Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 05.03.2018


BPatG 05.03.2018 - 15 W (pat) 24/16

Patentbeschwerdeverfahren – "Steuerung für Fahrmischer" – Merkmale in der Anspruchsfassung - zur Auslegung von Begriffen, die als synonym zu werten sind


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
15. Senat
Entscheidungsdatum:
05.03.2018
Aktenzeichen:
15 W (pat) 24/16
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2018:050318B15Wpat24.16.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2008 017 350

hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. März 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein und der Richter Hermann, Dr. Wismeth und Dr. Freudenreich

beschlossen:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Patentabteilung 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Juli 2015 aufgehoben und das Patent 10 2008 017 350 widerrufen.

Gründe

I.

1

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 15. Juli 2015 hat die Patentabteilung 1.25 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent DE 10 2008 017 350 mit der Bezeichnung

2

„Steuerung für Fahrmischer“

3

beschränkt aufrechterhalten.

4

Dem Beschluss zugrunde liegen die Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 2 vom 15. Juli 2015, von denen der einzige unabhängige Patentanspruch 1 den folgenden Wortlaut hat:

5

„Steuerung für Fahrmischer mit einer hydraulisch angetriebenen Mischertrommel, wobei die Hydraulikpumpe des Mischerantriebs von dem Antriebsmotor des Fahrmischers oder einem separaten Antriebsmotor angetrieben wird, dadurch gekennzeichnet,

6

dass die Drehzahl des Antriebsmotors in Abhängigkeit von der angeforderten Trommeldrehzahl einstellbar ist, wobei die gewünschte Trommeldrehzahl über einen Bedienhebel bedarfsabhängig einstellbar ist, und dass neben dem Bedienhebel ein Tastenbedienelement vorgesehen ist, wobei über das Tastenbedienelement Beschleunigungs- und Verzögerungsrampen individuell und lastabhängig anpassbar sind.“

7

Die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Gegenstand nach Hauptantrag und damit der Gegenstand des erteilten Patents unzulässig erweitert sei, während dem ausführbaren Gegenstand nach Hilfsantrag 2 gegenüber dem von den Einsprechenden als wesentlicher Stand der Technik geltend gemachten Fachtagungsbuch Neuheit zukomme. Gleichermaßen sei eine erfinderische Tätigkeit anzuerkennen, denn der Fachmann werde, vor die Aufgabe gestellt, die Steuerung für Fahrmischer für den Geräteführer bedienfreundlicher zu gestalten, zwar anstelle des Bedienpults einen bei Betonfahrmischern üblichen Bedienhebel einsetzen, er werde aber durch keine der Entgegenhaltungen oder aus seinem Fachwissen heraus veranlasst, die gemäß der Broschüre räumlich getrennte Anordnung von Bedienpult respektive Bedienhebel, mit dem der Geräteführer außerhalb des Fahrzeugs die Trommeldrehzahl der Mischertrommel steuert, und von im Fahrzeug angeordneten Tastenbedienelement zur Anpassung der Beschleunigungs- und Verzögerungsrampen aufzuheben und sie lokal direkt Seite an Seite nebeneinander anzuordnen, weshalb die Steuerung nach Hilfsantrag 2 nicht nahegelegt gewesen sei. Damit komme es auch nicht darauf an, ob das Fachtagungsbuch Stand der Technik bilde.

8

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden zu 1 (im Folgenden: Einsprechende oder EI). Nicht mehr am Verfahren beteiligt ist die Einsprechende zu 2.

9

Die im Zuge der Patentprüfung ermittelten und die weiteren für das Einspruchs- und Beschwerdeverfahren zu berücksichtigenden Druckschriften sind nachfolgend nach der von den Einsprechenden (EI, EII) gewählten Nummerierung gelistet. Dabei werden die Druckschriften der Einsprechenden zu 1 (EI) vorangestellt, von beiden Einsprechenden eingeführte identische Druckschriften zusammengefasst und die im Prüfungsverfahren ermittelten Druckschriften mit der dort gewählten Nummerierung (Abk. P) versehen:

10

EI(D1)/EII(E1) Fachtagungsbuch „Mobile 2006 – Internationaler Fachkongress für Mobilhydraulik“, Fa. Rexroth Bosch Group, 19.-20. Oktober 2006, Ulm, S. 1-7, 22-27, 244-253

11

EI(D2)/EII(E15) DE 90 00 525 U1

12

EI(D4)/EII(E11) US 7 188 991 B1

13

EI(D5)/EII(E13) US 6 149 290 A

14

EI(D6)/EII(E14) US 2005/0131600 A1

15

EII(D1) DE 38 24 414 A1 (P2)

16

EII(D2) DE 33 17 419 A1 (P1)

17

EII(D3) DE 1 248 530 (P4)

18

EII(D4) JP 2006 239943 A (P3)

19

EII(E2) Gross Funk: Bedienungsanleitung "Steuerung für Betonmischer mit Mischelektronik und Bedienteil“, Änderungsdatum 23. Januar 2007, 9 S. und 1 Leerseite

20

EII(E3) Gross Funk Funkfernsteuersysteme, Bestell- und Lieferunterlagen für Mischersteuerungen MC 1 vom 26. Januar 2007, 6 S.

21

EII(E4) Gross Funk Funkfernsteuersysteme, Bestell- und Lieferunterlagen für Steuerungen für Fahrmischer MC 1 vom 15. März 2007, 7 S. u. 1 Leerseite

22

EII(E5) Intermix GmbH, "elektronische Mischersteuerung“ Bedienungsanleitung, undatiert, 11 S. und 1 Leerseite

23

EII(E6) Intermix GmbH, Bestell- und Lieferunterlagen über einen Intermix-Fahrmischer IMI 9 mit Steuerungssystem MC 1 vom 02. März 2007, 4 S.

24

EII(E7) Intermix GmbH, Bedienungsanleitung "Intermix vollelektronische Pumpensteuerung“, Januar 2001, 10 S.

