Entscheidungsdatum: 06.02.2018
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 103 62 377
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hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw, der Richter Schell und Dr. Jäger sowie der Richterin Dr. Wagner
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der angefochtene Beschluss der Patentabteilung 43 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. November 2015 aufgehoben und das Patent mit der Bezeichnung
„Lithiumsilicatrohling und dessen Verwendung“
mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Ansprüche 1 bis 26 gemäß Hilfsantrag 8 vom 2. Februar 2018 sowie Beschreibung und Zeichnungen (Fig. 1 bis 7) gemäß Patentschrift.
2. Im Übrigen werden die Beschwerden der Einsprechenden und der Patentinhaberin zurückgewiesen.
I.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 4. November 2015 hat die Patentabteilung 43 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent 103 62 377 mit der Bezeichnung
„Lithiumsilicatrohling und dessen Verwendung“
beschränkt aufrechterhalten.
Dem Beschluss liegen die erteilten Patentansprüche 1 bis 30 gemäß Hauptantrag und die Patentansprüche 1 bis 28 gemäß Hilfsantrag zugrunde.
Die nebengeordneten Patentansprüche 1, 6 und 17 gemäß Hauptantrag lauten wie folgt:
„1. Lithiumsilicatrohling in Form eines Lithiumsilicatmaterials, das Lithiumetasilicat als eine Hauptkristallphase enthält, wobei der Rohling einen Halter aufweist, um ihn in einer Maschine zu befestigen.
6. Lithiumsilicatrohling in Form eines Lithiumsilicatglases, das zur Bildung von Lithiumetasilicat geeignete Keime enthält, wobei der Rohling einen Halter aufweist, um ihn in einer Maschine zu befestigen.
17. Verwendung eines Lithiumsilicatrohlings gemäß einem der Ansprüche 1 bis 16 zur Herstellung einer dentalen Restauration.“
Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 16 gemäß Hilfsantrag haben folgenden Wortlaut:
„1. Lithiumsilicatrohling in Form eines Lithiumsilicatmaterials, das Lithiummetasilicat als Hauptkristallphase enthält, wobei der Rohling einen Halter aufweist, um ihn in einer Maschine zu befestigen, und wobei der Rohling nach einem Verfahren herstellbar ist, bei dem:
(a) eine Schmelze eines Ausgangsglases gebildet wird, die die Anfangskomponenten SiO2, Li2O, K2O, Al2O3 und P2O5 als Hauptkomponenten, aber kein La2O3, enthält
(b) die Schmelze des Ausgangsglases in eine Form gegossen wird, um einen Ausgangsglasrohling zu bilden, und der Glasrohling auf Raumtemperatur abgekühlt wird,
(c) der Ausgangsglasrohling einer ersten Wärmebehandlung bei einer ersten Temperatur unterworfen wird, um ein Glasprodukt zu ergeben, welches Keime enthält, die für die Bildung von Lithiummetasilicatkristallen geeignet sind, und
(d) das Glasprodukt aus Stufe (c) einer zweiten Wärmebehandlung bei einer zweiten Temperatur unterworfen wird, die höher als die erste Temperatur ist, um den Lithiumsilicatrohling mit Lithiummetasilicatkristallen als Hauptkristallphase zu erhalten.
16. Verwendung eines Lithiumsilicatrohlings gemäß einem der Ansprüche 1 bis 15 zur Herstellung einer dentalen Restauration.“
Die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents im Einspruchsverfahren wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber den ursprünglichen Unterlagen unzulässig erweitert sei, da er beliebige Lithiumsilikatrohlinge mit Lithiummetasilikat als Hauptkristallphase umfasse, welche aber in dieser Allgemeinheit nicht in den ursprünglichen Unterlagen offenbart seien.
Dagegen sei der gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag beanspruchte Lithiumsilicatrohling ursprünglich offenbart, neu und auch erfinderisch. So könne der in Patentanspruch 1 aufgenommene Disclaimer „aber kein La2O3“, der zu einer zulässigen Beschränkung des erteilen Patentanspruchs 1 führe, sowohl der Patentschrift wie auch den ursprünglichen Unterlagen entnommen werden. Des Weiteren offenbare keine der Entgegenhaltungen
D2 DE 197 50 794 A1,
D3 DE 24 51 121 A1,
D4 M.P. Borom et al., „Strength and Microstructure in Lithium Disilicate Glass-Ceramics“, Journal of the American Ceramic Society, 1975, 58, Seiten 385 bis 391,
D5 EP 0 160 797 A1,
D6 US 4,515,634,
D7 WO 02/45614 A1,
D8 US 2003/0073563 A1,
D9 W. Höland et al. "Control of nucleation in glass ceramics", Phil. Trans. R. Soc. Lond. A, 2003, 361, Seiten 575 bis 589,
D10 DE 29 49 619 A1,
D11 Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC, „Nachschmelzen von Ivoclar-Patentbeispielen, Ergebnisbericht“, 25. Mai 2015, 8 Seiten,
D12 W. Höland und G. Beall, "Glass-Ceramic Technology", The American Ceramic Society 2002, Westerville, OH, USA; Seiten 75 bis 83 und 222 bis 223,
D13 US 2001/0031446 A1,
D14 J. Deubener et al., "Induction time analysis of nucleation and crystal growth in di- and metasilicate glasses", Journal of Non-Crystalline Solids 1993, 163, Seiten 1 bis 12,
D15: P.W. McMillan et al. "The Structure and Properties of a Lithium Zinc Silicate Glass-Ceramic", Journal of Materials Science 1966, 1, Seiten 269 bis 279 und
D16 DE 1 696 473 B
einen Lithiumsilicatrohling mit den Merkmalen nach Patentanspruch 1. Im Übrigen werde der Fachmann ausgehend von D2, die Lithiumsilikatrohlinge für dentale Restaurationen betreffe, nicht dazu angeregt La2O3 in der Lithiumsilicatrezeptur zu vermeiden, denn Lanthanoxid sei für die vorteilhaften Eigenschaften der hergestellten Lithiummaterialien verantwortlich. Die weiteren Druckschriften lieferten gleichfalls keine Hinweise in Richtung eines La2O3-freien Lithiumsilikatrohlings zur dentalen Restauration, der als Hauptkristallphase Lithiummetasilikat aufweise.
Gegen diesen Beschluss haben sowohl die Einsprechende als auch die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt.
Zur Stütze ihres Vorbringens verweist die Einsprechende auf folgende weitere Druckschriften:
D17 Anlagenkonvolut:
Schott, Nacharbeitung des Beispiels 13 aus der DE 103 36 913 B4, Schott ID 46802, Dezember 2015, 3 Seiten
Annex A: Schott, Temperung (Kristallisation) und anschließende XRD-Analyse der Glaskeramikschmelze VSM 46802, 11.2.2016, 3 Seiten
D18 WO 2013/053866 A2,
D19 W.F. Hammetter, R.E. Loehman, “Crystallization Kinetics of a Complex Lithium Silicate Glass-Ceramic”, J. Am. Ceram. Soc. 1987, 70, Seiten 577 bis 582
D20 I.C. Madsen et al., “Description and survey of methodologies for the determination of amorphous content via X-ray powder diffraction”, Z. Kristallgr. 2011, 226, Seiten 944 bis 955
D21-A Anlagenkonvolut: Nacharbeitung des Beispiels 22 der Entgegenhaltung D1, 4 Seiten, 21.9.2017
D21-B Anlagenkonvolut: Nacharbeitung des Beispiels 13 des Streitpatents, 4 Seiten, 25.9.2017
D22 Ivoclar Vivadent Inc., “IPS, e.max® lithium disilicate, The Future of All-Ceramic Dentistry”, 2/2009, 9 Seiten
D23 Report, Research and Development Ivoclar Vivadent AG, “IPS e.max®, all ceramic…all you need”, 2006, 17, Seiten 1 bis 48
Die Einsprechende wendet ein, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen werde durch die Aufnahme des Merkmals „Lithiummetasilicat“ unzulässig erweitert, da sich eine solche allgemeine Lehre nicht in den ursprünglichen Unterlagen finde. Zudem werde der Patentanspruch 1 gemäß der beschränkt aufrechterhaltenen Fassung durch die Aufnahme des Disclaimers „aber kein La2O3“ unzulässig erweitert. Dieses Merkmal sei den ursprünglichen Unterlagen nicht zu entnehmen, da die Zusammensetzung zwingend eine färbende und fluoreszierende Komponente aufweisen müsse, zu denen Lanthanoxid zähle. Des Weiteren könne der Streitpatentschrift nicht entnommen werden, dass die Abwesenheit von Lanthanoxid ein erfindungswesentliches Merkmal darstelle.
Außerdem sei der Streitgegenstand nicht über die beanspruchte Breite ausführbar, weil das Streitpatent explizit erwähne, dass ein Lithiumsilicatmaterial mit Lithiummetasilicat als einer Hauptkristallphase bzw. als Hauptkristallphase nur mit bestimmten Ausgangsglaszusammensetzungen unter Einhaltung von bestimmten Verfahrensparametern erzielbar sei. Dies würden auch die Nacharbeitungen D17 und D21-B des Beispiels 13 der Stammanmeldung
D1 DE 103 36 913 A1
belegen.
