mit einer unüberschaubar großen Trefferanzahl erzeugt, die aufgrund der Listenlänge unbrauchbar seien (Offenlegungsschrift Abs. [0004]).

34

Durch die Lehre der Anmeldung soll daher die Aufgabe gelöst werden, ein Verfahren und ein System zur Suche und Auswertung elektronisch gespeicherter Texte bereitzustellen, mittels dessen eine Ermittlung und Darstellung der Relevanz eines durchsuchten und ausgewerteten Textes in Bezug auf die verwendeten Suchbegriffe ermöglicht wird, um insbesondere eine Sortierung der durchsuchten und ausgewerteten Texte nach Relevanz zu ermöglichen (Offenlegungsschrift Abs. [0005] sowie geltende Beschreibungsseite 2 Abs. 2).

35

Der geltende, mit einer möglichen Gliederung versehene Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag betrifft ein

36

a) Such- und Auswerteverfahren zur Auswertung von elektronisch gespeicherten Texten mittels eines Computersystems und neuronaler Netze unter Verwendung von vorgebbaren oder zuvor ermittelten Suchbegriffen, wobei

37

b) ein jedes Neuron eine Aktivierung aufweist und über eine gewichtete Verbindung mit zumindest einem anderen Neuron verbunden ist, wobei das Produkt aus der Aktivierung des Neurons mit dem Verbindungsgewicht eine Endaktivierung bildet,

38

dadurch gekennzeichnet, dass

39

c) mehrere Suchbegriffe vorgegeben werden und

40

d) zumindest zwei neuronale Netze generiert werden, wobei

41

e) jeder Suchbegriff jeweils einem Neuron eines jeden Netzes zugeordnet wird, wobei

42

f) bei dem ersten neuronalen Netz die Verbindungsgewichte konstant sind und die Aktivierung eines jeden Neurons in Abhängigkeit der Häufigkeit des Suchbegriffes im auszuwertenden Text erfolgt, und wobei

43

g) bei dem zweiten neuronalen Netz die Verbindungsgewichte in Abhängigkeit der Häufigkeit des Suchbegriffes im auszuwertenden Text sind und die Aktivierung konstant ist, und

44

h) eine Berechnung der jeweiligen Endaktivierungen beider Netze erfolgt.

45

Der ebenfalls mit einer möglichen Gliederung versehene Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag betrifft (nach Korrektur eines offensichtlichen Schreibfehlers) ein

46

A) Such- und Auswertesystem zur Auswertung von elektronisch gespeicherten Texten, aufweisend

47

C) eine Benutzerschnittstelle zum Erhalt von Suchbegriffen, sowie

48

C1) eine Suchmaschinenschnittstelle zur Veranlassung einer Suche unter Verwendung der Suchbegriffe und zum Erhalt des Resultates der Suche und der aufgefundenen Texte,

49

dadurch gekennzeichnet, dass

50

D) das System einen Netzgenerator s aufweist, mittels dessen zumindest zwei neuronale Netze generiert werden, wobei

51

b) ein jedes Neuron eine Aktivierung aufweist und über eine gewichtete Verbindung mit zumindest einem anderen Neuron verbunden ist, wobei das Produkt aus der Aktivierung des Neurons mit dem Verbindungsgewicht eine Endaktivierung bildet, wobei

52

e) jeder Suchbegriff jeweils einem Neuron eines jeden Netzes zugeordnet wird, und wobei

53

e1) eine Textauswerteeinheit vorgesehen ist, mittels derer die absoluten und/oder relativen Häufigkeiten der Suchbegriffe in einem Text ermittelt und an den Netzgenerator übergeben werden, wobei

54

F) mittels des Netzgenerators bei dem ersten neuronalen Netz die Aktivierung eines jeden Neurons in Abhängigkeit der Häufigkeit des zugeordneten Suchbegriffes bei konstanten Verbindungsgewichten und

55

G) bei dem zweiten neuronalen Netz die Verbindungsgewichte in Abhängigkeit der Häufigkeit des zugeordneten Suchbegriffes bei konstanter Aktivierung durchgeführt wird und

56

H) die jeweiligen Endaktivierungen ermittelt werden, und

57

H1) aufweisend eine Ausgabeeinheit, mittels derer die Endaktivierungen der neuronalen Netze ausgegeben werden.

