Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 27.09.2012


BPatG 27.09.2012 - 12 W (pat) 305/09

Patenteinspruchsverfahren – "Lastverladekran und Bearbeitungseinrichtung für Katzfahrbahnen" – zur Zulässigkeit des Einspruchs


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsdatum:
27.09.2012
Aktenzeichen:
12 W (pat) 305/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Einspruchssache

betreffend das Patent 102 45 515

hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Schneider, der Richterin Bayer sowie der Richter Dipl.-Ing. Schlenk und Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder

beschlossen:

Der Einspruch wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

1

Gegen das Patent 102 45 515 mit der Bezeichnung

2

"Lastverladekran und Bearbeitungseinrichtung für Katzfahrbahnen",

3

dessen Erteilung am 25. Mai 2005 im Patentblatt veröffentlicht wurde, hat die Einsprechende am 7. Juni 2005 Einspruch erhoben. Das Patent umfasst insgesamt 11 Patentansprüche.

4

Der erteilte Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut (Merkmalsgliederung hinzugefügt):

5

1M0 Lastverladekran,

6

1M1 insbesondere für das Verladen von Containern,

7

1M2 mit einer Kranbrücke mit in ihrer Längsrichtung verfahrbarer Katze mit Hubeinheiten mit Hubwerk und zugeordneten Lastaufnahmemitteln,

8

1M3 wobei die Katze mit ihren Laufrädern (7) mit konkaven Laufflächen (9) und mit vertikal gelagerten Führungsrollen (8) auf Schienen (2) verfährt,

9

1M4 die einen geraden und stoßfreien Mittelteil (1) über die gesamte Länge der eine Schiene (29) aufweist,

10

1M5 das sich auf gleichem Höhenniveau mit dem Mittelteil (1) der benachbarten Schiene (2) befindet,

11

1M6 wobei die Katze mit horizontalen Führungsrollen (8) geführt wird,

12

1M7 wobei das Mittelteil (2) im Querschnitt eine gerade Linie hat,

13

1M8 wobei sich eine einzige Phase (4) auf einer einzigen Seite der einen Schiene (2) befindet und

14

1M9 wobei die Seitenteile (3) beidseitig schräg vom Mittelteil (1) abfallen.

15

Der ebenfalls erteilte Nebenanspruch 6 hat folgenden Wortlaut (auch hier Merkmalsgliederung hinzugefügt:

16

6M0 Bearbeitungseinrichtung

17

6M1 zum Schleifen von Katzfahrbahnen an Lastverladekranen nach den Ansprüchen 1 bis 5, gekennzeichnet durch

18

6M2 - einstellbare Tragrollenpaare (14) mit an den Schienenseiten (26) geführten Führungsrollen (19),

19

6M3 - eine Befestigung (11) an der Katze (6)

20

6M4 - mindestens eine gegenüber der Schiene (2) quer verfahrbare und um einen Winkel verstellbare Schleifmaschine (15) mit Antriebsmotor,

21

6M5 die mittels automatischem Vorschub (16) in Richtung Schiene (2) verstellbar ist,

22

6M6 im hinteren Bereich (24) der Einrichtung sowie mit der die Schiene (2) zuerst an den Außenflächen dachförmig schräg geschliffen wird und

23

6M7 mindestens eine mittels Andruckzylinder (23) einstellbare feststehende Schleifscheibe (20) für die Seitenflächen (26) der Schiene (2) mit Antriebsmotor (22) im vorderen Bereich (25) der Einrichtung.

24

Beide Einsprechenden gründen ihren Einspruch sinngemäß auf die Widerrufsgründe nach

25

a) § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG (widerrechtliche Entnahme)

26

b) § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG in Verbindung mit § 4 PatG (mangelnde erfinderische Tätigkeit) sowie auch § 3 PatG (mangelnde Neuheit)

27

Wegen des Wortlauts der auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 5 sowie der auf den Anspruch 6 rückbezogenen Unteransprüche 7 bis 11 wird auf die Patentschrift verwiesen.

