Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 26.06.2015


BPatG 26.06.2015 - 14 W (pat) 2/11

Patentbeschwerdeverfahren – "Verfahren zum Testen der Aktivität einer möglichen wirksamen Substanz, die die enzymatische Aktivität der Phopholipase A2 hemmen kann" – zur Ausführbarkeit einer Erfindung – einzelne Ausführungsformen sind nicht ausführbar


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsdatum:
26.06.2015
Aktenzeichen:
14 W (pat) 2/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 103 62 194.6 - 44

hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw, der Richterin Hartlieb, des Richters Dr. Jäger sowie der Richterin Dr. Wagner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Mit Beschluss vom 7. Juli 2010 hat die Patentabteilung 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes das Patent 103 62 194 mit der Bezeichnung

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"Verfahren zum Testen der Aktivität einer möglichen wirksamen Substanz,

3

die die enzymatische Aktivität der Phopholipase A2 hemmen kann"

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beschränkt aufrechterhalten.

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Dem Beschluss liegen die am 2. Juli 2010 als Hilfsantrag 1 eingereichten und in der Anhörung vor der Patentabteilung am 7. Juli 2010 zum Hauptantrag gemachten Patentansprüche 1 bis 7 zugrunde, von denen die nebengeordneten Patentansprüche 1, 2, 4 und 6 wie folgt lauten:

Abbildung

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Die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents ist im Wesentlichen damit begründet, dass der Streitgegenstand neu sei gegenüber den Entgegenhaltungen

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E1 Quench TTM; Produktinformation von Centerchem, Copyright 2006

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E2 WO 00/15179 A2 und

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E3 WO 02/30387 A2.

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Entgegen der Auffassung der Einsprechenden stelle die Beschränkung des Wirkstoffs, welcher gemäß Hauptanspruch zur Herstellung einer kosmetischen bzw. pharmazeutischen Zusammensetzung ausgewählt wird, auf Substanzen mit Phospholipase A2 (= PLA2) hemmender Aktivität kein unzulässiges, weil auf die Entdeckung eines Wirkungsmechanismus und nicht auf eine Erfindung gerichtetes Merkmal, dar. Dieses Merkmal diene ausschließlich der Abgrenzung des Gegenstands gemäß Streitpatent gegenüber den Extrakten des Standes der Technik ab. Diese Charakterisierung sei zulässig, da der Anspruch auf eine unbekannte Menge an wirksamen Substanzen gerichtet sei. Die E1 sei nachveröffentlicht und komme daher als Stand der Technik nicht in Frage. Die E2 zeige keine Methode zur Gewinnung des offenbarten Guarana-Extrakts auf und der Bezug auf E1 lasse nicht einen gutachterlichen Nachweis des Extraktionsverfahrens zu, da nicht sichergestellt sei, dass sich sowohl die Zusammensetzung als auch der Weg der Gewinnung von Quench TTM im Laufe der Jahre geändert habe. Die E3 schließlich beschreibe zwar einen Guarana enthaltenden Extrakt. Dieser besitze jedoch keine PLA2 inhibierende Wirkung. Weiterhin beruhe der Streitgegenstand auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, da der Fachmann keine Veranlassung gehabt habe, eine Kombination der Entgegenhaltungen E2 und

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E4 Bernard, P. et al., “Ethnopharmacology and bioinformatic combination for leads discovery: application to phospholipase A2 inhibitors”, Phytochemistry 2001, 58, 865 bis 874

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in Betracht zu ziehen. Zum einen offenbare die E2 nicht, dass der dort beschriebene Guarana-Extrakt eine inhibierende Wirkung auf die PLA2-Aktivität besitze. Zum anderen untersuche die E4, eine ethnopharmakologische Studie zur Überprüfung von Extrakten ausgewählter Pflanzen auf ihre PLA2 inhibierende Wirkung mit dem Ziel der Isolierung des für diese Wirkung verantwortlichen Wirkstoffs, keinen Guarana-Extrakt. Zudem gelange man auch bei einer Kombination dieser beiden Entgegenhaltungen nicht zum Streitgegenstand, da weder eine PLA2 inhibierende Wirksamkeit des Guarana-Extrakts noch das streitpatentgemäße Extraktionsverfahren nahe gelegt werde. Schließlich sei der Streitgegenstand ausführbar, da die Beschreibung zur Auslegung des Gegenstandes der Patentansprüche heranzuziehen sei.

