Entscheidungsdatum: 02.12.2013
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2007 034 426
…
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 2. Dezember 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein sowie der Richter Dr. Kortbein, Dr. Lange und Dr. Wismeth
beschlossen:
1. Der Beschluss der Patentabteilung 24 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Dezember 2010 wird aufgehoben.
2. Das Patent 10 2007 034 426 wird widerrufen.
3. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.
I.
Am 20. Juli 2007 wurde beim Deutschen Patent- und Markenamt die Patentanmeldung 10 2007 034 426.2 eingereicht, auf die am 7. Juli 2008 die Prüfungsstelle für Klasse B 22 C das Patent mit der Bezeichnung
„Von einer Metallschmelze durchströmbares Bauteil eines Gießsystems“
erteilte. Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung in Form der DE 10 2007 034 426 B3 ist der 4. Dezember 2008.
Das Streitpatent umfasst 7 Patentansprüche, von denen der einzige unabhängige Patentanspruch 1 wie folgt lautet:
Gegen das Patent erhob die K… (Einsprechende) mit Schriftsatz vom 4. März 2009 Einspruch. Sie beantragte, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Die Einsprechende beantragte hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.
Der Einspruch wurde damit begründet, dass der Streitgegenstand gegenüber dem genannten Stand der Technik nicht neu sei, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe bzw. die Benutzung des Gegenstandes vor dem Zeitrang öffentlich zugänglich gewesen sei – offenkundige Vorbenutzung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. §§ 1, 3 und 4 PatG).
Die Einsprechende stützt ihr Vorbringen hierbei auf folgende Druckschriften:
(D1) EP 1 488 871 A1
(D2) EP 1 754 554 A1
(D3) WO 89/10222 A1
(D4) DE 945 717 B
(D5a) Veröffentlichung der Japan Foundry Society, Inc , Vol 1, No 1 vom Juli 2005
(D5b) Englische Übersetzung der D5a
(D6) Rechnung der Kao-Quaker Co, Ltd an Romheld & Moelle GmbH vom 11. Januar 2006 bezüglich der Lieferung verschiedener Läufe für Gießsysteme, eingereicht als Beleg einer offenkundigen Vorbenutzung
Ergänzend wird auf im europäischen Recherchebericht zu der parallelen europäischen Patentanmeldung 0 8011 982.9 (EP 2 017 022 A1), die die Priorität des Streitpatents in Anspruch nimmt, zitierte Druckschriften Bezug genommen, welche neben dem Prüfungsbescheid des Europäischen Patentamtes vom 2. Juli 2009 als D7 bis D10 in das Verfahren eingeführt wurden.
(D7) GB 2 171 625 A
(D8) US 4 598 757 A
(D9) US 5 205 340 A
(D10) US 3 844 337 A
Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 sei vor dem Hintergrund der Druckschriften D1 bis D4 nicht neu, zumindest aber beruhe er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Auf der Grundlage der Druckschriften D1 und D7 bis D10 verneine auch das Europäische Patentamt die Neuheit des Erfindungsgegenstandes.