28

Als Beleg für die widerrechtliche Entnahme führen die beiden Einsprechenden folgende Dokumente an (Benennung jeweils wörtlich gem. Einspruchsschriftsatz):

29

A0    

19. Januar 2001

E-Mail-Anfrage der Inhaberin des Streitpatents zu Problemen bei Katzschienen in Rotterdam, insbesondere beim seitlichen Schleifen der Schienen und dem Schleifen der Schienenoberflächen + Nachfrage nach einer geeigneten Schleifmaschine der Einsprechenden (Anlage 0);

A1    

1. März 2001

Fax der Inhaberin des Streitpatents an die Einsprechenden mit der Bitte um aussagekräftige Zeichnungen und Zeitangaben (Anlage 1);

A2    

13. März 2001

Schriftliches Angebot der Einsprechenden an die Inhaberin des Streitpatents bzgl. einer halbautomatischen Schleifmaschine CRGM-1-2 + Zeichnungen (Anlage 2);

A3    

10. Mai 2001

E-Mail-Anfrage der Inhaberin des Streitpatents mit der Bitte um Erklärung der Funktionsweise und der Vorteile der Schleifmaschine der Einsprechenden (Anlage 3);

A4a     

26. Mai 2001

Unterweisung von Mitarbeitern der Inhaberin des Streitpatents zur Schleifmaschine CRGM-1-2 in Abu Dhabi unter Hinweis auf angeschliffene Winkel an der Schienenaußenseite;

A4b     

8. Juni 2001

Bestellung von zwei Schleifmaschinen CRGM-1-2 für Rotterdam durch die Inhaberin des Streitpatents (Anlage 4);

A5    

11.-14. Oktober 2001

Inbetriebnahme einer Schleifmaschine CRGM-1-2 in Rotterdam mit Mitarbeitern der Inhaberin des Streitpatents und unter Gesprächen zur Notwendigkeit der Konvexität der geschliffenen Schienen (Anlage 5);

A6a     

31. Oktober 2001

Ausführliche Unterredung zwischen dem Einsprechenden, Herrn L., und dem Mitarbeiter der Inhaberin des Streitpatents, Herrn H., in Würzburg zu dem Problemen des Schienenschleifens und deren Lösungsansätze der Einsprechenden;

A6b     

21. November 2001

schriftliches Angebot der Einsprechenden an die Inhaberin des Streitpatents bzgl. zweier halbautomatischer Schleifmaschinen CRGM-1-2 + Zeichnungen (Anlage 6);

A7    

11. Dezember 2001

Anschreiben der Einsprechenden an die Inhaberin des Streitpatents mit Zeichnungen zu den Spurrollböcken für CRGM-1-2 (Anlage 7);

A8    

15. Februar 2002

Angebotschreiben der Einsprechenden an die Inhaberin des Streitpatents zu zwei halbautomatischen Schleifmaschinen CRGM-S inkl. Zeichnungen, die den Figuren 3 bis 5 des widerrechtlich entnommenen Streitpatents identisch entsprechen (Anlage 8);

A9    

28. Mai 2002

Anfrage der Inhaberin des Streitpatents bzgl. Angebot (Anlage 9);

A10     

31. Mai 2005

Angebotschreiben der Einsprechenden, bearbeitbare Schleifwinkel 15° Schienenaußen- und Schieneninnenseite (Anlage 10);

A11     

25. Juli 2005

Fax der Einsprechenden an einen Mitarbeiter der Inhaberin des Streitpatents, Herrn Löscher, mit vier Seiten Ausführungen zum Schienenschleifen (Anlage 11);

A12     

31. Juli 2002

Unterweisung von Mitarbeitern der Inhaberin des Streitpatents in Los Angeles (Anlage 12);

A13     

8. August 2002

Unterweisung von Mitarbeitern der Inhaberin des Streitpatents in Rotterdam (Anlage 13);

        