Ferner macht die Einsprechende mangelnde Neuheit gegenüber den Druckschriften D2, D6, D8 und D13 bzw. den Nacharbeitungen D11 und D21-A geltend. Zur Begründung trägt sie vor, dass D2, wie die Nacharbeitungen D11 und D21-A belegten, alle wesentlichen Merkmale des erteilten Anspruchs 1 vorwegnehme. Darüber hinaus werde in der Druckschrift D6 eine Glaskeramik für die Verwendung als dentale Restauration beschrieben, wobei ein Rohling aus Li2O, SiO2, Al2O3, K2O und P2O5 gebildet werde, der einer Wärmebehandlung bei einer ersten Temperatur von 500°C und einer zweiten Wärmebehandlung bei einer zweiten Temperatur von 550°C unterzogen werde. Da diese Temperaturen denjenigen des Streitpatents entsprächen, sei davon auszugehen, dass der Rohling in diesem Verfahrensstadium Lithiummetasilicat als Hauptkristallphase aufweise. Dies werde auch durch die das allgemeine Fachwissen zu D6 repräsentierenden Entgegenhaltungen D9 und D15 belegt. Auch die Entgegenhaltung D8 betreffe Glaskeramiken für die dentale Restauration auf Basis von Li2O, SiO2, Al2O3, K2O und P2O5. Ein aus diesen Ausgangskomponenten hergestelltes Glas werde zur Erzeugung von Rohlingen einer zweistufigen Wärmebehandlung mit einer ersten Temperatur im Bereich von 450 bis 700°C und einer zweiten Temperatur von 800 bis 1000°C unterworfen. Die so erhaltenen Rohlinge würden mittels Maschinenbearbeitung in die gewünschte Form gebracht. Gemäß D8 wiesen diese Rohlingsmaterialien mehrere Kristallphasen auf, u. a. Lithiummetasilikat. Ebenso werde in der Druckschrift D13 eine Dentalrestauration beschrieben, die aus einer auf den streitpatentgemäßen Ausgangskomponenten basierenden Glaskeramik durch Heißpressen geformt werde, wobei der in der Form befindliche Gegenstand der D13 als Rohling anzusehen sei. Nachdem die Temperaturen der Wärmebehandlung den streitpatentgemäßen Temperaturen entsprächen und in Anbetracht des Fachwissens nach D8 und D9 lese der Fachmann ohne weiteres mit, dass die Glaskeramiken gemäß D13 Lithiummetasilikat als eine Hauptkristallphase aufwiesen.
Die beanspruchte Verwendung eines Lithiumsilicatrohlings gemäß Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 8 sei ebenfalls gegenüber D2 unter Berücksichtigung der Nacharbeitung D21-A nicht neu, da auch in Beispiel 22 der D2 eine maschinelle Bearbeitung von Lithiummetasilicat vorgesehen sei. Das Merkmal, dass weniger als 0,5% Schrumpf auftrete, sei zum einen unzulässig, da damit die Aufgabe in den Anspruch aufgenommen werde, zum anderen handele es sich hierbei um ein inhärentes Merkmal des Lithiumsilicatmaterials. Denn die Dichte von Lithiummetasilicat sei kleiner als die von Lithiumdisilicat, wie D21-A belege, so dass bei der Umwandlung von Lithiummetasilicat in Lithiumdisilicat ein negativer Schrumpf auftrete.
Des Weiteren macht die Einsprechende geltend, dass der Gegenstand des Streitpatents zudem gegenüber D2 i. V. m. dem Fachwissen, D8 in Kombination mit D3 oder D4, D6 bzw. D8 in Verbindung mit dem Fachwissen, D4 und D9, D5 in Zusammenschau mit D4 oder D16 in Kombination mit D3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe, nämlich einen Rohling zur Verfügung zu stellen, der sich durch eine bessere Bearbeitbarkeit mittels maschineller Verfahren auszeichne, werde gemäß dem Streitpatent dadurch gelöst, dass die Bearbeitung des Rohlings in einem Stadium vorgenommen werde, in dem Lithiummetasilicat als Hauptkristallphase vorliege, um von der geringeren Festigkeit des Materials gegenüber Lithiumdisilicat zu profitieren. Somit liege die Erfindung nicht darin, auf die Anwesenheit von Lanthanoxid zu verzichten. Der Vergleich der Beispiele mit und ohne Lanthanoxid zeige vielmehr auf, dass die Abwesenheit von Lanthanoxid mit keinen technischen Effekt verbunden sei, da die Verarbeitbarkeit bzw. Festigkeit des Rohlings dadurch nicht beeinflusst werde. Objektiv bestehe die Aufgabe des Streitpatents somit in einer alternativen Bereitstellung eines leichtbearbeitbaren Glaskeramik-Rohlings. Diese Aufgabe werde aber bereits durch D2 allein gelöst. Aus D2, insbesondere Beispiel 22, sei ein Glaskeramik-Rohling bekannt, der nach einer Wärmebehandlung Lithiummetasilikat als Hauptkristallphase enthalte. Dies sei für den Fachmann aufgrund der gewählten Temperaturführung offensichtlich, wie die Entgegenhaltungen D9, D11 und D12 belegten. Außerdem lehre D4, dass beim Übergang von Lithiummetasilicat zu Lithiumdisilicat die Härte des Materials zunehme. Um also den unerwünschten Werkzeugverschleiß bei zu hartem Material zu vermeiden, werde der Fachmann ein Rohlingsmaterial verwenden, das einen erhöhten Lithiummetasilicatgehalt aufweise. Das Merkmal, dass der Rohling einen „Halter“ aufweise, um ihn in einer Maschine zu befestigen, sei für den Fachmann, wie bspw. D7 belege, selbstverständlich. Auch das Merkmal, dass das Lithiumsilicatmaterial kein Lanthanoxid aufweise, führe nicht dazu, dass der beanspruchte Rohling auf erfinderischen Überlegungen beruhe, da dieses Merkmal willkürlich gewählt worden sei und mit keinerlei technischem Effekt verbunden sei.
Die Einsprechende beantragt,
unter Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin den Beschluss der Patenabteilung 43 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. November 2015 aufzuheben und das Patent vollumfänglich zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt,
unter Zurückweisung der Beschwerde der Einsprechenden den Beschluss der Patentabteilung 43 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. November 2015 aufzuheben und das Streitpatent vollumfänglich aufrechtzuerhalten,
hilfsweise das Streitpatent im Umfang einer der Hilfsanträge 1 bis 8 vom 2. Februar 2018 aufrechtzuerhalten und die Beschwerde der Einsprechenden im Übrigen zurückzuweisen,
weiter hilfsweise die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
Die Patentinhaberin verfolgt ihr Patentbegehren nach wie vor mit den erteilten Patentansprüchen 1 bis 30 gemäß Hauptantrag und weiter hilfsweise mit den Anspruchssätzen der Hilfsanträge 1 bis 9, wobei die Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 9 der im Einspruchsverfahren beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung entspricht.
Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 6 gemäß Hilfsantrag 1 lauten wie folgt:
„1. Verwendung eines Lithiumsilicatrohlings in Form eines Lithiumsilicatmaterials, das Lithiummetasilicat als eine Hauptkristallphase enthält, zur Herstellung einer dentalen Restauration, wobei der Rohling einen Halter aufweist, um ihn in einer Maschine zu befestigen, und durch maschinelle Verarbeitung zu einer gewünschten Geometrie geformt wird, um ein geformtes Lithiumsilicatprodukt zu bilden, und das geformte Lithiumsilicatprodukt einer Wärmebehandlung bei einer Temperatur von etwa 700 bis 950°C für eine Dauer von etwa 5 bis 30 min. unterworfen wird.
6. Verwendung eines Lithiumsilicatrohlings in Form eines Lithiumsilicatglases, das zur Bildung von Lithiummetasilicat geeignete Keime enthält, zur Herstellung einer dentalen Restauration, wobei der Rohling einen Halter aufweist, um ihn in einer Maschine zu befestigen, und durch maschinelle Verarbeitung zu einer gewünschten Geometrie geformt wird, um ein geformtes Lithiumsilicatprodukt zu bilden, und das geformte Lithiumsilicatprodukt einer Wärmebehandlung bei einer Temperatur von etwa 700 bis 950°C für eine Dauer von etwa 5 bis 30 min. unterworfen wird.“
In den Patentansprüchen 1 und 6 gemäß den Hilfsanträgen 2 bis 5 wurde der Temperaturbereich jeweils sukzessive auf „770 bis 950°C“, „780 bis 950°C“, „800 bis 950°C“ bzw. „820 bis 950°C“ beschränkt.
Die Patentansprüche 1 und 6 gemäß Hilfsantrag 6 sind gegenüber den Patentansprüchen 1 und 6 gemäß Hilfsantrag 5 durch die Reduktion der Wärmebehandlungsdauer auf „etwa 5 bis 20 min.“ weiter beschränkt worden.
Die Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 7 unterscheidet sich von der des Hilfsantrags 6 darin, dass Patentanspruch 6 gestrichen worden ist.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 8 weist gegenüber Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 folgendes zusätzliches Merkmal auf:
„wobei die während der Wärmebehandlung auftretende Schrumpfung kleiner als 0,5%, bezogen auf das Volumen, ist.“
Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Patentinhaberin im Wesentlichen vor, der Gegenstand der erteilten Patentansprüche gemäß Hauptantrag gehe nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus. Den ursprünglichen Unterlagen könne nicht entnommen werden, dass nur solche Lithiumsilicatrohlinge mit Lithiummetasilikat als eine Hauptphase als zur Erfindung gehörend anzusehen seien, die eine bestimmte numerische Zusammensetzung aufwiesen oder nach einem bestimmten Verfahren herstellbar seien. Vielmehr beruhten die vorteilhaften Eigenschaften der erfindungsgemäßen Glaskeramik ausdrücklich darauf, dass diese Lithiummetasilikat anstelle von Lithiumdisilikat als Hauptkristallphase aufweise. Diese allgemeine Lehre werde in der ursprünglichen Anmeldung beispielhaft mit Ausführungsbeispielen erläutert, somit ergebe sich kein Hinweis darauf, dass nur diese speziellen Zusammensetzungen bzw. Herstellungsverfahren das der Erfindung zu Grunde liegende Problem lösten.
