Entscheidungsdatum: 25.11.2013
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent DE 10 2005 025 674
…
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein und der Richter Dr. Egerer, Dr. Kortbein und Dr. Lange
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Auf die am 3. Juni 2005 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche Patent- und Markenamt das Patent 10 2005 025 674 mit der Bezeichnung
„Phthalocyanin-Derivate und deren Anwendungen in optischen Aufzeichnungsmedien“
erteilt. Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 15. März 2007.
Nach Prüfung des dagegen eingelegten Einspruchs hat die Patentabteilung 43 das Patent in der Anhörung am 18. September 2008 wegen mangelnder Ausführbarkeit widerrufen. Dem Widerrufsbeschluss lagen die drei Patentansprüche in der erteilten Fassung mit folgendem Wortlaut zugrunde:
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In dem Beschluss ist ausgeführt, der Patentgegenstand sei mangels Offenbarung einer nacharbeitbaren Lehre bezüglich des Verfahrens zur Herstellung der chemischen Bindung zwischen den substituierten oder unsubstituierten Ferrocenen und Phthalocyanin-Derivaten über Brücken mit einer Anhydrid-Gruppierung nicht ausführbar. Die Neuheit und erfinderische Tätigkeit der beanspruchten Verbindungen gegenüber den Druckschriften EP 1 104 431 B1 (1) und WO 02/83796 A1 (2) konnten deshalb nicht beurteilt werden.
Weitere im Einspruchsverfahren vorgebrachte Druckschriften, Dokumente und sonstige Unterlagen sind:
(3) Analysenreport vom 31. Mai 2007
(4) „HPLC and UV/VIS Analytics of the example 3 in the Tsai Patent“, 11. Mai 2007
(5) J. Am. Soc. Mass Spectrum 15 (2004) 1727-1736
(6) Solid State Sciences 4 (2002) 851-858
(7) Macromolecules 26 (1993) 1936-1940
(8) CD-ROM Professionals CD recordable Handbook, (1996) 173-190
(9) Zirkularbrief von Pulstec Industrial Co. Ltd., (1.10.2001)
(10) Z. Anorg. Allg. Chemie 628 (2002) 209-216
(11) Analysenreport betreffend BAJ-4122/3
(12) Analysenreport betreffend BAJ-4241/2
(13) Pretsch et al. Tabellen zur Strukturaufklärung …, Springer Berlin 1976, Seiten B45, B50, B55 und I 125, I 130, I 135, I 185
(14) zivilrechtlicher Antrag vom 26. 7.2007
(14A) englische Übersetzung von (14)
(15) zivilrechtliche Klagerwiderung II vom 13.9.2005 der/des Patentinhaber(in)s
(15A) beglaubigte englische Übersetzung von (15)
(16) einstweilige Verfügung des Amts/Bezirksgerichts Taoyuan vom 11.6.2003
(16A) englische Übersetzung von (16) – beglaubigte Fassung wird nachgereicht
(17) Infringement Assessment Report of the Patent „….“ vom 7. 4. 2005
(18) Irgaphor Ultragreen MX Broschüre
(19) bis (21) eidesstattliche Versicherungen
Gegen die Entscheidung der Patentabteilung 43 über den Widerruf des Patents hat der Patentinhaber mit Schriftsatz vom 26. November 2008 Beschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 22. Juli 2009 beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. September 2008 aufzuheben und das Patent in unverändertem Umfang aufrechtzuerhalten, hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
Der Patentinhaber und Beschwerdeführer nimmt in seiner Beschwerde auf weitere Dokumente und Druckschriften (22) bis (28) Bezug:
(22) Science 267 (1995) 1969-1972
(23) Henderson, McIndoe: „Mass Spectrometry of Inorganic and Organometallic Compounds“, John Wiley & Sons, Ltd. England 2005, S 141-148.