25

EII(E8) Intermix GmbH, Bestell- und Lieferunterlagen für einen Intermix-Fahrmischer IM 9 mit Mischersteuerung vom 11. Juli 2001, 7 S. und 1 Leerseite

26

EII(E9) Intermix GmbH, Bestell- und Lieferunterlagen für einen Intermix-Fahrmischer IM 9 mit Mischersteuerung vom 12. September 2001, 8 S.

27

EII(E10) Intermix GmbH, Bestell- und Lieferunterlagen für einen Intermix-Fahrmischer Typ IM 9 mit Mischersteuerung vom 05. April 2002, 9 S. u. 1 Leerseite

28

EII(E12) DE 40 16 977 A1

29

Ohne Nr. Eidesstattliche Erklärung, Herr S…, 27. April 2015, 1 S.

30

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 20. September 2017 wurde vom Senat noch die Druckschrift

31

(S1) DE 10 2004 006 166 A1

32

in das Verfahren eingeführt.

33

Nach Auffassung der Einsprechenden fehle der Steuerung nach Patentanspruch 1 auch im beschränkt aufrechterhaltenen Umfang die Neuheit gegenüber dem Fachtagungsbuch EI(D1), zumindest beruhe sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Denn die Ausbildung eines Bedienhebels und dessen seitliche Anordnung an einem Tastenelement erfordere jedenfalls im Lichte der EI(D1) für sich oder deren Kombination mit insbesondere der EI(D2), aber auch mit EI(D4), EI(D5) oder EI(D6), kein erfinderisches Zutun, sondern ergebe sich vielmehr funktionsbedingt. Soweit diese Steuerung weitere Zusatzfunktionen wie die Steuerung von Rampen oder – nach Hilfsantrag – einen Schnellstopp ermögliche, handele es sich um dem Fachmann aus dem Stand der Technik bekannte und geläufige Ausgestaltungen, die sich mit beliebigen Bedienelementen ansteuern ließen. Dass sich diese Bedienelemente in übersichtlicher Weise angeordnet und in greifbarer Nähe des Bedienpersonals befänden, liege auf der Hand.

34

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin beantragt,

35

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. Juli 2015 aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

36

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin beantragt,

37

1. die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent im Umfang, mit welchem es mit dem angefochtenen Beschluß aufrechterhalten wurde, aufrechtzuerhalten,

38

2. hilfsweise das Patent im Umfang des in erster Instanz gestellten Hilfsantrags 3 beschränkt aufrechtzuerhalten.

39

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 im Einspruchsverfahren (geltender Hilfsantrag) lautet:

40

„Steuerung für Fahrmischer mit einer hydraulisch angetriebenen Mischertrommel, wobei die Hydraulikpumpe des Mischerantriebs von dem Antriebsmotor des Fahrmischers oder einem separaten Antriebsmotor angetrieben wird, dadurch gekennzeichnet,

41

dass die Drehzahl des Antriebsmotors in Abhängigkeit von der angeforderten Trommeldrehzahl einstellbar ist, wobei die gewünschte Trommeldrehzahl über einen Bedienhebel bedarfsabhängig einstellbar ist, dass der Bedienhebel zusätzlich einen Bedienknopf aufweist, wobei durch Knopfbetätigung ein Schaltsignal zum Schnellstopp der Mischertrommel aktivierbar ist, und dass neben dem Bedienhebel ein Tastenbedienelement vorgesehen ist, wobei über das Tastenbedienelement Beschleunigungs- und Verzögerungsrampen individuell und lastabhängig anpassbar sind.“

42

Die Patentinhaberin tritt dem Vorbringen der Einsprechenden in allen Punkten entgegen und sieht die Neuheit des beschränkt aufrechterhaltenen Patentgegenstands gegenüber der EI(D1) als gegeben an. Ebenso sei ausgehend von dieser Druckschrift auch eine erfinderische Tätigkeit gegenüber der Kombination mit jedem weiteren im Verfahren vorgelegten Stand der Technik anzuerkennen. Insbesondere könne die EI(D1), welche auf das Einsparen von Bedienelementen abstelle, den Fachmann nicht dahin führen, zusätzlich zu Tasten als Bedienelement einen Hebel mit gleicher Funktionalität wie die Tasten vorzusehen. Da die EI(D1) nur Tasten als Bedienelemente lehre, sei kein Anlass für das Vorsehen dieser Doppelfunktionalität zu erkennen. Ferner ermögliche die erfindungsgemäße Anpassung von Beschleunigungs- und Verzögerungsrampen mittels des Tastenbedienelements dem Fahrer, die voreingestellte Programmierung der Rampen ohne Beiziehung von Servicepersonal nach Bedarf selbst abzuändern.

43

In der mündlichen Verhandlung hat die Patentinhaberin den Senat um einen Hinweis vor Beschlussfassung ersucht. Der Anspruchswortlaut werde geändert, sofern es auf die Doppelfunktionalität von Bedienhebel und Tastenbedienelement in Patentanspruch 1 bei der Beurteilung der Patentfähigkeit ankomme und diese Ausbildung noch nicht ausreichend in Patentanspruch 1 Niederschlag gefunden habe.

II.

44

Die Beschwerde der Einsprechenden ist frist- und formgerecht eingelegt worden und zulässig (§ 73 PatG).

45

Zudem ist auch die Voraussetzung für die Überprüfung des Patents im vorliegenden Einspruchsbeschwerdeverfahren erfüllt, denn der vorangegangene Einspruch der Einsprechenden zu 1 ist frist- und formgerecht eingelegt und mit Gründen versehen, wobei die Einsprechende in ihren Schriftsätzen auch die für die Beurteilung der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen tatsächlichen Umstände im Einzelnen so dargelegt haben, dass ohne eigene Ermittlungen daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes gezogen werden können.

46

Die Beschwerde der Einsprechenden hat Erfolg, denn sie führt zum Widerruf des Streitpatents.

