Entscheidungsdatum: 25.02.2010
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 197 48 528.6-53
…
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, des Richters Dipl.-Ing. Prasch sowie der Richterinnen Eder und Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung
"Verfahren zur Erzeugung von Programmteilen für Steuerprogramme aus
Bedien- und Beobachtungsbildern für Anlegensteuersysteme"
ist am 3. November 1997 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.
Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts mit der Begründung zurückgewiesen, dass die mit dem Anspruch 1 beanspruchte Lehre nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und beantragt,
den Beschluss über die Zurückweisung der Patentanmeldung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der ursprünglichen, am 3. November 1997 eingereichten Unterlagen zu erteilen.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
"Verfahren zur Erzeugung von Programmteilen für Steuerprogramme für Anlagensteuersysteme,
a) wobei ein Bedien- und Beobachtungsbild in Einzelkomponenten in Form von Darstellungselementen und Verbindungsgliedern zerlegt wird,
b) die einzelnen Darstellungselemente mit den in einer Zuordnungstabelle, bestehend aus Darstellungssymbolen und zugeordneten Programmteilen, hinterlegten Darstellungssymbolen verglichen und
c) die den Darstellungselementen entsprechenden Darstellungssymbolen zugeordneten Programmteile für eine Weiterverarbeitung bereitgestellt werden."
(Gliederung ergänzt)
Der Anmeldung soll die Aufgabe zugrunde liegen, ein Verfahren zur Erzeugung von Programmteilen für Steuerprogramme für Anlagensteuersysteme bereitzustellen, mit welchen Programmteile für Steuerprogramme vereinfacht und weitestgehend automatisiert erstellt werden können (vgl. S. 3, Z. 18 - 23 der Beschreibung).
Zur Begründung ihrer Beschwerde führt die Anmelderin an, dass der Gegenstand des Hauptanspruchs auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, ausreichend offenbart und insgesamt patentfähig sei.
Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung war der Anmelderin mitgeteilt worden, dass zu erörtern sein wird, ob das beanspruchte Verfahren der Erzeugung von Programmteilen dient oder nur der Zuordnung von Programmteilen zu Informationen, die Darstellungselemente eines Bedien- und Beobachtungsbildes verkörpern sollen, und ob dieses Verfahren auf technischem Gebiet liegt.
Die Anmelderin hat Entscheidung nach Lage der Akte beantragt.
II.
Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents als Verfahren für gedankliche Tätigkeiten nicht als Erfindung auf technischem Gebiet anzusehen ist (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG).
In der ursprünglichen Beschreibung wird eingangs erläutert, dass bei dem Entwurf von Anlagen zur industriellen Steuerung zunächst ein Mess- /Steuer- und Regelschema (MSR) erstellt wird, das die Form von Listen, Zeichnungen oder CAD-Daten haben kann. Dieses MSR-Schema wird in ein Bedien- und Beobachtungsbild umgesetzt, das zur Überwachung und/oder Steuerung der Anlage dient.
Der Anspruch 1 hat seinem Wortlaut nach ein Verfahren zur Erzeugung von Programmteilen für Steuerprogramme für Anlagensteuersysteme zum Gegenstand.
Mit dem ersten Verfahrensschritt (Merkmal a) wird vorgeschlagen, ein Bedien- und Beobachtungsbild in Einzelkomponenten in Form von Darstellungselementen und Verbindungsgliedern zu zerlegen.
Anschließend soll den Einzelkomponenten bzw. Darstellungselementen des Bedien- und Beobachtungsbilds ein Programmteil zugeordnet und für eine Weiterverarbeitung bereitgestellt werden. Die Zuordnung wird mit Hilfe einer Zuordnungstabelle vorgenommen, die zu jedem Darstellungselement das zugehörige Programmteil angibt (Merkmale b) und c)).
Resultat dieses Verfahrens ist also eine Anzahl von Programmteilen, die den Darstellungselementen im jeweiligen Bedien- und Beobachtungsbild entsprechen. Der Anspruch 1 lehrt sonach, abweichend von seinem Wortlaut, nicht die Erzeugung von Programmteilen, sondern nur die Zuordnung und Bereitstellung bereits vorhandener Programmteile (vgl. hierzu auch S. 4, Z. 7 - 9 der geltenden Beschreibung). Es erscheint jedoch glaubhaft, dass dieses Vorgehen dazu beiträgt, die Erstellung von Anlagensteuerprogrammen insgesamt zu vereinfachen.
Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 ist ein Verfahren für eine gedankliche Tätigkeit als solches und daher nicht als Erfindung auf dem Gebiet der Technik anzusehen (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG).
Dies ergibt sich schon daraus, dass die Anweisungen des Anspruchs 1 nicht notwendigerweise den Einsatz von technischen Mitteln oder Naturkräften verlangen, sondern sich jedenfalls auch als Anweisung an eine Person, etwa einen Projektierungsingenieur, verstehen lassen, wie dieser vorzugehen habe, um den in einem Bedien- und Beobachtungsbild vorhandenen Darstellungselementen Programmteile zuzuordnen, nämlich mit Hilfe eines Zuordnungsschemas. Dass dieses Zuordnungsschema in einer Zuordnungstabelle niedergelegt ist, ändert nichts daran, dass das Verfahren maßgeblich auf gedanklicher Tätigkeit beruht. Denn nicht nur die Zerlegung des Bedien- und Beobachtungsbilds, sondern auch die Auswertung der Zuordnungstabelle stellen gedankliche Tätigkeiten dar.
An dieser Sachlage vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass in der Beschreibung erwähnt wird, dass die Zuordnung der Programmteile zu den Darstellungselementen auch "softwaregesteuert automatisch" durchgeführt werden kann (vgl. S. 5, Z. 15 - 19) oder in einer vorteilhaften Ausgestaltung als Zuordnungstabelle eine Datenbank verwendet wird, was den Einsatz von Datenverarbeitungsmitteln voraussetzen würde. Denn in der Beschreibung erläuterte Ausführungsbeispiele schränken den Sinngehalt von Patentansprüchen nicht ein. Eine Auslegung von Patentansprüchen unterhalb ihres Sinngehalts ist generell nicht zulässig (vgl. BGH in GRUR 2007, 309 Leitsatz 1 - Schussfädentransport -). Da das beanspruchte Verfahren jedenfalls auch allein mit gedanklicher Tätigkeit durchführbar ist, konnte der Anspruch 1 keinen Bestand haben.
Dem Antrag der Anmelderin auf Erteilung eines Patents auf der Grundlage der geltenden Unterlagen konnte nicht gefolgt werden. Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.