(24) IR-EAC-76-5-MCH.PDF, IR-Spektrum einer Probe gemäß Ausführungsbeispiel 3
(25) 80214ESI07.PDF, ESI-MS Spektrum der Probe aus (24)
(26) 80214ESI07-2.PDF,ESI-MS Spektrum, Vergrößerung von (25)
(27) 80214ESI08.PDF, ESI-MS Spektrum der Probe gemäß Ausf.beisp. 3 – Wh.
(28) 80214ESI08-2.PDF, ESI-MS Spektrum, Vergrößerung von (27).
Insbesondere führt er aus, der Einwand der unzureichenden Offenbarung bzw. Ausführbarkeit der Erfindung könne jedenfalls im Lichte von (22) bis (28) nicht aufrechterhalten werden. Des Weiteren gehe sowohl die Einsprechende als auch die Patentabteilung lediglich auf das Ausführungsbeispiel 3, nicht aber auf die allgemeine Beschreibung des Streitpatents ein. Darüber hinaus seien die Verfahren der Druckschriften (5) bis (7) und (10) signifikant unterschiedlich zu dem Verfahren des Ausführungsbeispiels 3, ebenso jene der Druckschriften (11) und (12).
Zudem belegten die Massenspektren (25) bis (28) der gemäß Beispiel 3 hergestellten Verbindung, neben dem IR-Spektrum, die Identität anspruchsgemäßer Verbindungen mit der betreffenden Anhydrid-Gruppierung in der molekularen Brücke zwischen dem Phthalocyanin und dem Ferrocen.
Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2013 hat der Patentinhaber und Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde, und hat im Übrigen um antragsgemäße Entscheidung gebeten.
Die Einsprechende hat mit Schriftsatz vom 29. Januar 2009 beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
In ihrer mit Schriftsatz vom 5. November 2013 nachgereichten Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die im Streitpatent angegebenen analytischen Daten des Ausführungsbeispiels 3 genügten nicht. Die Nacharbeitung dieses Ausführungsbeispiels belege die ausschließliche Bildung anderer, nicht beanspruchter Produkte, wobei sie sich unter anderem auf die Druckschriften J. Am. Soc. Mass Spectrum 15 (2004) 1727-1736 (5), Solid State Sciences 4 (2002) 851-858 (6), Macromolecules 26 (1993) 1936-1940 (7) und Z. Anorg. Allg. Chemie 628 (2002) 209-216 (10) sowie auf massenspektrometrische Untersuchungen nebst ausführlichen Erläuterungen hierzu stützt. Außerdem reiche auch die Offenbarung in dem allgemeinen Beschreibungsteil für die Ausführbarkeit nicht aus.
Ergänzend verweist die Einsprechende auf die mangelnde Neuheit und die mangelnde erfinderische Tätigkeit des Patentgegenstands.
Zur mündlichen Verhandlung ist für den Beschwerdeführer wie angekündigt niemand erschienen.
Die Vertreter der Beschwerdegegnerin beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beschwerdeführerin stellt mit Schriftsatz vom 22. Juli 2009 den Antrag,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. September 2008 aufzuheben
und
das Patent DE 10 2005 025 674 in unverändertem Umfang aufrechtzuerhalten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die Beschwerde des Patentinhabers ist frist- und formgerecht eingelegt worden und zulässig (PatG § 73). Sie hat jedoch keinen Erfolg.
Eine Entscheidung über die Herstellbarkeit streitpatentgemäßer Verbindungen kann dahinstehen, da der Gegenstand des Streitpatents, sofern noch neu, jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
1. Die Offenbarung im Sinne der Ausführbarkeit der Lehre des Streitpatents ist anhand der allgemein sowie der beispielsgemäß in der Patentschrift beschriebenen chemischen Synthesen bzw. Synthesewege in Verbindung mit dem Wissen und Können des in der präparativen organischen Synthese erfahrenen Chemikers zu prüfen und zu bewerten (vgl. DE 10 2005 025 674 B4 S 10 [0029] i. V. m. [0028] sowie S. 11 bis 12 Beisp 1 bis 3).