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Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden. Sie macht geltend, der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 sei nicht ausführbar, da gemäß den Ergebnissen in der Tabelle 2 des Streitpatents Zubereitungen umfassend 1% Sonnenblumenextrakt keine Hemmung der enzymatischen Aktivität der Phospholipase A2 zeigten und der Fachmann daher den Anteil an Sonnenblumenextrakt um einen nicht offenbarten Anteil erhöhen müsse, um die anspruchsgemäß geforderte signifikante Hemmung zu erreichen. Es fehle daher an einer so deutlichen und vollständigen Offenbarung, dass ein Fachmann den Streitgegenstand ausführen könne. Weiterhin mache die neu entdeckte technische Wirkung der Hemmung der enzymatischen Aktivität von Phospholipase A2 vom Typ I und/oder Typ II die Verwendung eines bekannten Stoffes für einen bekannten nicht medizinischen - vorliegend kosmetischen - Zweck nicht neu, wenn die neu entdeckte technische Wirkung der bekannten Verwendung bereits zu Grunde liege. So sei die Verwendung von Guarana Extrakten als Kosmetikum mit anti-irritativen Eigenschaften aus den Druckschriften E1, E2 und E3 bekannt, wobei durch die Erklärung des technischen Direktors der Firma Centerchem gemäß

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E9 Erklärung von R. E. Lewis, Director Technical & Regulatory Affairs, Centerchem Inc. vom 16. November 2010

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nachgewiesen werde, dass E1 Stand der Technik zum Prioritätstag gewesen sei, und zudem zu beachten sei, dass im Streitpatent anspruchsgemäß die Extrakte nicht näher gekennzeichnet seien. Schließlich stelle auch die neu im Beschwerdeverfahren vorgelegte Druckschrift

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E10 JP 2001-348338 A, deutsche Übersetzung

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neuheitsschädlichen Stand der Technik dar. E10 offenbare die Verwendung eines ethanolischen Extrakts von Pueraria lobata zur Herstellung einer kosmetischen Zubereitung zur Verhinderung von Alterserscheinungen, wie der Verminderung der Elastizität der Haut, Faltenbildung und Stress, d. h. auch allgemein die Reduzierung von Reizungen und/oder Entzündungen von Hautgewebe. Ausgehend von E10 beruhe der Streitgegenstand auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Denn die aus E10 bekannte Verwendung eines Extrakts von Pueraria lobata für eine kosmetische Zubereitung zur Linderung der Hautreizung unterscheide sich von der angegriffenen Verwendung nur in der fehlenden PLA2-Hemmung. Es gehöre aber zur Routinetätigkeit des Fachmanns das Extraktionsverfahren zu variieren, um - wie auch im Streitpatent - weitere Zubereitungen zur Linderung der Hautreizung bereitzustellen. Dabei erhalte er dann auch PLA2-hemmende Extrakte, wenn er dabei das streitpatentgemäße Extraktionsverfahren auswähle. Auch die Kombination der Druckschriften E4 und E2 bzw. E3 lege den Streitgegenstand nahe. Aus der E4 wisse der Fachmann, dass die PLA2-Hemmung ein wichtiger Aspekt in der anti-inflammatorischen Wirkung eines Pflanzenextrakts sei. Weiterhin seien dem Fachmann aus E2 oder E3 Guarana-Extrakte als anti-irritative und die Zellerneuerung der Haut fördernde kosmetische Wirkstoffe bekannt. Es sei daher nur eine nicht patentfähige Entdeckung, dass Guarana-Extrakte PLA2-hemmende Wirkung besäßen.

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Die Einsprechende beantragt,

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den Beschluss der Patentabteilung 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Juli 2010 aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

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Die Patentinhaberin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in der von der Patentabteilung beschränkten Fassung aufrecht zu erhalten,

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hilfsweise das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:

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Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag 1,

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Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag 2,

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Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag 3,

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jeweils eingereicht mit Schriftsatz vom 29. Januar 2015,

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übrige Unterlagen jeweils gemäß Hauptantrag.

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Die Patentinhaberin argumentiert, dass die Broschüre E1 und das Produkt mit dem Markennamen "Quench TTM" kein am Anmeldetag des Streitpatents öffentlich zugänglicher Stand der Technik war, so dass E1 auch nicht den Streitgegenstand neuheitsschädlich vorwegnehmen könne. Die Druckschriften E2, E3 und E10 offenbarten keine Hemmung der Phospholipase A2, die aber ein für die streitpatentgemäße Erfindung erforderliches funktionelles Merkmal sei. Die neu im Beschwerdeverfahren eingeführte Druckschrift E10 betreffe ein spezielles Trennverfahren, welches sich von dem streitpatentgemäßen Extraktionsverfahren unterscheide, so dass die Extrakte auch nicht zwangsläufig die gleichen Inhaltsstoffe besäßen. Zudem gehe aus der E10 nicht unmittelbar und eindeutig eine Reduktion von Reizungen und/oder Entzündungen hervor. Aus diesen Gründen könne die Lehre der E10 die streitpatentgemäßen Verwendungen und Verfahren auch nicht nahe legen. Zudem lag es weder nahe, die Entgegenhaltungen E2 bzw. E3 und E4 zu kombinieren, noch führe die Zusammenschau der in diesen Druckschriften beschriebenen Gegenstände zum Streitgegenstand. Die E2 und E3 gäben zwar einen Guarana-Extrakt an, von dem aber keine Wirksamkeit auf die Aktivität der PLA2 und keine über deren Inhibierung erzielte anti-inflammatorische Wirkung beschrieben werde. Die E4 untersuche die PLA2 inhibierende Wirkung von Extrakten ausgewählter Pflanzen, zu denen aber kein Guarana-Extrakt zähle. Der Streitgegenstand sei auch ausführbar, da Tabelle 2 des Streitpatents mehrere Extrakte aufzeige, die sowohl in reiner Form als auch in einer 1%igen Konzentration PLA2 hemmten, zumal nach der Rechtsprechung des BGHs funktionelle Merkmale in Ansprüchen nicht schon dann hinsichtlich der Ausführbarkeit zu beanstanden seien, wenn eine funktionelle Eignung der beanspruchten Stoffe für bestimmte Ausführungsformen nicht gegeben sei. Im Übrigen bestreitet die Patentinhaberin, dass der Widerrufsgrund der mangelnden Ausführbarkeit überhaupt Gegenstand des Einspruchsverfahrens gewesen sei.