20. September 2002

Prioritätsbegründende deutsche Erstanmeldung DE 102 43 823.4, die die Zeichnungen der Einsprechenden umfasst, die sie am 15.02.2002 an die Inhaberin des Streitpatents übergeben hatte (Anlage: beigefügter beglaubigter Prioritätsbeleg);

        

27. September 2002

Widerrechtliche Entnahme = Anmeldung des Streitpatents DE 102 45 515.5, umfassend u. a. die Figuren 3 bis 5 = Figuren der prioritätsbegründenden DE 102 43 823.4 der Einsprechenden = Figuren, die am 15.02.2002 der Inhaberin des Streitpatents von den Einsprechenden übergeben wurde;

A14     

12. Dezember 2002

Angebotsschreiben der Einsprechenden an die Inhaberin des Streitpatents zu zwei halbautomatischen Schleifmaschinen CRGM-S (Anlage 14);

        

9. Juli 2003

Bestellungs-Email der Inhaberin des Streitpatents bzgl. zweier modifizierter Schleifmaschinen der Einsprechenden (CRGM-S);

A15     

25. August 2003

Rechnung der Einsprechenden gegenüber der Inhaberin des Streitpatents bzgl. des Umbaus CRGM-1-2// S (Anlage 15);

A16     

12. März 2004

Fax der Inhaberin des Streitpatents aus dem hervorgeht, dass sie wieder an einer „gemeinsamen" Lösung sehr interessiert sind (Anlage 16).

30

Hinsichtlich des Einspruchsgrundes der mangelnden Patentfähigkeit der Ansprüche verweisen die beiden Einsprechenden auf die Dokumente:

31

D1: "Hebezeuge und Fördermittel", Berlin 33 (1993) 10, Seite 424 bis 424

32

D2: "Hebezeuge und Fördermittel", Berlin 33 (1993) 11, Seite 477 bis 478

33

D3: "Hebezeuge und Fördermittel", Berlin 33 (1993) 12, Seite 533 bis 534

34

D4: Deutsche Norm DIN 536 vom Dezember 1974, Seite 1 bis 2

35

D5: Deutsche Norm DIN 536 vom September 1991, Seite 1 bis 5, Unter Bezug auf zitierte Normen SEB 664 035 und DIN 15 070

36

D6: EP 1 400 629 einschl. deren prioritätsbegründenden Anmeldung DE 102 43 823.4

37

Die Einsprechenden stellen den Antrag aus dem Schriftsatz vom 30. August 2012:

38

1. Es wird beantragt das Streitpatent im vollen Umfang wegen widerrechtlicher Entnahme zu widerrufen.

39

2. Hilfsweise dazu wird beantragt, das Streitpatent im vollen Umfang wegen widerrechtlicher Entnahme (Ansprüche 6 bis 11) und wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Ansprüche 1 bis 5) zu widerrufen.

40

3. Hilfsweise dazu wird beantragt, das Streitpatent im vollen Umfang wegen mangelnder Neuheit (Ansprüche 6 bis 11) und wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Ansprüche 1 bis 5) zu widerrufen.

41

4. Hilfsweise dazu wird beantragt, das Streitpatent im vollen Umfang wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Ansprüche 1 bis 11) zu widerrufen.

42

5. Hilfsweise dazu wird beantragt, das Streitpatent im beschränkten Umfang wegen mangelnder Neuheit (Ansprüche 6 bis 11) zu widerrufen.

43

6. Hilfsweise dazu wird beantragt, das Streitpatent im beschränkten Umfang wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Ansprüche 6 bis 11) zu widerrufen,

44

und stellen den Antrag

45

 auf Parteivernahme,

46

dazu hilfsweise informatorische Befragung der Partei zum Beweisthema der widerrechtlichen Entnahme.

47

Die Patentinhaberin stellte den Antrag,

48

 den Einspruch als unzulässig zu verwerfen.

49

Zu den Einzelheiten des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.

II.

50

1. Der fristgerecht eingelegte Einspruch ist unzulässig, da das innerhalb der Einspruchsfrist erfolgte Vorbringen nicht hinreichend substantiiert ist.