Gemäß der Beschreibung des Streitpatents (vgl. S. 10 [0029]) sind mehrere Synthesewege zur kovalenten Anbindung einer substituierten oder unsubstituierten Ferrocenyl-Gruppe über eine Anhydrid-Gruppierung offenbart, die sich wie folgt darstellen und bewerten lassen:
1) Ferrocencarbonsäure + (am Benzolring des Phthalimidrests durch) Acylchlorid-substituiertes Phthalocyanin
2) Ferrocencarbonsäure-Perester + (am Benzolring des Phthalimidrests durch) Aldehyd-Rest substituiertes Phthalocyanin (Acyloxylierung unter Metallkatalyse)
3) Ferrocencarbonsäure + Oxalsäure (oder Oxalylchlorid), Umsetzung des erhaltenen Zwischen- bzw. Reaktionsprodukts mit durch Hydroxyl substituierte Phthalocyanine (katalytisch, z. B. Pyridin)
In den Ausführungsbeispielen des Streitpatents wird die Synthese der beanspruchten Phthalocyanin-Derivate über den dritten Syntheseweg eingeschlagen und nach den Angaben des Patentinhabers auch realisiert, wobei – in Übereinstimmung mit dem Stand der Technik – der formylierte Phthalimidrest des Phthalocyanins (Beisp 1) zunächst mittels Na-Borhydrid zur Hydroxymethylgruppe reduziert wird, um das „hydroxylierte“ (durch Hydroxyl-substituierte) Phthalocyanin zu erhalten (Beisp 2), welches danach gemäß Beispiel 3 mit Oxalylchlorid umgesetzt wird. Dabei ist nicht auszuschließen, dass Verbindungen mit der Brückenstruktur -CH2-O-CO-CO-O-CO- auch tatsächlich entstehen bzw. erhalten werden. Verbindungen mit dieser Brückenstruktur fallen unter die allgemeine Markush-Formel des Patentanspruchs 1 und zwar insofern, als in der Restebedeutung G = -C-O-C(=O)- am ersten C-Atom zwei freie Valenzen vorhanden sind, die durch zwei H-Atome „abzusättigen“ sind (vgl. DE 10 2005 025 674 B4 Anspr 1 i. V. m. S. 3 bis 4 [0012], S. 4 bis 8 [0015], [0016]).
Der zweite Syntheseweg bedient sich, für den Fachmann ersichtlich, einer mit den Namen Karash-Sosnovsky verbundenen Reaktion zwischen Perestern, insbesondere von t-Butylperestern, und z. B. Aldehyden, wobei die Bildung eines an Phthalocyanin über die Brücke -CH2-CO-O-CO- gebundenen Ferrocens und damit die geforderte Anhydrid-Gruppierung aus t-Butylperferrocencarboxylat und dem formylierten Phthalocyanin-Derivat nicht auszuschließen ist.
Der erste Syntheseweg führt zu Phthalocyanin-Derivaten mit Brücken der Formel -X-(CH2)n-CO-O-CO-, wobei n = 0 bis n und X eine Bindung oder ein ggf. substituiertes Heteroatom bedeutet, im einfachsten Fall ausgehend von Phthalocyanyl-acetylchlorid und Ferrocencarbonsäure beispielsweise zur Brücke -CH2-CO-O-CO-.
Die Frage der Ausführbarkeit des Gegenstands des Streitpatents ist damit nicht nur auf das Ausführungsbeispiel 3 und den Ablauf der Umsetzung von Oxalylchlorid mit Ferrocencarbonsäure und einem Hydroxymethyl-Phthalocyanin-Derivat beschränkt, sondern betrifft darüber hinaus auch die anspruchsgemäß weit überwiegende Zahl von Verbindungen mit einer Anhydridgruppe, jedoch ohne einen Oxalylrest in der Brückenstruktur, zu deren Herstellung es des Einsatzes von Oxalylchlorid oder eines anderen Oxalsäurederivats zur Ausbildung der speziellen Gruppierung –CH2-O-CO-CO-O-CO- nicht bedarf.