Darüber hinaus sei der Gegenstand der erteilten Patentansprüche so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen könne. Dies gelte auch für das im erteilten Anspruch 1 definierte Lithiumsilicatmaterial, welches Lithiummetasilicat als eine Hauptkristallphase enthalte. Das Merkmal „Hauptkristallphase“ sei dabei so auszulegen, dass diese die vorherrschende und vorzugsweise die einzige Kristallphase der erfindungsgemäßen Glaskeramik darstelle und sich somit von untergeordneten Kristallphasen der Glaskeramik abgrenze. Zudem sei der im erteilten Patentanspruch 1 verwendete Begriff „Hauptkomponenten“ nicht auf solche Komponenten beschränkt, die im Vergleich zu anderen Komponenten notwendigerweise in größerer Menge vorlägen. Ausgehend von dieser Auslegung gebe das Streitpatent dem Fachmann ausreichend Informationen an die Hand, um ihn in die Lage zu versetzen, geeignete Bedingungen mittels Differentialthermoanalyse und Röntgenbeugungsanalysen für die Bildung von Lithiummetasilicat zu bestimmen. Die Verwirklichung dieses Merkmals könne der Fachmann ohne weiteres durch quantitative Kristallphasenanalyse mittels Röntgendiffraktometrie überprüfen, einem ausweislich der D3 bereits seit 1975 etablierten Verfahren. Gemäß D20 könnten die Mengen der Kristallphasen auch ohne Kenntnis der Menge der amorphen Phase ermittelt werden, indem ein interner Standard zur Bestimmung der jeweils zu quantifizierenden Kristallphase verwendet werde. Die Ausführbarkeit werde auch nicht durch die Nacharbeitungen D17 und D21B in Frage gestellt, da hier die Verfahrensparameter von Beispiel 13 der Streitpatentschrift eingehalten worden seien.
Der Gegenstand der erteilten Ansprüche des Streitpatents werde auch nicht durch den Stand der Technik vorweggenommen. Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich von der Lehre der D2 und dem genannten Ausführungsbeispiel 22 bereits darin, dass der anspruchsgemäße Rohling aus einem Lithiumsilicatmaterial bestehe, das Lithiummetasilikat als eine Hauptkristallphase aufwiese. Dagegen führten die in D2 beschriebenen Verfahren immer zu Lithiumdisilicat-Rohlingen, die aus einer Lithiumdisilicat-Glaskeramik mit geringem Kristallisationsgrad bestünden, die durch plastische Verformung oder spanende Bearbeitung in dentale Restaurationen umgewandelt würden.
Auch liege mit dem Beispiel 22 der D2 keine implizite Offenbarung einer Glaskeramik mit Lithiummetasilikat als Hauptkristallphase vor. Bei dem Herstellungsverfahren in diesem Beispiel werde weder ein eigenständiger Keimbildungsschritt durchlaufen, noch stimme das Temperatur-Zeit-Profil mit den im Streitpatent beschriebenen Bereichen überein. Des Weiteren weise die relativ niedrige 3-Punkt-Biegefestigkeit der einfach wärmebehandelten Glaskeramik-Rohlinge und deren Erhöhung nach der weiteren Wärmebehandlung nicht zwingend auf die Bildung von Lithiummetasilikat hin, geschweige denn als Hauptkristallphase, und dessen Umwandlung in Lithiumdisilikat.
Die Nacharbeitung gemäß Dokument D21A weiche von den Vorgaben des Beispiels 22 der D2 bereits darin ab, dass das Ausgangsglas nicht die in Tabelle I der D1 angegebene Zusammensetzung habe, sondern lediglich aus einer Rohstoffmischung gebildet werde, die auf Basis der Mengenangaben der in Tabelle I genannten Oxidkomponenten berechnet worden sei. Diese Vorgehensweise führe zu einer Abweichung in der geforderten Glaszusammensetzung, da einzelne Komponenten der Glasschmelze dieser durch Bildung unlöslicher Schlacken oder durch Abdampfen teilweise entzogen würden.
Die streitpatentgemäßen Lithiumsilicatrohlinge gemäß den erteilten Ansprüchen 1 und 6 beruhten zudem auf einer erfinderischen Tätigkeit. In den Entgegenhaltungen D2 und D6 werde Lithiummetasilikat nicht einmal erwähnt. D2 lehre ausdrücklich die Herstellung von Lithiumdisilikat-Glaskeramik-Rohlingen, die noch nicht vollständig kristallisiert seien. Gemäß D6 würden die Mengen an SiO2 und Li2O so gewählt, dass sie dem zur Bildung von Lithiumdisilikat erforderlichen Verhältnis entsprächen.
Einen Hinweis auf die mit Lithiummetasilikat verbundenen Vorteile bei der Herstellung dentaler Restaurationen könnten die D3 und die D4 schon deshalb nicht liefern, da sie keine dentalen Anwendungen beträfen, sondern elektrische Isolatoren, Kochgeschirr und Schutzgehäuse für Radarantennen. Aufgrund der auf diesen Gebieten anderen Anforderungen an das Lithiummaterial hätte der Fachmann diese Lehren nicht in Betracht gezogen. Zudem lehre D3 das Kristallwachstum so zu steuern, dass sich kein Lithiummetasilikat ausbilde. In der Druckschrift D4 werde darauf hingewiesen, dass anders als Lithiumdisilikat das Lithiummetasilikat keinen Vorteil im Hinblick auf die Rissausbreitung biete. Folglich würden die Aussagen der D4 den Fachmann nicht dazu veranlassen, Lithiumglaskeramiken auf Basis von Lithiummetasilicat für die Herstellung von Dentalrestaurationen, insbesondere durch maschinelle Bearbeitung, in Betracht zu ziehen.
Der Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheide sich von Beispiel 22 der D2 bereits darin, dass die Wärmebehandlung vor der Formgebung bei einer Temperatur von 700 bis 950°C für eine Dauer von 5 bis 30 min. erfolge. Eine derart schnelle Wärmebehandlung biete insbesondere Vorteile bei der angestrebten Stuhlbehandlung des Patienten. Dagegen sei die Wärmebehandlung gemäß Beispiel 22 auf eine Stunde angelegt, um eine Verformung des Gerüsts zu vermeiden. Von daher habe der Fachmann eine Verkürzung der Wärmebehandlungsdauer nicht in Betracht gezogen. Die jeweiligen Patentansprüche 1 der weiteren Hilfsanträge 2 bis 7 definierten noch engere Temperatur- und Zeitbereiche für die Wärmebehandlung und seien deshalb noch weiter von dem angeführten Stand der Technik abgegrenzt. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 8 weise gegenüber Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 bzw. 7 zusätzlich das Merkmal, dass ein Schrumpf von kleiner als 0,5% bezogen auf das Volumen nach der Wärmebehandlung auftrete, auf. Diese Eigenschaft sei in der D2 weder beschrieben, noch durch den weiter vorliegenden Stand der Technik angeregt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und wegen des Wortlauts der rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 5, 7 bis 16 und 18 bis 30 gemäß Hauptantrag, den Patentansprüchen 2 bis 5 und 7 bis 29 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 6, den Patentansprüchen 2 bis 27 gemäß Hilfsantrag 7, den Patentansprüchen 2 bis 26 gemäß Hilfsantrag 8 und den Patentansprüchen 2 bis 28 gemäß Hilfsantrag 9 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerden der Einsprechenden und der Patentinhaberin sind zulässig und führen zu dem im Tenor angegebenen Ergebnis.
1. Das Streitpatent erweist sich im Umfang der verteidigten Fassungen gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 7 als nicht patentfähig.
1.1 Das Patent betrifft einen Lithiumsilicatrohling, der einfach durch maschinelle Verarbeitung geformt und anschließend zu geformten Produkten mit hoher Festigkeit umgewandelt werden kann, und dessen Verwendung (vgl. Streitpatentschrift S. 2 [0001]). In der Streitpatentschrift wird hierzu einleitend ausgeführt, dass auf dem Gebiet der dentalen Restauration ein steigender Bedarf an Materialien besteht, die eine sogenannte Stuhlbehandlung für den Zahnarzt ermöglichen. Hierfür ist es wichtig, dass das Material innerhalb kurzer Zeit maschinell verarbeitbar ist, ohne eine übermäßige Abnutzung der hierfür eingesetzten Werkzeuge zu verursachen. Dies erfordert eine relativ niedrige Festigkeit im Stadium des zu verarbeitenden Materials und eine hohe Festigkeit der endgültigen Restauration. In der Praxis hat sich gezeigt, dass Lithiumdisilicat-Glaskeramiken zu einer erhöhten Abnutzung der Werkzeuge und langen Verarbeitungszeiten führen. Dagegen ist die maschinelle Verarbeitung von keramischen Materialien auf Basis von Al2O3 oder ZrO2 im ungesinterten Zustand mit dem Nachteil verbunden, dass die keramischen Restaurationen im Sinterschritt eine drastische Schrumpfung erleiden, so dass die geforderten Dimensionen nicht eingehalten werden (vgl. Streitpatentschrift S. 2, [0002-0008]).
