Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 26.01.2012


BPatG 26.01.2012 - 17 W (pat) 167/05

Patentbeschwerdeverfahren – „Rechnergestütztes Bestellsystem und -verfahren“ – Patentfähigkeit – Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
17. Senat
Entscheidungsdatum:
26.01.2012
Aktenzeichen:
17 W (pat) 167/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 101 30 282.7-53

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und der Richterin Dipl.-Ing. Wickborn

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die vorliegende Patentanmeldung 101 30 282.7-53 mit der Bezeichnung:

2

„Rechnergestütztes Bestellsystem und -verfahren“

3

ist am 26. Juni 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.

4

Sie wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts mit der Begründung zurückgewiesen, der Patentanspruch 1 sei nicht gewährbar, da sein Gegenstand keine Erfindung im Sinne des § 1 Abs. 3 und 4 PatG darstelle.

5

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet. Sie stellt den Antrag,

6

den angegriffenen Beschluss aufzuheben

7

und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

8

gemäß Hauptantrag

9

mit Patentansprüchen 1-20 vom 14. März 2011, eingegangen am 16. März 2011,

10

noch anzupassender Beschreibung Seiten 1, 2 vom 20. Mai 2003,

11

eingegangen am 21. Mai 2003,

12

Seiten 3-5b vom 31. Mai 2005,

13

eingegangen am 10. Juni 2005,

14

Seiten 6-10, 1 Blatt Bezugszeichenliste und 1 Blatt Zeichnung mit 1 Figur, jeweils vom Anmeldetag;

15

gemäß Hilfsantrag

16

mit Patentansprüchen 1-12, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie Hauptantrag.

17

Der geltende Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags, mit einer Gliederung versehen, lautet:

18

„Verfahren zur rechnergestützten Abwicklung einer Bestellung umfassend die Schritte:

19

a) Zur Verfügung Stellen eines zentralen Servers (1), der an ein Rechnernetzwerk, vorzugsweise dem Internet, angeschlossen ist;

20

c) Übermittlung von Produkt- und Preisdaten über das Rechnernetzwerk an einen Rechner (2) eines Kunden in vorbestimmten Abständen zur Aktualisierung einer auf dem Rechner aufgesetzten Offline-Datenbank (9);

21

d) Empfangen eines virtuellen Warenkorbes von dem Rechner;

22

e) Optimierung des Warenkorbes mittels eines beim Server hinterlegten Optimierungstool, wobei die Optimierung vorzugsweise eine Preisoptimierung ist;

23

f) Übermittlung eines zumindest die Produkt- und Preisdaten umfassenden Angebots (12) über das Rechnernetwerk an den Rechner des Kunden, vorzugsweise unter Angabe eines zulässigen Bestellzeitraums.“

24

Der unabhängige Patentanspruch 14 in der Fassung des Hauptantrags lautet mit einer Gliederung versehen:

25

„Verfahren zur rechnergestützten Abwicklung einer Bestellung umfassend die Schritte:

26

A) Zur Verfügung Stellen eines Rechners (2), der an ein Rechnernetzwerk, vorzugsweise das Internet, anschließbar ist;

27

B) Aktualisieren einer auf dem Rechner aufgesetzten Offline-Datenbank (9) in vorbestimmten Abständen mit Produkt- und Preisdaten;

28

C) Auswahl eines virtuellen Warenkorbes aus der Offline-Datenbank; Übermittlung des virtuellen Warenkorbes über das Rechnernetzwerk an einen zentralen Server (1).“

29

Hinsichtlich der auf den Anspruch 1 bzw. 14 in der Fassung des Hauptantrags rückbezogenen Ansprüche 2-13 und 15-18 sowie hinsichtlich der unabhängigen Ansprüche 19 und 20 wird auf die Akte verwiesen.