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Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der nachgeordneten Patentansprüche 3, 5 und 7 gemäß Hauptantrag und der Patentansprüche 1 bis 7 nach den Hilfsanträgen wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II

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1. Die Beschwerde der Einsprechenden ist zulässig (§ 73 PatG). In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, weil die beanspruchten Verwendungen und Verfahren gemäß Hauptantrag alle Anforderungen an die Patentfähigkeit erfüllen.

31

2. Bezüglich der Offenbarung der Patentansprüche 1 bis 7 bestehen keine Bedenken. Sie entsprechen den erteilten Patentansprüchen 1 bis 7, wobei im Patentanspruch 6 der Rückbezug auf die Patentansprüche 2 und 3 gestrichen und somit nur mehr auf die Patentansprüche 1, 4 und 5 gerichtet ist. Sie basieren auf den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 1 bis 8 der Trennanmeldung bzw. den Patentansprüchen 15, 17, 18, 21, 22 und 24 bis 26 der Offenlegungsschrift der Stammanmeldung.

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3. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 ist ausführbar, weshalb die von der Patentinhaberin aufgeworfene Frage, ob die Ausführbarkeit bereits im Einspruchsverfahren vor der Patentabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts angegriffen war, dahin gestellt bleiben kann.

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Für die Ausführbarkeit ist es ausreichend, wenn in der Patentschrift ein ausführbarer Weg offenbart ist (vgl. BGH GRUR 2001, 813 Ls. - Taxol). Vorliegend wird im Beispiel 1 der Streitpatentschrift eine Vielzahl von Ausführungsformen offenbart, die eine Hemmung von PLA2 zeigen (vgl. Streitpatentschrift S. 12/29 Tab. 2). Demnach hemmen Extrakte von Traubensamen, Pueraria lobata, Limonen und Guarana sowohl in reiner Substanz als auch in einer 1%igen Konzentration PLA2 signifikant. Auch für die reine Substanz des Sonnenblumenextrakts wurde diese Hemmung festgestellt.

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Dem steht nicht entgegen, dass Zubereitungen umfassend 1% Sonnenblumenextrakt keine Hemmung der enzymatischen Aktivität der Phospholipase A2 zeigen (vgl. Streitpatentschrift S. 12/29 Tab. 2). Denn gelegentliche Ausreißer oder das Versagen der Lehre in einzelnen Fällen steht der Ausführbarkeit nicht im Wege (vgl. Busse, PatG, 7. Aufl., § 34 Rn. 276 und Schulte, PatG, 9. Aufl. § 34 Rn. 357; siehe auch BGH GRUR 1991 518 Ls. 2 - Polyesterfäden). Daher ist die nicht wirksame Hemmung der enzymatischen PLA2-Aktivität durch 1%ige Sonnenblumenextrakte unerheblich, da ansonsten alle beanspruchten Extrakte sowohl in 1%iger als auch in reiner Form die streitpatentgemäße Hemmwirkung aufweisen (vgl. Streitpatentschrift S. 12/29 Tab. 2). Voraussetzung für die Ausführbarkeit ist des weiteren nicht, dass die Unterlagen dem fachkundigen Leser so genaue Angaben z. B. über die Menge des einzusetzenden Materials machen, dass er sofort und ohne jeglichen Fehlschlag zu einem Endprodukt mit den erstrebten Eigenschaften gelangen kann. Vielmehr reicht es aus, dass er anhand der Angaben auf Grund seines Fachwissens und -könnens ohne eigenes erfinderisches Zutun Unvollständigkeiten ergänzen und sich notfalls mit Hilfe orientierender Versuche alsbald ein zuverlässiges Bild über die zur Erreichung des gewünschten Erfolgs erforderliche Menge verschaffen kann (vgl. Busse, PatG, 7. Aufl. § 34 Rn. 292 und Schulte, PatG, 9. Aufl. § 34 Rn. 355; BGH GRUR, 2013, 1210, 1211 Rn. [19] - Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren). Dem folgend übersteigt die Ermittlung des Gehalts an Sonnenblumenextrakt, der für die PLA2-Hemmung mindestens erforderlich ist, nicht den für den Fachmann zumutbaren Aufwand und steht der Ausführbarkeit nicht im Wege.