Mit Ladung vom 21. September 2010 wurde der Termin für die Anhörung auf den 28. Oktober 2010 festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2010 erklärte die Patentinhaberin den Verzicht auf das deutsche Patent 10 2007 034 426, woraufhin der Verhandlungstermin vom 28. Oktober 2010 aufgehoben wurde. In dem diesbezüglichen Bescheid des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. Oktober 2010 an den Vertreter der Einsprechenden wurde gleichzeitig die Anfrage gestellt, ob ein rückwirkendes Rechtsschutzinteresse geltend gemacht werde. Hierauf erklärte der Vertreter der Einsprechenden mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2010, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag, wörtlich:
„Da die Patentinhaberin lediglich auf das Patent verzichtet hat, jedoch nicht verbindlich auf alle Ansprüche aus dem erloschenen Patent für die Vergangenheit verzichtet hat, besteht seitens der Einsprechenden in der Tat ein rückwirkendes Rechtsschutzinteresse am Widerruf des Patentes ex tunc. Die Einsprechende sieht eine begründete Gefahr der Inanspruchnahme ihrer Abnehmer oder ihrer selbst durch die Patentinhaberin für die Zeit vor der Verzichtserklärung. Der Antrag auf vollständigen Widerruf des Patentes wird somit aufrechterhalten.“
Hierauf hat die Patentabteilung 24 am 23. Dezember 2010 beschlossen, dass das Einspruchsverfahren in der Hauptsache erledigt sei. In der Begründung führt sie aus, dass das Einspruchsverfahren nach dem Verzicht des Patentinhabers trotz fehlender Rückwirkung des Beschlusses nicht mehr fortzusetzen sei, da das Patent seine unmittelbar belastende Wirkung für die Öffentlichkeit verloren habe und eine bloße abstrakt bestehende Möglichkeit von Ansprüchen in der Vergangenheit die Fortsetzung eines Einspruchsverfahrens vor dem Hintergrund einer effektiven Verwaltung nicht rechtfertige (mit Verweis auf BPatG, Beschluss 21 W (pat) 301/08 vom 27. Juli 2009). Für die Fortsetzung des Einspruchsverfahrens nach dem Erlöschen des Patents sei ein besonderes, eigenes Rechtsschutzinteresse des Einsprechenden erforderlich, denn das Interesse der Allgemeinheit am Widerruf unberechtigter Schutzrechte sei nicht mehr berührt, wenn das Patent erloschen ist (mit Verweis auf BGH, GRUR 2008, 279 – Kornfeinung; BGH, GRUR 1997, 615 – Vornapf). Vorliegend habe die Patentinhaberin gegenüber dem DPMA auf das Patent verzichtet, so dass das Patent gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 PatG erloschen sei. Ein eigenes Rechtsschutzinteresse an der Fortsetzung des Verfahrens habe die Einsprechende nicht geltend gemacht. Damit sei das Einspruchsverfahren in der Hauptsache erledigt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden mit Schriftsatz vom 25. Februar 2011. Dem Beschluss der Patentabteilung liege ein Verfahrensfehler zugrunde, da das geltend gemachte Rechtsschutzbedürfnis nicht berücksichtigt wurde. Aus diesem Grund sei auch die Rückerstattung der Beschwerdegebühr gerechtfertigt.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht am 2. Dezember 2013 hat die Einsprechende ferner ausgeführt, dass eine beabsichtigte Zusammenarbeit zwischen der Patentinhaberin und der Einsprechenden nicht zustande gekommen sei. Es bestehe weiterhin die Besorgnis, dass die Einsprechende von der Patentinhaberin in Anspruch genommen werde. Derzeit würden keine Verhandlungen zwischen den Parteien geführt.
Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 24 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Dezember 2010 aufzuheben,
das Patent 10 2007 034 426 zu widerrufen und
die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten;
Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) stellt mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2013 den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen.
In der Terminsladung vom 8. Oktober 2013 hat der Vorsitzende des Senats darauf hingewiesen, dass in der mündlichen Verhandlung die Frage des Vorliegens eines Rechtsschutzbedürfnisses der Einsprechenden an der Fortsetzung des Einspruchsverfahrens zu klären sein wird. Ferner ist um entsprechende Mitteilung gebeten worden, sollte die Patentinhaberin auf die Geltendmachung von Rechten aus dem Patent 10 2007 034 426 für die Vergangenheit verbindlich verzichten.
Hiergegen richtet sich der Schriftsatz der Patentinhaberin vom 14. Oktober 2013, in dem diese erklärt, dass sie aus dem Inhalt des Schriftsatzes der Einsprechenden vom 28. Oktober 2010 nicht ableiten könne, dass die Einsprechende/Beschwerdeführerin ein begründetes Rechtschutzinteresse am Widerruf des Patentes geltend gemacht habe. Vielmehr werde „allein aus dem Verzicht der Patentinhaberin auf das Patent ein‚ rückwirkendes Rechtsschutzinteresse am Widerruf des Patentes ex tunc‘ angenommen“. Insoweit erscheine die Beschwerde unbegründet und es wird beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin hat wie angekündigt an der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 2013 nicht teilgenommen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde der Patentinhaberin ist frist- und formgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig (PatG § 73). Ein Rechtsschutzinteresse der Einsprechenden an der Entscheidung zur Bestandsfähigkeit des Patentes für die Zeit vor der Verzichtserklärung der Patentinhaberin, welche lediglich ex nunc wirkt, besteht (Widerruf des Patentes mit Wirkung ex tunc). Das geltend gemachte Rechtsschutzinteresse wurde von der Patentabteilung nicht berücksichtigt, so dass ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr entspricht aus diesem Grund der Billigkeit. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ist gegenüber dem ermittelten Stand der Technik nicht neu. Die Beschwerde hat daher in vollem Umfang Erfolg.
