Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 06.12.2011


BPatG 06.12.2011 - 1 Ni 9/10 (EP)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – Traktionsseilscheibe – keine erfinderische Tätigkeit – Fachmann – Zweckangabe -


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsdatum:
06.12.2011
Aktenzeichen:
1 Ni 9/10 (EP)
Dokumenttyp:
Urteil
Zitierte Gesetze
Art II § 6 Abs 1 IntPatÜbkG
Art 138 Abs 1 EuPatÜbk
Art 52 Abs 1 EuPatÜbk

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 169 256

(DE 600 20 546)

hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2011 durch die Präsidentin Schmidt sowie die Richter Engels, Dipl.-Ing. Sandkämper, Dipl.-Ing. Schlenk und Dr.-Ing. Baumgart

für Recht erkannt:

I. Das Patent EP 1 169 256 (DE 600 20 546) wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des u. a. für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 1 169 256 (Streitpatent), das unter Inanspruchnahme der US Priorität 283 046 vom 1. April. 1999 am 27. März 2000 angemeldet worden ist. Das in englischer Verfahrenssprache veröffentlichte Streitpatent trägt die Bezeichnung „Improved sheave design“, in deutscher Übersetzung "Verbesserter Treibscheibenentwurf", und wird hinsichtlich des deutschen Teils beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 600 20 546 geführt. Das Streitpatent umfasst 5 Patentansprüche. Patentanspruch 1 in der nach Hauptantrag unverändert verteidigten Fassung gemäß EP 1 169 256 B1 hat folgenden Wortlaut in der Verfahrenssprache bzw. in deutscher Übersetzung:

2

A method for manufacturing a traction sheave (10;40 for engaging an elevator rope (24), the tractionsheave comprising:

3

a traction surface for engaging and driving the elevator rope, the traction surface having ancircumferential surface roughness in a range of approximately 1.0 to approximately 3.0 micronsand formed by shot peening or grit blasting.

4

Verfahren zum Herstellen einer Traktionsseilscheibe (10, 40) zum Zusammenwirken mit einem Aufzugseilelement (24), wobei die Traktionsseilscheibe aufweist: eine Traktionsoberfläche zum Zusammenwirken mit dem Aufzugseilelement und Antreiben desselben, wobei die Traktionsoberfläche eine Umfangsoberflächenrauigkeit im Bereich von etwa 1,0 bis etwa 3,0 μm hat und durch Kugelstrahlen oder Sandstrahlen ausgebildet ist.

5

Die Beklagte hat zuletzt das Streitpatent hilfsweise mit den im Schriftsatz vom 12. September 2011 (Bl. 161 d. A.) eingereichten Fassungen des Patentanspruchs 1 – an die sich jeweils die erteilten Unteransprüche 2-5 anschließen – gemäß der Hilfsanträge 1 bis 8 verteidigt (Änderungen jeweils gegenüber der Fassung des Patentanspruchs 1 durch Streichung bzw. Unterstreichung gekennzeichnet).

6

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 (Merkmalsgliederung hinzugefügt) lautet:

7

1.1 Verfahren zum Herstellen einer Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) eines Aufzugsystems (10),

8

1.2 zum Zusammenwirken in welchem die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit einem Aufzugseil (24), welches einen Aufzugfahrkorb (22) und ein Gegengewicht (30) antreibt und aufhängt, zusammenwirkt,

9

1.3 wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) aufweist:

10

1.4 eine Traktionsoberfläche zum Zusammenwirken , welche im Betrieb mit dem Aufzugseil (24) und Antreiben desselben zusammenwirkt und dasselbe antreibt,

11

1.5 wobei die Traktionsoberfläche eine Umfangsoberflächenrauigkeit im Bereich von etwas 1,0 bis etwa 3,0 μm hat und

12

1.6 durch Kugelstrahlen oder Sandstrahlen ausgebildet ist.

13

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet:

14

2.1 Verfahren zum Herstellen einer Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) eines Aufzugsystems (10),

15

2.2 zum Zusammenwirken in welchem die Aufzugtraktionsseil-scheibe (10; 40) mit einem Aufzugseil (24), welches einen Aufzugfahrkorb (22) und ein Gegengewicht (30) antreibt und aufhängt, zusammenwirkt, wobei das Aufzugseil (24) aus einer Mehrzahl von Zug-tragenden Litzenelementen, die in einer einheitlichen Isolationshülle enthalten sind, gemacht ist,

16

2.3 wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) aufweist:

17

2.4 eine Traktionsoberfläche zum Zusammenwirken , welche im Betrieb mit dem Aufzugseil (24) und Antreiben desselben zusammenwirkt und dasselbe antreibt,

18

2.5 wobei die Traktionsoberfläche eine Umfangsoberflächenrauigkeit im Bereich von etwas 1,0 bis etwa 3,0 μm hat und

19

2.6 durch Kugelstrahlen oder Sandstrahlen ausgebildet ist.