30

Der  Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags lautet mit einer möglichen Gliederung versehen und unterstrichen markierten Änderungen gegenüber der Fassung des Hauptantrags:

31

„Verfahren zur rechnergestützten Abwicklung einer Bestellung umfassend die Schritte:

32

a) Zur Verfügung Stellen eines zentralen Servers (1), der an ein  Rechnernetzwerk, vorzugsweise das Internet, angeschlossen ist,

33

a1) wobei der zentrale Server (1) mit wenigstens einem Kreditinstitut (4) datenverbunden ist; wobei der zentrale Server (1) mit dem Kreditinstitut (4) zur flankierenden Zahlungsabwicklung des Bestellvorgangs datenverbun- den ist um zumindest zeitparallel zur Überprüfung der Verfügbarkeit der  nachgefragten Produkte bei dem oder den jeweiligen Händlern (3) eine Überprüfung der Bonität (11) des entsprechenden von dem Kreditinstitut (4) geführten Kundenkontos, erfolgt.

34

a2) Herstellen einer Datenverbindung zu einer Vielzahl von Distributoren;   Anlegen des gesamten und/oder anteiligen Produktsegments der Distributoren im Rahmen eines Datenbanktools;

35

b) Übermittlung von Produkt- und Preisdaten über das Rechnernetzwerk an einen Rechner (2) eines Kunden in vorbestimmten Abständen zur Aktualisierung einer auf dem Rechner aufgesetzten Offline-Datenbank (9);

36

c) Empfangen eines virtuellen Warenkorbes von dem Rechner;

37

d´) Optimierung des Warenkorbes mittels eines beim Server hinterlegten  Optimierungstool, wobei die Optimierung eine Verfügbarkeitsüberprüfung ist;

38

e´) Übermittlung eines zumindest die Produkt- und Preisdaten umfassenden  Angebots (12) über das Rechnernetwerk an den Rechner des Kunden   unter Angabe eines zulässigen Bestellzeitraums.

39

f) Übermittlung der Bestellung an die betroffenen Distributoren zur Einkopplung in ein ERP-System der Distributoren.“

40

Hinsichtlich der auf den Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags rückbezogenen Ansprüche 2-11 und in Hinsicht auf Anspruch 12 wird auf die Akte verwiesen.

41

Die Anmelderin vertritt zum Hauptantrag die Auffassung, dass zum Anmeldezeitpunkt auf dem Markt keine vergleichbare Lösung vorhanden gewesen sei. Onlineshops seien erst im Kommen gewesen. Wegen der langsamen Internetverbindung seien keine großen Datenmengen übertragbar gewesen und die bei den Privatpersonen vorhandenen Computer hätten selten Internetzugang aufgewiesen. Die Erfinder hätten die Geschäftsidee gehabt, als Zwischenhändler Privatpersonen zu besuchen, ihnen kundenindividuell zusammengestellte Computer zu verkaufen und die dafür erforderlichen Komponenten bei unterschiedlichen Großhändlern bzw. Distributoren zu bestellen. Händler hätten bereits Internetzugang gehabt. Bei sich unter Umständen stündlich ändernden Großhändlerwarenpreisen sei bei einer Angebotserstellung für die Privatpersonen bei einem Hausbesuch keine verbindliche Preisangabe möglich gewesen.

42

Die den mit den Ansprüchen 1 und 14 beanspruchten Lehren zugrunde liegenden technischen Probleme hätten darin bestanden, dass nicht überall eine Online-Verbindung vorhanden gewesen sei, nur ein beschränktes Datenvolumen übertragbar gewesen sei und die Sicherheit der Datenübertragung durch Hacker-Angriffe gefährdet gewesen sei.

43

Die im Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags neu hinzugekommenen Merkmale seien aus Druckschrift D1 nicht entnehmbar, lieferten einen technischen Beitrag und würden jeweils auch ein technisches Problem lösen. Dies würde darin bestehen, ein sicheres Verfahren aus Sicht sowohl der Distributoren als auch aus Kundensicht zu schaffen.