2. Das Rechtsschutzinteresse der Einsprechenden an einem Widerruf des Streitpatentes mit Wirkung ex tunc ist gegeben.
Rechtsfehlerhaft stellt die Patentabteilung in ihrem Beschluss fest, dass die Einsprechende ein eigenes Interesse am Widerruf des Patentes nicht geltend gemacht habe. Das eigene Interesse am Widerruf des Patentes wurde jedoch mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2010 unzweifelhaft mitgeteilt. Insofern geht die Argumentation der Patentabteilung mit Bezug auf die Entscheidungen des BGH und des BPatG ins Leere (BGH, X ZB 18/06, Beschluss vom 30. Oktober 2007, GRUR 2008, 279-280 – Kornfeinung; BGH, X ZB 10/96, Beschluss vom 17. April 1997, GRUR 1997, 615-617 – Vornapf; BPatG, Beschluss 21 W (pat) 301/08 vom 27. Juli 2009, BPatGE 51, 128-135 – Radauswuchtmaschine). In der Entscheidung BGH-Vornapf wollte die Einsprechende ein besonderes Rechtsschutzinteresse nicht nachweisen. Den daraus abgeleiteten Grundsatz, dass der Einsprechende die Fortführung des Einspruchsverfahrens nach Erlöschen des Patents nur verlangen kann, wenn bei ihm ein besonderes Rechtsschutzinteresse gegeben ist, wurde in der Entscheidung BGH-Kornfeinung bestätigt. Die Entscheidung BPatG-Radauswuchtmaschine thematisiert, auf welche verfahrensrechtliche Weise sich ein Einspruchsverfahren erledigt, wenn ein Patent erlischt und der Einsprechende kein eigenes Rechtsschutzinteresse geltend macht. (vgl. zu dieser Frage auch BGH, X ZB 4/11, Beschluss vom 26. Juni 2012, GRUR 2012, 1071-1072 – Sondensystem). Zur hier vorliegenden Frage, ob das Einspruchsverfahren nicht fortzusetzen ist, obwohl die Einsprechende ein Rechtsschutzbedürfnis geltend macht, wird dabei nicht weiter Stellung genommen. Vielmehr hat sich in dem der Entscheidung BPatG-Radauswuchtmaschine zugrunde liegenden Verfahren die Einsprechende trotz Aufforderung nicht dazu geäußert, ob ein (besonderes) Rechtsschutzinteresse vorliegt.
Entsprechend der Entscheidungen BGH-Kornfeinung und BGH-Vornapf hat ein Einsprechender oder Nichtigkeitskläger ein besonderes Rechtsschutzinteresse geltend zu machen, damit Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren fortgesetzt werden. Dies wird damit begründet, dass das Interesse der Allgemeinheit an der Nichtigerklärung unberechtigter Schutzrechte nicht mehr berührt wird, wenn das Patent erloschen ist (vgl. BGH-Kornfeinung, a. a. O., Rn 13; Gegenmeinung van Hees/Braitmayer, Verfahrensrecht in Patentsachen, 4. Auflage, Rn 543). Im vorliegenden Fall hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2010 dieses besondere Rechtsschutzinteresse geltend gemacht.
3. Die Beschwerdegebühr ist zurückzuzahlen, da die Patentabteilung nicht beachtet hat, dass die Einsprechende mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2010 ein besonderes Rechtsschutzinteresse geltend gemacht hat. Die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr beruht auf Billigkeitserwägungen (§ 80 Abs. 3 PatG). Das patentamtliche Einspruchsverfahren und der angegriffene Beschluss leiden an gravierenden Verfahrensfehlern. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei einer ordnungsgemäßen Berücksichtigung des geltend gemachten Rechtsschutzinteresses die Anmelderin von einer Beschwerde abgesehen hätte.