47

1. Der zuständige Fachmann verfügt über Kenntnisse der Regeltechnik, wie auch die Parteien nicht bestreiten. Es handelt sich danach um einen Ingenieur der Regeltechnik mit Fachhochschulabschluss, der mit der Steuerung- und Regelung von Fahrmischern befasst ist oder im Team mit einem Maschinenbauingenieur der Fachrichtung Fahrzeugbau mit speziellen Kenntnissen in der Konstruktion von Betonfahrmischern arbeitet.

48

2. Das Streitpatent DE 10 2008 017 350 B4 (im Folgenden: SP) betrifft eine Steuerung für Fahrmischer nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 (vgl. SP: Abs. [0001]). Fahrmischer weisen jeweils eine hydraulisch angetriebene Mischertrommel auf, wobei die Hydraulikpumpe des Mischerantriebs meist vom Antriebsmotor des Fahrmischers angetrieben wird und dazu in der Regel am Nebenantrieb des LKW-Motors, üblicherweise eines Verbrennungsmotors, angeflanscht ist. Bei sehr niedriger Drehzahl des Verbrennungsmotors darf das am Nebenabtrieb abgenommene Drehmoment nicht so hoch sein, um Motorschäden zu vermeiden. Deshalb wird die Motordrehzahl auf eine geforderte Mindestdrehzahl angehoben, sobald die Trommel bewegt werden soll. Die Fahrer lassen den Verbrennungsmotor üblicherweise mit hoher Drehzahl drehen, um genügend Reserven für die Trommeldrehzahl zu haben. Derartig hohe Drehzahlen des Verbrennungsmotors sind aber häufig zum Antrieb der Trommel mit der gewünschten Trommeldrehzahl unnötig und führen zu unnötig starkem Verschleiß, hoher Geräuschemission und hohem Verbrauch des Verbrennungsmotors (vgl. SP: Abs. [0002]-[0003]).

49

Nachteilen im Stand der Technik wird aufgabengemäß mit einer verbesserten Steuerung begegnet (vgl. SP: Abs. [0006]), wobei die Drehzahl des Antriebsmotors in Abhängigkeit von der geforderten Trommeldrehzahl und die Trommeldrehzahl über einen Bedienhebel einstellbar sind. Zusätzlich zu dem Bedienhebel ist ein Tastenbedienelement vorgesehen, mit dem Beschleunigungs- und Verzögerungsrampen individuell und lastabhängig anpassbar sind und gegebenenfalls wahlweise dieselben Steuerungsfunktionen wie mit dem Bedienhebel realisiert werden können (vgl. SP: Abs. [0007]). Die mechanische Hebelbedienung ist dabei mit den Vorteilen der elektronischen Ansteuerung verbunden und die Drehzahl des Verbrennungsmotors wird automatisch an die angeforderte Trommeldrehzahl angepasst (vgl. SP: Abs. [0008]).

50

3. Die Lösung der Aufgabe erfolgt gemäß dem nach Hilfsantrag 2 im Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen Patentanspruch 1 durch eine Steuerung, die mit Merkmalen versehen, wie folgt lautet (zum Vergleich ist in eckigen Klammern der Anspruchswortlaut des erteilten Patentanspruchs 1 wiedergegeben; zusätzlich findet sich die Gliederung der Patentinhaberin in Klammern nachgestellt):

51

M1 Steuerung für Fahrmischer mit einer hydraulisch angetriebenen Mischertrommel (Merkmal 1), wobei

52

M2 die Hydraulikpumpe des Mischerantriebs von dem Antriebsmotor des Fahrmischers oder einem separaten Antriebsmotor angetrieben wird (Merkmal 2),

53

M3 die Drehzahl des Antriebsmotors in Abhängigkeit von der angeforderten Trommeldrehzahl einstellbar ist (Merkmal 3),

54

M4 die gewünschte Trommeldrehzahl über einen Bedienhebel bedarfsabhängig einstellbar ist (Merkmale 4, 5),

55

M5 neben [nach erteiltem Patent: zusätzlich zu] dem Bedienhebel ein Tastenbedienelement vorgesehen ist (Merkmal 6),

56

M6 über das Tastenbedienelement Beschleunigungs- und Verzögerungsrampen individuell und lastabhängig anpassbar sind (Merkmal 7).

57

4. Einige Merkmale der geltenden Anspruchsfassung bedürfen der Auslegung.

58

4a. Die Steuerung muss geeignet und eingerichtet sein, um einen Fahrmischer mit einer hydraulisch angetriebenen Mischertrommel zu steuern (Merkmal M1). Es handelt sich dabei nur der Beschreibung nach um eine elektrische Ansteuerung (vgl. SP: Abs. [0008] le. Satz), die gemäß Patentanspruch 1 somit auch auf andere Weise verwirklicht werden kann.

59

4b. Das hydraulisch, also mit Hilfe volumenbeständiger Flüssigkeiten als Kraft- und Bewegungsüberträger betriebene Pumpsystem nach Merkmal M2 wird gemäß Stand der Technik in der Regel vom Antriebsmotor des Fahrmischers angetrieben, es kann aber auch von einem separaten Antriebsmotor betrieben werden (vgl. SP: Patentanspruch 1). Dieses Merkmal spezifiziert die Steuerung mittelbar insoweit, als die Hydraulikpumpe von dem (separaten) Antriebsmotor angetrieben wird.

60

4c. Nach Merkmal M3 ist die Drehzahl des Antriebsmotors in Abhängigkeit von der angeforderten Trommeldrehzahl einstellbar. Wenn diese Einstellung, wie in der Beschreibung des SP dargestellt (vgl. SP: Abs. [0008], [0026]), automatisch erfolgen soll, ist der Anspruchswortlaut dahingehend nicht beschränkt. Die gewünschte Trommeldrehzahl ist über einen Bedienhebel einstellbar (Merkmal M4), wonach die Drehzahlen des Antriebsmotors und der Trommel über den Bedienhebel bedarfsabhängig, also nicht automatisiert geregelt werden. Dass mit der Hebelsteuerung auch geregelt werden kann, stellt das Streitpatent explizit dar (vgl. SP: Abs. [0028] drittle. Satz).

