Entscheidungsdatum: 14.12.2011
In der Beschwerdesache
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betreffend die Patentanmeldung 198 82 109.3
wegen Rückzahlung der Beschwerdegebühr
hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 14. Dezember 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Hartung sowie der Richter v. Zglinitzki, Dr.-Ing. Fritze und Dipl.-Ing. (Univ.) Fetterroll
beschlossen:
Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdegebühr wird nicht zurückgezahlt.
Die Beschwerdegebühr ist zu Recht mit der Einlegung der Beschwerde gezahlt worden. Die Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 23 K des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. September 2005, durch den die - aus einer PCT-Anmeldung stammende - Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Laseremissionskopf, Laserstrahlübertragungsvorrichtung, Verfahren zum Justieren einer Laserstrahlübertragungsvorrichtung und Innenkernstrukturvorbeugewartungs/Reparatur-Vorrichtung“
wegen mangelnder Neuheit des Erfindungsgegenstandes zurückgewiesen worden ist, war statthaft und zulässig.
Auch dann, wenn - wie hier - die Anmeldung wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr bereits als zurückgenommen gilt, kann das Gericht nach billigem Ermessen anordnen, dass die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird (§ 80 Abs. 3 und 4 PatG).
Der Senat hält die beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr jedoch nicht für angebracht. Ein Verfahrensfehler der Prüfungsstelle liegt nicht vor. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, die Prüfungsstelle habe verfahrensfehlerhaft ohne einen weiteren Prüfungsbescheid die hilfsweise beantragte Anhörung abgelehnt und ihren Anspruch auf rechtliches Gehöhr verletzt, indem sie im Zurückweisungsbeschluss drei neue Druckschriften D 10, D 11 und D 12 eingeführt habe, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
1. Im Erteilungsverfahren findet - anders als im Einspruchsverfahren (§ 59 Abs. 3 PatG) - auf Antrag nur dann eine Anhörung statt, wenn sie sachdienlich ist. Erachtet die Prüfungsstelle die Anhörung nicht als sachdienlich, so weist sie den Antrag zurück (§ 46 Abs. 1 Satz 2 und 4 PatG).
Die Ermessensentscheidung der Prüfungsstelle, von der „vorsorglich“ beantragten Anhörung abzusehen, kann nicht als fehlerhaft angesehen werden.
Der Prüfungsbescheid vom 9. September 2002 ist unter Nennung von neun Druckschriften detailliert auf das Prüfungsergebnis der Patentfähigkeit der 34 Patentansprüche, davon 12 nebengeordneten Patentansprüche eingegangen und hat zahlreiche Unklarheiten und Mängel auch der 155 Beschreibungsseiten aufgeführt. Insbesondere ist begründet worden, weshalb der Patentanspruch 1 durch die Druckschrift 1 neuheitsschädlich getroffen wird. Der Prüfer hat nur die nebengeordneten Patentansprüche 17, 18, 22 und 33 als patentfähig beurteilt. Er hat jedoch darauf hingewiesen, dass die Anmeldung drei inhaltlich deutlich verschiedene Gruppen von Erfindungen umfasse, die nicht erkennen ließen, dass sie eine allgemeine erfinderische Idee verwirklichten, und deshalb das Gebot der Einheitlichkeit der Erfindungen gemäß § 34 Abs. 5 PatG nicht erfüllten. Die erste Gruppe „Laserstrahlemissionskopf“ beinhalte die Patentansprüche 1 bis 5, die zweite Gruppe „Vorsorgewartungs-/Reparatur-Vorrichtung“ die Patentansprüche 6 bis 9 und 22 bis 34 sowie die dritte Gruppe „Lichtübertragungsvorrichtung und ein Verfahren zum Justieren einer solchen“ die Patentansprüche 10 bis 21. Im Prüfungsbescheid sind zwei Vorschläge unterbreitet worden, nämlich zum einen die Vorsorgewartungs-/Reparatur-Vorrichtung nach Patentanspruch 22 zum Patentanspruch 1 werden zu lassen und sämtliche anderen Patentansprüche nachzuordnen oder zum anderen lediglich den die Vorsorgewartungs-/Reparatur-Vorrichtung betreffenden Teil in dieser Anmeldung aufrechtzuerhalten und die restlichen, die beiden anderen Gruppen von Erfindungen betreffenden Teile, auszuscheiden und in getrennten Anmeldungen weiterzuverfolgen. Für die - unter Berücksichtigung dieser beiden möglichen Verfahrensweisen - in Aussicht gestellte Erteilung seien neben den entsprechend überarbeiteten Ansprüchen das Prüfungsergebnis berücksichtigende Beschreibungsteile erforderlich. Der Prüfer hat die Anmelderin letztlich darauf hingewiesen, dass mit der Zurückweisung der Anmeldung zu rechnen sei, wenn die Patentierungshindernisse ohne triftigen Grund nicht vollständig behoben würden.