1.2 Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, ein Material zur Verfügung zu stellen, welches einfach mit Hilfe computergestützter Fräs- und Schleifverfahren geformt und anschließend zu hochfesten Dentalprodukten umgewandelt werden kann, die eine reduzierte Schrumpfung während der abschließenden Umwandlung zeigen (vgl. Streitpatentschrift S. 3, [0011]).
1.3 Diese Aufgabe wird gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gelöst durch einen
1. Lithiumsilicatrohling in Form eines Lithiumsilicatmaterials,
2. das Lithiummetasilicat als eine Hauptkristallphase enthält,
3. wobei der Rohling einen Halter aufweist,
4. um ihn in einer Maschine zu befestigen.
1.4 Bei dem vorliegend zuständigen Fachmann handelt es sich um einen Diplom-Chemiker, der über eine mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der dentalen Glaskeramiken verfügt.
1.5 Vorliegend enthält der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag das Merkmal „Lithiummetasilicat als eine Hauptkristallphase“. Um den Sinngehalt und die Bedeutung dieses Merkmals verstehen zu können, wird der Fachmann zu ermitteln suchen, was mit diesem Merkmal im Hinblick auf die patentgemäße Erfindung erreicht werden soll (vgl. BGH GRUR 1999, 909 – Spannschraube).
Nach der Lehre des Streitpatents soll eine dentale Restauration aus einem Rohling hergestellt werden, der aus einem Lithiumsilicatmaterial besteht, das eine Glaskeramik darstellt (vgl. Streitpatentschrift, S. 3, [0012 und 0013]). Die Glaskeramik weist nach einer ersten Kristallisation neben dem Ausgangsglas die Kristallphasen Lithiummetasilicat, Lithiumdisilicat und Lithiumphosphat sowie Cristobalit auf, wobei allerdings nach der Lehre des Streitpatents die hochfesten Phasen Lithiumdisilicat und Lithiumphosphat sowie Cristobalit vermieden oder zumindest beschränkt werden sollen (vgl. Streitpatentschrift, S. 3, [0013], S. 7, [0039]). Nach den Patentansprüchen 2 und 3 wird das Lithiumsilicatmaterial zu 20 bis 50 Vol.-% bzw. zu 30 bis 40 Vol.-% aus Lithiummetasilicat gebildet. Damit wird jedoch nicht ausgeschlossen, dass Lithiumdisilicat als weitere Hauptkristallphase vorliegt (vgl. Streitpatentschrift, S. 17 bis 18, Tab. IV, „vorhandene Phasen nach der 1. Kristallisation“).
1.6 Hinsichtlich der Zulässigkeit der erteilten Patentansprüche 1 bis 30 gemäß Hauptantrag bestehen von Seiten des Senats keine Bedenken.
1.6.1 Der erteilte Patentanspruch 1 findet seine Offenbarung in den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 2, 11, 14, 15 und 40 i. V. m. Seite 8, dritter und vierter Absatz der Erstunterlagen. Die weiteren erteilten Patentansprüche 2 bis 30 gehen zurück auf die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 5 bis 10, 12, 13, 16, 19, 22, 25 bis 32, 35 bis 46 und auf Seite 7, erster vollständiger Absatz, Seite 20/21, übergreifender Absatz der Beschreibung der Erstunterlagen.
1.6.2 Der erteilte Patentanspruch 1 ist entgegen der Auffassung der Einsprechenden nicht das Ergebnis einer unzulässigen Erweiterung der Ursprungsoffenbarung.
Nach der von der Einsprechenden zitierten BGH-Entscheidung „Kommunikationskanal“, muss für den Fachmann die im Anspruch bezeichnete Lehre „unmittelbar und eindeutig“ als mögliche Ausführungsform der Erfindung den Ursprungsunterlagen entnehmbar sein. Das Erfordernis einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung ist dabei in einer Weise anzuwenden, die berücksichtigt, dass die Ermittlung dessen, was dem Fachmann als Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbart wird, wertenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der ursprünglichen Unterlagen vermeidet. Insoweit ist darauf abzustellen, dass das Interesse des Anmelders regelmäßig darauf gerichtet sein wird, einen möglichst breiten Schutz zu erlangen, also die Erfindung in möglichst allgemeiner Weise vorzustellen und nicht auf die aufgezeigten Anwendungsbeispiele zu beschränken. Die Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts schließt auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele mit ein. Danach ist ein „breit“ formulierter Anspruch unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung jedenfalls dann unbedenklich, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung – sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen – als zur angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist. Solche Verallgemeinerungen sind vornehmlich dann zugelassen, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet, dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen worden sind (BGH, GRUR 2014, 542 – Kommunikationskanal).
Demnach kann die Patentinhaberin zu Recht die Verwendung eines Lithiumsilicatmaterials in Form eines Rohlings zur Herstellung einer dentalen Restauration beanspruchen, der Lithiummetasilicat als Hauptkristallphase enthält. Denn in den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 14 und 15 wird allgemein ein Lithiumsilicatmaterial für einen Rohling angegeben, der zur Herstellung von dentalen Restaurationen verwendet wird. Das Rohlingsmaterial wird dabei durch ein Verfahren erhalten, welches einen Wärmebehandlungsschritt beinhaltet, bei dem eine kristalline Phase gebildet wird, die hauptsächlich Lithiummetasilicat enthält. Darüber hinaus weisen die Erstunterlagen Ausführungsbeispiele auf, die Lithiumsilicatmaterialien betreffen, die ausschließlich Lithiummetasilicat als kristalline Phase nach der ersten Kristallisation enthalten (vgl. ursprünglich eingereichte Beschreibung Tabelle IV, Beispiele 1, 3, 4, 6, 7, 9, 10 und 12 bis 18). Lithiumsilicatmaterial mit der Hauptkristallphase Lithiummetasilicat ist aufgrund seiner im Vergleich zu Lithiumdisilicat geringeren Festigkeit leichter maschinell zu einer dentalen Restauration verarbeitbar (vgl. ursprünglich eingereichte Beschreibung S. 4/5 übergr. Abs.). Deshalb ist für den Fachmann, der sich die Frage vorlegt, welche technische Lehre zur Lösung des geschilderten technischen Problems er den Anmeldeunterlagen entnehmen kann, ohne weiteres ersichtlich, dass die Erstunterlagen eine bessere maschinelle Verarbeitbarkeit des Rohlings angeben, die durch die geringere Festigkeit des Materials „Lithiummetasilicat“ bewirkt wird. Der Einwand der Einsprechenden, das streitpatentgemäße Lithiumsilicatmaterial mit Lithiummetasilicat als Hauptkristallphase würde nur für die im Streitpatent genannten Zusammensetzungen in Verbindung mit dem offenbarten Herstellungsverfahren gebildet, geht damit fehl. Denn für den Fachmann liegt es auf der Hand, dass diese allgemeine Lehre lediglich beispielhaft anhand der in den Erstunterlagen genannten Zusammensetzungen und Verfahrensweisen erläutert werden soll.
1.7 Es kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, inwiefern die von der Einsprechenden geltend gemachten Bedenken in Bezug auf die Ausführbarkeit und die Neuheit begründet sind. Der beanspruchte Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 des Hauptantrags beruht jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Ein Ausgangspunkt zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe stellt für den Fachmann die Druckschrift D2 dar, die mit der Herstellung von geformten transluzenten Lithiumdisilicat-Glaskeramik-Dentalprodukten befasst ist. Die Produkte werden aus Rohlingen hergestellt, die insbesondere durch plastische Verformung unter Druck- und Wärmeeinwirkung oder spanende Bearbeitung und anschließender Wärmeeinwirkung zu geformten transluzenten Dentalprodukten mit hoher Festigkeit verarbeitet werden (vgl. D2, Patentansprüche 1, 13, 17 und 19, S. 2, Z. 3 bis 6). Die Rohlinge werden aus einer Schmelze eines Ausgangsglases erzeugt, das 57 bis 80 Gew.-% SiO2 und 11,0 bis 19,1 Gew.-% Li2O enthält, das in der gewünschten Weise geformt und abgekühlt wird, bevor es einer Wärmebehandlung bevorzugt zwischen 400 bis 900°C unterzogen wird (vgl. D2, Patentansprüche 1 und 4). Der Kristallinitätsgrad des eingesetzten Glaskeramik-Rohlings kann an die Art der gewünschten spanenden Bearbeitung angepasst werden. Im Falle einer „chair-side“ Behandlung liegt der Glasrohling noch nicht vollständig kristallisiert vor, sondern lediglich als keimhaltiger Glasrohling oder Glaskeramikrohling mit sehr kleinen Kristallen (vgl. D2, S. 4, Z. 64 bis S. 5, Z. 7). Nach der spanenden Bearbeitung wird das geformte Glaskeramik-Produkt mindestens einer weiteren Wärmebehandlung bei 700 bis 900°C unterzogen, um eine weitere Kristallisation und damit eine Verfestigung des Glaskeramik-Produkts zu erzielen, die u. a. die Bruchfestigkeit verbessert (vgl. D2, Patentanspruch 5, S. 5, Z. 8 bis 11). Gemäß Beispiel 22 wird der Rohling einer ersten Wärmebehandlung für eine Stunde bei 650°C unterworfen, bevor er durch Fräsen mittels eines CAD/CAM-Verfahrens in die gewünschte Form der dentalen Restauration verarbeitet wird. Aufgrund der relativ geringen Festigkeit und Zähigkeit der Glaskeramik-Rohlinge ist die Verarbeitung einfach durchführbar und es treten weniger Ausbrüche auf. Zudem ist der Werkzeugverschleiß geringer. Die gefräste Restauration wird dann noch einer zweiten Wärmebehandlung bei 760°C während einer Stunde unterzogen, die zu einer weitergehenden Kristallisation und damit einer Änderung der Eigenschaften der Restauration führt (vgl. D2, S. 9 Z. 25 bis 67).