61

4d. Was das Tastenbedienelement nach den Merkmalen M5 bis M6 anbelangt, können nach Streitpatent die Steuerungsfunktionen des Bedienhebels auch durch das Tastenbedienelement verwirklicht werden (vgl. SP: Abs. [0007] le. Satz), so dass die Drehzahlen des Antriebsmotors und der Trommel auch über das Tastenbedienelement bedarfsabhängig, also nicht automatisiert, direkt beeinflussend geregelt werden können. Diese Drehzahlregelung über das Tastenbedienelement ist jedoch nicht Gegenstand des Patentanspruchs 1.

62

Erfindungsgemäß, aber nicht beansprucht, liegen in Summe für die durch den Bedienhebel ansteuerbaren Funktionen zumindest zwei unterschiedlich ausgebildete Bedienvorrichtungen, nämlich Tastatur und Bedienhebel vor, mit denen die Trommeldrehzahl direkt beeinflusst wird (vgl. auch Ausführungsbeispiel des SP mit den Bediensystemen 14 und 17).

63

Nach Merkmal M6 sind über das Tastenbedienelement Beschleunigungs- und Verzögerungsrampen individuell und lastabhängig anpassbar. Diese Funktion lässt sich nicht über den Bedienhebel verwirklichen, sondern stellt eine dem Tastenbedienelement vorbehaltene Möglichkeit dar, bereits im System vorhandene bzw. gespeicherte Beschleunigungs- und Verzögerungsrampen anzupassen, mithin also keine direkte Beeinflussung der Motor- oder Trommeldrehzahl im Sinne einer individuellen Rampenbildung durch die Tastatur oder den Hebel.

64

Der Wortlaut des ursprünglichen Patentanspruchs 5 und der ursprünglichen Beschreibung (vgl. a. a. O.: S. 3 Z. 10-11), auf die nachfolgend Bezug genommen wird, ist hinsichtlich des Wortes „neben“ im Vergleich zum erteilten Ausdruck „zusätzlich zu“ (Merkmal M5) genauso offen gehalten, wie der Begriff „neben“ räumlich oder als Aufzählung zu verstehen ist. Eine auf das Ausführungsbeispiel beschränkte Auslegung ist dabei nicht zulässig. Zwar trifft zu, dass gemäß Ausführungsbeispiel in Fig. 3 der Bedienhebel 16 links neben dem Tastenfeld 20 als Teil des außen angebrachten dreiteiligen Bediensystems 14 (vgl. Fig. 1) abgebildet ist, allerdings entnimmt der Fachmann dem Beispiel vom Anmeldetag explizit zwei Bediensysteme 14 und 17 zur Steuerung des Mischerantriebs (vgl. a. a. O.: S. 4 Z. 15 – S. 5 Z. 4), von denen das außen angebrachte Bediensystem 14 ein Tastenfeld und einen Bedienhebel, das in der Fahrerkabine vorgesehene Bediensystem 17 nur ein Tastenfeld aufweist. Dabei ist das Tastenfeld des Bediensystems 17 ersichtlich gerade nicht räumlich neben dem Bedienhebel des Bediensystems 14 und folglich zusätzlich zu diesem vorgesehen. Gemäß ursprünglicher Beschreibung sollen über die Tastenfelder alle Funktionen des Fahrmischeraufbaus kontrolliert werden, dies auch über Funkfernsteuerung (vgl. a. a. O.: S. 5 Z. 1-13). Soweit nun über den Bedienhebel die Trommeldrehzahl direkt gesteuert und geregelt werden kann (vgl. a. a. O.: S. 5 Z. 19-24), erschließt sich dem Fachmann aus diesen Angaben eine beliebige Ausgestaltung der Bediensysteme wahlweise mit Tastenfeld und/oder Bedienhebel, denn das damit verwirklichte Bediensystem soll insgesamt alle vorgesehenen Funktionen des Fahrmischeraufbaus bedienen und visualisieren und die Bedienung kann an mehreren Stellen am Fahrmischer erfolgen (vgl. a. a. O.: S. 5 Z. 5-7).

65

Folglich sind die Ausdrücke „neben“ und „zusätzlich zu“ aus fachmännischer Sicht als synonym zu werten, da nach der Lehre der Anmeldeunterlagen zwei und mehr beliebig am Fahrmischer angebrachte Bediensysteme vorhanden sind, die, soweit sie mit einem Tastenfeld ausgestattet sind, sowohl eine direkte Beeinflussung der Trommel- und Motordrehzahl ermöglichen als auch eine über die Anpassung der hinterlegten Rampen indirekte Beeinflussung. Der Bedienhebel dient nur der direkten Beeinflussung.

66

Was die Teilmerkmale „bedarfsabhängig“ (M4) und „individuell und lastabhängig“ (M6) betrifft, gehen diese mit jeder bestimmungsgemäßen Steuerung der Trommeldrehzahl im Zuge des Arbeitsverfahrens einher, da das Bedienpersonal die Trommeldrehzahl selbstverständlich stets dem Bedarf anpasst, d.h. Mischtrommel und Motor ökonomisch betreiben wird.

67

5. Die Zulässigkeit der Patentansprüche nach Hauptantrag mag dahingestellt bleiben können, sie ist aus Sicht des Senats aber gleichwohl gegeben.