44

Durch die Verbindung des Server mit wenigstens einem Kreditinstitut gemäß Merkmal a1 werde eine Bonitätsprüfung des Kundenkontos möglich und damit ein sicheres Einkaufen aus Serversicht. Dies vermeide die vorher mögliche Unsicherheit der Bezahlung der Rechnung der zumeist kostspieligen Ware durch den Kunden.

45

Durch die Datenverbindung zu einer Vielzahl von Distributoren gemäß Merkmal a2 könne deren Produktangebot in der Datenbank des Servers abgespeichert und dadurch den Kunden zur Verfügung gestellt werden.

46

Die Verfügbarkeitsüberprüfung im Rahmen der Optimierung des Warenkorbes mittels eines beim Server hinterlegten Optimierungstools gemäß Merkmal d´ sei ein technisches Merkmal, da wegen der beim Kunden vorhandenen Offline-Datenbank eine Echtzeitinformationsverarbeitung nicht möglich sei und erst dann eine tatsächliche Bestellung erfolgen könne, wenn die Echtzeitüberprüfung ergebe, dass die gewünschte Ware auch verfügbar sei.

47

Das Vorsehen eines zulässigen Bestellzeitraums für die Gültigkeit des an den Kunden übermittelten Angebots gemäß Merkmal e´ löse ebenfalls ein technisches Problem, da sich der Händler an sein Angebot halten und dadurch andere Bestellungen dieser Ware während des zulässigen Bestellzeitraums blockieren müsse.

48

Die Einbindung der Bestellung in ein Warenwirtschaftssystem (ERP-System) der betreffenden Distributoren gemäß Merkmal f hätte Konsequenzen auf die dortige Lagerbestandshaltung.

49

Die logistische Abwicklung des Gesamtprozesses von der Bestellung bis zur Lieferung löse daher ein technisches Problem, denn der Gesamtprozess müsse funktionieren und manuelle Schritte sollten verringert werden.

II.

50

Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingelegt und ist auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, denn die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 14 in der Fassung des Hauptantrags und des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hilfsantrags beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).

51

1. Die Anmeldung betrifft ein Verfahren zur rechnergestützten Abwicklung einer Bestellung von Waren von wenigstens einem Kundenrechner aus über ein Rechnernetzwerk, vorzugsweise das Internet, bei wenigstens einem Händler unter Zwischenschaltung eines zentralen Servers.

52

In der Beschreibungseinleitung S. 1 bis S. 2 Abs. 2 wird ausgeführt, dass ein Verfahren zum Datenaustausch in einem Netzwerk aus der DE 197 23 479 A1 vorbekannt sei, bei dem kundenseitig über einen Client bei einem zentralen Server nach einer Produktart oder produktspezifizierten Waren angefragt werde und eine automatische Angebotseinholung erfolge. Der Server erstelle anhand der Kundenanfrage eine Liste möglicher Anbieter aus einem beim Server in einer Datenbank hinterlegten Anbieterpool, frage dann bei den ausgewählten Anbietern die nachgefragten Daten an und übermittele die gewünschten Informationen schließlich an den Kunden. Zur Zeitoptimierung der Abwicklung der Angebotseinholung sei die Anfrage des zentralen Servers bei den jeweiligen Datenanbietern mit einem Zeitfenster versehen. Nach Ablauf der gesetzten Zeit würden die Daten gegebenenfalls auch unvollständig an den Kunden übermittelt. Auf diese Weise solle dem Kunden innerhalb kürzester Zeit eine große Menge von Informationen verschiedener Datenanbieter zugeleitet werden können. Dieses Verfahren ermögliche bereits eine Vorkonfiguration bzw. Vorauswahl der nachgefragten Daten beim zentralen Server. Der Kunde müsse sich nicht mühselig durch einen Onlineshop mit einer Vielzahl von für ihn nicht relevanten Angeboten wühlen, sondern bekomme eine gezielt auf seine Abfrage zugeschnittene Angebotsinformation in einem optimierten Zeitraum übermittelt.