Für den Fachmann liegt es ausgehend von D2 nahe, sich auf der Suche nach verbesserten Glaskeramik-Materialien zunächst den auf dem Gebiet der dentalen Restaurationen bekannten Materialien zuzuwenden und diese auf Optimierungsmöglichkeiten hin zu überprüfen (vgl. BGH GRUR 2010, 607 – Fettsäurezusammensetzung). Zu den naheliegenden Optimierungsmöglichkeiten gehört vorliegend die Kristallinität des Rohlingsmaterials, da diese sich gemäß D2 maßgeblich auf die Verarbeitbarkeit auswirkt (vgl. D2, S. 4, Z. 57 bis S. 5, Z. 7). Für Versuche in diese Richtung bot sich, wie der Fachmann aus dem allgemeinen Fachartikel D4 erfährt, insbesondere eine Anreicherung der kristallinen Lithiummetasilicatphase an. Auf den Artikel D4, der sich mit dem Zusammenhang zwischen Festigkeit und Mikrostruktur von Lithiumdisilicat-Glaskeramiken beschäftigt (vgl. D4, S. 385 Titel, li. Sp. 1. Abs.), wird der Fachmann schon deshalb stoßen, weil er sich zunächst im Rahmen einer allgemeinen Literaturrecherche einen Überblick über die möglichen kristallinen Phasen von Lithiumsilicat-Keramiken und deren physikalischen Eigenschaften verschaffen wird. Aus der Publikation erfährt er, dass bei Wärmebehandlungstemperaturen zwischen 550 von 750°C Lithiummetasilicat, bei Temperaturen zwischen 750°C und 820°C Lithiummetasilicat neben Lithiumdisilicat und ab 820 bis 980°C ausschließlich Lithiumdisilicat gebildet wird. Mit der Bildung von Lithiumdisilicat korreliert zugleich ein sprunghafter Anstieg der Härte des Materials (vgl. D4, S. 390, spaltenübergr. Abs., Fig. 5). Nachdem aber ein zu hartes Material zu einem unerwünschten Verschleiß des Werkzeugs führt, wird sich der Fachmann somit einem Glaskeramik-Material für den Rohling zu wenden, das einen erhöhten Anteil an Lithiummetasilicat aufweist und damit gegenüber Lithiumdisilicat eine deutlich geringere Härte aufweist.
Anders als von der Patentinhaberin angenommen, hält den Fachmann die Tatsache, dass sich Risse in einer Glaskeramik mit Lithiummetasilicat gemäß D4 leicht ausbreiten (vgl. D4, S. 390 re. Sp. vorletzt. Abs., S. 391, 2. vollst. Abs.), nicht davon ab, sein Augenmerk auf ein solches Material zu richten. Denn in D4 wird auch angegeben, dass Lithiummetasilicat im Vergleich zum Ausgangsglas und Lithiumdisilicat einen größeren Expansionskoeffizienten hat, der maßgeblich für die Beständigkeit gegen Oberflächenbrüche ist (vgl. D4 S. 390/391 übergr. Abs.). Inwieweit das Material für eine abrasive Verarbeitung, wie dem Fräsen, ausreichend stabil ist, wird er dann im Rahmen von Routineversuchen ermitteln.
Im Hinblick auf das weitere Merkmal, dass der Rohling einen Halter aufweist, ist es für den Fachmann im Zusammenhang mit der Anwendung von CAD/CAM-Verfahren gemäß D2 selbstverständlich, dass der Rohling gehaltert werden muss, da es sich hierbei um automatisierte Verfahren handelt (vgl. D5 Patentansprüche 1 und 10, S. 1, Z. 5 bis 11 und 17 bis 19, S. 1/2, übergreif. Abs., S. 3, Z. 33 bis S. 4 Z. 22; vgl. D7 Patentansprüche 1 und 14, S. 1, Z. 5 bis 11). Damit beruht dieses Merkmal auch nicht auf erfinderischen Überlegungen.
Der Senat teilt die Auffassung der Patentinhaberin nicht, in D4 sei lediglich eine Musterzusammensetzung getestet worden und die Ergebnisse folglich nicht verallgemeinerbar, weil für den Erhalt von Lithiummetasilicat bzw. Lithiumdisilicat zum einen das Verhältnis von Li2O zu SiO2 und zum anderen das gewählte Temperaturprofil als maßgeblich angesehen werden müsse, wie Beispiel I-16 belege, bei dem nach einer Keimbildungsphase direkt Lithiumdisilicat erhalten werde. Gemäß den Beispielen I-4 bis I-22 aus Tabelle III, die alle einer identischen ersten Wärmebehandlung für die Keimbildung mit 645°C während einer Stunde ausgesetzt waren, wurde je nach dem gewählten Temperaturprofil der zweiten Wärmebehandlung entweder nur Lithiummetasilicat, eine Mischung von Lithiummetasilicat und Lithiumdisilicat oder nur Lithiumdisilicat erhalten (vgl. D4, S. 386 Tab. III). Aus diesen Ergebnissen wird in D4 geschlossen, dass das thermodynamisch instabile Lithiummetasilicat kinetisch bevorzugt gebildet wird und eine Zwischenphase bei der Bildung von Lithiumdisilicat darstellt (vgl. D4, S. 387, li. Sp. letzt. Abs. bis re. Sp. 2. vollst. Abs.). Der Patentinhaberin ist zwar insoweit zuzustimmen, als in D4 eine spezielle Zusammensetzung gewählt wurde, die nach der zweiten Wärmebehandlung bevorzugt nur eine einzige kristalline Phase ausbilden sollte (vgl. D4, S. 385, li. Sp. vorletzt. Abs.). Allerdings ist dem Fachmann aufgrund seines Fachwissens bekannt, dass grundsätzlich bestimmte Mengenverhältnisse von Siliciumdioxid zu Lithiumoxid einzuhalten sind, um die gewünschten Silicatkristallphasen zu erhalten (vgl. D9, S. 579 bis 581, Kap. „(ii) Lithium disilicate glass ceramics“; D12, S. 75, Fig. 2-1, S. 78 erster Spiegelpunkt). Folglich sind die Ergebnisse der D4 vor dem Hintergrund des Fachwissens verallgemeinerbar.
Nach alledem fehlt es der Verwendung nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag an der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit.
1.8 Inwieweit die Verwendung eines Lithiumsilicatmaterials nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ausführbar bzw. neu ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben, da die Lehre des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
1.8.1 Gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 ist der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 nunmehr auf die Verwendung eines Lithiumsilicatrohling gerichtet und er weist zudem folgende zusätzliche Merkmale auf:
5. zur Herstellung einer dentalen Restauration
6. durch maschinelle Verarbeitung zu einer gewünschten Geometrie geformt wird, um ein geformtes Lithiumsilicatprodukt zu bilden,
7. das geformte Lithiumsilicatprodukt einer Wärmebehandlung bei einer Temperatur von etwa 700 bis 950°C für eine Dauer von etwa 5 bis 30 min. unterworfen wird.
1.8.2 Bezüglich der ausreichenden Offenbarung des Gegenstands der Patentansprüche 1 bis 29 gemäß Hilfsantrag 1 bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale sowohl aus den Erstunterlagen (vgl. ursprünglich eingereichte Patentansprüche 1, 2, 5 bis 16, 19, 22, 25 bis 32 und 35 bis 46 i. V. m. Seite 7, erster vollständiger Absatz, Seite 20/21, übergreifender Absatz) wie auch aus der Patentschrift (vgl. Patentansprüche 1 bis 30) ableitbar sind bzw. diesen im Wortlaut entsprechen. Auch das Merkmal „Lithiummetasilicat als eine Hauptkristallphase“ in Anspruch 1 ist aus den in Abschnitt II.1.6.2 genannten Gründen den ursprünglichen Unterlagen zu entnehmen.
1.8.3 Diese zusätzlichen Merkmale führen aber nicht dazu, dass die beanspruchte Verwendung eines Lithiumsilicatrohlings auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Schließlich ist aus D2 auch die maschinelle Bearbeitung des Rohlings mittels computergesteuerter Fräsmaschinen bekannt. Die bearbeiteten Rohlinge werden in einer weiteren Wärmebehandlung bei 760°C für eine Stunde zu dentalen Restaurationen weiterverarbeitet (vgl. D2, S. 9, Z. 31 bis 34, Z. 60 bis 62 und Z. 65). Davon ausgehend liegt die beanspruchte weitere Wärmebehandlung bei 700 bis 950°C für eine Dauer von 5 bis 30 Minuten nahe. Denn bei Kenntnis des aus D2 bekannten Temperatur-Zeit-Profils, wird der Fachmann schon deshalb eine Verkürzung der Wärmebehandlungszeit in Betracht ziehen, weil nach der Lehre des Streitpatents insbesondere eine kurze Behandlung des Patienten bei einer zahnärztlichen Stuhlbehandlung maßgeblich ist. Die optimale Temperzeit wird der Fachmann dann im Rahmen von Routineversuchen bestimmen.
1.9 Inwiefern der Gegenstand des Streitpatents gemäß Patentanspruch 1 in der Fassung der Hilfsanträge 2 bis 7 ausführbar und neu ist, kann vorliegend dahin stehen, denn er hat jedenfalls auch in diesen Fassungen mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.