20

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 lautet:

21

3.1 Verfahren zum Herstellen einer Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) eines Aufzugsystems (10),

22

3.2 zum Zusammenwirken in welchem die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit einem Aufzugseil (24), welches einen Aufzugfahrkorb (22) und ein Gegengewicht (30) antreibt und aufhängt, zusammenwirkt, wobei das Aufzugseil (24) aus einer Mehrzahl von Zug-tragenden Litzenelementen, die in einer einheitlichen elastomeren Isolationshülle enthalten sind, gemacht ist,

23

3.3 wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) aufweist:

24

3.4 eine Traktionsoberfläche zum Zusammenwirken , welche im Betrieb mit dem Aufzugseil (24) und Antreiben desselben zusammenwirkt und dasselbe antreibt,

25

3.5 wobei die Traktionsoberfläche eine Umfangsoberflächenrauigkeit im Bereich von etwas 1,0 bis etwa 3,0 μm hat und

26

3.6 durch Kugelstrahlen oder Sandstrahlen ausgebildet ist.

27

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 lautet:

28

4.1 Verfahren zum Herstellen einer Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) eines Aufzugsystems (10),

29

4.2 zum Zusammenwirken in welchem die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit einem elastomerbeschichteten Aufzugflachseil (24), welches einen Aufzugfahrkorb (22) und ein Gegengewicht (30) antreibt und aufhängt, zusammenwirkt,

30

4.3 wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) aufweist:

31

4.4 eine Traktionsoberfläche zum Zusammenwirken , welche im Betrieb mit dem elastomerbeschichteten Aufzugflachseil (24) und Antreiben desselben zusammenwirkt und dasselbe antreibt,

32

4.5 wobei die Traktionsoberfläche eine Umfangsoberflächenrauigkeit im Bereich von etwas 1,0 bis etwa 3,0 μm hat und

33

4.6 durch Kugelstrahlen oder Sandstrahlen ausgebildet ist.

34

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 lautet:

35

5.1 Verfahren zum Herstellen einer Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) eines Aufzugsystems (10),

36

5.2 zum Zusammenwirken in welchem die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit einem Aufzugseil (24), welches einen Aufzugfahrkorb (22) und ein Gegengewicht (30) aufhängt und antreibt, zusammenwirkt,

37

5.3 wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) aufweist versehen wird mit:

38

5.4 einer Traktionsoberfläche zum Zusammenwirken , welche im Betrieb mit dem Aufzugseil (24) und Antreiben desselben zusammenwirkt und dasselbe antreibt,

39

5.5 wobei die Traktionsoberfläche eine Umfangsoberflächenrauigkeit im Bereich von etwas 1,0 bis etwa 3,0 μm hat und

40

5.6 durch Kugelstrahlen oder Sandstrahlen ausgebildet ist;

41

5.7 und wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit dem Aufzugseil (24) in Traktionseingriff gebracht wird, um den Aufzugfahrkorb (22) und das Gegengewicht (30) anzutreiben und aufzuhängen.

42

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 lautet:

43

6.1 Verfahren zum Herstellen einer Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) eines Aufzugsystems (10),

44

6.2 zum Zusammenwirken in welchem die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit einem Aufzugseil (24), welches einen Aufzugfahrkorb (22) und ein Gegengewicht (30) antreibt und aufhängt, zusammenwirkt, wobei das Aufzugseil (24) aus einer Mehrzahl von Zug-tragenden Litzenelementen, die in einer einheitlichen Isolationshülle enthalten sind, gemacht ist,

45

6.3 wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) aufweist versehen wird mit:

46

6.4 einer Traktionsoberfläche zum Zusammenwirken , welche im Betrieb mit dem Aufzugseil (24) und Antreiben desselben zusammenwirkt und dasselbe antreibt,

47

6.5 wobei die Traktionsoberfläche eine Umfangsoberflächenrauigkeit im Bereich von etwas 1,0 bis etwa 3,0 μm hat und

48

6.6 durch Kugelstrahlen oder Sandstrahlen ausgebildet ist;

49

6.7 und wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit dem Aufzugseil (24) in Traktionseingriff gebracht wird, um den Aufzugfahrkorb (22) und das Gegengewicht (30) anzutreiben und aufzuhängen.