68

Die Merkmale M1 bis M4 sind dem ursprünglichen Patentanspruch 1 entnommen, wobei im Merkmal M2 der Ausdruck „oder einem separaten Motor“ durch „oder einem separaten Antriebsmotor“ ersetzt wurde. Dies ergibt sich bereits aus dem ursprünglichen Satzzusammenhang dieser Passage, nach der die Hydraulikpumpe angetrieben wird. In Merkmal M5, wonach „neben“ dem Bedienhebel ein Tastenbedienelement vorgesehen ist, ist die im erteilten Patent gewählte, ursprünglich nicht wörtlich offenbarte Formulierung „zusätzlich zu“ wieder durch das ursprünglich offenbarte Wort „neben“ (vgl. Anmeldeunterlagen: S. 3 Abs. 3 „Neben dem Bedienhebel kann zusätzlich ein Tastenbedienelement vorgesehen sein“, sowie Unteranspruch 5) ersetzt. Nach der obigen Auslegung geht damit keine Änderung der Doppeldeutigkeit einher. Folglich ist auch keine Erweiterung gegenüber dem erteilten Ausdruck „zusätzlich zu“ festzustellen. Selbst wenn die Auslegung des Wortes „neben“ auf eine ausschließlich räumliche Anordnung beschränkt zu lesen wäre, fiele dies unter die aufzählende Auslegung des Ausdrucks „zusätzlich zu“. Das Merkmal M6 ist ebenfalls den Unterlagen vom Anmeldetag zu entnehmen (vgl. a. a. O.: S. 3 Z. 13-14 und Unteranspruch 6).

69

Nichts anderes ist für die Unteransprüche 2 bis 8 festzustellen, die, wie die erteilten Unteransprüche 2 bis 8, auf die ursprünglichen Unteransprüche 2 bis 4 und 7 bis 10 zurückgehen.

70

6. Der Gegenstand des beschränkt aufrechterhaltenen Patents ist ausführbar.

71

Zwar erläutert die Patentschrift nicht, wie die Beschleunigungs- und Verzögerungsrampen individuell und lastabhängig anzupassen sind (Merkmal M6) und lässt auch offen, welches Element des Fahrmischers in seiner Wirkung durch die Rampen beeinflusst wird. Dass je nach Anforderung beim Befüllen und folglich auch beim Entleeren unterschiedliche Trommeldrehzahlen notwendig sind, offenbaren beispielhaft bereits die DE 90 00 525 U1 (vgl. EI(D2)): S. 3 Z. 20 – Seitenende) oder DE 1 248 530 (vgl. EII(D3): Sp. 1 Z 29-49), so dass sich dem Fachmann die Trommeldrehzahl der Mischertrommel eines Fahrmischers als die maßgebliche Größe erschließt, um die Geschwindigkeit und den Drehsinn der Trommel individuell, aber auch lastabhängig als Funktion des Füllgrades oder der Zusammensetzung des befüllten Materials über Rampen zu steuern. Auch wenn sich die Anpassbarkeit der Rampen auf verschiedene Elemente beziehen kann, wie die Mischertrommel, die Hydraulikpumpe oder den Antriebsmotor, steht dies der Ausführbarkeit nicht entgegen, denn die geläufigen Steuertechnologien erlauben die Ansteuerung jedes dieser Maschinenelemente.

72

7. Der Gegenstand nach beschränkt aufrechterhaltenem Patentanspruch 1 ist neu.

73

7a. Die öffentliche Zugänglichkeit des den nächsten Stand der Technik bildenden Fachtagungsbuches EI(D1) hat die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr in Abrede gestellt.

74

Ihr ursprüngliches Bestreiten war nicht ausreichend motiviert, insbesondere schließen sich die hierzu von den Einsprechenden geschilderten Lebenssachverhalte entgegen der Ansicht der Patentinhaberin nicht aus. Soweit die Einsprechende zu 1 vorgetragen hat, dass es sich um eine auf der Fachtagung ausgelegte Broschüre gehandelt habe, während die Einsprechende zu 2 von einem Fachtagungsbuch gesprochen hatte, das am Ende der Veranstaltung an die Tagungsteilnehmer sowohl in gedruckter wie auch in digitaler Form ausgehändigt worden war, handelt es sich bei beiden Verteilungswegen um tagungsübliche Vorgänge, die durchaus nebeneinander vorkommen. Die Einsprechende zu 1 hat mit Schrifts. v. 17. Juni 2015 eine eidesstattliche Erklärung von Herrn S… vor- gelegt, in welcher er versichert, an diesem Fachkongress teilgenommen und ein Exemplar des Fachtagungsbuches ausgehändigt bekommen zu haben. Auch die Einsprechende zu 2 ist dem Bestreiten der Patentinhaberin dahingehend entgegengetreten (Schrifts. v. 19. August 2011, S. 1-2), dass es sich um die gleiche Broschüre handelte, die auf der Tagung auf unterschiedlichen Medien verteilt wurde, was auch dadurch gestützt werde, dass sich bei Einsprechenden auf die gleichen Inhalte berufen. Das Fachtagungsbuch gehört zum Stand der Technik i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG, denn nach den Gesamtumständen spricht ein von der Patentinhaberin nicht widerlegter Anscheinsbeweis dafür, dass es vor dem Anmeldetag des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Nach den Regeln des Anscheinsbeweises kann davon ausgegangen werden, dass das Fachtagungsbuch, wie auf Fachtagungen üblich, der interessierten Fachöffentlichkeit während der Tagung, spätestens am Ende der Tagung ausgehändigt wurde. Dass eine solche Tagung vom 19. -20. Oktober 2006 in Ulm stattgefunden hat, wurde von der Patentinhaberin nicht bestritten und steht außer Zweifel. Aufgrund der internationalen Ausrichtung der Tagung und der Vielfältigkeit der behandelten Themen (vgl. EI(D1): S. 4-5) muss von einem großen und nicht zur Verschwiegenheit verpflichtetem Teilnehmerkreis ausgegangen werden, der Öffentlichkeit darstellt. Weiter spricht auch die Bestellnummer auf S. 2 der ausgedruckten CD dafür, denn die CD datiert Oktober 2006 und ist in Form eines Nachdrucks vom September 2007 weiter zu beziehen. Dass die Erstfassung der CD erst sehr viel später nach der Tagung an die Teilnehmer verteilt wurde, kann ausgeschlossen werden, denn gerade im industriellen Bereich werden Tagungsunterlagen zeitnah an die Teilnehmern ausgehändigt, um Aktualität zu gewährleisten, jedenfalls nicht so spät, dass die Priorität des Streitpatents (6 Monate nach der Tagung) berührt werden könnte. Somit liegt ein Sachverhalt vor, bei dem nach der Lebenserfahrung aus einem typischen Geschehensablauf auf ein bestimmtes Ergebnis geschlossen werden kann. Einen hiervon abweichenden konkreten Geschehensablauf hat die Patentinhaberin jedenfalls nicht substantiiert vorgetragen.

75

7b. In dem Fachtagungsbuch EI(D1) werden Transportbetonmischer und deren Steuerung behandelt (vgl. EI(D1): S. 246, li. Sp. und Abb. 2; M1), wobei die Hydraulikpumpe von dem Antriebsmotor des Fahrmischers betrieben wird (vgl. EI(D1): S. 246 re. Sp und S. 248 Abb. 5; M2), die Drehzahl des Antriebsmotors in Abhängigkeit von der angeforderten Trommeldrehzahl einstellbar ist (vgl. EI(D1): S. 246 re. Sp. und S. 248 li. Sp. Abs. 1; M3) und ein Tastenbedienelement vorgesehen ist (vgl. EI(D1): S. 248 Abb. 5 und S. 249: „Funktion der SPCD“; Teilm. M5). Von einem Bedienhebel nach M4 und Teilmerkmal M5 ist auf den S. 244-253 des Fachtagungsbuches keine Rede, denn die Fig. 5 zeigt nur symbolische Darstellungen für die Funksteuerung, das Bedienpult oder das Laptop und lässt allenfalls den Schluss auf Tasten zu, was auch in Übereinstimmung mit den Ausführungen zur Drehzahlregelung über zwei Taster (Rechts/Links) steht (vgl. EI(D1): S. 249: „Funktion der SPCD“).

76

Aus der Abb. 5 auf S. 248 des Fachtagungsbuchs entnimmt der Fachmann jedoch zweifelsfrei die Möglichkeit der Steuerung von Funktionen über mehrere, auch unterschiedlich gestaltete Steuergeräte bzw. Bedienelemente. Sofern der Fachmann wegen der Erwähnung der BODAS Drehzahlregelung (vgl. EI(D1): S. 248 re. Sp. Z. 2 und 11, S. 249; re. Sp. Z. 6, 21, 25, 28) den Offenbarungsgehalt des Fachtagungsbuches auf den S. 22-27 hinzuzieht, wo diese Drehzahlregelung näher erläutert wird, ist dort ausgeführt, dass das BODAS-System einen flexiblen modularen Produktbaukasten als Hardware mit angepasster modularer Software darstellt, der für die jeweilige Maschine spezifisch optimiert und angepasst wird (vgl. EI(D1): S. 22 mi. Sp. Z. 11-15). Die beschriebenen Handsteuergeber (Rexroth Ergo-Griffe) im Sinne von Merkmal M4 bieten Zusatzfunktionen mit einfachen Tastern bis hin zur Integration zusätzlicher Achsen in diese Griffe (vgl. EI(D1): Abb. 1, 4; S. 24 mi. Sp. – re. Sp.).

77

Danach wird die bedarfsabhängige Einstellung der Trommeldrehzahl über einen Bedienhebel ebenso wenig in dem Fachtagungsbuch beschrieben wie ein beliebiges Nebeneinander von Tastenbedienelement und Bedienhebel. Weiter beschreibt das Fachtagungsbuch jedoch, dass das Beschleunigungsverhalten durch Zeitrampen eingestellt werden kann (vgl. EI(D1): S. 249 „Funktion der SPCD“), welche nach der gebotenen Auslegung hinterlegt sein müssen. Auch kann das spezifische Verhalten einer Maschine über mehrere individuell durch Parameter flexibel einstellbare Rampenzeiten und Kennlinienformen erzielt werden (vgl. EI(D1): S. 26 li. Sp. Z. 24-30), wonach die Rampenzeiten anpassbar sind. Allerdings fehlt die Angabe, dass diese Anpassung über das Tastenbedienelement zu erfolgen hat (M6).

78

In Summe gehen die Merkmale M4 bis M6 insoweit nicht aus dem Fachtagungsbuch hervor. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung den Patenthinderungsgrund fehlender Neuheit auch nicht mehr geltend gemacht.

79

7c. Die die Steuerung nach Patentanspruch 1 ausgestaltenden Merkmale finden sich in der Gesamtheit auch in keiner der übrigen Druckschriften. Insbesondere ist in keiner Druckschrift das Merkmal M6, also die individuelle und lastabhängige Anpassung der Rampen über das Tastenbedienelement beschrieben. Somit ist die Neuheit des Gegenstands nach Patentanspruch 1 anzuerkennen.

80

8. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

81

Vor dem Hintergrund der nach Streitpatent geltend gemachten Aufgabe, aus dem Stand der Technik bekannte Steuerungen zu verbessern (vgl. SP: Abs. [0006]) und damit eine für einen Geräteführer bedienfreundlich gestaltete Steuerung für einen Fahrmischer bereitzustellen, ist zu bewerten, was die Erfindung gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik leistet und welche Anregungen der Fachmann diesem Stand der Technik in Richtung der Erfindung zu entnehmen vermochte.

82

Während die den geläufigen Antrieb von Fahrmischern wiedergebenden Merkmale M1 und M2 aus nahezu jeder der im Verfahren befindlichen und damit gattungsgemäßen Druckschriften hervorgehen, war bei solchen Fahrmischern auch die energie- und lärmsparende Einstellbarkeit der Drehzahl des Antriebsmotors in Abhängigkeit von der angeforderten Trommeldrehzahl nach Merkmal M3 im Stand der Technik bekannt und sowohl auf mechanischem (vgl. EI(D2): Fig. 1, Bz. 6, 7 i. V. m. S. 6 Abs. 3; EII(D1): Fig. 3 Bz. 15, 16 i. V. m. Sp. 3 Z. 9-23; EII(D2): Fig. 3, Bz. 14 i. V. m. S. 7-9 und 13-15 insb. S. 13 Abs. 1 und S. 9 Z. 7-25) als auch, wie bereits zu EI(D1) ausgeführt, auf elektronischem Weg gelöst.

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Gleichermaßen kann die Regelung der Trommeldrehzahl über einen Bedienhebel nach Merkmal M4, keine erfinderische Tätigkeit begründen, denn diese Art Bedienelement war dem Fachmann bereits für den angegebenen Zweck geläufig und im aufgezeigten Stand der Technik ebenfalls wahlweise mechanisch (vgl. Fundstellen zu M3) oder auf elektronischem Weg verwirklicht (vgl. EI(D4): Fig. 2, 8 Bz. 36 i. V. m. Sp. 4 Z. 1-10; EI(D6): Abs. [0026], [0041]).

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Auch die Patentinhaberin hat den Einsatz von Bedienhebeln zur Steuerung der Trommeldrehzahl bei Betonmischern in der Verhandlung als traditionell üblich und für das Bedienpersonal komfortabel bezeichnet.

85

Damit ist die Frage zu beantworten, ob ein Nebeneinander von Bedienhebel und Tastenbedienelement (Merkmal M5) und eine Anpassung von Beschleunigung- und Verzögerungsrampen über das Tastenbedienelement (Merkmal M6) gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik eine erfinderische Tätigkeit zu begründen vermag.

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Dem Fachmann erschließt sich aus den Angaben des Fachtagungsbuches EI(D1) bereits ein Nebeneinander beliebiger Bedien- bzw. Eingabeelemente zur Steuerung von Betonmischern (a. a, O.: S. 248, Abb. 5). Nichts anderes ist auch die Lehre der EI(D6), die Bedienhebel explizit in die Reihe der geläufigen Bedienelemente einordnet (vgl. EI(D6): insb. Abs. [0041] Z. 13-15). Damit liegen die Konfiguration, die Auswahl und die Zahl der Bedienelemente im Belieben des Fachmanns, wonach hinsichtlich Merkmal M5 insoweit keine erfinderische Tätigkeit zu erkennen ist.

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Selbst zu einem „örtlichen“ Nebeneinander von Bedienelementen gelangt der Fachmann ohne erfinderisches Zutun, denn er wird selbstverständlich bei Arbeiten, die durch verschiedene Bedienelemente zu bewerkstelligen sind, nicht fortlaufend einen Platzwechsel vornehmen, sondern diese Bedienelemente am Arbeitsplatz bzw. den Arbeitsplätzen örtlich nahe beieinander und übersichtlich anordnen.

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Soweit der aufgezeigte Stand der Technik Rampen im Sinne von Merkmal M6 nennt, finden sich diese in dem Fachtagungsbuch EI(D1) beschrieben. Im Kapitel zur BODAS-Steuerung ist dort ausgeführt, dass das spezifische Verhalten einer Maschine über mehrere individuell durch Parameter flexibel einstellbare Rampenzeiten und Kennlinienformen erzielt wird, was in dem angegebenen Beispiel über einen Handsteuergeber vollzogen wird (vgl. EI(D1): S. 26). Dem Fachmann ist bewusst, dass diese Steuerung auch über andere Bedienelemente wie Taster etc. erfolgen kann. Der alternative Einsatz von Tastern drängt sich ihm bei der Lektüre des Fachtagungsbuches auf, das die Einstellung von Zeitrampen in unmittelbarem Zusammenhang mit Tastern beschreibt (vgl. EI(D1): S. 249 li. Sp. „Funktion der SPCD“). Da das Fachtagungsbuch auch explizit darlegt, dass das Beschleunigungsverhalten der Mischtrommel über Zeitrampen einstellbar ist, sind ihm vor der Aufgabe einer besseren und damit auch benutzerfreundlicheren Steuerung voreingestellte und anpassbare Rampen nahegelegt.

89

Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ergibt sich für den Fachmann folglich in naheliegender Weise ausgehend von dem Fachtagungsbuch EI(D1) in Kombination mit seinem Fachwissen und/oder der Lehre der EI(D6).

90

Dem Vorbringen der Patentinhaberin kann soweit gefolgt werden, dass das Fachtagungsbuch EI(D1) den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neuheitsschädlich vorwegnimmt. Soweit sie geltend macht, dass die EI(D1) das das Einsparen von Bedienelementen zum Ziel habe, weshalb ein Nebeneinander von dieselbe Funktion erfüllenden Bedienelementen nicht angeregt sei, ist der von ihr insoweit angegebenen Passage der EI(D1) lediglich zu entnehmen (vgl. a. a. O.: S. 248 Pkt. 1.2, 2. Satz), dass die Verknüpfung von Dieselmotor- und Trommelsteuerung Bedienelemente einspart, nicht aber, dass nicht mehrere Bedienelemente zum Einsatz kommen dürfen. Denn diese laufen über nur eine Schnittstelle (vgl. a. a. O.: Abb. 5 mit mehreren Bedienelementen). Auch kann die spezielle Auswahl von im Stand der Technik als beliebig einsetzbar beschriebenen Bedienelementen keine erfinderische Tätigkeit begründen, zumal Bedienhebel das klassische Bedieninstrument bilden.

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Schließlich vermag auch ihr Vorbringen nicht zu überzeugen, dass die erfindungsgemäße Anpassung von Beschleunigungs- und Verzögerungsrampen mittels des Tastenbedienelements dem Fahrer vorteilhaft ermögliche, die Programmierung der Rampen ohne Beiziehung von Servicepersonal nach Bedarf selbst abzuändern. Denn die Rampen seien herkömmlicherweise voreingestellt und erfolgten bei der Auslieferung entsprechender Fahrmischersteuerungen. Zu diesen Ausführungen finden sich keine Angaben in der Patentschrift oder in der Anmeldung, wonach sie unbeachtlich sind.