1.9.1 Der jeweilige Patentanspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 2 bis 7 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 darin, dass die Temperaturuntergrenze der Wärmebehandlung auf 770°C, 780°C, 800°C bzw. 820°C angehoben wird, wobei im jeweiligen Patentanspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 6 und 7 zusätzlich noch die Obergrenze der Wärmebehandlungszeit auf 20 Minuten reduziert worden ist.
1.9.2 Hinsichtlich der ausreichenden Offenbarung des Gegenstand der Patentansprüche 1 bis 29 gemäß den Hilfsanträgen 2 bis 6 und der Patentansprüche 1 bis 28 gemäß Hilfsantrag 7 bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale sowohl aus den Erstunterlagen (vgl. ursprünglich eingereichte Patentansprüche 1, 2, 5 bis 16, 19, 22, 25 bis 32 und 35 bis 46 i. V. m. Seite 7, erster vollständiger Absatz, Seite 20/21, übergreifender Absatz) wie auch aus der Patentschrift (vgl. Patentansprüche 1 bis 30) ableitbar sind bzw. diesen im Wortlaut entsprechen. Auch das Merkmal „Lithiummetasilicat als eine Hauptkristallphase“ in Anspruch 1 ist aus den in Abschnitt II.1.6.2 genannten Gründen den ursprünglichen Unterlagen zu entnehmen.
1.9.3 Durch die sukzessive Anhebung der Temperaturuntergrenze auf 770°C, 780°C, 800°C bzw. 820°C im jeweiligen Patentanspruch 1 der Hilfsanträge 2 bis 7 und die zusätzliche Reduzierung der Wärmebehandlungsdauerobergrenze auf 20 min. im Patentanspruch 1 der Hilfsanträge 6 und 7 ergibt sich aber gegenüber den im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 beanspruchten Gegenstand keine andere Sachlage, weil zum einen in D2 allgemein ein Temperaturbereich von 700 bis 900°C für die Wärmebehandlung angegeben wird (vgl. D2, S. 5, Z. 8 bis 10). Zum anderen wird der Fachmann vor dem Hintergrund, dass die streitpatentgemäßen dentalen Restaurationen insbesondere in CAD/CAM-Verfahren im Rahmen einer Stuhlbehandlung beim Zahnarzt eingesetzt werden und hierbei die Behandlungszeit eine entscheidende Rolle spielt, Maßnahmen ergreifen, die zu einer weiteren Verkürzung der Wartezeit für Patienten bis zum Einsatz der dentalen Restauration führen. Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin wird sich der Fachmann auch von dem Hinweis bei Beispiel 22 der D2, dass die Temperatur von 760°C so gewählt worden sei, dass keine Gefahr für eine Verformung des Gerüsts bestehe, nicht davon abhalten lassen, eine Temperaturerhöhung in Kombination mit einer Zeitverkürzung in Betracht zu ziehen. Denn durch die Verkürzung der Wärmebehandlungsdauer ist auch eine höhere Temperatur tolerierbar.
1.10 Das vorstehend Gesagte gilt im Übrigen auch für die nicht ausdrücklich verteidigten, nebengeordneten Patentansprüchen 6 und 17 gemäß Hauptantrag bzw. den nebengeordneten Patentanspruch 6 gemäß den Hilfsanträgen 2 bis 6, die auf einen Lithiumsilicatrohling in Form eines Lithiumsilicatglases, das zur Bildung von Lithiummetasilicat geeignete Keime enthält bzw. dessen Verwendung gerichtet sind, und dessen wesentliche Merkmale mit denen des jeweiligen Patentanspruchs 1 übereinstimmen.
1.11 Die jeweils abhängigen Patentansprüche 2 bis 5 und 7 bis 16 sowie 18 bis 30 nach Hauptantrag und die jeweils abhängigen Patentansprüche 2 bis 5 und 7 bis 29 nach Hilfsantrag 1 bis 6, sowie die jeweils abhängigen Patentansprüche 2 bis 27 gemäß Hilfsantrag 7 beschreiben weitere Ausführungsformen des Lithiumsilicatrohlings bzw. dessen Verwendung nach dem jeweiligen Patentanspruch 1, 6 bzw. 17, für die ein eigener erfinderischer Überschuss seitens des Senats nicht erkennbar ist und auch von der Patentinhaberin nicht geltend gemacht wurde. Sie teilen daher das Schicksal der jeweiligen Verwendungsansprüche 1, 6 bzw. 17.
2. Im Umfang der Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 8 erweist sich das Streitpatent dagegen als bestandsfähig.
2.1 Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 8 unterscheidet vom Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 dadurch, dass zusätzlich das Merkmal „wobei die während der Wärmebehandlung auftretende Schrumpfung kleiner als 0,5%, bezogen auf das Volumen ist“ aufgenommen worden ist.
2.2 Bezüglich der ausreichenden Offenbarung des Gegenstands der Patentansprüche 1 bis 27 gemäß Hilfsantrag 8 bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale sowohl aus den Erstunterlagen (vgl. ursprünglich eingereichte Patentansprüche 1, 2, 5 bis 16, 22, 23, 24, 26 bis 29, 31, 35 bis 46 und ursprünglich eingereichte Beschreibung S. 7, erster vollst. Abs.) als auch aus der Patentschrift (vgl. Patentansprüche 1 bis 5, 7 bis 18, 20 bis 25 und 27 bis 20) ableitbar sind. Das Merkmal „Lithiummetasilicat als eine Hauptkristallphase“ in Patentanspruch 1 ist dabei aus den in Abschnitt II.1.6.2 genannten Gründen den ursprünglichen Unterlagen zu entnehmen.
Der Einwand der Einsprechenden, dass ein Schrumpf von kleiner 0,5% ein aufgabenhaftes Merkmal darstelle, welches nicht zulässig sei, vermag nicht zu überzeugen. Denn bei diesem Merkmal handelt es sich um eine Stoffeigenschaft des Lithiumsilicatmaterials, die sich aufgrund der gewählten Zusammensetzung und der angewendeten Verfahrensparameter ergibt (vgl. hierzu auch Benkard/Schäfers, PatG, 11. Aufl., § 34, Rn. 52). Folglich wird mit diesem Merkmal nicht die Aufgabe des Streitpatents umschrieben, sondern ein Lithiumsilicatrohling beansprucht, der die Eigenschaft hat, bei der finalen Wärmebehandlung weniger als 0,5% bezogen auf das Volumen zu schrumpfen.
2.3 Die Verwendung gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 8 ist auch so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
Für einen ausreichenden Umfang der Ausführbarkeit muss eine Erfindung nicht buchstabengetreu realisierbar sein. Eine ausreichende Offenbarung ist vielmehr auch dann gegeben, wenn ein Fachmann das erfindungsgemäße Ziel anhand der Offenbarung zuverlässig in praktisch ausreichendem Maße mit zumutbarem Aufwand erfolgreich herbeiführen kann (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 10. Aufl., § 34, Rdn. 350, m. w. N.). Zur Erzielung des streitpatentgemäßen Ergebnisses, nämlich einen Rohling aus einem Lithiumsilicatmaterial bereitzustellen, das als Hauptkristallphase Lithiummetasilicat aufweist, werden dem Fachmann durch das Streitpatent ausreichend Informationen gegeben, um ein solchen Rohling in die Hand zu bekommen.
Ausgehend von den Anfangskomponenten SiO2, Li2O, K2O, Al2O3 und P2O5 wird ein Ausgangsglas mit diesen Hauptkomponenten in Schritt a) hergestellt, wobei unter dem Begriff „Hauptkomponenten“ laut Streitpatent die zwingend für die Herstellung der Glasschmelze erforderlichen Ausgangskomponenten zu verstehen sind (vgl. Streitpatentschrift S. 3, [0014] i. V. m. S. 3/4 [0015], S. 10 [0078]). Die einzusetzenden Mengen der Ausgangskomponenten erfährt der Fachmann aus der Beschreibung und aus den Ausführungsbeispielen (vgl. Streitpatentschrift S. 3, [0014], S. 15/16, Tab. III, Beispiele 1 bis 18). Im Hinblick auf die Abkühlung der Ausgangsglasschmelze auf Raumtemperatur in Schritt b) kann der Fachmann der Streitpatentschrift entnehmen, dass die Abkühlung auf Raumtemperatur in kontrollierter Weise durchgeführt wird, um eine Entspannung zu gestatten. Die kontrollierte Abkühlung, wird durch Eingießen der Schmelze in bspw. auf 300 bzw. 400°C erwärmte Formen und einer langsamen Abkühlung in einem Ofen bewirkt (vgl. Streitpatentschrift S. 6, [0033 und 0034], S. 10, [0079]). Unter dem Begriff „Raumtemperatur“ versteht der Fachmann eine Temperatur von ca. 20°C (vgl. gutachterlich Römpp-Lexikon Chemie, 1999, 9. Aufl., Georg Thieme Verlag, Stuttgart, Stichwort „Zimmertemperatur (Raumtemperatur)“). Für die erste und zweite Erwärmung nach den Schritten c) und d) erhält der Fachmann wiederum aus der Beschreibung und insbesondere in den Ausführungsbeispielen präzise Temperaturbereiche und Zeitfenster, die für die Keimbildung in Schritt c) und für die Kristallisation in Schritt d) einzuhalten sind, damit ein Lithiumsilicatmaterial mit Lithiummetasilicat als einer Hauptkristallphase erhalten wird. Für die Keimbildung werden Temperaturen von 450 bis 550°C für eine Dauer von 5 min. bis 1 Std. und für die Kristallisation Temperaturen von 600 bis 700°C für eine Dauer von 10 bis 30 min. angegeben (vgl. Streitpatentschrift, S. 6, [0035–0037]). Ferner wird in der Streitpatentschrift ein beispielhaftes Temperaturzeitprofil für die Schritte a) bis d) benannt (vgl. Streitpatentschrift, Fig. 1). Bei Einhaltung der zuvor genannten Verfahrensparameter zeigt das Lithiumsilicatmaterial des Rohling nur einen Schrumpf von 0,2 bis 0,3% bezogen auf das Volumen (vgl. Streitpatentschrift, S. 8, [0050]). Somit werden dem Fachmann ausreichend Verfahrensparameter vorgegeben, die es ihm erlauben, einen Rohling mit einem Lithiumsilicatmaterial bereitzustellen, das Lithiummetasilicat als eine Hauptkristallphase enthält.