50

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 lautet:

51

7.1 Verfahren zum Herstellen einer Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) eines Aufzugsystems (10),

52

7.2 zum Zusammenwirken in welchem die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit einem Aufzugseil (24), welches einen Aufzugfahrkorb (22) und ein Gegengewicht (30) antreibt und aufhängt, zusammenwirkt, wobei das Aufzugseil (24) aus einer Mehrzahl von Zug-tragenden Litzenelementen, die in einer einheitlichen elastomeren Isolationshülle enthalten sind, gemacht ist,

53

7.3 wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) aufweist versehen wird mit:

54

7.4 einer Traktionsoberfläche zum Zusammenwirken , welche im Betrieb mit dem Aufzugseil (24) und Antreiben desselben zusammenwirkt und dasselbe antreibt,

55

7.5 wobei die Traktionsoberfläche eine Umfangsoberflächenrauigkeit im Bereich von etwas 1,0 bis etwa 3,0 μm hat und

56

7.6 durch Kugelstrahlen oder Sandstrahlen ausgebildet ist;

57

7.7 und wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit dem Aufzugseil (24) in Traktionseingriff gebracht wird, um den Aufzugfahrkorb (22) und das Gegengewicht (30) anzutreiben und aufzuhängen.

58

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 8 lautet:

59

8.1 Verfahren zum Herstellen einer Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) eines Aufzugsystems (10),

60

8.2 zum Zusammenwirken in welchem die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit einem elastomerbeschichteten Aufzugflachseil (24), welches einen Aufzugfahrkorb (22) und ein Gegengewicht (30) antreibt und aufhängt, zusammenwirkt,

61

8.3 wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) aufweist versehen wird mit:

62

8.4 einer Traktionsoberfläche zum Zusammenwirken , welche im Betrieb mit dem elastomerbeschichteten Aufzugflachseil und Antreiben desselben zusammenwirkt und dasselbe antreibt,

63

8.5 wobei die Traktionsoberfläche eine Umfangsoberflächenrauigkeit im Bereich von etwas 1,0 bis etwa 3,0 μm hat und

64

8.6 durch Kugelstrahlen oder Sandstrahlen ausgebildet ist;

65

8.7 und wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit dem elastomerbeschichteten Aufzugflachseil (24) in Traktionseingriff gebracht wird, um den Aufzugfahrkorb (22) und das Gegengewicht (30) anzutreiben und aufzuhängen.

66

Die Klägerin, die das Streitpatent im Umfang sämtlicher Patentansprüche angegriffen hat, macht gegen den Rechtsbestand des Patents - unverändert auch gegen die hilfsweise verteidigten Fassungen - die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Ausführbarkeit, der unzulässigen Erweiterung des Inhalts der Anmeldung und der fehlenden Patentfähigkeit geltend. Sie bezieht sich unter anderem auf die nachfolgenden Druckschriften:

67

K2 DE 600 20 546  T2 (Übersetzung der europäischen (Streit-)Patentschrift

68

K5 WO 00/59 819 A2 (internationale Voranmeldung / Ursprung des Streitpatents)

69

K8 Dubbel, Handbuch für den Maschinenbau, 17. Aufl. 1990, S. F24 bis F26

70

K13 US 4 905 361 A

71

K16 WO 98/29326 A1.

72

Der Senat hat ferner mit Verfügung vom 8. Februar 2011 den Parteien die vorveröffentlichte Druckschrift

73

Manfred Sander, Oberflächenmeßtechnik für den Praktiker, Eigenverlag, ca. 1984, S. 7.19 bis 7.24

74

übersandt und diese zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

75

Die Klägerin hat beantragt,

76

das europäische Patent EP 1 169 256 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

77

Die Beklagte hat sinngemäß beantragt,

78

die Nichtigkeitsklage abzuweisen, hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit den im Schriftsatz vom 12. September 2011 (Bl. 161 d. A.) eingereichten Hilfsanträgen 1 bis 8 verteidigt wird.

