Entscheidungsdatum: 16.05.2012
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. Juni 2010 - 11 Sa 1434/09 - aufgehoben.
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20. Oktober 2009 - 11 Ca 1432/09 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Parteien streiten über die Weiterzahlung der Zulage für Angestellte im Schreibdienst nach Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT in der bis zum 31. Dezember 1983 geltenden Fassung (zukünftig: Funktionszulage Schreibdienst) und über die Berechtigung der Beklagten, tarifliche Entgelterhöhungen auf diese Zulage anzurechnen.
Die Klägerin ist seit dem 16. Juni 1980 für die Beklagte tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung.
Zum Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin hatten im Schreibdienst tätige Angestellte der VergGr. VII bzw. VIII nach den Protokollnotizen Nr. 3 bzw. Nr. 6 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Funktionszulage in Höhe von 8 vH der Anfangsgrundvergütung. Die Anlagen 1a und 1b zum BAT (Vergütungsordnung) sind mit Wirkung zum 31. Dezember 1983 gekündigt worden. Von der mit Wirkung vom 1. Januar 1991 erfolgten Wiederinkraftsetzung der Anlage 1a waren die Regelungen für Angestellte im Schreib- und Fernschreibdienst (Teil II Abschn. N der Anlage 1a zum BAT) einschließlich der streitgegenständlichen Protokollnotizen ausgenommen. Mit Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 2. September 1986 (D III 1 - 220 254/9) ist die allgemeine Genehmigung erteilt worden, unter bestimmten Voraussetzungen die Funktionszulagen Schreibdienst außertariflich zu zahlen. Mit Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 24. Februar 1997 (D II 4 - 220 254/9) ist die Ermächtigung zur Vereinbarung entsprechender Nebenabreden und zur übertariflichen Zahlung der Funktionszulagen mit sofortiger Wirkung für Angestellte, mit denen im Zusammenhang mit der Einstellung neue Arbeitsverträge geschlossen werden, widerrufen worden.
Mit Wirkung zum 1. November 1989 übertrug die Beklagte der Klägerin den Dienstposten einer Schreibkraft beim Luftwaffenunterstützungskommando in Köln. In der Verfügung der Beklagten vom 10. November 1989 heißt es auszugsweise:
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„Die von Ihnen wahrzunehmenden Aufgaben sind lt. beigefügter Tätigkeitsdarstellung der VergGrp VII Fallgruppe 3 Teil II Abschnitt N Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT zuzuordnen. Gleichzeitig bleiben Sie in dieser Vergütungsgruppe tarifgerecht eingruppiert. |
Gleichzeitig gewähre ich Ihnen in Anwendung der Protokollnotiz Nr. 3 zur VergGrp VII/3/II/N/I der Anlage 1a BAT mit Wirkung vom 01.11.1989 bis auf Weiteres eine monatliche Funktionszulage in Höhe von 8 v. H. der Anfangsgrundvergütung (§ 27 Abschnitt A Abs. 1 BAT) der Vergütungsgruppe VII BAT. |
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Diese Zulage kann jederzeit widerrufen werden. Sie wird Ihnen für die Dauer der Beschäftigung an dem Textverarbeitungssystem gezahlt.“ |
Die Parteien vereinbarten zudem am 10. November 1989 nachstehende Nebenabrede:
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„Die vertragschließenden Parteien sind sich darin einig, dass die Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II Abschnitt N Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT angewendet wird. |
Diese Nebenabrede mit den sich eventuell hieraus ergebenden Folgen tritt ab 01.11.1989 in Kraft.“ |
Seit dem 1. Oktober 2005 findet auf das Arbeitsverhältnis der TVöD in der für die Beschäftigten des Bundes geltenden Fassung Anwendung. Gemäß Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 10. Oktober 2005 werden nach Inkrafttreten des TVöD die Funktionszulagen für Schreibkräfte als außertarifliche persönliche Zulagen gewährt und soll bei Entgelterhöhungen eine Anrechnung erfolgen. Die Beklagte rechnete zum 1. Januar 2008 einen Teil einer tariflichen Entgelterhöhung an und kürzte die Zulage um monatlich 17,97 Euro.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Funktionszulage habe ihr zum Zeitpunkt der Überleitung in den TVöD sowohl tariflich wie auch nach Maßgabe der Nebenabrede zugestanden; zudem sei eine Kürzung nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw ausgeschlossen. Sie hat mit dem Zahlungsantrag die Differenzbeträge für den Zeitraum von Januar 2008 bis November 2009 geltend gemacht.