58

Zusammengefasst ist der Anmeldung folgende Lehre zu entnehmen:

59

Über eine Benutzerschnittstelle gibt der Benutzer zunächst mehrere Suchbegriffe ein (Merkmale c), C)) einschließlich einer jeweiligen Relevanz; diese ergibt sich aus der Reihenfolge der Eingabe oder aus der Eingabe von Prioritäten (Abs. [0029] bis [0031]). Die Suchbegriffe werden über eine entsprechende Schnittstelle in eine Suchmaschine eingegeben (Merkmal C1). Die von dieser ermittelten Texte werden mit Hilfe neuronaler Netze ausgewertet, wobei Informationen aus den Texten extrahiert werden (Abs. [0028]; Merkmale a), A)). Bei der Auswertung wird wie folgt vorgegangen:

60

Aus der eingegebenen Begriffsliste (einschließlich der Relevanz) wird ein neuronales Netz konstruiert, das die Zusammenhangsstruktur der Begriffe aus der Sicht des Benutzers repräsentiert (Benutzernetz = Netzagent 1). Den Einheiten (Neuronen) in diesem Netz sind die vom Benutzer vorgegebenen Begriffe zugeordnet, die Verbindungsgewichte zwischen den Einheiten ergeben sich aus der vom Benutzer vorgegebenen Relevanz der Begriffe (Abs. [0032]).

61

Die von der Suchmaschine gefundenen Texte werden über einen „Suchagenten“ in Bezug auf die Häufigkeit und die Verteilung der Begriffe im Text untersucht; danach wird der Text ausgewertet, wobei ein Ranking der Texte erstellt wird (Abs. [0033]). Texte und Ranking werden dem Benutzer angezeigt (Abs. [0034], [0035]).

62

Ein Netzgenerator konstruiert nun analog zur Konstruktion des Benutzernetzes aus den Suchbegriffen (denen Neuronen zugeordnet werden, Merkmal e)) zwei weitere Netze, sog. „Textnetze“ (Netzagent 2 und Netzagent 3; Merkmale d), D)), welche die Bedeutung der Begriffe auf Basis ihrer über eine entsprechende Einheit ermittelten Häufigkeit im Text (Merkmal e1)) angeben. Netzagent2 hat gleiche Verbindungswerte (Verbindungsgewichte) zu und von allen Einheiten, die (Anfangs-)Aktivierungen der Einheiten sind jedoch unterschiedlich, sie entsprechen der Häufigkeit der Begriffe im Text; beim Netzagenten 2 sind dagegen die Verbindungswerte (Verbindungsgewichte) proportional zur Häufigkeit im Text, während die (Anfangs-)Aktivierungen konstant sind (Merkmale b), f), F), g), G)). Das jeweilige Netz wird aktiviert, indem die Einheiten mit bestimmten numerischen Anfangswerten (Anfangsaktivierungen) versehen werden, worauf der dynamische Prozess in Gang gesetzt wird. Das Ergebnis des dynamischen Prozessierens sind Endaktivierungswerte der Begriffe (Merkmale h), H)), welche die Bedeutung der Begriffe im Text repräsentieren; die Endwerte der beiden Netze werden hierbei gemittelt. Diese Ergebnisse werden ausgegeben (Merkmal H1)), etwa als Kurven und in einer umgangssprachlichen Erläuterung (Abs. [0036], [0037]).

63

Anspruch 1 des Hauptantrags und des Hilfsantrags soll im Wesentlichen die auf diese beiden Textnetze bezogene Lehre unter Schutz stellen.

64

Zusätzlich kann das System über einen weiteren Suchagenten eine zweite Liste von Begriffen erstellen, die im Text enthalten sind, und diese dem Benutzer zur Auswahl anbieten, so dass dieser das ursprüngliche Benutzernetz mit solchen neuen Begriffen erweitern kann; die Erweiterung kann auch automatisch anhand der Häufigkeit der Begriffe erfolgen. Damit werden dann analog zum Vorhergehenden zwei weitere Netzagenten erzeugt, welche den Text im Hinblick auf die nunmehr geltenden Begriffe auswerten. Das Verfahren ist iterativ anwendbar. Es kann auch eine Negativliste von nicht zu berücksichtigenden Begriffen erstellt werden (Abs. [0040] bis [0044]).