79

Wegen des Wortlauts der von der Beklagten verteidigten Fassungen der erteilten Unteransprüche 2 bis 5 gemäß Hilfsanträgen  1 bis 8 sowie des weiteren Vorbringens der Parteien und des Inhalts der eingereichten Unterlagen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

80

Die zulässige Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe mangelnder Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. 52, 56 EPÜ), unzulässiger Erweiterung des Inhalts der Anmeldung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. c EPÜ) und fehlender Ausführbarkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. b EPÜ) geltend gemacht werden, ist begründet, da sich der Gegenstand des Streitpatents auch in der verteidigten Fassung als nicht patentfähig erweist.

I.

81

1. Das Streitpatent betrifft nach Angaben in der Streitpatentschrift Aufzüge und insbesondere ein neues Seilscheibendesign für verbesserte Leistung und Haltbarkeit, wobei hier die Traktionsseilscheibe 40, 10 und deren Kontaktoberflächen 12, 14, 16 mit den Reiboberflächen der Aufzugsseilelemente oder -riemen zusammenwirken.

82

Herkömmliche Aufzugssysteme haben lange Zeit Standardaufzugseilelemente, d. h. also überwiegend Stahl-Rundseile, verwendet, um Aufzugkabinen zu halten und zu bewegen. Um eine Leistungsverbesserung in Bereichen wie Traktion, Haltbarkeit, Fahrqualität und Sicherheit zu erhalten, waren bisher die Möglichkeiten durch zahlreiche vorgegebene Parameter und Randbedingungen verschiedener Komponenten wie z. B. Motoren-, Seilscheiben- und Seilelemente auf bestimmte Größen, Gewichte und Maße beschränkt.

83

Aufzugsysteme neuer Generation, die den Bedarf an verschiedenen herkömmlichen Komponenten eliminieren, werden entwickelt durch die Implementierung besser arbeitender Traktions- und Antriebsysteme und anderer Fortschritte.

84

Ein besonderer Fortschritt ist die Implementierung von neuartigen Aufzugseilelementen hoher Traktion und hoher Haltbarkeit, die sanft laufen, leicht im Gewicht sind und korrosionsresistent sind.

85

2. Vor diesem Hintergrund ist in der Streitpatentschrift als Aufgabe angesprochen, ein Seilscheibendesign bereitzustellen, das spezielle Dimensions-, Geometrie- und Oberflächeneigenschaften aufweist und eine optimale Leistung und Haltbarkeit bei Verwendung mit Aufzugsseilelementen wie z. B. elastomerbeschichteten, flachen Seilelementen garantiert (Abs. [0006] der Patentschrift bzw. K2).

86

3. Gelöst werden soll diese Aufgabe nach Patentanspruch 1 in der Fassung gemäß DE 600 205 46 T2 (K2) durch ein Verfahren zum Herstellen einer hinsichtlich ihrer Anwendung, körperlichen Gestaltung und anzuwendendem Fertigungsverfahren näher definierten Traktionsseilscheibe, bezeichnet durch folgende Merkmale (Gliederung vom Senat eingefügt):

87

1. Verfahren zum Herstellen einer Traktionsseilscheibe (10, 40)2. zum Zusammenwirken mit einem Aufzugseilelement (24),3. wobei die Traktionsseilscheibe aufweist:4. eine Traktionsoberfläche zum Zusammenwirken mit dem Aufzugseilelement und Antreiben desselben,5. wobei die Traktionsoberfläche eine Umfangsoberflächenrau(h)igkeit im Bereich von etwa 1,0 bis etwa 3,0 Mikrometer hat und

88

6. durch Kugelstrahlen oder Sandstrahlen ausgebildet ist.

89

4. Als Fachmann ist ein Dipl.-Ing. (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Aufzugsanlagen mit fachüblichen Kenntnissen der Antriebstechnik und Fertigungstechnik von Maschinenelementen zugrunde zu legen. Insoweit kann vernachlässigt werden, dass unter Berücksichtigung des Gegenstands der jeweilig beanspruchten Lehre sämtlicher Patentansprüche (hierzu Abschnitt II.1) der objektiv zu bestimmende Fachmann (BGH GRUR 1978, 37 – Börsenbügel; GRUR 1962, 290 - Brieftaubenreisekabine II; Schulte, PatG, 8. Aufl., § 4 Rdn. 48) nicht auf dieses Fachgebiet des Aufzugsbaus beschränkt ist, sondern die Beklagte sich deshalb auch das Verständnis und die Kenntnisse von Fachleuten aus anderen technischen Gebieten entgegenhalten lassen muss, welche vom Gegenstand des Patentanspruchs mitumfasst sind. Denn auch wenn man zugunsten der Beklagten den angesprochenen Fachmann auf das Gebiet des Aufzugbaus beschränkt, ändert dies an der Beurteilung nichts.