51

Nach § 59 Abs. 1 Satz 4 und 5 PatG sind die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen sollen, innerhalb der Einspruchsfrist im Einzelnen anzugeben. Darunter ist die Gesamtheit der Tatschen zu verstehen, aus denen die von dem Einsprechenden begehrte Rechtsfolge, nämlich der Widerruf des erteilten Patents, hergeleitet werden kann. Da der Einspruch nur auf die Behauptung gestützt werden kann, dass einer der in § 21 PatG genannten Widerrufsgründe vorliege (§ 59 Abs. 1 Satz 3 PatG), haben sich die Tatsachenangaben, die den Einspruch rechtfertigen sollen (§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG), an den Widerrufsgründen zu orientieren (BGH, Beschluss vom 24. März 1987 – X ZB 14/86, BGHZ 100, 242 [II.2.a] - Streichgarn).

52

Es entspricht der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass in dem Einspruch die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrunds maßgeblichen Umstände so vollständig darzulegen sind, dass der Patentinhaber und das Patentamt daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen des Widerrufsgrundes ziehen können (BGH, Beschluss vom 23. Februar 1972 - X ZB 6/71, GRUR 1972, 592 [III.1.b] - Sortiergerät; BGH Beschluss vom 24. März 1987 – X ZB 14/86, BGHZ 100, 242 [II.2.c] - Streichgarn). Dies gilt gleichermaßen für das erstinstanzliche gerichtliche Einspruchsverfahren gemäß § 147 Abs. 3 PatG a. F. in Bezug auf das Bundespatentgericht.

53

Die Einsprechenden haben die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen sollen, jedoch für keinen der geltend gemachten Widerrufsgründe im Einzelnen angegeben.

54

2. Unter dem Gliederungspunkt "I. Widerrechtliche Entnahme" zum Gegenstand der Ansprüche 1 bis 11 trägt die Einsprechende eine Liste von Korrespondenzen vor. Dabei verweist sie insbesondere - aber lediglich pauschal - auf

55

a) die Anlagen 8 (s. o.: Angebotsschreiben der Einsprechenden an die Inhaberin des Streitpatents zu zwei halbautomatischen Schleifmaschinen CRGM-S inkl. Zeichnungen, die den Figuren 3 bis 5 des widerrechtlich entnommenen Streitpatents identisch entsprechen") sowie auf

56

b) die vom 20. September 2002 stammende "Prioritätsbegründende deutsche Erstanmeldung DE 102 43 823.4, die die Zeichnungen der Einsprechenden umfasst, die sie am 15. Februar 2002 an die Inhaberin des Streitpatents übergeben hatte (Anlage: beigefügter beglaubigter Prioritätsbeleg)" und das

57

c) vom 27. September 2002 stammenden Dokument "Widerrechtliche Entnahme = Anmeldung des Streitpatents DE 102 45 515.5, umfassend u. a. die Figuren 3 bis 5 = Figuren der prioritätsbegründenden DE 102 43 823.4 der Einsprechenden = Figuren, die am 15. Mai 2002 der Inhaberin des Streitpatents von den Einsprechenden übergeben wurde".

58

2.1) Unter dem Gliederungspunkt I.1 (Widerrechtliche Entnahme der Gegenstände nach den Ansprüchen 6 bis 11) wird, ohne auf die Merkmale oder den technischen Gegenstand der Vorrichtung nach Anspruch 6 überhaupt einzugehen, pauschal angegeben, dass "alle kennzeichnenden Merkmale der Ansprüche 6 bis 11 bereits vor der prioritätsbegründenden Anmeldung DE 102 43 823.4 der Widersprechenden (Anm.: hier der Einsprechenden) gegenüber der Inhaberin des Streitpatents dargelegt" seien. Darüber hinausgehende Einzelheiten der Erfindung werden nicht angeführt.

59

Eine solche pauschale Bezugnahme auf einen älteren Stand der Technik genügt aber regelmäßig nicht dem Erfordernis der Angabe der Tatsachen im Einzelnen, die den Einspruch rechtfertigen. Die Einsprechende überlässt es damit nämlich der Patentinhaberin und dem Gericht, selbst die Umstände zu ermitteln, anhand derer die Behauptung, der Gegenstand der Anmeldung sei nicht patentfähig, überprüft werden kann (BGH, Beschluss vom 23. Februar 1972 - X ZB 6/71, GRUR 1972, 592 - Sortiergerät; BPatG, Beschluss vom 3. April 2006 - 19 W (Pat) 328/03, BPatGE 49, 202 - Türantrieb; BlPMZ 1988, 289 - Messdatenregistrierung).

60

Besonderheiten, die ausnahmsweise die pauschale Bezugnahme auf den o. g. nachveröffentlichten Stand der Technik mit älterem Zeitrang genügen lassen könnten, sind nicht ersichtlich. Auch die Übereinstimmung von Figuren im angegriffenen Patent mit Figuren der prioritätsbegründenden Anmeldung DE 102 43 823.4 der Einsprechenden kann hier nicht als solche Besonderheit angesehen werden, da die Qualität und damit die Aussagekraft der Beschreibung in den prioritätsbegründenden Unterlagen bei weitem nicht der üblichen Qualität entspricht sowie - ganz wesentlich - offensichtlich auch nur Teile des erfindungsgemäßen Gegenstandes nach Anspruch 6 daraus hervorgehen.

61

2.2) Unter dem Gliederungspunkt I.2 (Widerrechtliche Entnahme der Gegenstände der Ansprüche 1 bis 5) wird gleichermaßen nur pauschal und ohne weitere Details auf die prioritätsbegründende deutsche Anmeldung DE 102 43 823.4 bzw. auf eine Unterredung am 31. Oktober 2001, zu der darüber hinaus keine schriftlichen Belege vorliegen, verwiesen. Darin wären laut den Einsprechenden "alle kennzeichnenden Merkmale der Ansprüche 1 bis 5 durch Informationen, die die Inhaberin des Streitpatents von der Einsprechenden erhielt, erlangt" worden. Als Beweisangebot wurden - ebenfalls ohne weitere Detail-Informationen - die Anlagen 12 und 13, die aber offensichtlich nicht auf die angeführte Besprechung am 31. Oktober 2001 referenzieren, sowie eine Parteiaussage genannt. Auch durch diese pauschalen Hinweise haben die Einsprechenden nicht im Einzelnen die Tatsachen angegeben, die den Einspruch rechtfertigen sollen.

62

2.3) Unter Gliederungspunkt "II. Mangelnde Neuheit" führt die Einsprechende hinsichtlich der "kennzeichnenden Merkmale" der Ansprüche 6 bis 11 ebenfalls die - für die EP 1 400 629 - prioritätsbegründende Anmeldung DE 102 43 823.4 an. Als Beleg vergleicht die Einsprechende in einer Tabelle die in der Beschreibung des Streitpatents gelisteten Bezugszeichen ab Bezugszeichen 10 samt Bauteilbenennungen mit den jeweils ihrer Meinung nach korrespondierenden Bauteilen des Gegenstands nach DE 102 43 823.4. Dabei handelt es sich aber gerade nicht um einen Merkmalsvergleich: Die Gegenstände der Ansprüche 6 bis 11 enthalten Funktions- und Verfahrensmerkmale (z. B. 6M1, 6M4, 6M5, 6M7, insb. 6M6), was erheblich über die reine Benennung von Einzelbauteilen hinausgeht. Mit dieser reinen Bezugszeichenlistung bleibt es vollständig dem Senat und der Patentinhaberin überlassen, aus den Bauteilbezeichnungen und der qualitativ in ihrer Aussagekraft nicht den üblichen Anmeldestandards entsprechenden Erstanmeldung - die offengelegte Nachanmeldung weicht im Übrigen ganz erheblich von der Erstanmeldung ab - die Funktionsweisen und Fähigkeiten der einzelnen Bauteile herauszulesen.

63

Auch ist die Bearbeitungseinrichtung nach Anspruch 6 an Lastverladekranen nach den Ansprüchen 1 bis 5 vorgesehen und somit auf deren Merkmale rückbezogen. Weder setzt sich die Einsprechende hier konkret mit dem eigentlichen Anspruch 6 (und den Unteransprüchen), noch mit den Ansprüchen 1 bis 5 und dem dortigen Lastverladekran auseinander, so dass jegliche Angabe fehlt, inwieweit die jeweiligen Vorrichtungen nach dem Streitpatent und der der nachveröffentlichten EP 1 400 629 prioritätsbegründend zugrundeliegenden DE 102 43 823.4 übereinstimmen (oder voneinander abweichen).

64

2.4) Auch beim Gliederungspunkt "III. Mangelnde erfinderische Tätigkeit", unter dem die Gegenstände nach Ansprüchen 1 bis 5 als nicht patentfähig bezeichnet werden, werden erneut lediglich pauschale Angaben vorgebracht: Zu diesen Ansprüchen wird allgemein und ohne weitere Details auf die Druckschriften D1 bis D5 verwiesen. Diese Druckschriften würden dem Fachmann die Notwendigkeit für den erfindungsgemäßen Gegenstand nach den "kennzeichnenden Merkmalen" des Anspruchs 1 aufzeigen und "in für den Fachmann folgerichtiger Schlussfolgerung die passende, formschlüssige Ausführung der konkaven Lauffläche der Räder nahelegen". Abgesehen davon, dass der Gegenstand nach den Ansprüchen 1 bis 5 ff. des Streitpatents nur als ein Merkmal (1M3) von vielen Merkmalen (1M1 bis 1M9) die "konkave Lauffläche der Räder" zum Gegenstand hat, ansonsten aber insbesondere auf die besondere Ausführung der Schienenoberfläche abstellt (1M4 bis 1M9), die übrigens so aus keiner der Entgegenhaltungen hervorgeht, führt auch hier die Anmelderin nicht auf, inwieweit die Gegenstände nach den Ansprüchen 1 bis 5 des Streitpatents und den von ihr zitierten Druckschriften D1 bis D5 übereinstimmen. Der pauschale Hinweis auf diese Entgegenhaltungen genügt daher ebenfalls nicht der Anforderung, die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen anzugeben.

65

3. Somit hat die Einsprechende zu den geltend gemachten Widerrufsgründen - widerrechtliche Entnahme und mangelnde Patentfähigkeit wegen fehlender Neuheit bzw. fehlender zugrundeliegender erfinderischer Tätigkeit - innerhalb der Einspruchsfrist nicht im erforderlichen Umfang vorgetragen. Nach alledem war der Einspruch als unzulässig zu verwerfen. Für eine Sachprüfung ist unter diesen Umständen kein Raum (BGH, Beschluss vom 29. April 1997 - X ZB 13/96, GRUR 1997, 740 [II.1] - Tabakdose).

66

4. Die von der Einsprechenden beantragte Parteivernahme oder die dazu hilfsweise beantragte informatorische Befragung der Partei zum Beweisthema der widerrechtlichen Entnahme war nicht durchzuführen. Da der Einspruch unzulässig ist, ist dem Senat eine sachliche Prüfung des Widerrufsgrunds der widerrechtlichen Entnahme verwehrt. Damit bestand auch keine Veranlassung, die Partei zu vernehmen oder informatorisch zu befragen. Darüber hinaus hätte die Zulässigkeit des Einspruchs auch nicht durch die beantragte Parteivernahme bzw. informatorische Befragung hergestellt werden können, da die Zulässigkeit des Einspruchs innerhalb der Einspruchsfrist gegeben sein muss und nicht durch nach Ablauf der Einspruchsfrist vorgebrachte Ausführungen geheilt werden kann.