Die Klägerin hat beantragt,
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1. |
die Beklagte zu verurteilen, an sie 413,31 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen; |
2. |
festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, allgemeine tarifliche Entgelterhöhungen auf die Funktionszulage anzurechnen. |
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der die bisherigen Regelungen ablösende TVöD biete keine Grundlage mehr für die Gewährung einer Funktionszulage. Die Anrechnung der Entgelterhöhung auf die seit dem 1. Oktober 2005 gezahlte außertarifliche und persönliche Besitzstandszulage sei zulässig gewesen.
Arbeits- und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Fortzahlung der Funktionszulage Schreibdienst in voller Höhe. Die Beklagte war berechtigt, eine Tariferhöhung anzurechnen. Die Klage ist deshalb bezüglich beider Anträge unbegründet.
I. Die Regelungen des TVöD sehen einen Anspruch auf eine Funktionszulage Schreibdienst nicht vor.
II. Ein Anspruch ergibt sich nach Einführung des TVöD nicht aus der Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT.
1. Nach der Kündigung der Vergütungsordnung zum 31. Dezember 1983 und wegen der Nicht-Wiederinkraftsetzung des Abschn. N galten dessen Regelungen seit 1. Januar 1984 nur noch im Wege der Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG (vgl. BAG 13. Dezember 2000 - 10 AZR 689/99 - zu II 1 der Gründe, ZTR 2001, 269; noch offengelassen von BAG 23. April 1997 - 10 AZR 603/96 - zu II 2 b bb der Gründe, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 22 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 72). Durch die Einführung des TVöD (und des TV-L) ist die Struktur der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes vollständig umgestaltet worden; die Neugestaltung der tariflichen Situation diente ua. der Straffung, Vereinfachung und Transparenz des Tarifvertragssystems (vgl. die Prozessvereinbarung der Tarifvertragsparteien, abgedruckt in Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Januar 2012 Einleitung Rn. 7). Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund ersetzt der TVöD iVm. dem TVÜ-Bund für den Bereich des Bundes die in Anlage 1 TVÜ-Bund Teil A und Anlage 1 TVÜ-Bund Teil B aufgeführten Tarifverträge (einschließlich Anlagen) bzw. Tarifvertragsregelungen, soweit nicht im TVöD, dem TVÜ-Bund oder in den Anlagen ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Der BAT ist in Anlage 1 TVÜ-Bund Teil A unter Ziff. 1 ausdrücklich genannt, sodass er einschließlich seiner Anlagen durch den TVöD ersetzt worden ist, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist.
2. Im Hinblick auf die umfassende Neuregelung der Tarifverträge durch den TVöD sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die lediglich nachwirkende Tarifregelung des Teil II Abschn. N der Anlage 1a zum BAT von der Ersetzung ausgenommen ist. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien umfangreiche Regelungen dazu getroffen, ob und inwieweit die bisher vielfältig vorhandenen Zulagen auch zukünftig fortgezahlt werden sollen (vgl. dazu auch BAG 27. Oktober 2010 - 10 AZR 410/09 - ZTR 2011, 172 zu einer Auswärtszulage aus dem MTArb; 21. April 2010 - 10 AZR 303/09 - ZTR 2010, 403 zur Baustellenzulage im Bereich des TV-L). § 5 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Bund trifft dabei eine allgemeine Regelung im Hinblick auf Funktionszulagen. Diese sollten in das Vergleichsentgelt einfließen, soweit sie den Beschäftigten im September 2005 tarifvertraglich zugestanden haben und im TVöD nicht mehr vorgesehen sind (hierzu BAG 19. April 2012 - 6 AZR 622/10 -). Die Protokollerklärung zu Abs. 2 Satz 3 macht bis zum Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung hiervon Ausnahmen nur für Techniker-, Meister- und Programmiererzulagen. Diese werden für die vorhandenen Beschäftigten als persönliche Besitzstandszulage weitergezahlt. Aus der Tarifnorm ist der klare Wille erkennbar, alle Funktionszulagen mit Ausnahme der in der Protokollerklärung genannten Zulagen abzulösen. Dies korrespondiert mit umfangreichen Regelungen zu anderen Zulagenarten, so beispielsweise in § 9 TVÜ-Bund zu Vergütungsgruppenzulagen oder in § 2 Abs. 1 und Abs. 3 TVÜ-Bund iVm. der Anlage 1 TVÜ-Bund Teil B und Teil C für Zulagen, die in eigenen Tarifverträgen geregelt sind. Auch diese Regelungen weisen darauf hin, dass Zulagen nur bei ausdrücklicher Regelung fortbestehen sollten.
3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 17 TVÜ-Bund. Nach dieser Vorschrift gelten die §§ 22, 23 BAT/BAT-O einschließlich der Vergütungsordnung bis zum Inkrafttreten der Eingruppierungsvorschriften des TVöD (mit Entgeltordnung) weiter. Hiervon ist die Funktionszulage Schreibdienst nicht erfasst. Bei der Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT handelte es sich nicht um eine Eingruppierungsregelung, durch die die Einreihung in eine bestimmte Vergütungsgruppe bestimmt wurde oder die Voraussetzung für eine solche Einreihung war. Vielmehr stellt die Funktionszulage eine Vergütung für eine herausgehobene Tätigkeit dar, die den Tätigkeitsmerkmalen der nächsthöheren Vergütungsgruppe noch nicht entsprach, mit der Grundvergütung der innegehabten Vergütungsgruppe jedoch aus Sicht der Tarifvertragsparteien nicht angemessen bezahlt war (BAG 17. April 1996 - 10 AZR 617/95 - zu II 2 der Gründe, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 18).
III. Ein Anspruch auf ungekürzte Fortzahlung der Funktionszulage Schreibdienst ergibt sich nicht aus der Nebenabrede vom 10. November 1989. Mit der tariflichen Neuregelung durch den TVöD und dem damit verbundenen Entfall der Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT ist auch ein etwaiger Anspruch aus der Nebenabrede auf Zahlung der Funktionszulage Schreibdienst entfallen.
1. Bei der Nebenabrede handelt es sich um eine von der Beklagten gestellte vorformulierte Vertragsbedingung, die nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 5 EGBGB einer Kontrolle nach den Regelungen der §§ 305 ff. BGB unterliegt. Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51). Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 12, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18).
2. Das Landesarbeitsgericht hat die Nebenabrede nicht ausgelegt, weil es bereits die Ablösung der Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT durch Einführung des TVöD verneint hat. Der Senat kann die unterbliebene Auslegung selbst vornehmen, da alle wesentlichen Umstände vorgetragen sind und weiterer Vortrag nicht zu erwarten ist.
a) Nach dem Vertragswortlaut sind sich die Parteien darüber einig gewesen, dass die Protokollnotiz „angewendet“ wird. Nach diesem Wortlaut liegt nahe, dass die Parteien keinen vertraglichen Anspruch begründen, sondern lediglich deklaratorisch die Anwendung der Tarifregeln auf das Arbeitsverhältnis bestätigen wollten. Diese Auslegung wird gestützt durch die zeitgleich ergangene Verfügung der Beklagten vom 10. November 1989; danach wurde „in Anwendung“ der Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT eine Funktionszulage „gewährt“. Beabsichtigt war auch nach dieser Wortwahl Tarifvollzug, der durch die Nebenabrede schriftlich bestätigt wurde. Nach Entfall der (nachwirkenden) Tarifregelung bestand danach kein Anspruch mehr.
b) Nichts anderes gilt, wenn mit der Nebenabrede ein vertraglicher Anspruch begründet wurde. Auch dann hat sich die vereinbarte Rechtsfolge in der Anwendung der Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT erschöpft. Vertragsparteien können die Geltung einer Vereinbarung vom weiteren Bestand bestimmter Umstände abhängig machen. Das eröffnet ihnen die Möglichkeit, trotz der eingetretenen Rechtsbindung zukünftige Entwicklungen für den Bestand des Rechtsgeschäfts zu berücksichtigen. Es ist nicht erforderlich, den entsprechenden Vorbehalt ausdrücklich zu vereinbaren. Ein solcher kann sich durch Auslegung des Rechtsgeschäfts ergeben (vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 447/10 - Rn. 28, ZTR 2012, 282; 28. Januar 2009 - 4 AZR 904/07 - Rn. 16, AP BGB § 133 Nr. 56). Vereinbaren die Parteien „die Anwendung“ einer nachwirkenden tariflichen Vorschrift, so soll der Anspruch so lange bestehen, wie die tarifliche Regelung existiert. Für eine von den Parteien beabsichtigte Anwendung der tariflichen Regelung über ihren tariflich bestimmten Wegfall hinaus gibt es keine Anhaltspunkte.
aa) Mit diesem Verständnis ist die Nebenabrede nicht intransparent. Zwar kann sich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist, weil die Gefahr besteht, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt (vgl. BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Die Vereinbarung der „Anwendung“ einer tarifvertraglichen Regelung bringt aber deutlich zum Ausdruck, dass der Anspruch den tariflichen Fortbestand der Regelung zumindest kraft Nachwirkung voraussetzt. Ob eine tarifliche Neuregelung erfolgt ist, ist keine Frage der Transparenz.
bb) Die Nebenabrede ist nicht unangemessen benachteiligend. Es spricht vieles dafür, dass die Vereinbarung der Anwendung einer nachwirkenden tariflichen Regelung keiner Inhaltskontrolle unterliegt, da es am Abweichen von einer gesetzlichen Regelung iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB fehlt. Bei der Vereinbarung fand die ursprüngliche Tarifregelung kraft Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG (bei Bestehen beiderseitiger Tarifbindung) oder kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklausel (Gleichstellungsabrede) auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung. In beiden Fällen würden die Ansprüche enden, wenn die Rechtsnormen des abgelaufenen Tarifvertrags durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Eine solche andere Abmachung liegt in einem tariflichen Regelungssystem, das darauf gerichtet ist, die nachwirkende Regelung zu ersetzen (vgl. BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 789/07 - Rn. 30, BAGE 128, 175; 17. Januar 2006 - 9 AZR 41/05 - Rn. 24, BAGE 116, 366). Keinen anderen Inhalt hat eine Nebenabrede, in der die Anwendung einer bestimmten (existierenden) Regelung vereinbart wird.
cc) Hiervon abgesehen hält die Nebenabrede einer Inhaltskontrolle stand, da in ihr keine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt.
(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (st. Rspr., vgl. BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 27 f., BAGE 135, 239).
(2) Hiernach ist die Nebenabrede nicht unangemessen benachteiligend. Grundlage ihrer Vereinbarung war eine lediglich nachwirkende Tarifregelung, die gemäß § 4 Abs. 5 TVG durch eine andere Abmachung ersetzt werden durfte. Es ist unbedenklich, in dieser Situation durch entsprechende Gestaltung einer Vereinbarung ihre Rechtswirkung mit dem Inkrafttreten einer tarifvertraglichen Neuregelung enden zu lassen und dabei Beschäftigte unabhängig von ihrer Tarifgebundenheit einheitlich zu behandeln. Auch bei den Tarifgebundenen endet die Nachwirkung im Fall einer tarifvertraglichen Neuregelung.
IV. Die Beklagte war berechtigt, tariflich vereinbarte Entgelterhöhungen auf die ab 1. Oktober 2005 als übertarifliche Besitzstandszulage gezahlte (frühere) Funktionszulage Schreibdienst anzurechnen.
1. Ob eine Tariflohnerhöhung individualrechtlich auf eine übertarifliche Vergütung angerechnet werden kann, hängt von der zugrunde liegenden Vergütungsabrede ab. Haben die Arbeitsvertragsparteien dazu eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, gilt diese. Anderenfalls ist aus den Umständen zu ermitteln, ob eine Befugnis zur Anrechnung besteht. Die Anrechnung ist grundsätzlich möglich, sofern dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbstständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist (BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 17, BAGE 118, 211; 1. März 2006 - 5 AZR 540/05 - Rn. 13 mwN, AP TVG § 4 Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung Nr. 40 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 47). Allein in der tatsächlichen Zahlung liegt keine vertragliche Abrede, die Zulage solle auch nach einer Tariflohnerhöhung als selbstständiger Lohnbestandteil neben dem jeweiligen Tariflohn gezahlt werden (BAG 27. August 2008 - 5 AZR 820/07 - Rn. 12, BAGE 127, 319). Da sich durch eine Anrechnung - anders als beim Widerruf der Zulage - die Gesamtgegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung nicht verringert, ist die mit einer Anrechnung verbundene Veränderung der Zulagenhöhe dem Arbeitnehmer regelmäßig zumutbar. Ein darauf gerichteter Anrechnungsvorbehalt hielte einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB stand (BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 17, aaO).
2. Nach diesen Grundsätzen ist die Anrechnung individualrechtlich wirksam. Den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass die Arbeitsvertragsparteien für die Zeit ab dem 1. Oktober 2005 eine gesonderte Regelung über die streitgegenständliche Zulage getroffen haben oder der Klägerin die übertarifliche Zulage als selbstständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist. Einen Willen des Arbeitgebers, eine bestimmte übertarifliche Leistung auf Dauer unverändert zu erbringen, konnte die Klägerin dem Verhalten der Beklagten nicht zumessen (vgl. dazu BAG 24. März 2010 - 10 AZR 43/09 - Rn. 16 f., AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 90 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 13). Einem Anspruch aus betrieblicher Übung steht bereits entgegen, dass die Klägerin selbst davon ausging, dass ihr die Leistung aufgrund der vertraglichen Nebenabrede weiterhin zustand.
3. Der (frühere) Zweck der Zulage steht einer Anrechnung nicht entgegen. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Funktionszulage nach der tariflichen Regelung nicht einer Erschwerniszulage gleichzustellen ist (BAG 17. April 1996 - 10 AZR 617/95 - zu II der Gründe, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 18).
4. Ein Anrechnungsverbot folgt auch nicht aus der in § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw normierten Einkommenssicherung bei über 25-jähriger Beschäftigungszeit. Es ist weder festgestellt noch vorgetragen, dass der Arbeitsplatz der Klägerin durch eine Maßnahme iSv. § 1 Abs. 1 TV UmBw weggefallen und der Geltungsbereich dieses Tarifvertrags eröffnet ist; nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die Klägerin unverändert als Schreibkraft tätig. Unabhängig davon ist die Funktionszulage Schreibdienst kein Entgelt, welches nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw im Rahmen der Einkommenssicherung berücksichtigt wird. Durch persönliche Zulage gesichert wird nur tarifvertraglich zustehendes, nicht aber lediglich kraft tariflicher Nachwirkung gezahltes Entgelt (BAG 19. April 2012 - 6 AZR 691/10 -).
V. Die Höhe der erfolgten Anrechnungen steht zwischen den Parteien nicht in Streit.
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Mikosch |
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Mikosch |
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Zielke |
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Rudolph |
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