II.

90

1. Der Gegenstand der beanspruchten Lehre in der Gesamtheit der Lösungsmerkmale besteht vorliegend nach Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung seinem tatsächlichen Gehalt nach in einem Verfahren zur Oberflächenbearbeitung einer Traktionsseilscheibe, so wie sie durch die kennzeichnenden Merkmale ausgebildet ist. Insoweit ist zu beachten, dass Zweckangaben in einem Sach- oder Verfahrensanspruch den Patentgegenstand als solchen nicht beschränken, sondern jede gemäß der erfinderischen Lehre gestaltete bzw. hergestellte Sache erfassen, unabhängig davon, zu welchem Zweck sie verwendet bzw. hergestellt wird. (vgl. BGH GRUR 2009, 837, Tz. 15 – Bauschalungsstütze, GRUR 2006, 923 Tz. 15 - Luftabscheider für Milchsammelanlage; BGHZ 112, 140, 155 f. – Befestigungsvorrichtung II; GRUR 1981, 259, 260 – Heuwerbungsmaschine II; GRUR 1979, 149, 151 – Schießbolzen; Moufang/Schulte, PatG, 8. Aufl., 2008, § 1 Rn. 221). Die Zweckangaben, wie hier in den Merkmalen 2 „zum Zusammenwirken mit einem Aufzugselement“ und 4 „zum Zusammenwirken mit einem Aufzugselement und Antreiben desselben“ sind damit aber nicht etwa bedeutungslos. Sie nehmen als Bestandteil des Patentanspruchs an dessen Aufgabe teil, den Patentgegenstand mittelbar zu umschreiben, und – wie vorliegend – auf solche Verfahren und verfahrensgemäß hergestellten Seilscheiben zu beschränken, deren Traktionsoberflächen so beschaffen sein müssen, dass sie zum Zusammenwirken mit einem Aufzugselement und Antreiben desselben geeignet sind. Nur insoweit leistet die Zweckangabe eine Abgrenzung zum Stand der Technik, keineswegs beschränkt danach Patentanspruch 1 den Gegenstand auf Verfahren zur Oberflächenbehandlung von Traktionsseilscheiben eines Aufzugssystems.

91

Dies gilt auch für Gegenstände der Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 2 bis 8 und die darin beanspruchte weitere Ausgestaltung des Aufzugssystems bzw. des funktionellen Zusammenwirkens mit der Aufzugtraktionsscheibe und damit der technischen Erfordernisse, die zur Verwendung einer anspruchsgemäß hergestellten Traktionsscheibe in einem so ausgestalteten Aufzugssystem vorausgesetzt werden. Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten kann auch diese weitere Ausgestaltung des Patentanspruchs durch Sachmerkmale des Herstellungsobjekts und ihre funktionelle Beschreibung den Patentgegenstand nicht auf Verfahren zur Oberflächenbehandlung von Traktionsseilscheiben eines Aufzugssystems im Speziellen beschränken. Durch diese funktionale Ausgestaltung werden ebenfalls nur mittelbar Auswirkungen für die Durchführung des Verfahrens bestimmt und es wird auch nur insoweit eine Abgrenzung zum Stand der Technik erreicht. Hierbei ist es auch unerheblich, ob der Patentanspruch in seiner sprachlichen Fassung den Verwendungszweck durch eine eigenständige präpositionale Bestimmung „für einen…“ umschreibt oder durch ein entsprechend zusammengesetztes Nomen „Aufzug…“ verwendet (vgl. BGH GRUR 2009, 837 – Bauschalungsstütze; BPatG GRUR 2006, 1015, 1017 – Neurodermitis-Behandlungsgerät).

92

2. Der beanspruchte Gegenstand nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 8 gemäß Patentanspruch 1 mag neu sein (Art. 54 Abs. 1 und 2 EPÜ) und auch gewerblich anwendbar. Er ist aber nicht erfinderisch, da er sich für den hier angesprochenen Fachmann in naheliegender aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik ergibt (Art. 56 EPÜ).