4. Die Patentabteilung hat es unterlassen, zu prüfen, ob das Rechtsschutzinteresse der Einsprechenden nachgewiesen wurde. In Bezug auf die Vorgabe des BGH, dass ein eigenes besonderes Rechtsschutzinteresse nachzuweisen sei, und in Bezug auf die Aussage der Patentinhaberin in ihrem Schriftsatz vom 14. Oktober 2013, dass ein begründetes Rechtsschutzinteresse nicht geltend gemacht sei, ist auszuführen, dass keine zu hohen Anforderungen an die Begründung bzw. den Nachweis des Rechtsschutzinteresses zu stellen sind (vgl. BPatG, 4 W (pat) 41/95, Beschluss vom 22. Januar 1996, BPatGE 36, 110; zum Rechtsschutzinteresse siehe insbesondere Schulte, PatG, 9. Auflage, § 81 Rdn 41 u. 42; Benkard, PatG, 10. Auflage, § 61 Rdn 1). Nach den Entscheidungen BGH-Windenergiekonverter, Rn 10, sowie BGH-Ziegelsteinformling II und BGH-Anzeigegerät, welche in Nichtigkeits- bzw. Gebrauchsmusterlöschungsverfahren ergangen sind, ist der Grund zur Besorgnis, wegen Handlungen in der Zeit vor dem Erlöschen eines Schutzrechtes in Anspruch genommen zu werden, ausreichend. Hierzu ist es nicht erforderlich, dass der Schutzrechtsinhaber den Kläger bzw. Antragsteller wegen Verletzung des Schutzrechts verwarnt oder sich ihm gegenüber des Bestehens von Ansprüchen aus dem Schutzrecht berühmt hat (vgl. BGH, Xa ZR 14/10, Urteil vom 9. September 2010, GRUR 2010, 1084-1087 – Windenergiekonverter; BGH, X ZB 10/84, Beschluss vom 28. März 1985, GRUR 1985, 871 – Ziegelsteinformling II; BGH, X ZB 16/80, Beschluss vom 12. März 1981, GRUR 1981, 515-516 – Anzeigegerät). Dieser Grundsatz ist in gleicher Weise für das Einspruchsverfahren anzuwenden (vgl. auch BPatG, 14 W (pat) 325/05, Beschluss vom 20. September 2007).
Im vorliegenden Fall wurde von der Einsprechenden die Besorgnis ausgesprochen, dass sie oder einer ihrer Abnehmer für die Zeit vor der Verzichtserklärung in Anspruch genommen werde. Diese Sorge ist allein schon dadurch nachgewiesen, dass sie mit Einspruchsschriftsatz vom 4. März 2009 eine offenkundige Vorbenutzung der Kao-Quaker Co., Ltd. – laut Auskunft des Vertreters der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung eine Tochtergesellschaft der Einsprechenden – geltend macht (vgl. Schriftsatz der Einsprechenden vom 4. März 2009, Abschnitte 6.1 und 6.2, S. 7-9; Druckschriften D5a, D5b und D6). Dabei kann es für die Beurteilung des nachgewiesenen Rechtsschutzinteresses dahingestellt bleiben, ob eine offenkundige Vorbenutzung tatsächlich gegeben ist. Zudem hat sich die Patentinhaberin auf den Hinweis des Senats in der Terminsladung vom 8. Oktober 2013 zur Möglichkeit einer Verzichtserklärung mit Wirkung für die Vergangenheit nicht weiter geäußert (vgl. Schriftsatz der Patentinhaberin vom 14. Oktober 2013). Auch dies rechtfertigt die Besorgnis der Einsprechenden und begründet ihr Rechtsschutzinteresse (vgl. BGH-Ziegelsteinformling II, a. a. O., Rn. 27; BGH-Anzeigegerät, a. a. O., Rn. 17).
III.
1. Der Patentgegenstand betrifft ein von einer Metallschmelze durchströmbares Bauteil eines Gießsystems. Der hierfür zuständige Fachmann ist ein Diplomingenieur der Metallurgie bzw. Werkstofftechnik, der langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Gießereitechnik hat und mit der Entwicklung von Gießwerkzeugen beauftragt ist.