Folglich bedarf es – entgegen der Ansicht der Einsprechenden – keines Forschungsprojekts zur Ermittlung geeigneter Zusammensetzungen und Temperatur-Zeit-Profile, um die patentgemäßen Rohlinge in die Hand zu bekommen. Aufgrund der vorgegebenen Daten übersteigen die hierfür erforderlichen Versuche keinesfalls eine übliche Optimierungstätigkeit, wie sie dem Fachmann im Rahmen seiner Routinetätigkeit zumutbar sind (vgl. hierzu Schulte/Moufang, PatG, 10. Aufl. § 34, Rn. 355, 358b) i. V. m. 414). Die von der Einsprechenden vorgelegte Nacharbeitungen des Beispiels 13 des Streitpatents gemäß dem Anlagenkonvoluten D11 sind schon deshalb nicht dazu geeignet, dies in Frage zu stellen, weil die Nacharbeitung D11 bereits in der Glasherstellung von den Vorgaben des Beispiel 13 der Streitpatents abweicht. Dagegen hält die Nacharbeitung D21-A die Verfahrensbedingungen gemäß Beispiel 13 korrekt ein, wobei eine Glaskeramik mit 27,5 Gew.-% Lithiumdisilicat und 6,7 Gew.-% Lithiummetasilicat als einzige detektierbare Kristallphasen erhalten wurde. Damit liegt zwar eine Glaskeramik vor, die Lithiummetasilicat in einer gegenüber Lithiumdisilicat deutlich untergeordneten Menge enthält, jedoch führt dieses Ergebnis nicht dazu, dass die Ausführbarkeit nicht gegeben ist. Der nacharbeitende Fachmann kann ohne besondere Schwierigkeiten unter Anwendung der XRD-Analyse die untauglichen Lithiumsilicatmaterial-Varianten herausfinden, welche Lithiummetasilicat nicht als eine Hauptphase aufweisen und wird diese selbstverständlich ausklammern (vgl. GRUR 1991, 518 – Polyesterfäden).
Das Streitpatent vermittelt dem fachmännischen Leser damit so viel an technischer Information, dass er mit seinem Fachwissen und seinem Fachkönnen in der Lage ist, die Erfindung erfolgreich auszuführen.
2.4 Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 8 ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu. Keiner der genannten Entgegenhaltungen kann die Verwendung eines Rohlings aus Lithiumsilicatmaterial für die Herstellung einer dentalen Restauration entnommen werden, dessen Material eine Schrumpfung von kleiner als 0,5%, bezogen auf das Volumen aufweist.
In der Druckschrift D2 werden zwar Lithiumsilicatmaterialien offenbart, aus denen Rohlinge für die Herstellung von dentalen Restaurationen gefertigt werden (vgl. D2, Patentansprüche 1, 13, 17 und 19), allerdings wird in der D2 nicht beschrieben, dass die verwendeten Materialien einen Schrumpfung von kleiner als 0,5%, bezogen auf das Volumen aufweisen.
Die von der Einsprechenden vorgelegten Nacharbeitungen D11 und D21-A des Beispiels 22 der D2 sind schon deshalb nicht dazu geeignet die Neuheit der beanspruchten Verwendung in Frage zu stellen, weil bei beiden Nacharbeitungen der Schrumpf nicht bestimmt worden ist. Das Argument im Hinblick auf D21-A, dass aufgrund der Dichteerhöhung beim Übergang von Lithiummetasilicat zu Lithiumdisilicat zwangsläufig kein Schrumpf auftrete, kann nicht überzeugen. Denn die finale Wärmewärmebehandlung führt zu einer weitergehenden Kristallisation (vgl. D2, S. 9, Z. 66 bis 68), bei der nicht nur Lithiummetasilicat in Lithiumdisilicat umgewandelt wird, sondern auch das in der Glaskeramik zum überwiegenden Anteil vorliegende amorphe Glas kristallisiert. Aufgrund der komplexen Kristallisationsvorgänge, die jeweils mit Dichteunterschieden verknüpft sind, kann ohne experimentelle Bestimmung der Volumenänderung vor und nach der finalen Wärmebehandlung keine valide Aussage zum Schrumpf der Materialien getroffen werden.
Die D6 beschreibt eine mit P2O5-gekeimte Lithiumsilicat-Glaskeramik, die für die Herstellung von dentalen Restaurationen verwendet wird (vgl. D6 Patentansprüche 1 bis 4, Sp. 1, Z. 5 bis 7). Angaben zur Schrumpfung der Materialien können D6 aber nicht entnommen werden.
Die Entgegenhaltung D8 gibt ein Verfahren zur Herstellung von dentalen Restaurationen auf Basis von Lithiumdisilicat-Glaskeramiken an. Ausgehend von den Komponenten SiO2, Li2O, K2O, Al2O3 und P2O5 wird bei Temperaturen von 1200 bis 1600°C zunächst ein Ausgangsglas erzeugt, aus dem ein Rohling geformt wird, der bei Temperaturen von 300 bis 600°C für 15 Minuten bis 8 Stunden wärmebehandelt wird. Der Rohling wird im Anschluss einer oder mehreren Wärmebehandlungen zwischen 400 bis 1100°C unterworfen, um eine Disilicat-Glaskeramik zu erhalten (vgl. D8, Patentansprüche 1, 5 bis 11 und 16, S. 3, Tabelle 1, S. 7, Tabelle 5). Der Disilicatrohling wird im Anschluss zu einer dentalen Restauration weiterverarbeitet (vgl. D8, Patentanspruch 12, S. 4, [0036]). Angaben zur Schrumpfung des Materials werden in D8 aber nicht gemacht.
Das Dokument D13 beschreibt dentale Restaurationen, die aus einer Glaskeramik geformt werden, die sich während der Wärmebehandlung nicht verformt und die eine Zusammensetzung basierend auf SiO2, Li2O, K2O, Al2O3 und P2O5 enthält (vgl. D13, Patentansprüche 1 und 4, S. 3, [0054], S. 16, Bsp. 26 i. V. m. S. 7, Tabelle IV). Die Herstellung der dentalen Restauration erfolgt gemäß Beispiel 26 durch Heißpressen (vgl. D13, S. 16, Bsp. 26 i. V. m. S. 9, [0155] bis S. 10, [0162], S. 11/12 Bsp. 6). Im Anschluss wird das dentale Produkt gemäß folgendem Temperatur-Zeit-Profil wärmebehandelt (vgl. D13, S. 16, Tabelle VIII):
Somit liegt nach den ersten zwei Wärmebehandlungsschritten zwar ein Lithiumsilicatrohlings vor, allerdings kann D13 entnommen werden, dass das Material etwa 3% Schrumpf aufweist (vgl. D13, S. 9 [0142]).
Auch in keiner der sonstigen, dem Senat vorliegenden Entgegenhaltungen wird die patentgemäße Verwendung eines Lithiumsilicatmaterials in allen beanspruchten Einzelheiten beschrieben.
2.5 Die Verwendung eines Lithiumsilicatmaterials gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 8 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2.5.1 Ein möglicher Ausgangspunkt zur Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe stellt die Lehre der D2 dar. Aus D2 ist dem Fachmann ein Verfahren zur Herstellung von geformten transluzenten Lithiumdisilicat-Glaskeramik-Produkten für dentale Restaurationen bekannt, das von einer Schmelze eines Ausgangsglases basierend auf den folgenden Komponenten
ausgeht (vgl. D2, Patentanspruch 1). Als weitere Ausgangskomponenten können u. a. noch P2O5 und K2O eingesetzt werden (vgl. D2, Patentanspruch 9). Die Schmelze des Ausgangsglases wird in der gewünschten Weise geformt und abgekühlt. Im Anschluss wird das geformte Glasprodukt mindestens einer Wärmebehandlung im Temperaturbereich von 400 bis 1100°C unterzogen, um ein als Rohling geformtes Glaskeramik-Produkt zu erhalten (vgl. D2, Patentansprüche 1 und 13). Die Glaskeramikprodukte zeichnen sich durch einen geringen Kristallisationsgrad aus, der eine einfache maschinelle Bearbeitung der Rohlinge erlaubt. Durch einer abschließende Wärmebehandlung werden die bearbeiteten Rohlinge zu hochfestem Lithiumdisilicat-Glaskeramik-Produkten gewünschter Geometrie umgewandelt (vgl. D2, Patentansprüche 2 bis 6, S. 2, Z. 50 bis 56, S. 4, Z. 64 bis S. 5, Z. 11). Glaskeramiken mit diesen Eigenschaften wecken zweifelsohne das Interesse des Fachmanns, der auf der Suche nach leichtformbaren Glaskeramikmaterialien ist, allerdings unterscheidet sich der Lithiumsilicatrohling gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 von dem Rohling der D2 darin, dass er zum einen keinen Halter aufweist und zum anderen darin, dass er im bearbeiteten Zustand während der abschließenden Wärmebehandlung keine Schrumpfung kleiner als 0,5%, bezogen auf das Volumen zeigt.
