Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 21.08.2012


BPatG 21.08.2012 - 10 W (pat) 701/09

Geschmacksmusterbeschwerdeverfahren – "Folienbeutelaufdrucke" - angemeldetes Muster besteht nahezu ausschließlich aus der Abbildung einer 100 Euro-Banknote - Ausschluss vom Geschmacksmusterschutz wegen missbräuchlicher Benutzung eines Hoheitszeichens bzw. sonstigen Zeichens von öffentlichem Interesse – zur Frage der Missbräuchlichkeit: keine Berücksichtigung des möglichen Gebrauchszwecks des Musters (hier: Aufdruck auf Folienbeutel, der zur Aufnahme von Flüssigkeiten bestimmt ist) soweit dieser nicht im Muster selbst abgebildet ist


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsdatum:
21.08.2012
Aktenzeichen:
10 W (pat) 701/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
§ 3 Abs 1 Nr 4 GeschmMG

Leitsätze

Folienbeutelaufdrucke

Ein angemeldetes Muster, das nahezu ausschließlich aus der Abbildung einer 100 Euro-Banknote besteht, ist wegen missbräuchlicher Benutzung eines Hoheitszeichens bzw. sonstigen Zeichens von öffentlichem Interesse nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG vom Geschmacksmusterschutz ausgeschlossen. Der mögliche Gebrauchszweck des Musters (hier: Aufdruck auf Folienbeutel, der zur Aufnahme von Flüssigkeiten bestimmt ist) ist, auch wenn hierdurch ein hinreichender Abstand zum hoheitlichen Zeichen gewahrt wäre, bei der Frage der Missbräuchlichkeit nicht zu berücksichtigen, soweit dieser nicht im Muster selbst abgebildet ist.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Geschmacksmusteranmeldung 40 2009 001 569.2

hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 21. August 2012 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und den Richter Prof. Dr. Dr. Ensthaler

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin hat am 28. März 2009 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) einen Antrag auf Eintragung eines Geschmacksmusters gestellt, unter der Erzeugnisangabe, dass es sich um "Folienbeutelaufdrucke" handle. Die beiden (hier verkleinert wiedergegebenen) schwarz-weißen Musterdarstellungen

Abbildung

Abbildung

2

zeigen die Vorder- und Rückseite einer 100 Euro-Banknote mit Abwandlungen. Architekturstil, Copyrightvermerk der Europäischen Zentralbank, die Abbildung der Europafahne und die Sicherheitsmerkmale sind dem Originalgeldschein auf der Vorder- wie auf der Rückseite nachgebildet. Im Unterschied zum Originalgeldschein befindet sich auf den Musterdarstellungen jeweils am unteren Seitenrand eine Kerbe und der daneben gesetzte, in kleiner Schrift gehaltene Aufdruck "Hier aufreißen & trinken!", außerdem der zweizeilige Aufdruck "Williams e 20 ml - 40% vol." auf der Vorderseite des Geldscheins über der Angabe 100 EURO. Weiterer Unterschied zum Originalgeldschein ist der am Seitenrand auf der Vorder- und Rückseite abgedruckte Vermerk "Banknotengestaltungsentwurf ©Europäisches Währungsinstitut, 1997 - Europäische Zentralbank, 1998".