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4. Die Verwendung nach Patentanspruch 1 ist neu.

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Das in den Druckschriften E1 und E2 jeweils offenbarte Markenprodukt Quench TTM stellt eine anti-irritativ wirkende Zusammensetzung dar, die neben anderen pflanzlichen Extrakten auch einen Guaranaextrakt enthält (vgl. E1 S. 1 Titel, Abstract, S. 3 li. Sp. Abs. 1 le. Satz und 1. Spiegelpunkt, mi. Sp. Abs. 2; vgl. E2 S. 14 Z. 17 bis 19). Allerdings sind weder der E1 noch der E2 unmittelbar und eindeutig Angaben darüber zu entnehmen, dass die anti-irritativ wirkende Zusammensetzung Quench TTM zu einer Reduktion von Reizungen und/oder Entzündungen von Hautgewebe durch Hemmung der enzymatischen Aktivität von PLA2 vom Typ I oder II verwendet wird.

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Der Argumentation der Einsprechenden, dass es sich bei der streitpatentgemäß beanspruchten Hemmung der PLA2-Aktivität lediglich um die Entdeckung der Wirkungsweise einer bekannten Verwendung handele und diese daher nicht patentfähig sei (vgl. BGH GRUR 2011, 999 Ls. - Memantin), kann nicht überzeugen. Denn es ist nicht erwiesen, dass sämtliche Hautreizungen und -entzündungen durch Hemmung der enzymatischen Aktivität der streitpatentgemäß ausgewählten PLA2s vom Typ I oder II reduziert werden können. Gemäß den Angaben im Streitpatent kommt zwar PLA2 hauptsächlich in Zellen vor, die mit entzündlichen Phänomenen verbunden sind, wobei die Regulation der Aktivierung von Phospholipasen ein vorherrschendes Element in den Signalkaskaden und somit auch der Signalamplifikation während der entzündlichen Reaktionen darstellt (vgl. Streitpatentschrift S. 2/29 Abs. [0010] und S. 3/29 Abs. [0011]). Dies besagt aber nicht, dass die Regulation der PLA2-Aktivität das einzige Element in den Signalkaskaden ist und dass es keine anderen beeinflussbaren Elemente gibt, durch die die Entzündungen und Reizungen der Haut reduziert werden können. Zudem gibt es fünf Gruppen von PLA2s und im Streitpatent wird nur die Hemmung der PLA2s vom Typ I und Typ II untersucht und beansprucht (vgl. Streitpatentschrift Patentanspruch 1 und S. 3/29 Abs. [0012]).

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Schließlich sprechen auch die Untersuchungsergebnisse in der E2 dagegen, dass das darin offenbarte Quench TTM einen streitpatentgemäßen Guaranaextrakt darstellt. Denn in E2 wird eine Hautreizung, die durch eine 8 % Glykolsäure und 0,075 % Retinol enthaltende Zusammensetzung hervorgerufen wird, untersucht, die bekannte Anti-irritantien, zu denen nach E2 auch Quench TTM gehört, nicht reduzieren können, sondern sogar verstärken (vgl. E2 S. 14/15 Vergleichsbsp. 2, v. a. S. 14 Z. 23 bis S. 15 Z. 3 und Tab. 2). Mit diesem Ergebnis wird aber entweder das Argument der Einsprechenden, das einen Guaranaextrakt enthaltende Produkt Quench TTM offenbare implizit eine Reduzierung von Hautreizungen und -entzündungen durch Hemmung der PLA2-Aktivität, widerlegt oder für den Fall, dass der in E2 untersuchten Hautreizung ein anderer Reizmechanismus zugrunde liegt, dem Fachmann nicht unmittelbar und eindeutig aufgezeigt, dass Quench TTM gemäß E1 oder E2 eine anti-irritative Wirkung durch Hemmung der Aktivität von PLA2 insbesondere von PLA2 vom Typ I und Typ II aufweist.

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Quench TTM gemäß E1 oder E2 nimmt daher den Streitgegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neuheitsschädlich vorweg. Somit kann auch die Frage, ob E1 - wie von der Patentinhaberin angezweifelt worden ist - vorveröffentlichter Stand der Technik darstellt, dahin gestellt bleiben.