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Insbesondere vor dem Hintergrund des in der EI(D1) und EI(D6) gelehrten Einsatzes mehrerer, dieselbe Funktion ermöglichender Bediengeräte, könnte die Doppelfunktionalität solcher Bedienelemente keine erfinderische Tätigkeit begründen, weshalb der Senat von einem entsprechenden Hinweis an die Beklagte abgesehen hat.

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Damit hat der Patentanspruch 1 keinen Bestand.

94

9. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag ist auch nicht bestandsfähig.

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Der Bedienhebel weist in Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag das im Unteranspruch 8 vom Anmeldetag offenbarte Merkmal eines Bedienknopfs auf. Durch die Knopfbetätigung ist ein Schaltsignal zum Schnellstopp der Mischertrommel aktivierbar.

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Wie auch die Patentinhaberin in der Verhandlung nicht bestritten hat, sind Einrichtungen zum Schnellstopp der Fahrmischer im Notfall standardmäßig vorgesehen (vgl. EI(D1): S. 249, „Funktion der SPDC“ 2. Satz). Je nach Art des gewünschten Bedienelements wird der Fachmann diesen Notschalter nach dem Vorbild der EI(D1) in unmittelbarer Nähe zu dem die Trommeldrehzahl steuernden Bedienelement anbringen, um im Notfall rasch reagieren zu können. Soweit er bei dem Fahrmischer den klassischen Bedienhebel zum Einsatz bringt, ist die Anbringung des Notknopfs am Schalthebel damit die erste Wahl. Vorbilder für diese Art der Anbringung finden sich bereits im Stand der Technik (vgl. EI(D1): S. 24 Abb. 4; EI(D5): Fig. 4 Bz. 106). Auch die mit Hilfsantrag beanspruchte Zusatzfunktion ist dem Fachwissen des Fachmanns zuzurechnen und begründet keine Patentfähigkeit.

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10. Die Gegenstände der nach beschränkt aufrechterhaltenem Patent erteilten Unteransprüche sind von den Parteien in der Verhandlung, soweit sie keinen Eingang in den Hilfsantrag gefunden haben (vgl. Unteranspruch 6), nicht weiter diskutiert worden. Sie vermögen jedoch nicht zur Patentfähigkeit der beanspruchten Steuerung beizutragen.

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10a. Die Unteransprüche 2, 5 und 7 bilden den Bedienhebel weiter aus und zwar dahingehend, dass alle Signale vom Bedienhebel berührungslos an die Steuerung übergebbar sind, der Bedienhebel aus einer Mittelstellung um 45° zu zwei Seiten hin verschwenkbar ist und die Trommeldrehzahl proportional zur Auslenkung verändert wird. Zudem soll die Stellung des Bedienhebels über mindestens einen Hall-Sensor aufnehmbar und an die Steuerung weitergebbar sein. Die berührungslose Übergabe von Signalen von einem Bedienhebel an eine Steuerung stellt allgemeines Fachwissen dar (z.B. Joysticks im Computerbereich oder bei der Steuerung von Baugeräten oder Werkzeugmaschinen) und dient der Vermeidung einer mechanischen Verbindung von Bedienhebel und Steuerung, die sonst häufig einem hohen Verschleiß durch eindringenden Schmutz und Feuchtigkeit unterliegt. Wenn der Bedienhebel dazu ausgestaltet ist, aus einer Mittelstellung um 45° zu zwei Seiten hin verschwenkbar zu sein und die Trommeldrehzahl proportional zur Auslenkung veränderbar ist, stellt dies für den Fachmann eine Selbstverständlichkeit dar, da Bedienhebel zur Leistungssteuerung eines Antriebs bekanntermaßen nach diesem Funktionsprinzip arbeiten. Eine entsprechende Funktionalität des Bedienhebels ist bei dem zur Steuerung der Schüttung in EI(D5) verwendeten Hebel 106 in Fig. 4 ohne Weiteres ersichtlich. Das Gleiche gilt für die Auslenkung der Trommeldrehzahl proportional zur Auslenkung, denn Joysticks, bei denen die Regelgröße nicht mit der Auslenkung gekoppelt ist, verfehlen ihre Funktion. Dass die Stellung des Bedienhebels über einen Hall-Sensor erhoben wird, ist ebenfalls eine geläufige Ausgestaltung (vgl. S. 1: Abs. [0002], [0007], [0008] und [0014]).

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10b. Mit den Unteransprüchen 3 und 4 beanspruchte Merkmale der Bestimmbarkeit der benötigten Drehzahl des Antriebsmotors unter Berücksichtigung des Motorkennfeldes und des Einsatzes eines Dieselmotors als Antriebsmotor sind bereits in dem Fachtagungsbuch (vgl. EI(D1): S. 248 li. Sp., Abs. 1) beschrieben und damit dem Fachmann geläufig.

100

10c. Gemäß Unteranspruch 8 ist die Steuerung weiter dadurch gekennzeichnet, dass das Tastenbedienelement in einer Zweikomponentenkunststoffbauweise gefertigt ist, wobei die Tasten und der Korpus aus einem Hartkunststoff und die Verbindung von Tasten und Korpus aus einem Weichkunststoff bestehen, was in EI(D6) beschrieben ist (vgl. EI(D6): Abs. [0043] le. Satz). Denn dort ist ausgeführt, dass es sich bei dem Tastenbedienelement um ein „pushbutton membrane keypad“ handelt, was genau die geforderte Funktion der harten Taste, die auf die weiche Membran einwirkt, angibt. Der Fachmann greift auf diese handelsübliche Ausgestaltung nach Bedarf zurück, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen.

101

Nach alledem ergeben sich die Gegenstände nach Hauptantrag, nach Hilfsantrag und nach den Unteransprüchen für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (§ 4 PatG). Das Streitpatent war danach zu widerrufen.