Die Möglichkeit zur Herstellung beanspruchter Verbindungen kann aber auch bei Berücksichtigung der experimentellen Untersuchungen zum Ausführungsbeispiel 3 und den hierzu vorgelegten Daten für Verbindungen mit einem Oxalylrest in der Brückenstruktur nicht ohne Weiteres ausgeschlossen werden.
Der Einsprechenden und Beschwerdegegnerin, nach deren Ausführungen der Ester und nicht das Anhydrid entsteht, ist zwar insoweit beizutreten, als die in dem Streitpatent angegebenen Analysedaten zur stofflichen Identifizierung des Reaktionsprodukts bzw. Reaktionsgemisches des Beispiels 3 nicht ausreichen. Jedoch ist davon auszugehen, dass die beanspruchten Verbindungen – in Abhängigkeit von den genauen Verfahrensbedingungen – in erheblich schwankenden Mengenanteilen in dem Produktgemisch vorliegen können und insbesondere bei niedriger Konzentration in Abhängigkeit von der analytischen Methode nur schwer nachweisbar sind. Auch nach den auf die Einsprechende zurückgehenden vorveröffentlichten Druckschriften EP 1 104 431 B1 (1) und WO 02/83796 A1 (2) ist nicht auszuschließen, dass mit der Zielsetzung des Erhalts der beanspruchten Verbindungen diese auch in größerer Menge bzw. in größerem Anteil am Produktgemisch erhältlich sind. Denn die Lehre der Druckschrift (1) umfasst in dem Kollektiv der Markush-Formel (I) auch die beanspruchten Verbindungen mit der Anhydrid-Gruppierung des vorliegenden Streitpatents (vgl. (1) z. B. Anspr 1 i. V. m. S. 5 Z. 38 bis 39) und deren Herstellung (vgl. (1) S. 10 [0050] bis S. 13 [0065]), ebenso wie die Lehre der Druckschrift (2) in dem Kollektiv der Formel IVa (vgl. (2) S. 17 bis S. 18 i. V. m. S. 11 bis S. 16, insbes S. 12 le Abs. und S. 13 Abs. 1 und le Abs.).
Was die nach Ansicht der Einsprechenden bei der Umsetzung von Ferrocencarbonsäure und Oxalylchlorid ausschließlich zu beobachtende Bildung von Ferrocencarbonsäurechlorid anbelangt, so findet diese Umsetzung in der von Einsprechenderseite zitierten Literatur jedenfalls nicht wie in Beispiel 3 des Streitpatents unter Anwendung einer in-situ-Weiterreaktion und auch im Übrigen nicht unter mit Bespiel 2 übereinstimmenden Bedingungen statt (vgl. insbes (10) S. 211 re Sp. le Abs. bis S. 212 li Sp Abs. 2 i. V. m. S. 214 Synthese E).
Auch die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vermag die Frage der Ausführbarkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 nicht restlos zu klären. Zwar ist – in Übereinstimmung mit der Entscheidungspraxis des Europäischen Patentamts – einerseits für eine ausreichende Offenbarung nicht nur bei Polymermassen, sondern auch bei niedermolekularen Stoffen und bei product-by-process Ansprüchen die Ausführbarkeit im gesamten beanspruchten Bereich erforderlich (vgl. BGH GRUR 2010, 414 – Thermoplastische Zusammensetzung; BGH GRUR 1978, 162 – 7-Chlor-6-demethyltetracyclin). Andererseits genügt im Falle eines Herstellungsverfahrens für die Offenbarung jedoch ein Weg zur Ausführung der Erfindung (vgl. BGH 2001, 813 –Taxol), wobei die Ausführungsform, anders als bei einer neuheitsschädlichen Vorwegnahme erforderlich, nicht unmittelbar und eindeutig offenbart sein muss (vgl. BGH GRUR 2010, 916 – Klammernahtgeräte; Schulte PatG 9. Aufl. § 34 Rdn. 391).