Die Anmelderin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 21. Mai 2003 neue Patentansprüche 1 bis 5 eingereicht, „die die bisherigen Patentansprüche ersetzen“. Sie hat dazu vorgetragen, die neuen Patentansprüche 1 bis 5 entsprächen im Wesentlichen den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 5, wobei Bezugszeichen eingesetzt und die Rückbezüge der Ansprüche 3 bis 5 angepasst worden seien. Im Patentanspruch 1 gebe es gegenüber der Druckschrift D 1 ein abweichendes Merkmal, das aus den Fig. 3 und 4 in Verbindung mit Fig. 2 erkennbar sei. Sie bitte, die Überarbeitung der Beschreibung zurückzustellen, bis die Erteilung eines Patents in Aussicht gestellt werde. Auf die Gegenstände der Ansprüche 6 bis 34 werde nicht verzichtet. Sollte die Prüfungsstelle wider Erwarten die Zurückweisung der Anmeldung ohne Erlass eines weiteren Bescheides beabsichtigten, werde vorsorglich die Anberaumung einer Anhörung beantragt.
Die sehr kurze Stellungnahme der Anmelderin hat der Prüfungsstelle deutlich gezeigt, dass sich die Anmelderin mit dem ausführlichen und umfassenden Prüfungsbescheid nur in geringfügigem Umfang befasst hat. Sie hat keinerlei Bemühungen erkennen lassen, die zahlreichen beanstandeten Unklarheiten, Mängel und Schutzhindernisse auszuräumen. Auch die Patentansprüche 1 bis 5 sind praktisch unverändert stehen geblieben. Was mit den Patentansprüchen 6 bis 34 geschehen solle, blieb offen. Die 155 Seiten lange Beschreibung ist in keinem Punkt korrigiert worden. Auf die sachdienlichen Vorschläge und die Beanstandung der fehlenden Einheitlichkeit ist die Anmelderin mit keinem Wort eingegangen. Kein einziger der als nicht patentfähig beurteilten Patentansprüche ist gestrichen worden. Auch Hilfsanträge wurden von der Anmelderin nicht in Betracht gezogen. Rechtsfragen, die zu diskutieren wären, sind von der Anmelderin nicht aufgeworfen worden.
Das Verhalten der Anmelderin war mit ihrer Verfahrensförderungspflicht nicht zu vereinbaren. Eine Anhörung hätte ohne erkennbare Mitwirkungsabsicht der Anmelderin keine zum Verfahrensabschluss geeigneten Ergebnisse, sondern nur eine verfahrensökonomisch nicht vertretbare Verfahrensverzögerung erwarten lassen.
2. Die erstmalige Nennung der dem Patentanspruch 1 entgegengehaltenen Druckschriften D 10, D 11 und D 12 im Zurückweisungsbeschluss verletzt hier nicht das Recht der Anmelderin auf rechtliches Gehör.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) besagt hier, dass die Zurückweisung nur auf Umstände gegründet werden darf, die dem Anmelder zuvor mitgeteilt worden waren, und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich dazu zu äußern (§ 48 Satz 2 PatG i. V. m. § 42 Abs. 3 Satz 2 PatG).
Die Prüfungsstelle hat jedoch ihren Zurückweisungsbeschluss vom 9. September 2005 ausdrücklich nicht mit den Druckschriften D 10, D 11, D 12 begründet, sondern sie lediglich ergänzend informativ mitgeteilt (vgl. Abschnitt II. 3. letzter Absatz). Auf die Einführung dieser Druckschriften sei verzichtet worden, da bereits die Druckschrift 1 der Patenterteilung entgegengestanden habe.