3

Die Geschmacksmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach vorherigem Zwischenbescheid die Anmeldung nach § 18, § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG durch Beschluss vom 5. Juni 2009 zurückgewiesen. Sie hat dies damit begründet, dass es sich bei den Geldscheinen um staatliche Hoheitszeichen handle, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG, Art. 6ter PVÜ von einem geschmacksmusterrechtlichen Schutz ausgeschlossen seien, sofern die hiermit versehenen Muster eine missbräuchliche Benutzung der Hoheitszeichen darstellten. Missbräuchlichkeit liege bereits dann vor, wenn das geschützte Hoheitszeichen, hier also die Banknote, in identischer oder jedenfalls in Form einer Nachahmung im heraldischen Sinne übernommen werde. Dies sei vorliegend der Fall, denn die verfahrensgegenständliche Gestaltung wahre den danach erforderlichen Abstand zum Original nicht. Sowohl das Motiv der 100 Euro-Banknote (Architekturstil Barock und Rokoko), der Aufdruck 100 EURO, der Copyright-Vermerk der Europäischen Zentralbank nebst Unterschrift, die Europaflagge und Sicherheitselemente wie das Spezialfolienelement würden weitestgehend identisch übernommen. Die abweichenden Elemente, namentlich der Hinweis "Hier aufreißen und trinken!" sowie die Angabe "Williams e 20ml 40% vol.", führten nicht hinreichend von dem Originalgeldschein weg. Vielmehr träten die heraldischen Elemente, zu denen insbesondere auch die Europaflagge als eigenständiges Hoheitszeichen zähle, so deutlich in Erscheinung, dass diese dem Zeichen im Gesamteindruck eine hoheitliche Anmutung verliehen.

4

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde und beantragt,

5

den Beschluss der Geschmacksmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Juni 2009 aufzuheben und das Muster einzutragen.

6

Zur Begründung trägt sie vor, die eingereichte Wiedergabe des angemeldeten Musters weise eine Kerbe zum Aufreißen mit dem ausdrücklichen Hinweis "Hier aufreißen und trinken!" und "Williams e 20 ml - 40 % vol." auf. Dies seien eindeutige Hinweise auf den Gebrauchszweck des Musters, nämlich dass es sich um den Aufdruck eines Folienbeutels zur Aufnahme alkoholischer Getränke handle. Der Gebrauchszweck des Musters stehe damit im Vordergrund. Deshalb werde gerade kein ausschließliches Nutzungsrecht an einem Hoheitszeichen, hier an einem gesetzlichen Zahlungsmittel, beansprucht. Im übrigen sei bei der eingereichten Musterwiedergabe erkennbar, dass es sich bei der Darstellung der 100 Euro-Banknote um die Oberfläche eines Beutels handle; die Folie sei nämlich jeweils unterhalb der Angabe "Hier aufreißen & trinken!" erkennbar. Somit komme eine Zurückweisung der Anmeldung nach § 18 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG nicht in Betracht, da es nach der Rechtsprechung zulässig sei, gesetzliche Zahlungsmittel auf Produkten mit deutlich abweichendem Gebrauchszweck abzubilden, und auch vorliegend sei das gesetzliche Zahlungsmittel auf einem Produkt mit deutlich abweichendem Gebrauchszweck aufgebracht, nämlich auf einem Folienbeutel zur Aufnahme von alkoholischen Getränken. Ebenso wenig liege damit ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung vor, wobei auf die zu § 7 Abs. 1 GeschmMG a.F. ergangene Rechtsprechung, insbesondere die BGH-Entscheidung "Schlüsselanhänger" zu verweisen sei. Der von einem Zahlungsmittel deutlich abweichende Gebrauchszweck des Gegenstands der Anmeldung sei eindeutig erkennbar.

II.

7

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Anmeldung ist zu Recht nach § 18, § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG zurückgewiesen worden.

1.

8

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG sind Muster vom Geschmacksmusterschutz ausgeschlossen, die eine missbräuchliche Benutzung eines der in Artikel 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums aufgeführten Zeichen oder von sonstigen Abzeichen, Emblemen und Wappen von öffentlichem Interesse darstellen. Mit dieser Bestimmung wird Art. 11 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen vom 13. Oktober 1998 (ABlEG Nr. L 289 v. 28.10.1998, 28 ff., BlPMZ 1999, 24 und 2004, 260) umgesetzt. Sie soll es erleichtern, Zeichen von öffentlichem Interesse von einer Monopolisierung durch das Geschmacksmuster auszuschließen, nachdem die Abwehr der Benutzung solcher Zeichen nach bisherigem Recht (§ 7 Abs. 2 GeschmMG in der bis zum 31. Mai 2004 geltenden Fassung) auf die Generalklausel eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten beschränkt war (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Geschmacksmusterrechts BlPMZ 2004, 222, 229 re. Sp.).

a)

9

Bei den in Art. 6ter PVÜ aufgeführten Zeichen, auf die § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG verweist, handelt es sich im wesentlichen (Art. 6ter Abs. 1 Buchst. a) um Wappen, Flaggen und "andere staatliche Hoheitszeichen". Unter letzteren werden Symbole verstanden, die ein Staat als Hinweis auf seine Staatsgewalt öffentlich und autoritativ verwendet (vgl. Eichmann/von Falckenstein, GeschmMG, 4. Aufl., § 3 Rdn. 23; ebenso zu § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 645, jeweils m. w. N.; vgl. auch BPatG Mitt. 2001, 229 - Polizei-Effekt-Lackierung). Dass damit auch gesetzliche Zahlungsmittel gemeint sind, ist bei der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG, die ebenfalls Hoheitszeichen von Eintragung ausschließt, herrschende Ansicht (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 645; BGH GRUR 2003, 707 Tz. 15 - DM-Tassen; GRUR 2003, 705 Tz. 18 - Euro-Billy). Da der markenrechtliche Ausschluss von Hoheitszeichen auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. h der Markenrichtlinie (AblEU Nr. L 299 v. 8.11.2008, BlPMZ 2009, 4) zurückgeht, der wiederum auf Art. 6ter PVÜ Bezug nimmt (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 629), ist kein Grund gegeben, dies beim geschmacksmusterrechtlichen Ausschluss von Hoheitszeichen nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG anders zu beurteilen (vgl. Eichmann/von Falckenstein, a. a. O., Rdn. 23; noch offen gelassen in den Senatsbeschlüssen BPatG GRUR 2002, 337 - Schlüsselanhänger; BPatGE 44, 148 - Tassen mit Gelddarstellungen). Bei Euro-Banknoten handelt es sich um ein gesetzliches Zahlungsmittel (vgl. VO (EG) Nr. 974/98 v. 3.5.1998 über die Einführung des Euro, ABlEG Nr. L 139 v. 11.5.1998, S. 1 i. V. m. Art. 3 Drittes Euro-Einführungsgesetz v. 16.12.1999, BGBl I Nr. 55, 2402; BGH GRUR 2003, 708 Tz. 16 - Schlüsselanhänger; BGH, Urt. v. 20.3.2003, I ZB 2/02 Tz. 15, in juris).

b)

10

Darüber hinaus können Euro-Banknoten aber auch unter die in § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG genannten, vom Verweis auf Art. 6ter PVÜ nicht erfassten "sonstigen Abzeichen, Embleme und Wappen von öffentlichem Interesse" subsumiert werden (vgl. Eichmann/von Falckenstein, a. a. O., § 3 Rdn. 25). Euro-Banknoten enthalten Aufdrucke wie Copyright-Vermerk der Europäischen Zentralbank nebst Unterschrift, Europaflagge und Sicherheitselemente, die sie als staatlich bzw. supranational autorisierte und staatlich bzw. supranational geschützte Wertpapiere und somit als sonstige Zeichen im öffentlichen Interesse erscheinen lassen.

c)

11

Die für den Verbotstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG weiter erforderliche missbräuchliche Benutzung der Hoheitszeichen bzw. Zeichen von öffentlichem Interesse durch das Geschmacksmuster wird anzunehmen sein, wenn der irreführende Anschein eines Bezugs des Musters zu staatlichen Stellen oder eine Ausgabe durch solche Stellen erweckt wird (in Anlehnung an die in Art. 6ter Abs. 1 Buchst. c PVÜ enthaltene Bestimmung, wonach die Verbandsländer nicht gehalten sind, die Bestimmungen anzuwenden, falls die Benutzung oder Eintragung offenbar nicht geeignet ist, das Publikum über das Bestehen einer Verbindung zwischen dem Benutzer und der Organisation irrezuführen). Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, bei denen darauf abzustellen ist, wie das Hoheitszeichen im Rahmen der Mustergestaltung konkret verwendet ist (vgl. BPatG GRUR 2002, 337 - Schlüsselanhänger; Eichmann/von Falckenstein, a. a. O., § 3 Rdn. 26 ff.). Entscheidend ist hierbei das Muster, wie es durch § 37 Abs. 1 GeschmMG geschützt ist, demnach nur hinsichtlich der Erscheinungsmerkmale, die in der Anmeldung sichtbar wiedergegeben sind. Besteht insoweit Identität oder eine zumindest weitgehende Übereinstimmung zwischen Hoheitszeichen und Geschmacksmuster, liegt eine missbräuchliche Übernahme vor, weil durch ein im Privatinteresse gewährtes Monopol in den Schutzbereich eines im öffentlichen Interesse geschaffenen Hoheitszeichens eingegriffen würde. Die identische oder nahezu identische Übernahme hoheitlicher Zeichen ist auch ohne Hinzutreten weiterer zur Begründung von Missbräuchen geeigneter Umstände missbräuchlich, weil die hoheitliche Zweckbestimmung der Zeichen eine Verwendung zur Verfolgung einzelner privater Interessen ausschließt.

2.

12

Hiervon ausgehend ist das angemeldete Muster ein solches, das eine missbräuchliche Benutzung eines Hoheitszeichens bzw. eines sonstigen Zeichens von öffentlichem Interesse darstellt. Das angemeldete Muster enthält eine einer echten 100 Euro-Banknote fast identische Gestaltung.

a)

13

Die entsprechenden charakteristischen Merkmale der 100 Euro-Banknote hat die Geschmackmusterstelle zutreffend benannt. Die vom Originalgeldschein abweichenden Elemente, die im Tatbestand aufgeführt sind, bleiben in Größe und Schriftbild und in der Gesamtgestaltung völlig im Hintergrund. Sie sind weder für sich genommen noch insgesamt dazu geeignet, einen Abstand vom Originalgeldschein erkennen zu lassen. Entgegen der Auffassung der Anmelderin ist der Musterwiedergabe - und nur die der Wiedergabe entnehmbare Offenbarung ist Gegenstand der Schutzfähigkeitsprüfung (vgl. Eichmann/von Falckenstein, a. a. O., § 11 Rdn. 26) - eine über die Darstellung der Vorder- und Rückseite eines Geldscheins hinausgehende Gestaltung ist nicht zu entnehmen. Dass das Muster die Form eines Behältnisses zur Aufnahme von Flüssigkeiten hat, ist nicht erkennbar. Die die Geldscheinabbildung begrenzenden Linien weisen zwar Schattierungen auf, die aber nicht einmal auch nur vage Hinweise auf eine Verpackungshülse geben, die von der Vorder- und der Rückseite des Geldscheins umschlossen werden.

b)

14

Weder die im Antragsvordruck enthaltene Erzeugnisangabe "Folienbeutelaufdrucke", die nach § 11 Abs. 5 GeschmMG keinen Einfluss auf den Schutzumfang hat, noch auf der Musterwiedergabe enthaltene Beschriftungen sind geeignet, den Schutzgegenstand über das Sichtbare hinaus zu erweitern. Die sichtbaren Beschriftungen wie "Hier aufreißen und trinken!" und "Williams e 20 ml - 40% vol." deuten zwar auf den Verwendungszweck der Darstellung, nämlich einen Folienaufdruck für Getränkebehälter, hin, damit wird der Folienbeutel aber nicht zum sichtbaren Bestandteil der Gestaltung. Nach dem Gesamteindruck ist somit festzustellen, dass das vorliegende Muster nahezu ausschließlich aus der 100 Euro-Banknote, einem Hoheitszeichen bzw. einem sonstigen Zeichen von öffentlichem Interesse, besteht. In solchen Fällen ist wegen des Inhalts und des Umfangs des musterrechtlichen Schutzbereiches, wie unter 1.c) ausgeführt, eine missbräuchliche Benutzungsmöglichkeit in jedem Fall gegeben.

3.

15

Der von der Anmelderin hervorgehobene Gesichtspunkt, dass der Gebrauchszweck ihres angemeldeten Musters nicht im Bereich des Zahlungsverkehrs liege, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen.

16

Die möglichen Gebrauchseigenschaften, auch wenn durch diese ein hinreichender Abstand zu der Originalgestaltung gewahrt wäre, sind bei der Frage nach der Missbräuchlichkeit nicht zu berücksichtigen, soweit diese Eigenschaften nicht im Muster selbst abgebildet sind. Durch das Geschmackmustergesetz wird dem Berechtigten eine Monopolstellung am Muster, so wie es eingetragen wird, gewährt; dass das Muster bei seiner Nutzung dann evtl. noch mit weiteren, bestimmte Gebrauchszwecke fördernden, Gestaltungen versehen wird, muss für die Beurteilung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG unerheblich sein, weil diese Nutzung das einmal durch den geschmacksmusterrechtlichen Schutz gewährte Monopol nicht mehr einschränken würde (vgl. BGH GRUR 1996, 57, Rdn. 31 – Spielzeugauto).

17

Nur bei größeren, d. h. jedenfalls nicht nur marginalen Abweichungen des Musters vom Hoheitszeichen kann der Anmelder deshalb mit seiner Einschätzung gehört werden, dass es nicht zu Verwechslungen im geschäftlichen Verkehr kommen werde (vgl. Eichmann/von Falkenstein, a. a. O., § 3 Rdn. 26). Nur insofern ist dieser Einwand im Hinblick auf § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG schlüssig, weil bei einem größeren Abstand der Anmeldung zum Originalhoheitszeichen die Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sein kann und deshalb auch kein Missbrauch vorliegt. Der Ausschluss der Verwechslungsgefahr kann in diesen Fällen mit den geplanten bzw. wahrscheinlichen Verwendungen des Musters begründet werden. Dies ist aber in einem Fall wie hier nicht möglich, wenn der mit der Anmeldung begehrte Schutz und das hoheitliche Zeichen identisch sind bzw. nur marginal voneinander abweichen.

4.

18

Auch soweit sich die Anmelderin auf die zum früheren Geschmacksmusterrecht ergangene Rechtsprechung zur dekorativen Abbildung von Zahlungsmitteln auf Gebrauchsgegenständen (vgl. z. B. BGH GRUR 2003, 707 - DM-Tassen; GRUR 2003, 705 - Euro-Billy) beruft, vermag dies hier zu keiner anderen Beurteilung zu führen. Ob man diese Rechtsprechung zur Auslegung der in § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG vorauszusetzenden missbräuchlichen Verwendung heranziehen kann, ist fraglich. Denn nach der dort anwendbaren Fassung des § 7 Abs. 2 GeschmMG kam es auf einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung an, der voraussetzte, dass durch das Muster die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens oder die tragenden Grundsätze der Rechtsordnung in Frage gestellt werden (BGH a. a. O.). Diese hohen Hürden finden sich im Ausschlusstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG nicht, zumal nach dem Zweck der Vorschrift (siehe unter 1.) die Abwehr der Benutzung von Zeichen von öffentlichem Interesse erleichtert werden sollte. Selbst wenn man jedoch diese Rechtsprechung auch für die Auslegung der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG heranzieht, führt dies hier im Ergebnis zu keiner anderen Beurteilung. In den genannten Entscheidungen wird maßgebend darauf abgestellt, dass die gesetzlichen Zahlungsmittel dekorativ auf Gebrauchsgegenständen verwendet werden. Da im vorliegenden Fall nach der allein maßgeblichen Musterwiedergabe ein vom Hoheitszeichen wegführender Gebrauchsgegenstand nicht zu erkennen ist, liegt kein vergleichbarer Sachverhalt vor.

5.

19

Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 23 Abs. 3 GeschmMG i. V. m. § 100 Abs. 2 PatG zugelassen, da zur Auslegung von § 3 Abs. 1 Nr. 4 GeschmMG noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen ist.