53

Bei dieser vorbekannten Lösung müsse der Kunde seine Bestellung zunächst ohne irgendwelche Produkt- und Preisinformationen abfassen, so dass seine Bestellung allgemein und ungenau ausfalle.

54

Als Aufgabe wird genannt, ein rechnergestütztes Bestellsystem und Verfahren zu schaffen, das die vorstehend erläuterten Nachteile vermeidet und überdies zeit- und kostenoptimiert mit großer Rechts- und Zahlungssicherheit für alle Beteiligten abgewickelt werden kann (vgl. S. 4 Abs. 2 der geltenden Beschreibung vom 31. Mai 2005).

55

Gemäß S. 10 der geltenden Beschreibung soll dem beteiligten Händler eine hohe Zahlungssicherheit, den Kunden eine erleichterte und preisoptimierte Bestellung und insgesamt eine effizientere Abwicklung des gesamten Bestellvorgangs ermöglicht werden.

56

Mit dem Anspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags wird der serverseitige Ablauf des Verfahrens zur rechnergestützten Abwicklung einer Bestellung beansprucht.

57

Es wird davon ausgegangen, dass ein zentraler Server vorhanden ist (Merkmal a), der mit Kundenrechnern über ein Rechnernetzwerk (Internet) in Verbindung steht, wobei es sich bei den Kunden gemäß S. 7 Z. 20 f. der Anmeldeunterlagen um Fachhändler bzw. Zwischenhändler handelt, die über den Server Ware von Händlern, die gemäß S. 7 Z. 1-3 i. V. m. Z. 23 f. der Anmeldeunterlagen Grossisten bzw. Distributoren sind, beziehen.

58

Der Kundenrechner weist eine Offline-Datenbank auf, die Produkt- und Preisdaten enthält. In vorbestimmten Abständen werden die in der Offline-Datenbank enthaltenen Produkt- und Preisdaten vom Server aktualisiert (Merkmal b).

59

(Mit Hilfe dieser Offline-Datenbank kann der Kunde einen virtuellen Warenkorb füllen, indem er die Produkt- und Preisdaten über die von ihm gewünschte Ware zusammenstellt und an den Server sendet.)

60

Der Server empfängt den Warenkorb mit der Information über die bestellte Ware vom Kundenrechner (Merkmal c). Der Server enthält einen Optimierungstool, mit dem die Bestellinformation vorzugsweise preisoptimiert wird, womit offensichtlich ein kostengünstiger Anbieter der gewünschten Ware ermittelt und bei großen Bestellmengen Rabatte erzielt werden sollen (S. 7 Z. 24 ff. der Anmeldeunterlagen) (Merkmal d).

61

Nach der (Preis-) Optimierung übermittelt der Server ein (verbindliches) Angebot mit Produkt- und Preisdaten an den Kundenrechner (Merkmal e).

62

Im Anspruch 14 in der Fassung des Hauptantrags wird der kundenseitige Ablauf des Verfahrens zur rechnergestützten Abwicklung einer Bestellung beansprucht.

63

Es wird davon ausgegangen, dass ein Kundenrechner mit einem Rechnernetzwerk verbunden ist (Merkmal A) und über dieses mit einem zentralen Server (teilweise Merkmal C). Der Kundenrechner weist eine Offline-Datenbank auf, die Produkt- und Preisdaten enthält. In vorbestimmten Abständen werden die in der Offline-Datenbank enthaltenen Produkt- und Preisdaten (vom Server) aktualisiert  (Merkmal B). Mit Hilfe dieser Offline-Datenbank kann der Kunde einen virtuellen Warenkorb füllen, indem er die Produkt- und Preisdaten über die von ihm gewünschte Ware zusammenstellt, und diesen an den Server senden (Merkmal C).