93

2.1 Es bedurfte deshalb keiner abschließenden Entscheidung, ob die weiter geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung des Inhalts der Anmeldung und der fehlenden Ausführbarkeit der beanspruchten Lehre im Hinblick auf den Begriff "Umfangsoberflächenrau(h)igkeit" in Merkmal 5 bzw. 1.5 gegeben sind, insbesondere ob dieser Begriff für den angesprochenen Fachmann offenlässt, welcher Rauheitswert damit gemeint ist.

94

Insoweit ist anzumerken, dass im Bereich der Oberflächentechnik eine Vielzahl von unterschiedlichen Rauhigkeitsangaben existieren, die eine Oberfläche charakterisieren sollen: Die K8, die das allgemeine Fachwissen des hier angesprochenen Fachmanns dokumentiert - das die Patentschrift insoweit selbst voraussetzt -, stellt mit Hinweis auf die DIN-Norm 4762 (vgl. Seite F24, Abschnitt 6.2.1) auf die maximale Rautiefe Rt (Abstand höchste Profilerhebung - tiefstes Profiltal innerhalb der Messstrecke lm ) ab, während nach DIN 4768 mit Rz auch ein Mittelwert angegeben werden kann, der aus den Einzelrautiefen fünf aufeinanderfolgender Einzelmessstrecken le, die wiederum lm entsprechen, gebildet wird. Die jeweils größte Einzelrautiefe dieser 5 Messstrecken wird mit Rmax bezeichnet. Weiterhin gibt es noch die Rautiefe R3z nach DB-Werksnorm wie auch die Rauheitswerte Rp (Glättungstiefe) und Rpm (gemittelte Glättungstiefe). Fraglich mag sein, ob im Anspruch 1 des Streitpatents in den Merkmalen 5 bzw. 1.5 der arithmetische Mittenrauwert  Ra gemeint ist, der aus der Summe aller Abweichungen des Rauheitsprofils von der mittleren Linie innerhalb der Gesamtmessstrecke lm, gebildet wird (vgl. Sander, Oberflächenmeßtechnik für den Praktiker, Eigenverlag, ca. 1984, S. 7.19 bis 7.24). Aufgrund seiner abstrakten Definition mag der Mittenrauwert Ra für den Fachmann über das tatsächliche Oberflächenprofil zudem wenig aussagefähig sein, gleichwohl ist er aber in Deutschland, den USA, Großbritannien und der Schweiz neben dem Wert Rz ein weit verbreitetes Maß zur Charakterisierung der Oberfläche (Sander a. a. O. S. 7.23 mittig). Zwischen den einzelnen Oberflächenkennwerten, auch für Rz und Ra, bestehen zudem keine eindeutigen mathematischen Beziehungen, so dass eine exakte Umrechnung nicht möglich ist. Wohl aber ist dem Fachmann als Praktiker eine empirische „Faustformel“ bekannt, nachdem das Verhältnis von Ra zu Rz zwischen 1:3 und 1:20 betragen kann, so dass ihm zumindest eine qualifizierte Abschätzung der mit den verschiedenen Bearbeitungsverfahren erreichbaren Oberflächengüte und eine Zuordnung zu den jeweiligen Rauheitswerten möglich ist (S. 7.33, Abs. 1 bis 5). Letztlich kommt es auf die Definition der so bezeichneten "Umfangsoberflächenrau(h)igkeit" im Speziellen jedoch nicht entscheidend an, weil unabhängig hiervon die dem Streitpatent zugrundeliegende Lehre jedenfalls für den Fachmann nahegelegt und deshalb nicht erfinderisch war.

95

Weiterhin sind dem Fachmann bereits aus seinem Grundlagenwissen der technischen Mechanik, insbesondere wegen des für Belange der Aufzugstechnik vorauszusetzenden allgemeinen Fachwissens der Antriebstechnik, die fundamentalen physikalischen Gesetzmäßigkeiten der reibschlüssigen Kraftübertragung zwischen aneinander angepresst anliegenden Reibpartnern präsent: Nach dem sog. Coulomb’schen Reibungsgesetz, auf dem auch die für die Bestimmung der übertragbaren Umfangskraft zwischen einer Scheibe und dem sie umschlingenden Seil anzuwendenden sog. Euler-Eytelwein-Formel basiert - auf dieses Rüstzeug des Fachmanns hatte der Senat die Parteien eingangs der mündlichen Verhandlung hingewiesen - hängt die mögliche Kraftübertragung zwischen aneinander angepressten Körpern von dem nur für die jeweilige Paarung ermittelbaren sog. Reibungskoeffizienten ab, der wiederum u. a. von der Oberflächenbeschaffenheit beider Partner für sich beeinflusst wird.