65

Als Fachmann, der mit der Lösung der oben genannten Aufgabe betraut wird, sieht der Senat einen Hochschulabsolventen des Fachgebiets Informatik oder Mathematik an, der Erfahrung in der Erstellung von Programmen zur Auswertung von Texten hat.

66

2. a) Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 des Hauptantrags ist jedoch nicht patentfähig, da es gemäß § 1 Abs. 3 und 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossen ist.

67

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Verfahren, das sich zur Herbeiführung des angestrebten Erfolges eines Programms bedient, mit dessen Hilfe eine Datenverarbeitungsanlage so gesteuert wird, dass der gewünschte Erfolg erzielt wird, nicht schon wegen des Vorgangs der elektronischen Datenverarbeitung dem Patentschutz zugänglich. Die beanspruchte Lehre muss vielmehr Anweisungen enthalten, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen. Nichts anderes gilt, wenn in Rede steht, ob eine beanspruchte Lehre als mathematische Methode oder als Wiedergabe von Informationen als solche anzusehen ist (BGH GRUR 2005, 143 – Rentabilitätsermittlung, BGH GRUR 2011, 125 - Wiedergabe topografischer Informationen).

68

Im Verfahren nach dem Patentanspruch können keine Anweisungen erkannt werden, die der Lösung eines konkreten technischen Problems dienen.

69

Welches technische Problem durch eine Erfindung gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet (BGH GRUR 2005, 141 - Anbieten interaktiver Hilfe).

70

Insgesamt handelt es sich bei dem mit dem Anspruch 1 des Hauptantrags beanspruchten Verfahren um ein Computerprogramm zur Auswertung von Texten. Das beanspruchte Verfahren leistet es, einen elektronisch gespeicherten Text derart auszuwerten, dass anhand des Textes die Häufigkeit vorgegebener, mit einer Priorisierung versehener Begriffe (Vorgabedaten) ermittelt wird und hiermit durch Anwendung eines mathematischen Verfahrens (neuronale Netze) Zahlenwerte (Endaktivierung) berechnet werden, die die Relevanz der jeweiligen Begriffe im Text repräsentieren.

71

Das objektive Problem besteht somit darin, anhand einer Häufigkeit und einer vorgegebenen Priorisierung von Vorgabedaten (Begriffen in einem Text) Zahlenwerte zu berechnen, die für die Relevanz der Begriffe im Text stehen.

72

Dieses Problem liegt auf dem Gebiet der Mathematik und hat allenfalls einen Bezug zur Linguistik, ein technisches Gebiet wird jedoch nicht berührt.

73

Es ist auch kein Teilaspekt der beanspruchten Lehre zu erkennen, der ein technisches Problem lösen würde.

74

In den neuronalen Netzen selbst sind Verbindungsgewichte und (Anfangs-)Aktivierungen vorgegeben. Die neuronalen Netze dienen zur Berechnung von Zahlenwerten (Endaktivierungen) aus diesen Eingabedaten. Eine über eine rein deterministische mathematische Berechnung hinausgehende Lehre im Sinne eines automatischen Lernprozesses eines neuronalen Netzes, wobei etwa Verbindungsgewichte in Abhängigkeit von (im zeitlichen Ablauf veränderlichen) Eingabedaten automatisch verändert werden könnten, ist nicht ersichtlich.

75

Auch ist nicht zu erkennen, dass der Ablauf eines zur Problemlösung eingesetzten Datenverarbeitungsprogramms durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt würde, was als Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln angesehen werden könnte, vgl. BGH in GRUR 2010, 613 - Dynamische Dokumentengenerierung; BGH in GRUR 2011, 610 - Webseitenanzeige. Die Verfahrensschritte sind für beliebige eingegebene Daten (Suchbegriffe) geeignet; ein Zusammenhang des Verfahrensablaufs mit speziellen Aufnahmebedingungen der Texte oder der Suchbegriffe oder mit sonstigen technischen Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage ist nicht erkennbar. Auch wird weder in den Verfahrensablauf von außen her steuernd eingegriffen, noch entfaltet das Verfahren eine steuernde Außenwirkung.