64

Im Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags wird zusätzlich zum Anspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags Folgendes beansprucht:

65

Der Server ist mit einer Vielzahl von Händlern (im Sinne von Distributoren) verbunden. Die Daten über das gesamte oder anteilige Produktsegment der Distributoren werden in einer Datenbank des Servers gespeichert (Merkmal a2).

66

Beim Server erfolgt eine Verfügbarkeitsüberprüfung der mit dem Warenkorb bestellten Ware (Merkmal d´).

67

Der zentrale Server ist mit wenigstens einem Kreditinstitut zur Überprüfung der Bonität des Kunden über sein Kundenkonto und zur Zahlungsabwicklung des Bestellvorgangs verbunden. Die Überprüfung der Bonität erfolgt zeitparallel zur Überprüfung der Verfügbarkeit der nachgefragten Produkte bei dem oder den jeweiligen Händlern (Distributoren) (Merkmal a1).

68

Das an den Rechner des Kunden übermittelte (verbindliche) Angebot enthält eine Angabe eines zulässigen Bestellzeitraums (Merkmal e´).

69

Die Bestellung wird an die betreffenden Distributoren übermittelt und in das Warenwirtschaftssystem (Enterprise-Ressource-Planning-System/ERP-System) der Distributoren eingekoppelt (Merkmal f).

70

2. Die auf dem Gebiet der Technik liegende Lehre des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hauptantrags (wie auch des Hilfsantrags) ist dem Patentschutz grundsätzlich zugänglich.

71

2.1. Wenn zumindest ein Teilaspekt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre ein technisches Problem bewältigt, ist der Gegenstand eines mittels eines technischen Geräts durchzuführenden Verfahrens nicht vom Patentschutz ausgeschlossen (BGH, GRUR 2011, 125, Leitsatz a - Wiedergabe topografischer Informationen).

72

Die Anmeldung betrifft zwar ein geschäftliches Bestellverfahren, dessen Bestandteile im Wesentlichen nichttechnischer Natur sind.

73

Der Anspruch 1 enthält jedoch neben den dem Patentschutz nicht zugänglichen Merkmalen einer Geschäftsmethode auch technische Merkmale (vergleichbar zu BGH BlPMZ 2004, 428 - Elektronischer Zahlungsverkehr).

74

Das Merkmal a sowie teilweise die Merkmale b und c, wonach ein über ein Netzwerk mit einem Server verbundener Kundenrechner eine Offline-Datenbank aufweist, welche die für die Bestellung erforderlichen Daten enthält, liefern einen technischen Beitrag. Dadurch kann der Kunde eine Auswahl der Ware in der Offline-Datenbank am Kundenrechner vornehmen, ohne dafür online gehen zu müssen. Eine Online-Verbindung mit dem Server ist nur zur Aktualisierung der Datenbank und zur Übermittlung der fertigen Bestellung, d. h. des virtuellen Warenkorbes, notwendig. Der Bestellvorgang des Kunden wird durch den nicht erforderlichen Online-Zugang während der Auswahl der zu bestellenden Waren sicherer z. B. gegen Angriffe von Hackern.

75

Mit einem Teilaspekt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre wird somit auch ein technisches Problem bewältigt.

76

Das technische Problem beschränkt sich daher auf die objektive Aufgabe, die Datenübertragung im Rahmen des Bestellvorgangs sicherer zu machen gegen Hackerangriffe.

77

Als Fachmann zur Lösung einer derartigen Aufgabe wird ein Fachhochschulingenieur der Elektrotechnik angesehen, der den grundsätzlichen Aufbau und die Funktionsweise von Client-Server-Strukturen und deren Sicherheitsrisiken kennt sowie über Kenntnisse in der Anwendungs-programmierung verfügt.