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Aus der E3 ist die Verwendung von Haferextrakten für kosmetische Zusammensetzungen zur Zellerneuerung ohne störende Irritationen (Reizungen) bekannt (vgl. E3 Patentanspruch 1 und S. 1 Z. 5 bis 7). Diese kosmetischen Zusammensetzungen können darüber hinaus hautkonditionierende Agentien enthalten, zu denen auch Guaranaextrakte gehören (vgl. E3 S. 9 Z. 5 bis 10 und S. 12 Bsp. 2 Tab. i. V. m. S. 13 Tab. 4). Eine anti-irritative oder anti-inflammatorische Wirkung von Guaranaextrakten bzw. eine signifikante Hemmung der enzymatischen Aktivität von PLA2 vom Typ I oder II von Guaranaextrakten geht aus der E3 aber wiederum nicht unmittelbar und eindeutig hervor.

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E10 betrifft einen Extrakt von Pueraria lobata auf Wasser-Alkohol-Basis, der zur Förderung der Kollagenproduktion in einem pharmazeutischen oder kosmetischen Mittel zur Verhinderung von Alterserscheinungen bei der äußerlichen Anwendung auf der Haut eingesetzt wird, wobei die Alterserscheinungen sich u. a. in einer Verminderung der Hautelastizität und Faltenbildung zeigen (vgl. E10 Patentansprüche 1, 4, Abs. 0002, 0008 bis 0010, 0018 und 0050). Damit sind zwar die im streitpatentgemäßen Patentanspruch 7 beanspruchten zusätzlichen Wirkungen in der E10 vorbeschrieben, aber nicht die Reduktion von Reizungen und/oder Entzündungen von Hautgewebe durch Hemmung der enzymatischen Aktivität von PLA2 vom Typ I oder II. E10 zeigt mit den Mitteln zur Verminderung der Hautelastizität und der Faltenbildung somit Wege zur Behandlung der möglichen Folgen entzündlicher Prozesse auf, offenbart aber nicht die Behandlung der Ursache der Entzündungen und Reizungen durch Hemmung der PLA2-Aktivität. Denn die zusätzlichen Wirkungen wie die Reduktion des Verlustes der Hautspannung oder von oberflächlich auftretenden Flecken im streitpatentgemäßen Patentanspruch 7 hängen im Gegensatz zu Reizungen und/oder Entzündungen von Hautgewebe nicht ursächlich von der proinflammatorischen Wirkung von PLA2 ab (vgl. u. a. E4 S. 865 Abstract und spaltenübergr. Abs.). Zudem unterscheiden sich die Extrakte im Streitpatent und in der E10, da in E10 anstelle einer streitpatentgemäßen Extraktion mit 70 %igen Ethanol (vgl. Streitpatentschrift S. 12/29 und 13/29 Abs. [0109], [0110], [0116] und [0117]) eine Extraktion mit 50 %igen Ethanol erfolgt und darüber hinaus das dabei erhaltene Extrakt über eine Säulenchromatographie in 4 Fraktionen aufgetrennt wird (vgl. E10 Abs. 0018). Die Extrakte nach der Lehre der E10 zeichnen sich demnach durch einen hohen Gehalt an 4',7-Dihydroxyisoflavon (= Dadzein oder Daidzein) aus (vgl. E10 Abs. 0006 und 0013), während in den streitpatentgemäßen Pueraria lobata-Extrakten Dadzein nur in sehr geringen Anteilen enthalten ist und zudem festgestellt wird, dass Isoflavone nicht für die streitpatentgemäße hemmende Aktivität von PLA2 verantwortlich sind (vgl. Streitpatentschrift S. 16/29 Bsp. 5, v. a. Tab. 8 und Abs. [0146]).

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Die weiteren Druckschriften, die im Übrigen auch nicht von der Einsprechenden hinsichtlich der Neuheit angeführt worden sind, können die Neuheit des Streitgegenstands ebenfalls nicht angreifen. So untersucht zwar die E4 die hemmende Wirkung von Pflanzenextrakten auf die enzymatische Wirkung von PLA2. In dieser Untersuchung sind aber nicht die streitpatentgemäß beanspruchten Pflanzenextrakte einbezogen (vgl. E4 S. 865 Abstract und S. 866 Tab. 1). Die E5 und das korrespondierende deutsche Familienmitglied E6 beschreiben eine pharmazeutische Zusammensetzung zur Behandlung von Verbrennungen bei Sonnenbrand oder Laserbehandlungen, die aber als aktive Substanz Sonnenblumenöl bzw. Traubenkernöl und nicht Sonnenblumenextrakt bzw. Traubensamenextrakt enthalten (vgl. E6 Patentansprüche 1, 5, 6 und Abs. [0036]). Die Druckschrift E7 betrifft eine die Antitumoraktivität fördernde Polyphenolfraktion aus Traubenkernen. Einleitend wird in dieser Druckschrift die anti-inflammatorische Wirkung von Procyanidinen aus Traubenkernextrakten beschrieben, eine Hemmung der enzymatischen Aktivität der PLA2 geht aus dieser Druckschrift aber wiederum nicht hervor (vgl. E7 Titel und Abstract 1. Satz). Die E8 schließlich offenbart einen kosmetischen Rooibostee-Extrakt, der als weiteren Extrakt zur Linderung von Cellulite Guarana enthalten kann (vgl. E8 u. a. Patentanspruch 2). Für diese Druckschrift gilt dieselbe Argumentation, wie für die Druckschriften E1 bis E3. Denn die Linderung von Cellulite, eine konstitutionell bedingte, nicht entzündliche Veränderung des subkutanen Fettgewebes (vgl. gutachtlich Pschyrembel Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl., Walter de Gruyter Berlin 2002, S. 1811 Stichwort "Zellulitis"), steht dabei ebenfalls nicht im Zusammenhang mit der streitpatentgemäßen anti-irritativ und anti-inflammatorisch wirkenden Hemmung der PLA2-Aktivität.