76

Damit ist das beanspruchte Verfahren nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 3 i. V. m. Abs. 4 (mathematische Methoden, Programme für Datenverarbeitungsanlagen) vom Patentschutz ausgeschlossen.

77

Die von den Anmeldern in der mündlichen Verhandlung angeführten und erläuterten weiteren Anwendungsmöglichkeiten sind den Anmeldeunterlagen nicht zu entnehmen und können somit zu keiner anderen Beurteilung führen.

78

2. b) Das Such- und Auswertesystem des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag ist ebenso wie das Verfahren des Anspruchs 1 nach Hauptantrag nicht patentfähig.

79

Auch bei der vorrichtungsmäßigen Einkleidung einer Lehre, die sich der elektronischen Datenverarbeitung bedient, ist deren Patentfähigkeit nur dann zu bejahen, sofern hierbei die Lösung eines konkreten technischen Problems mit Mitteln gelehrt wird, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind (BGH GRUR 2005, 141-143, II.4.a - „Anbieten interaktiver Hilfe“; BGH GRUR 2005, 143-145, III.4.a - „Rentabilitätsermittlung“).

80

Durch das beanspruchte System des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag wird jedoch ebenso wie beim Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag kein technisches Problem gelöst.

81

Bei den über die Verfahrensschritte des Anspruchs 1 nach Hauptantrag hinausgehenden Vorrichtungsmerkmalen handelt es sich zum einen Teil um übliche Komponenten einer Datenverarbeitungsanlage (Schnittstellen, Ein- und Ausgabeeinheit), zum anderen Teil um reine Softwarekomponenten (Netzgenerator, Textauswerteeinheit). Der Anspruch und die gesamte Anmeldung belehren den Fachmann nicht über eine spezielle Ausgestaltung des Rechners, der Schnittstellen, des Ein- oder Ausgabegeräts; auch über eine besondere technische Ausführung der (mittels eines Computerprogramms durchzuführenden) Datenverarbeitung ist nichts ausgesagt. Eine Datenverarbeitungsanlage mit üblichen Komponenten wird lediglich in bestimmungsgemäßer Weise verwendet.

82

3. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und ebenso der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag sind nicht gewährbar. Auch die übrigen Patentansprüche (2 bis 15 nach Hauptantrag bzw. 2 bis 7 nach Hilfsantrag) sind nicht gewährbar, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (BGH in GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät).

83

4. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr sieht der Senat keinen Anlass.

84

Das Prüfungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Die Anmelder haben im Prüfungsverfahren zuletzt Entscheidung nach Aktenlage beantragt. Ohne Rechtsfehler konnte die Prüfungsstelle daraufhin entscheiden, ohne eine (zu einem früheren Zeitpunkt hilfsweise beantragte) Anhörung durchzuführen.

85

Auch sonst ist kein Grund für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr erkennbar.

86

5. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen.

87

Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 100 Abs. 2 PatG).

88

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, über die noch keine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorliegt, wird mit der vorliegenden Anmeldung nicht aufgeworfen. Dies gilt auch für die vom Anmeldervertreter aufgeworfene Frage (siehe oben). Insbesondere in den oben erwähnten Entscheidungen „Rentabilitätsermittlung“, „Dynamische Dokumentengenerierung“, „Webseitenanzeige“ sowie in weiteren Entscheidungen, etwa „Logikverifikation“ (GRUR 2000, 498-501), „Suche fehlerhafter Zeichenketten“ (GRUR 2002, 143-146) und „Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten“ (GRUR 2009, 479-480) hat der Bundesgerichtshof die wesentlichen und auch für den vorliegenden Anmeldungsgegenstand relevanten Kriterien dargelegt, unter denen ein im Wesentlichen mathematisches oder als Computerprogramm implementiertes Verfahren als dem Patentschutz zugängliche Erfindung anerkannt werden kann. Eine vom vorliegenden Beschluss abweichende Rechtsprechung eines anderen Senats des Bundespatentgerichts ist nicht erkennbar.