2. Der erteilte und verteidigte Patentanspruch 1 gliedert sich in folgende Merkmale.
1 Bauteil eines Gießsystems,
1.1 das von einer Metallschmelze durchströmbar ist,
1.2 das nicht gebrannt ist,
1.3 das eine Wandstärke < 9 mm aufweist und
1.4 das aus einem Werkstoff besteht, der unter Einfluss der Temperatur der Metallschmelze zumindest teilweise zerstört wird.
3. Der Begriff „nicht gebranntes Bauteil“ erfordert eine Auslegung. Hierunter wird laut Streitpatent ein Bauteil, insbesondere das Gießkanalsystem bei der Herstellung eines Gussstückes (Streitpatent [0001]), verstanden, dessen Werkstoff Armierungsmittel (wie oxidische Fasern oder Kohlenstofffasern; Streitpatent [0014]) und temporäre Bindemittel (wie Phenolharze, insbesondere Furanharze; Streitpatent [0013]) aufweist (Streitpatent [0012]). Nach bisherigem Stand der Technik seien hierfür feuerfeste gebrannte Bauteile (Ausgusse) mit Innen-Beschichtung beschrieben (Streitpatent [0002]), welche keramische Komponenten eines Gießkanalsystems bilden. Diese keramischen Komponenten haben den Nachteil, dass sie bei der Entformung des Gussstückes zwar zerstört werden, aber in Form von Bruchstücken im Sand (Formenmaterial) verbleiben und anschließend in einem weiteren Verfahrensschritt abgetrennt werden müssen (Streitpatent: [0003]).
4. Die Druckschrift D1 beschreibt ein Element, welches beim Kokillenguss („die casting“) verwendet wird (D1: Titel, [0001]; Merkmal 1). Bei diesem Bauteil handelt es sich beispielweise um einen Einguss („sprue“, D1: [0067], [0090]). Bei der Herstellung eines Gussstückes wird dieses Element von einer Metallschmelze durchströmt (D1: [0002], [0110]; Merkmal 1.1). Der für das Bauteil verwendete Werkstoff (D1: [0018]) weist organische Fasern, bevorzugt Papierfasern (D1: [0019]), anorganische Fasern, beispielsweise keramische Fasern oder Kohlenstoffasern (D1: [0024]); und ein Bindemittel, wie Phenolharze und Furanharze (D1: [0030]), auf. Aus diesen Komponenten wird ein Brei hergestellt (D1: [0046]), der zur Herstellung einer Vorform verwendet wird (D1: [0050]). Die Vorform wird gepresst (D1: [0052]) und bei einer Temperatur von 180 bis 250 °C getrocknet (D1: [0058], [0061], [0097]). Mit dieser Herstellungsweise entspricht das Element der D1 einem „nicht gebrannten“ Bauteil entsprechend Merkmal 1.2.
Die Wandstärke des Elements der D1 beträgt zwischen 0,2 und 5 mm und liegt damit innerhalb des Bereichs von Merkmal 1.3 (D1: [0041], [0099], [0109]).
Von dem abgesehen, dass es sich bei Merkmal 1.4 um eine funktionelle Wirkungsangabe handelt, welche allein schon aufgrund gleicher Materialauswahl der D1 und des Streitpatents erfüllt ist, beschreibt auch die D1 explizit, dass die organischen Fasern und das organische Bindemittel durch die Hitze des geschmolzenen Metalls abgebaut und karboriert werden (D1: [0018], [0074]).
Damit sind alle Merkmale des Patentanspruchs 1 nach Streitpatent in der D1 vorbeschrieben. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist gegenüber der D1 nicht neu.
5. Da der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 bereits gegenüber der Druckschrift D1 nicht neu ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften für die Beurteilung der Patentfähigkeit. Insbesondere kann dahingestellt bleiben, ob eine offenkundige Vorbenutzung vorliegt.
IV.
Auf die echten Unteransprüche der jeweiligen Anträge brauchte bei dieser Sachlage nicht gesondert eingegangen zu werden; sie teilen das Schicksal des Patentanspruchs 1, auf den sie rückbezogen sind (vgl. BGH v. 27. Juni 2007 – X ZB 6/05, GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II; Fortführung von BGH v. 26. September 1996 – X ZB 18/95, GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät).