Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 04.06.2012


BPatG 04.06.2012 - 10 W (pat) 28/09

Patentbeschwerdeverfahren – "Befestigungsvorrichtung einer Ausstattung in Schienen Standard-Luftfahrtanwendung" - Wiedereinsetzungsverfahren – Notwendigkeit der Bestellung eines Inlandsvertreters für die Beschwerdeeinlegung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsdatum:
04.06.2012
Aktenzeichen:
10 W (pat) 28/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 603 11 161 (EP 1 342 662)

wegen Wiedereinsetzung

hier: fehlender Inlandsvertreter

hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 4. Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und den Richter Eisenrauch

beschlossen:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

1

Auf die am 7. März 2003 eingereichte Anmeldung wurde dem Patentinhaber, dessen Wohnsitz sich in Frankreich befindet, mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland das europäische Patent 1 342 662 mit der Bezeichnung "Befestigungsvorrichtung einer Ausstattung in Schienen sStandard-Luftfahrtanwendung" erteilt. Das in der Verfahrenssprache Französisch vom Europäischen Patentamt am 17. Januar 2007 veröffentlichte Patent wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 603 11 161 geführt.

2

Das Deutsche Patent- und Markenamt wies mit Bescheid vom 17. Januar 2007, der unmittelbar an den Patentinhaber gerichtet war, darauf hin, dass innerhalb einer Frist von drei Monaten eine deutsche Übersetzung der Patentschrift einzureichen und eine Gebühr von 150,- € für deren Veröffentlichung zu entrichten sei, falls die gesamte europäische Patentschrift nicht in deutscher Sprache veröffentlicht worden sei. Mit weiterem Bescheid vom 17. Oktober 2007 unterrichtete das Patentamt den Patentinhaber davon, dass wegen Nichterfüllung der vorgenannten Erfordernisse die Wirkungen des europäischen Patents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gelten; auf die Möglichkeit zur Wiedereinsetzung wurde hingewiesen.

3

Mit Schreiben vom 28. Januar 2008, beim Patentamt eingegangen am 31. Januar 2008, hat der Patentinhaber Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt und zur Begründung vorgetragen, er habe sich wegen zu hoher Gebühren von seinem Patentanwalt getrennt und bekomme deshalb keine Rechnungen mehr. Eine deutsche Übersetzung der Patentschrift ist nicht eingereicht worden, ebenso wenig ist die Zahlung der Veröffentlichungsgebühr von 150,- € erfolgt. Stattdessen hat der Patentinhaber am 31. Januar 2008, wie in seinem Schreiben vom 28. Januar 2008 angekündigt, einen Betrag von 140,- € gezahlt, bestimmt für die Zahlung der 5. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag.

4

Das Deutsche Patent- und Markenamt - Patentabteilung 22 - hat nach vorausgegangenem Zwischenbescheid durch Beschluss vom 1. Juli 2009 den Antrag des Patentinhabers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, es müsse davon ausgegangen werden, dass die Frist durch Verschulden des Patentinhabers versäumt worden sei. Es obliege dem Einzahler, Gebühren, von deren Entrichtung die Wirksamkeit einer Verfahrenshandlung abhänge, rechtzeitig und in richtiger Höhe zu entrichten. Darüber hinaus sei auch kein Hindernis zu erkennen, welches den Patentinhaber nach Erhalt der patentamtlichen Mitteilung vom 17. Januar 2007 an der Fristeinhaltung gehindert hätte. Selbst wenn man von einem Wegfall des Hindernisses erst mit Erhalt der weiteren patentamtlichen Mitteilung vom 17. Oktober 2007 ausginge, sei der Wiedereinsetzungsantrag verspätet, zudem fehle es an der Nachholung der versäumten Handlung; bislang sei weder die Übersetzung eingereicht noch die Veröffentlichungsgebühr gezahlt worden.

5

Mit Schreiben vom 31. August 2009, eingegangen am 2. September 2009, hat sich der Patentinhaber mit einem in französischer Sprache gehaltenen Schreiben gegen den Beschluss gewandt und gebeten, ihn wieder in seine Rechte einzusetzen.

6

Mit der Anlage zu den gerichtlichen Bescheiden vom 29. Januar 2010 und 12. März 2010 ist der Patentinhaber unter Mitteilung des Wortlauts von § 25 Abs. 1 und 2 PatG aufgefordert worden, binnen Monatsfrist nach Erhalt des Schreibens einen Inlandsvertreter zu bestellen. Die Bestellung eines Inlandsvertreters ist dem Bundespatentgericht bislang aber nicht angezeigt worden.

II.

7

Die Beschwerde ist unzulässig, da es der in Frankreich ansässige Patentinhaber als Beschwerdeführer trotz Aufforderung unterlassen hat, einen Inlandsvertreter zu bestellen.

8

Die Obliegenheit zur Bestellung eines Inlandsvertreters ergibt sich aus § 25 Abs. 1 PatG. Nach dieser Vorschrift kann, wer im Inland weder Wohnsitz, Sitz noch Niederlassung hat, an einem im Patentgesetz geregelten Verfahren vor dem Patentamt oder dem Patentgericht nur teilnehmen, wenn er im Inland einen Rechtsanwalt oder Patentanwalt als Vertreter bestellt hat. Unter den in § 25 Abs. 2 PatG genannten Voraussetzungen können auch Rechts- oder Patentanwälte aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum als Inlandsvertreter bestellt werden. Bei dem Erfordernis der Inlandsvertreterbestellung handelt es sich um eine verfahrensrechtliche Voraussetzung für den sachlichen Fortgang des Verfahrens. Fehlt der Inlandsvertreter, stellt dies ein behebbares Verfahrenshindernis dar, so dass der Auswärtige zunächst aufgefordert wird, diesen Mangel durch Bestellung eines Inlandsvertreters zu beheben. Wenn er - wie hier - dieser Aufforderung nicht nachkommt, wird im Beschwerdeverfahren seine Beschwerde verworfen (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 25 Rdn. 50, § 97 Rdn. 3).

9

Die Voraussetzungen für die Notwendigkeit eines Inlandsvertreters liegen hier vor. Der Patentinhaber hat seinen Wohnsitz nicht im Inland, sondern in Frankreich. Mit seinem Schreiben vom 31. August 2009, das seinem Inhalt nach als Beschwerdeeinlegung gegen den Beschluss des Patentamts vom 1. Juli 2009 anzusehen ist, ist ein Beschwerdeverfahren und damit ein Verfahren im Sinne von § 25 Abs. 1 PatG eingeleitet worden, das die Bestellung eines Inlandsvertreters erfordert (vgl. auch Schulte, a. a. O., § 25 Rdn. 19). Ein solcher wäre im übrigen bereits im Verfahren vor dem Patentamt zu bestellen gewesen. Zwar bedarf die Einreichung einer deutschen Übersetzung eines nicht in deutscher Sprache erteilten europäischen Patents nach Art. II § 3 Abs. 1 IntPatÜG (in der bis zum 30. April 2008 geltenden Fassung) sowie die Zahlung der Veröffentlichungsgebühr - beide Erfordernisse gelten für Altfälle wie hier, in denen die Patenterteilung vor dem 1. Mai 2008 veröffentlicht worden ist, weiter (Art. XI § 4 IntPatÜG, vgl. auch BGH GRUR 2011, 1053 - Ethylengerüst) - grundsätzlich keines Inlandsvertreters (vgl. Schulte, a. a. O., § 25 Rdn. 16, 20). Aber der Patentinhaber hat, nachdem er beide Handlungen versäumt hat, Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt, und ein Wiedereinsetzungsverfahren stellt ein Verfahren im Sinne von § 25 Abs. 1 PatG dar, das eines Inlandsvertreters bedarf (vgl. Schulte, a. a. O., § 25 Rdn. 19).

10

Die Notwendigkeit der Bestellung eines Inlandsvertreters entfällt auch nicht mit Rücksicht auf die Regelung des § 25 Abs. 4 PatG, wonach die rechtsgeschäftliche Beendigung der Bestellung eines Vertreters nach § 25 Abs. 1 PatG erst wirksam wird, wenn sowohl diese Beendigung als auch die Bestellung eines anderen Vertreters gegenüber dem Patentamt oder dem Patentgericht angezeigt wird. Der Patentinhaber hat zwar im Wiedereinsetzungsantrag vorgetragen, dass er sich von seinem Anwalt getrennt habe, doch ist dieser bisherige Anwalt zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt als Inlandsvertreter nach § 25 Abs. 1 PatG benannt gewesen. Der bisherige Anwalt fällt daher nicht unter die Regelung des § 25 Abs. 4 PatG.

11

Die trotz Aufforderung und Fristsetzung unterlassene Bestellung eines Inlandsvertreters nach § 25 Abs. 1 PatG führt zur Unzulässigkeit der Beschwerde. Diese war daher zu verwerfen. Nur ergänzend sei angemerkt, dass die Beschwerde auch in der Sache schon deswegen keinen Erfolg hätte haben können, da, wie schon das Patentamt zutreffend festgestellt hat, die versäumten Handlungen, nämlich die Einreichung einer deutschen Übersetzung des Patents und die Zahlung der Veröffentlichungsgebühr, nicht nachgeholt wurden und im Hinblick auf die Ausschlussfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG auch nicht mehr nachgeholt werden können.