Einer abschließenden Entscheidung über die Frage der Herstellbarkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1, der über die Verbindung bzw. das Verbindungsgemisch des Ausführungsbeispiels 3 hinaus eine sehr große Zahl weiterer Einzelverbindungen umfasst, und damit über die diesbezügliche Ausführbarkeit der Erfindung bedarf es in vorliegendem Fall nicht, da es dem Gegenstand des Streitpatents im beanspruchten Umfang jedenfalls an der erforderlichen Neuheit und/oder erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem einschlägigen Stand der Technik mangelt.
2. Sofern die Neuheit des Gegenstands des Streitpatents anzuerkennen ist, sind aus den Akten keine Daten oder sonstige Anhaltspunkte ersichtlich, aus denen sich Gründe für das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit gegenüber dem Stand der Technik, der in den vorveröffentlichten Druckschriften EP 1 104 431 B1 (1) und WO 02/83796 A1 (2) offenbart ist, ergeben könnten.
a) Ein großer Teil der gemäß Formelbild des Patentanspruchs 1 des Streitpatents beanspruchten Phthalocyanin-Derivate fallen unter das Kollektiv der in der vorveröffentlichten Druckschrift (1) allgemein offenbarten Phthalocyanin-Derivate (vgl. (1) S. 4 Formel (I) i. V. m. S. 5 Z. 38 bis 39), wobei E für wenigstens zwei Atome und Atomgruppen aus der Gruppe -CH2-, -C(=O)-, CH(C1-C4-Alkyl)-, -C(C1-C4-Alkyl)2-, -NH-, -S-, -O- und CH=H steht. Entsprechendes gilt, mit Ausnahme der in (1) offensichtlich fehlerhaft wiedergegebenen Atomgruppe -CH=CH-, für die vorveröffentlichte Druckschrift (2) (vgl. a. a. O. S. 17 Formel (IVa) i. V. m. S. 18 vorle Abs. und S. 17 Abs. 1). Demnach ergeben sich aus (1) oder (2) unter anderem auch Verbindungen mit einer Anhydrid-Gruppierung (zweimal -CO- und einmal -O-) und damit eine Anbindung über eine Brücke -G-CO-O-CO- gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents. Es ergeben sich aber auch Verbindungen mit einer zusätzlichen Carbonylgruppe (dreimal -CO- und einmal -O-) sowie einer Anbindung an den Phthalocyanylrest über -CH2-O- entsprechend dem Beispiel 3 des Streitpatents, zumal die formylierte und durch Na-Borhydrid-reduzierte Hydromethylgruppe als Phthalocyanin-Zwischenprodukt auch in (1) und (2) dominiert. Die Herstellbarkeit erscheint in (1) und (2) – unter Anlegen des gleichen Bewertungsmaßstabs wie beim Streitpatent – auch im formelmäßig allgemein offenbarten Umfang gegeben (vgl. z. B. (2) S. 12 le Abs. i. V. m. S. 13 Abs. 1 sowie S. 13 le Abs.), wobei zu den Estervorstufen bzw. -zwischenstufen selbstverständlich auch die dem Fachmann als präparativ wertvoll bekannten t-Butyl-Perester zählen (siehe vorstehend Syntheseweg 2).