96

Die Traktionskraftübertragung im üblichen Fall eines unter Last an einer Seilscheibe anliegenden Seils bei Aufzugsanwendungen beruht gerade auf der Anwendung dieses physikalischen Wirkprinzip, wobei das Patent die Beeinflussbarkeit über den Parameter Reibbeiwert und Oberflächenbeschaffenheit in Gestalt der „Umfangsoberflächenrau(h)igkeit“ - also die in Umfangs- und somit Traktionskraftrichtung maßgebliche Rauigkeit - implizit unterstellt. Weil diese nach den Angaben des Patents durch die Fertigungsverfahren „Kugelstrahlen oder Sandstrahlen“ auszubilden ist, ist die Lehre auch insoweit so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

97

Im Übrigen kann auch dahingestellt bleiben, ob im Kategoriewechsel von dem in der Anmeldung ausschließlich beanspruchten Sachanspruch zu dem im erteilten Streitpatent gewährten (Herstellungs-)Verfahrensanspruch eine unzulässige Erweiterung der ursprünglichen Gesamtoffenbarung der Anmeldeunterlagen liegt. Denn das "zum Herstellen einer Traktionsseilscheibe…" beanspruchte Verfahren erschöpft sich nach dem Verständnis des angesprochenen Fachmanns und den insoweit geltenden Auslegungsregeln einer am technischen Sinngehalt (BGH GRUR 2002, 515, 517 - Schneidmesser I BGH GRUR 2001, 232, 233 – Brieflocher, jeweils m. w. N.) und am Gesamtzusammenhang (st. Rspr. vgl. BGH GRUR 2011, 129 - Fentanyl-TTS; GRUR 2004, 845 – Drehzahlermittlung, m. w. N.) orientierten Auslegung in der Oberflächenherstellung einer Traktionsseilscheibe, wie sie auch in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen K5 auf Seite 3 Spalten 25-28 als "preferred method" offenbart ist.

98

2.2 Patentanspruch 1 erteilter Fassung (Hauptantrag)

99

Für die Beurteilung, ob eine beanspruchte Lösung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist von dem auszugehen, was der Gegenstand der Erfindung in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen Zusammenhang (BGH GRUR 2007, 1055, Tz. 28 – Papiermaschinengewebe) gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet (BGH GRUR 2010, 607, Tz. 18 – Fettsäurezusammenhang; BGH GRUR 2010, 602, Tz. 27 – Gelenkanordnung). Dabei können für die Beantwortung der Frage, ob die beanspruchte technische Lehre für den angesprochenen Fachmann im Zeitpunkt der Anmeldung bzw. im Prioritätszeitpunkt nahelag, nicht der sogenannte „nächstliegende“ Stand der Technik, sondern verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein, wobei bereits die Wahl dieses Ausgangspunkts der Rechtfertigung bedarf. Diese liegt in der Regel in dem Bemühen des Fachmanns, für einen bestimmten Zweck eine bessere Lösung zu finden als sie der bekannte Stand der Technik zur Verfügung stellt (BGH GRUR 2009, 382 – Olanzapin; BGH GRUR 2009, 1039 – Fischbissanzeiger; BPatG GRUR 2004, 317 – Programmartmitteilung).

100

Der Fachmann, der vor die Aufgabe gestellt war, ein verbessertes Seilscheibendesign bereitzustellen, das insbesondere auf die Implementierung von Aufzugsseilelementen ausgerichtet ist, welche spezielle Dimensions-, Geometrie- und Oberflächeneigenschaften aufweisen und eine optimale Leistung und Haltbarkeit u. a. bei Verwendung von elastomerbeschichteten, flachen Seilelementen garantieren (Absätze [0004] und [0006] der Patentschrift), ging bei seinen Überlegungen von einem Stand der Technik aus, wie ihn - ähnlich den Angaben in der Patentschrift zum dort als allgemein bekannt vorausgesetzten Stand der Technik (vgl. Absätze [0003] und [0004] in K2) - die Schrift K16 verkörpert.