78

Gelöst wird die Aufgabe dadurch, dass bei einem rechnergestützten Bestellsystem auf dem Kundenrechner i. S. v. Fach- oder Zwischenhändlerrechner eine Offline-Datenbank vorhanden ist, in der die für den Bestellvorgang erforderliche Information abgelegt ist.

79

Die beanspruchte Lehre betrifft damit eine technische Lösung für ein konkretes technisches Problem.

80

Der im Beschluss von der Prüfungsstelle geltend gemachte Ausschlusstatbestand gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Abs. 4 PatG greift daher nicht.

81

2.2. Der Anspruch 1 enthält neben den Merkmalen zur Lösung der technischen Aufgabe auch Merkmale einer Geschäftsmethode, die nichttechnischer Natur sind.

82

Die Merkmale b und c beziehen sich teilweise auf den für das durchzuführende Geschäft erforderlichen Datenaustausch zwischen Geschäftspartnern und darauf, welche konkreten Daten in der Offline-Datenbank abgespeichert und aktualisiert bzw. mit dem Warenkorb empfangen werden. Die Merkmale d und e beziehen sich auf die Verarbeitung der für das durchzuführende Geschäft erforderlichen Information mit üblichen Mitteln der elektronischen Datenverarbeitung, wie die serverseitige Preisoptimierung und Angebotserstellung.

83

Mit diesen Maßnahmen wird keine technische Aufgabe gelöst. Diese Maßnahmen sind daher nicht Teil einer technischen Lösung. Sie beruhen auf der Geschäftsidee, Produkt- und Preisdaten in der Offline-Datenbank zur Verfügung zu stellen. Wegen der sich unter Umständen stündlich ändernden Großhändlerwarenpreise könnten die beim Kunden offline gespeicherten Preisdaten nicht mehr aktuell sein, so dass in Reaktion auf den vom Kunden empfangenen Warenkorb vom Server (nach Preisoptimierung) die Übermittlung eines verbindlichen Angebots mit verbindlichen Preisdaten für die gewünschte Ware erforderlich ist.

84

3. Die in den Ansprüchen 1 und 14 in der Fassung des Hauptantrags und im Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags beanspruchten Lehren beruhen gegenüber dem genannten Stand der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

85

„Bei der Prüfung der Erfindung auf erfinderische Tätigkeit sind nur diejenigen Anweisungen zu berücksichtigen, die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen“ (BGH, a. a. O., Leitsatz b - Wiedergabe topografischer Informationen).

86

Von Bedeutung für die Beurteilung der beanspruchten Lehren ist die im Prüfungsverfahren genannte vorveröffentlichte Druckschrift

87

D1: DE 199 42 432 A1.

88

3.1. Die in den Ansprüchen 1 und 14 in der Fassung des Hauptantrags beanspruchten Lehren beruhen gegenüber D1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

89

Aus Druckschrift D1 ist ein Verfahren zur rechnergestützten Abwicklung einer Bestellung entnehmbar, bei dem ein zentraler Server (Datenbank Server), der an ein Rechnernetzwerk, vorzugsweise das Internet, angeschlossen ist, vorhanden (Merkmal a), dieser ist über das Netzwerk mit einem Kundenrechner (PC) verbunden (Merkmal A) (Fig. 2, Sp. 1 Z.66-Sp. 2 Z. 11). Der Kundenrechner (PC) weist eine Offline-Datenbank auf (Sp. 4 Z. 63 - Sp. 5 Z. 12, Sp. 5 Z. 15-18, 23-38), deren Daten über das Rechnernetzwerk in vorbestimmten Abständen aktualisiert werden (Sp. 5 Z. 55 - Sp. 6 Z. 1, Sp. 9 Z. 41-44, 64, Sp. 10 Z. 66 - Sp. 11 Z. 1) (technische Bestandteile der Merkmale b, B). Der durch den Kunden mit Hilfe der Offline-Datenbank erstellte virtuelle Warenkorb wird an den Server gesendet und von diesem empfangen (Sp. 7 Z. 25-28, 52-54, 61 f, Sp. 8 Z. 33-36, Sp. 9 Z. 65-67) (Merkmale c, C).