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5. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

44

Dem Patent liegt die Aufgabe zugrunde, einen im Bereich der Reduzierung von Hautentzündungen und Hautreizungen wirksamen Bestandteil für kosmetische oder pharmazeutische Zusammensetzungen bereitzustellen (vgl. Streitpatentschrift S. 4/29 Abs. [0024], [0026] und [0028]). Diese Aufgabe entspricht der von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung ausgehend von E10 als Stand der Technik vorgetragenen Aufgabenformulierung, nach der die streitpatentgemäße Aufgabe in der Bereitstellung einer gegenüber dem Stand der Technik anderen Zubereitung zu Linderung der Hautreizung und Hautentzündung liege.

45

Eine Einengung der Aufgabe auf die Bereitstellung von Hautreizungen und Hautentzündungen reduzierende Zusammensetzungen, die die enzymatische Aktivität der PLA2 vom Typ I und/oder Typ II hemmen können (vgl. Streitpatentschrift S. 4/29 Abs. [0025] und [0027]), würde bereits einen Teil der Lösung in die Aufgabenformulierung einfügen, weshalb der Senat davon abgesehen hat. Denn die Definition eines technischen Problems dient nicht dazu, eine Vorentscheidung über die Frage der Patentfähigkeit zu treffen. Deshalb dürfen Elemente, die zur patentgemäßen Lösung gehören, nicht berücksichtigt werden. Vielmehr ist das technische Problem so allgemein und neutral zu formulieren, dass sich die Frage, welche Anregungen der Fachmann durch den Stand der Technik insoweit erhielt, ausschließlich bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit stellt. Im Streitfall besteht die Aufgabe deshalb darin, einen im Bereich der Reduzierung von Hautentzündungen und Hautreizungen wirksamen Bestandteil für kosmetische oder pharmazeutische Zusammensetzungen bereitzustellen. Die Frage, welche Wirkungsmechanismen - wie beispielsweise die Hemmung der PLA2-Aktivität - dem Fachmann zur Erreichung dieses Ziels nahegelegt waren, ist demgegenüber ausschließlich für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von Bedeutung (vgl. BGH GRUR 2015, 352 Ls., 353 Abs. [16] und [17] - Quetiapin).

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Zur Lösung dieser Aufgabe, wie sie durch die Ausgestaltung der Verwendung mit den Merkmalen nach Patentanspruch 1 erreicht wird, gelangt der Fachmann mit keinem der im Verfahren genannten Dokumente. Denn keine dieser Druckschriften kann ihm Hinweise dahingehend vermitteln, einen Wirkstoff aus einem pflanzlichen Extrakt, der die enzymatische Aktivität von PLA2 vom Typ I oder Typ II hemmt, zur Herstellung einer kosmetischen Zusammensetzung vorzusehen, um so Reizungen und/oder Entzündungen von Hautgewebe zu reduzieren (vgl. Streitpatentschrift S. 4/29 Abs. [0030], [0032] und [0033]).