Der Einwand der Einsprechenden, dass sich ein Schrumpf von kleiner 0,5% zwangsläufig aufgrund der identischen Verfahrensparameter bei D2 ergebe, vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil es Beispiel 22 an einem Keimbildungsschritt mangelt und die Behandlungsdauer während der finalen Wärmebehandlung mit einer Stunde deutlich länger als die beanspruchten 5 bis 20 min. ist, so dass die Verfahrensbedingungen nicht identisch sind.
Auch eine Zusammenschau der D2 mit der D10 oder der D13 führt nicht zu einem Naheliegen des Streitgegenstands. Die D10 betrifft ein Zahnrestaurierungsmittel auf Basis Lithiumsilicatmaterialien, bei denen die während der Kristallisation auftretende Schrumpfung durch geeignete Einstellung des Flüssigkeits- zu Pulver-Verhältnisses der Einlage kompensiert wird (vgl. D10, Patentansprüche 1 und 20, S. 23/24 übergr. Abs.). Eine entsprechende Kompensation der Schrumpfung wird auch in D13 vorgeschlagen, die hierfür eine überdimensionierte Form vorsieht, um der 3%igen Schrumpfung des Lithiumsilicatmaterials bei der Wärmebehandlung zu begegnen, die bei der Herstellung der dentalen Restaurationen auftritt (vgl. D13, Patentanspruch 1, S. 9 [0142-0143]). Damit erhält der Fachmann aber keine Hinweise, wie durch geeignete Wahl der Zusammensetzung und der Verfahrensparameter der Schrumpf von vorneherein vermieden werden kann.
2.5.2 Auch ausgehend von der D4 gelangt der Fachmann nicht zu einer Verwendung eines Rohlings zur Herstellung von dentalen Restaurationen, der einen Halter aufweist und aus einem Lithiumsilicatmaterial besteht, das als Hauptkristallphase Lithiummetasilicat enthält und das während der abschließenden Wärmebehandlung eine Schrumpfung von kleiner 0,5%, bezogen auf das Volumen zeigt. Denn bei der Entgegenhaltung D4 handelt es sich um eine wissenschaftliche Publikation, die den Zusammenhang zwischen Festigkeit und Mikrostruktur von Lithiumdisilicat-Glaskeramiken betrachtet. Der Artikel hat aber keinerlei Bezug zu dentalen Restaurationen (vgl. D4, S. 385, Titel, li. Sp. Abs. 1). Damit mögen aus D4 zwar Glaskeramiken mit Lithiummetasilicat als Hauptkristallphase bekannt sein, die aus einer Ausgangsschmelze umfassend SiO2, Al2O3, Li2O, K2O und P2O5 durch eine entsprechende zweistufige Temperaturbehandlung bei niedrigen Wachstumstemperaturen erhalten werden (vgl. D4, S. 385, Tab. I und S. 386, Tab. III, Einträge I-3 bis I-6, I-8, I-9, S. 390, Fig. 5). Diese Druckschrift bietet dem Fachmann jedoch keinen Anlass, solche Materialien für Rohlinge bei dentalen Restaurationen in Erwägung zu ziehen.
Der fehlende Anlass kann auch nicht durch die Berücksichtigung der Druckschrift D9 vermittelt werden, die Lithiumdisilicat-Glaskeramiken für dentale Restaurationen betrifft. Der D9 kann der Fachmann zwar entnehmen, dass die Glaskeramik über die Zwischenphase Lithiummetasilicat zur Disilicat-Glaskeramik kristallisiert (vgl. D9, S. 579 bis 581, Abs. „(ii) Lithium disilicate glass ceramic“). Jedoch finden sich in D9 keine Hinweise dahingehend, dass das Lithiumsilicatmaterial bei dieser Kristallisation eine Schrumpfung von kleiner 0,5% bezogen auf das Volumen zeigt. Darüber hinaus erfolgt in D9 die Formgebung der Rohlinge durch Heißpressen, einem Bearbeitungsverfahren, das keinen Halter für den Rohling erfordert. Somit wird der Fachmann nicht dazu angeregt, einen Rohling mit einem Halter in Betracht zu ziehen, der aus einem Lithiumsilicatmaterial besteht, dass eine Schrumpfung von kleiner 0,5% bezogen auf das Volumen bei der abschließenden Wärmebehandlung zeigt, welche zur Erzeugung der Disilicat-Kristallphase dient. Folglich wird der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 8 durch die Kombination der Druckschriften D4 mit D9 nicht nahe gelegt.
2.5.3 Ebenso stellt die D8 keinen weiteren möglichen Ausgangspunkt dar. Aus D8 sind dem Fachmann zwar Lithiumsilicatmaterialien für Rohlinge bekannt, die sich zur Herstellung von dentalen Restaurationen eignen (vgl. D8, Patentansprüche 1 bis 4 und 16). Für die Herstellung der Rohlinge wird dabei eine Schmelze eines Ausgangsglases, das auf den essentiellen Komponenten SiO2, Al2O3, Li2O, K2O und P2O5 basiert, in eine Form gegossen bzw. pelletiert (vgl. D8, Patentanspruch 17, S. 2, [0022], S. 3, [0027], S. 3/4, [0031], S. 4, [0033]). Im Anschluss werden die Rohlinge einer zweistufigen Wärmebehandlung unterzogen, wobei in der ersten bei Temperaturen zwischen 450 bis 700°C die Keimbildung und in der zweiten Stufe bei Temperaturen zwischen 800 bis 1200°C die Kristallisation stattfinden (vgl. D8, Patentansprüche 9 und 10). Allerdings bestehen die wärmebehandelten Rohlinge aus einer Glaskeramik, die aus einer Glasmatrix und Lithiumdisilicat gebildet wird. Laut der Lehre der D8 werden die besten Materialeigenschaften mit einer Glaskeramik erhalten, die nahezu kein Lithiummetasilicat in der Glaskeramik aufweist. Die Rohlinge werden durch Heißpressen oder maschinelle Verarbeitung zur gewünschten Geometrie der dentalen Restauration geformt (vgl. D8, S. 3, [0029], S. 3/4, [0031], S. 4, [0037]). Diese Informationen veranlassen den Fachmann aber nicht dazu eine dahingehende stoffliche Veränderung im Lithiumsilicatmaterial des Rohlings der D8 vorzunehmen, dass dieses als Hauptkristallphase Lithiummetasilicat enthält und eine Schrumpfung von kleiner 0,5% bezogen auf Volumen während der Wärmebehandlung, die zu Lithiumdisilicat führt, zeigt.
2.5.4 Die Entgegenhaltung D6 wird der Fachmann zur Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe ebenfalls nicht als Ausgangspunkt in Betracht ziehen, weil in D6 dentale Restaurationen bestehend aus einer Lithiumdisilicat-Glaskeramik angegeben werden, die dadurch erhalten werden, dass ein Ausgangsglas vor Temperung in die Form der Restauration gegossen wird. Zudem enthalten die Ausgangsgläser kein Kaliumoxid (vgl. D6, Patentansprüche 1 bis 4, Sp. 1, Tabelle, Einträge zu „Preferred Mole %“, Sp. 2, Z. 32 bis 38, Sp. 2, Z. 48 bis 51, Sp. 3, Tab. I, Beispiel 1). Zu keiner anderen Sichtweise führt die Berücksichtigung des in D6 angegebenen Kontrollbeispiels 3, dessen Ausgangsglas Kaliumoxid enthält, damit es weicher und entspannter ist (vgl. D6, Sp. 3, Tab. I und Z. 45 bis 47). Das Ausgangsglas gemäß Kontrollbeispiel 3 wird zunächst in eine Form gegossen und dann einer dreistufigen Wärmebehandlung bei 500°C, 550°C und 740°C unterzogen, so dass aufgrund des Temperaturprofils davon ausgegangen werden muss, dass auch diese Glaskeramik Lithiumdisilicat enthält (vgl. D6, Sp. 4, Tab. III, „Control 3“). Folglich kann die D6 dem Fachmann keine Anregung dahingehend vermitteln, eine Formung des Rohlings nach der zweiten Wärmebehandlung in Betracht zu ziehen.
2.5.6 Auch die Druckschrift D16 stellt keinen geeigneten Ausgangspunkt dar. Denn die Lehre der D16 betrifft die Bereitstellung von Glaskeramiken für Halbleiter (vgl. D16, Sp. 2, Z. 47 bis Sp. 3, Z. 14) und liegt damit auf einem völlig anderen technischen Fachgebiet, das der Fachmann nicht als Ausgangspunkt für seine Überlegungen in Erwägung gezogen hätte.
2.5.7 Folglich konnte der Fachmann weder ausgehend von D2 bzw. D4 selbst unter Berücksichtigung der Druckschriften D8, noch ausgehend von D6, D8 oder D16 zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 8 gelangen.
2.5.8 Die weiteren dem Senat vorliegenden Druckschriften enthalten ebenfalls keine Anhaltpunkte, welche die Patenfähigkeit der Verwendung gemäß Anspruch 1 in der durch den angefochtenen Beschluss aufrechterhaltenen Fassung in Frage stellen könnten.
2.6 Gleichfalls patentfähig sind die Verwendungen gemäß den Patentansprüchen 2 bis 26, die weitere Ausführungsformen der Verwendung nach Patentanspruch 1 betreffen.