90

Dadurch kann während der Warenauswahl auf eine Online-Verbindung verzichtet werden, eine Online-Verbindung ist nur zur Aktualisierung der Offline-Datenbank und zur Übertragung des Warenkorbes an den Server erforderlich, so dass nur kurze Netzverbindungszeiten anfallen (Sp. 4 Z.63-65, Sp. 7 Z. 31-35: keine langwierigen Downloadzeiten und keine Onlinekosten).

91

Für den Fachmann ist selbstverständlich, dass kürzere Verbindungszeiten prinzipiell einen Sicherheitsgewinn darstellen.

92

Damit sind die auf einer technischen Aufgabenstellung beruhenden Merkmale der Ansprüche 1 und 14 aus Druckschrift D1 entnehmbar.

93

Die Merkmale d und e sowie die nichttechnischen Bestandteile des Merkmals b des Anspruchs 1 sowie entsprechende Bestandteile des Merkmals B des Anspruchs 14 können das Vorliegen von erfinderischer Tätigkeit nicht begründen.

94

Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 14 in der Fassung des Hauptantrags sind somit nicht patentfähig.

95

3.2. Die im Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags beanspruchte Lehre beruht ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber Druckschrift D1.

96

Die Ausführungen zum Anspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags in Abschnitt 2 und 3.1 gelten auch zum Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags.

97

Die in der Fassung des Hilfsantrags diesem gegenüber hinzugefügten Merkmale betreffen sämtlich Merkmale der Geschäftsmethode, die bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit unberücksichtigt bleiben müssen.

98

Die Automatisierung bekannter geschäftlicher Abläufe mit Mitteln der Datenverarbeitung, welche mit der Verringerung von manuellen Schritten einhergeht, oder die Funktionsfähigkeit eines wirtschaftlichen Gesamtprozesses von der Bestellung bis zur Lieferung können allein eine technische Problemstellung nicht begründen, wenn die Lösung mit üblichen Mitteln der Datenverarbeitung erfolgt.

99

Der Auffassung der Anmelderin, die im Hilfsantrag neu hinzugekommenen Merkmale würden jeweils ein technisches Problem lösen, kann nicht gefolgt werden. Denn die von der Anmelderin angegebene Aufgabe, ein sowohl aus Sicht der Distributoren als auch aus Kundensicht sicheres Verfahren zu schaffen, ist ausschließlich auf die geschäftlichen Aspekte des Verfahrens wie die Zahlungs- und Vertragssicherheit gerichtet.

100

Die im Hilfsantrag neu hinzugekommenen Merkmale liefern auch einzeln betrachtet keinen  technischen Beitrag. Denn der Einbindung eines Kreditinstituts als weiteren Client liegt die Aufgabe zugrunde, die Zahlungssicherheit zu erhöhen. Diese Aufgabe ist jedoch keine technische, sondern ausschließlich eine wirtschaftliche. Daher erfolgt als wirtschaftliche Maßnahme eine Bonitätsprüfung des Kunden über dessen Kundenkonto bei dem Kreditinstitut gemäß Merkmal a1. Bei der hierfür erforderlichen Verbindung des Servers mit wenigstens einem Kreditinstitut handelt es sich um eine übliche Struktur eines Datenverarbeitungssystems, nämlich eine Server-Client-Struktur analog zu den Merkmalen a und b des Anspruchs 1 in der Fassung des Hauptantrags.

101

Bei der Datenverbindung des Servers zu einer Vielzahl von Distributoren gemäß Merkmal a2 handelt es sich ebenfalls um eine übliche Server-Client-Struktur, über die ausschließlich zur Durchführung des Geschäfts erforderliche Daten ausgetauscht werden. Denn es werden die dem Kunden anzubietenden Produkte der Distributoren dem Server zur Verfügung gestellt und in dessen Datenbank abgespeichert.

102

Auch in der Verfügbarkeitsüberprüfung im Rahmen der Optimierung des Warenkorbes mittels eines beim Server hinterlegten Optimierungstool gemäß Merkmal d´ ist kein technisches Merkmal zu sehen. Denn das Optimierungstool stellt weder selbst ein technisches Mittel dar, noch wird dadurch der Einsatz weiterer technischer Mittel bedingt. Denn darunter versteht der Fachmann ein reines Softwaremodul. Die damit vorgenommene Überprüfung der Verfügbarkeit der vom Kunden bestellten Ware ist eine Maßnahme, die sich direkt aus dem durchzuführenden Geschäft ergibt. Dabei ergibt sich auch kein Unterschied, ob die Bestellung auf Basis der Daten in der Offline-Datenbank des Kunden oder der beim Server hinterlegten Daten erfolgt, da beide Datenbanken der Aktualisierung bedürfen, so dass vor Abgabe eines verbindlichen Angebots durch den Server eine Überprüfung vorgenommen werden muss, ob die Ware verfügbar ist und daher in jedem Fall ein Datenabgleich mit dem Distributor erfolgen muss.

103

Das Vorsehen eines zulässigen Bestellzeitraum für die Gültigkeit des an den Kunden übermittelten Angebots gemäß Merkmal e´, in dem sich der Händler an sei Angebot halten muss und andere Bestellungen dieser Ware während dieses Bestellzeitraums blockieren muss, ist ebenfalls eine rein geschäftlich verursachte Maßnahme.

104

Die Einbindung der Bestellung in ein Warenwirtschaftssystem (ERP-System) der betreffenden Distributoren gemäß Merkmal f und die daraus ggf. resultierenden Änderungen in der Lagerbestandshaltung werden ausschließlich verursacht durch das vom Distributor betriebenen Geschäft.

105

Auch unter Berücksichtigung der von der Anmelderin genannten Entscheidung „Dynamische Dokumentengenerierung“ des BGH (GRUR 2010, 613) ergibt sich keine andere Beurteilung der zusätzlichen Merkmale im Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags. Denn danach liegt ein technisches Mittel zur Lösung eines technischen Problems vor, wenn Gerätekomponenten modifiziert oder in neuartiger Weise adressiert werden oder der Ablauf eines Datenverarbeitungsprogramms, das zur Lösung des Problems eingesetzt wird, durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt (vgl. BGH-Dynamische Dokumentengenerierung, a. a. O., Leitsatz b). Keines der zusätzlichen Merkmale im Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags erfüllt diese Forderungen.

106

Wenn die Anmelderin darauf abstellt, dass gemäß dieser Entscheidung auch einzelne Merkmale eines Anspruchs einen technischen Beitrag liefern können, so ist dem grundsätzlich zuzustimmen. Ein technischer Beitrag wurde in den Merkmalen a bis c im Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags auch anerkannt, (vgl. Kapitel II unter Abschnitt 2), in den übrigen Merkmalen des Anspruchs 1 ist ein solcher jedoch nicht zu erkennen.

107

Der Gegenstand des Anspruchs 1 in der Fassung des Hilfsantrags ist damit nicht patentfähig.

108

4. Mit den Ansprüchen 1 und 14 in der Fassung Hauptantrags fallen notwendigerweise auch die darauf rückbezogenen geltenden Ansprüche 2-13 und 15-18 sowie die auf einen Datenträger gerichteten rückbezogenen Ansprüche 19 und 20.

109

Mit Anspruch 1 in der Fassung Hilfsantrags fallen auch die darauf rückbezogenen Ansprüche 2-11 sowie der auf einen Datenträger gerichtete rückbezogene Anspruch 12.