47

a) Die von der Einsprechenden hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit herangezogene Druckschrift E10 strebt nach einem Mittel zur Förderung der Kollagenproduktion, das den Metabolismus der Fibroblasten der Dermis aktiviert, die Produktion von neuem Kollagen fördert und Veränderungen der Kollagenfasern korrigieren kann, wobei es bei äußerlicher Anwendung auf der Haut die Hautalterung durch zunehmendes Alter oder Stress effektiv verhindern sowie Verbesserungen im Erscheinungsbild bewirken kann (vgl. E10 Abs. 0004). Dazu schlägt E10 einen Extrakt der Kudzu-Wurzel (= Wurzel von Pueraria lobata) auf Wasser-Alkohol-Basis für eine kosmetische Zubereitung vor, die Alterserscheinungen u. a. in Form einer Verminderung der Hautelastizität und Faltenbildung verhindert (vgl. E10 Patentansprüche 1, 4, Abs. [0002], [0008] bis [0010], [0018] und [0050]). Anregungen, zur Lösung der Aufgabe einen Extrakt einzusetzen, der die enzymatische Aktivität von PLA2 vom Typ I oder Typ II hemmt, um so Hautreizungen und Hautentzündungen zu reduzieren, finden sich indessen in der E10 nicht. Dort ist vielmehr ein hoher Anteil an 4',7-Dihydroxyisoflavon - im Streitpatent als Dadzein bezeichnet (vgl. Streitpatentschrift S. 13/29 Abs. [0115] und S. 16/29 Abs. [0141] und [0142]) - im Extrakt angestrebt, um die Kollagenproduktion zu fördern (vgl. E10 Patentanspruch 3, Abs. 0006 und 0013). Isoflavone in Extrakten von Pueraria, insbesondere auch Dadzein, werden aber im Streitpatent als für die hemmende Aktivität von PLA2 unwirksam bezeichnet, so dass der Fachmann auch keine Veranlassung hatte, die auf das Isoflavon Dadzein fokussierte E10 in Betracht zu ziehen und die darin offenbarte Extraktion in Richtung der im Streitpatent beschriebenen Extraktion weiterzuentwickeln.

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Dem Argument der Einsprechenden, dass die E10 verschiedene Extraktionsverfahren offenbare, weshalb der Fachmann veranlasst gewesen sei, diese im Bestreben zur Vereinfachung des Verfahrens zu variieren und dabei zwangsläufig auch zu einem Extraktionsverfahren gekommen sei, wie es im Streitpatent beschrieben werde, kann nicht beigetreten werden. Auch bei einer Optimierung des Extraktionsverfahrens gemäß E10 im Sinne einer Vereinfachung würde der Fachmann auf einen hohen Anteil an Dadzein im Extrakt achten und dabei Extrakte erhalten, die sich von dem streitpatentgemäß verwendeten Extrakt unterscheiden. Denn der im Streitpatent offenbarte Extrakt enthält einen sehr geringen Anteil an Dadzein von lediglich 0,06 % (vgl. Streitpatentschrift S. 16/29 Tab. 8).

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b) Auch der zweite Angriff der Einsprechenden bezüglich der erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der Druckschrift E4 in Verbindung mit der Druckschrift E2 oder der Druckschrift E3 führt nicht zum Erfolg.

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Die ethnopharmakologische Studie E4 beschäftigt sich mit der PLA2 inhibierenden Wirkung von Extrakten ausgewählter Pflanzen (vgl. E4 S. 865 Titel, Abstract und S. 866 Tab. 1) mit dem Ziel, einen allen Extrakten gemeinsamen Wirkstoff für die PLA2-Hemmung zu finden (vgl. E4 S. 867 li. Sp. Abs. 3). Der E4 entnimmt der Fachmann somit, dass die Inhibierung der PLA2-Aktivität eine erfolgversprechende Strategie für die Behandlung entzündlicher Prozesse darstellt (vgl. E4 S. 865 re. Sp. 2. vollst. Satz) und dass in bekannten PLA2-hemmenden Pflanzenextrakten Betulin und dessen oxidierte Form Betulinsäure die verantwortlichen Wirkstoffe sind (vgl. E4 S. 865 Abstract und S. 870 bis 871 Kap. 2.3.). Ein Hinweis, dass Extrakte von Pueraria lobata, Limonen, Sonnenblumen oder Guarana ebenfalls eine inhibierende Wirkung auf die PLA2-Aktivität besitzen, findet sich in E4 jedoch nicht. Die E4 gibt dem Fachmann auch keine Veranlassung, seinen Blick auf die streitpatentgemäß verwendeten Extrakte zu richten. Denn E4 beweist nur, dass durch die Kombination von ethnopharmakologischem und bioinformatischem Wissen der für die PLA2-Hemmung verantwortliche Wirkstoff gefunden worden ist, der als Leitstruktur für die Entwicklung eines anti-inflammatorischen Mittels in weiteren Studien dienen kann (vgl. E4 S. 871/872 Kap. 2.4. und S. 865 li. Sp. Satz 1).

51

Auch eine Kombination der E4 mit der E2 oder der E3 kann die streitpatentgemäße Lehre nicht nahe legen. Zum einen hätte der Fachmann - wie bereits dargelegt - ausgehend von E4 die in E2 bzw. E3 offenbarten Guaranaextrakte gar nicht herangezogen (vgl. E2 S. 14 Z. 17 bis 19; E3 S. 12 Bsp. 2 Tab. i. V. m. S. 13 Tab. 4). Denn E4 gibt ihm keinen Anlass, Guaranaextrakte ins Auge zu fassen. Vielmehr wird dort als Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen der Wirkstoff Betulin bzw. Betulinsäure gelehrt.

52

Zum anderen enthalten auch E2 und E3 keine Hinweise, dass die darin offenbarten Guaranaextrakte eine hemmende Wirkung auf die PLA2-Aktivität haben, um so Reizungen und/oder Entzündungen von Hautgewebe zu reduzieren. Denn E2 offenbart lediglich, dass das als Anti-irritans wirkende Verkaufsprodukt Quench TTM u. a. einen Guarana-Extrakt enthält. Es lehrt aber weiterhin, dass eine durch eine Zusammensetzung aus 8 % Glykolsäure und 0,075 % Retinol verursachte Reizung mit Quench TTM nicht reduziert werden kann, sondern vielmehr sogar verstärkt (vgl. E2 S. 14 Tab. 2 und Z. 23 bis S. 15 Z. 3). Zudem zeigt die E2 als gut geeignete anti-irritativ wirkende Mittel Zusammensetzungen auf, die -Hydroxysäuren zusammen mit Petroselinsäure enthalten (vgl. E2 Patentanspruch 1 und S. 2 Z. 26 bis S. 3 Z. 17). Diese Druckschrift führt daher in eine andere Richtung.

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E3 betrifft die Verwendung von Haferextrakten in topisch anwendbaren kosmetischen Zusammensetzungen, um die Rate der natürlichen Abschuppung (= Desquamation) zur Hauterneuerung zu steigern, ohne dabei die Reizung der Haut zu verstärken (vgl. E3 Patentanspruch 1 i. V. m. S. 1 Z. 5 bis 8 und S. 2 Z. 18 bis 20). Als kosmetische Zusatzstoffe können dabei auch Guarana-Extrakte zugesetzt werden, wobei in E3 diese Zusatzstoffe von entzündungs- und/oder reizungshemmenden Zusatzstoffen unterschieden werden (vgl. E3 S. 9 Z. 5 bis 10 i. V. m. S. 8 Z. 30 bis S. 9 Z. 4), so dass der Fachmann von der Lehre der E3 ebenfalls nicht veranlasst worden ist, Guaranaextrakte zur Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe ins Auge zu fassen.

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Daran ändert auch die Auffassung der Einsprechenden nichts, dass gemäß Tab. 4 in der E3 die Zusammensetzungen 1, 3 und 4 einen "Antistinging"-Effekt (= Antibrenneffekt) gegenüber der Kontrolle zeigten und damit anti-irritierend wirkten und sogar die keinen Haferextrakt - der nach der Lehre der E3 erfindungsgemäß sei - enthaltende Zusammensetzung 2 einen derartigen Effekt aufweise, weshalb der Fachmann die Veranlassung hatte, Guarana-Extrakte näher zu betrachten (vgl. E3 S. 13 Tab. 4 i. V. m. S. 12 Tab.). Denn die angesprochenen Zusammensetzungen weisen eine Vielzahl von Komponenten und Zusatzstoffen auf, von denen Panthenol bekanntermaßen einen entzündungshemmenden Zusatzstoff darstellt. Der nachgewiesene "Antistinging"-Effekt der Zusammensetzungen 1 bis 4 in Tab. 4 führt daher den Fachmann nicht zwangsläufig zu dem Schluss, dass der enthaltene Guarana-Extrakt dafür verantwortlich ist, und er somit Guarana-Extrakte für seine weiteren Betrachtungen zur Bereitstellung einer Hautreizungen und Hautentzündungen reduzierenden Zusammensetzung, deren Wirkstoff die enzymatische Aktivität von PLA2 vom Typ I oder II signifikant hemmt, aus diesen Zusammensetzungen der E4 auszuwählen.

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Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ergibt sich damit nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik.

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c) Die Berücksichtigung der weiteren dem Senat vorliegenden und in der mündlichen Verhandlung nicht mehr diskutierten Druckschriften aus dem Einspruchs- und Prüfungsverfahren führt zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhalts. Denn dort ist nirgends eine Anregung zur Verwendung der im Patentanspruch 1 angeführten Pflanzenextrakte für eine kosmetische Zusammensetzung zur Reduktion von Hautreizungen und Hautentzündungen durch Hemmung der enzymatischen Aktivität der PLA2 vom Typ I oder Typ II zu finden.

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6. Nachdem die Verwendung nach dem Patentanspruch 1 alle Kriterien der Patentfähigkeit erfüllt, ist der Patentanspruch 1 bestandsfähig. Gleiches gilt für die ebenfalls auf Verwendungen gerichteten Patentansprüche 2 und 4 sowie für den auf ein Verfahren zur kosmetischen Pflege gerichteten Patentanspruch 6, für die die vorstehenden Ausführungen zum Patentanspruch 1 sinngemäß ebenfalls gelten.

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Die Patentansprüche 3, 5 und 7 betreffen besondere Ausgestaltungen der Gegenstände der ihnen jeweils übergeordneten Patentansprüche 1, 2, 4 oder 6 und sind mit diesen gewährbar.