Für diese vom Patentanspruch 1 des Streitpatents umfassten Phthalocyanin-Derivate gilt der Grundsatz, wonach die allgemeine Offenbarung des Standes der Technik die allgemeine Offenbarung des Streitpatents neuheitschädlich vorwegnimmt. Dies gilt insbesondere auch für die gemäß Streitpatent gegenüber (1) und (2) ausschließlich ggf. substituiert alkenyl- bzw. alkinyloxylierten Phthalocyanin-Reste (vgl. (1), (2) und DE 10 2005 025 674 B4 den 2,4-dimethyl-3-pentyloxy-Rest in den Beispielen).
Die Lehre der Druckschriften (1) oder (2) nimmt somit einen sehr großen Anteil des Stoffkollektivs des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in allgemeiner Weise neuheitsschädlich vorweg.
Dagegen ist die gemäß Beispiel 3 hergestellte Einzelverbindung bzw. das gemäß Beispiel 3 hergestellte Reaktionsgemisch, sofern die Verbindung mit der Brückengruppierung -CH2-O-CO-CO-O-CO- tatsächlich entsteht, unter Berücksichtigung von BGH-Olanzapin nicht explizit aus (1) oder (2) zu entnehmen und damit demgegenüber als neu anzusehen.
b) Selbst wenn man aber der Argumentation des Patentinhabers folgte und die spezielle Kombination der Atomgruppen in der Brücke E in Form einer Anhydrid-Gruppierung als aus (1) und (2) nicht entnehmbar ansehen und die Neuheit demgegenüber anerkennen wollte, so stellt sich die Frage nach der erfinderischen Tätigkeit der beanspruchten Verbindungen gegenüber den in (1) und (2) expressis verbis offenbarten, strukturell nächstkommenden, beispielsweise eine Estergruppierung in der Brücke enthaltenden Verbindungen.
Für das Produkt(gemisch) des Beispiels 3 des Streitpatents liegen keinerlei zahlenmäßig bestimmt gehaltenen Vergleichsversuche gegenüber strukturell nächstkommenden Verbindungen aus (1) und/oder (2) vor, anhand derer gegebenenfalls ein überraschender technischer Effekt glaubhaft erscheint, erst recht nicht für die Phthalocyanin-Derivate des Streitpatents im Umfang des Patentanspruchs 1.
Schließlich ist auch aus den Anwendungsbeispielen 4 bis 7 mit der Verbindung bzw. dem Verbindungsgemisch des Beispiels 3 des Streitpatents kein technischer Effekt zu entnehmen, der über das aus dem Stand der Technik bekannte hinausgeht und die erfinderische Tätigkeit begründen könnte.
Vielmehr sind wesentliche Einflüsse auf die hier im Vordergrund stehenden optischen Eigenschaften der Verbindungen aufgrund der relativ geringen strukturellen Unterschiede in der Brücke, die den Phthalocyanin-Rest mit dem Ferrocen-Rest verbindet und die zudem nicht über die allgemeinen Vorgaben des Standes der Technik in (1) und (2) hinausgehen, nicht zu erwarten und im Übrigen von dem Patentinhaber auch nicht dargelegt worden.
Der Gegenstand des Streitpatents beruht deshalb, sofern und soweit noch neu, jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3. Der Patentinhaber und Beschwerdeführer hat von dem ihm durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung eingeräumten Möglichkeit der Erörterung von Ausführbarkeit, Neuheit und erfinderischer Tätigkeit keinen Gebrauch gemacht. Er verteidigt sein Patent in dem Beschwerdeverfahren ersichtlich nur im Umfang des mit Schriftsatz vom 22. Juli 2009 eingereichten Antrags, dessen Stoffanspruch 1 und Verwendungsansprüche 2 und 3 in der erteilten Fassung jedenfalls mangels Neuheit und/oder erfinderischere Tätigkeit nicht bestandsfähig sind. Über seinen schriftsätzlichen Vortrag hinaus hat er nichts zur Neuheit und erfinderischen Tätigkeit ausgeführt, was den Senat hätte zu einem anderen Ergebnis gelangen lassen können. Es war deshalb, wie geschehen, zu beschließen.