101

So wird in der K16 für ein Aufzugsystem mit einem über eine Traktionsseilscheibe („traction sheave 7“) geführtem Aufzugsseil („hoisting rope 5“) - insoweit entsprechend den Merkmalsangaben 2 bis 4 zum Anwendungsgebiet - die vorteilhafte Verwendung eines kunststoffummantelten Seils herausgestellt, wobei darauf hingewiesen ist, dass die Reibungscharakteristik und das Verschleißverhalten durch Wahl des Mantelwerkstoffes optimiert werden können, vgl. Seite 4, Zeile 25 bis Seite 5, Zeile 11 im Zusammenhang mit Figur 1. Auf Seite 7, Zeilen 6 bis 27 wird lediglich allgemein ausgesagt, dass mit einem bestimmten Mantelmaterial ein gegenüber Stahlseilen mehrfach höherer Reibungskoeffizient erzielbar sei („multifold friction coefficient as compared with a steel rope“). Die für die tatsächliche Reibkraftübertragungsfähigkeit und den Verschleiß, wie auf Seite 5, Zeilen 4 bis 8 (s. o.) angesprochen, wesentliche Frage des Reibpartners wie dessen Oberflächenbeschaffenheit spart die K16 aus.

102

Hiermit musste sich der Fachmann für die nachahmende technische Realisierung eines derartigen Aufzugssystem bei der Dimensionierung und Gestaltung der Traktionsseilscheibe in komplementärer Abhängigkeit von der Form des Aufzugsseilelementes - diese ist im geltenden Anspruch nicht spezifiziert - allerdings zwangsläufig auseinandersetzen. So spricht die K16 neben zylinderförmigen Seilscheiben („straigt cylinder“, vgl. Seite 9, Zeile 18) für Aufzugsseile mit flacher Querschnittsform („flat hoisting rope“. vgl. Seite 8, Zeile 33 im Zusammenhang mit Figur 2) implizit auch genutete Scheiben für Seilelemente in Form von Riemen („belt“) mit V-förmigem Querschnitt an („triangular-belt type rope having a V-shaped cross-section“, vgl. Seite 10, Zeilen 10 bis 16). Auch in diesem Fall ist der Reibungskoeffizient und somit auch die Art beider Reibpartner wesentlicher Bestimmungsfaktor für die Vorausberechnung der Drehmomentübertragungsfähigkeit durch Reibung zwischen der Scheibe und dem anliegendem Aufzugsseil.

103

Getragen von dem fachüblichen, zudem in K16 angesprochenen Bemühen einer Optimierung des Reibungs- und Verschleißverhaltens bei dieser Art reibschlüssiger Traktionskraftübertragung unter Verwendung eines kunststoffummantelten Seils, hatte sich der Fachmann insoweit entsprechend der auch in der Streitpatentschrift angegebenen Aufgabe auch der Entwicklung eines gegenüber dem Stand der Technik verbesserten Seilscheibendesigns insbesondere im Hinblick auf eine Optimierung der Kraftübertragung (Traktion) und Haltbarkeit bzw. einen verringerten Verschleiß zu stellen. Hierbei richtete er sein Augenmerk im Hinblick auf seine konkrete Problemstellung insbesondere auf die reibschlüssige Kraftübertragung mittels Seilen mit Oberflächen aus Elastomerwerkstoffen bei Vorbildern im Stand der Technik, von denen er insoweit nähere Hinweise für eine Auslegung der Paarung einschließlich der Seilscheibe im Sinne der vorgegebenen Optimierungsziele erwarten konnte. Der Fachmann erkannte in diesem Zusammenhang ohne Weiteres die Relevanz der K13, die sich mit der Herstellung von Treibscheiben („pulley“) für kraftschlüssige Bewegungsübertragung mittels Treibriemen („friction belt“) befasst, vgl. Sp. 1, Zeilen 9 bis 11.

104

Die K13 beschreibt dieses Herstellungsverfahren beispielhaft für Keilriemen („V-Belt“) in der Automobiltechnik - insoweit einem Riementyp, der auch in der K16 für Aufzugsanwendungen vorgeschlagen ist - , denen der Fachmann eine übliche Ausbildung mit Elastomerwerkstoff im reibkraftübertragenden Flankenbereich unterstellt. Denn für den Reibbeiwert der Paarung sind nur die Bereiche aneinander angepresst anliegenden Oberflächen (bei V-förmigen Nuten eben im Bereich der Nutflanken) relevant. Von der Ausrichtung hängt lediglich die unter Last tatsächlich wirksame Anpressung ab, die erst über die Reibung zwischen den Oberflächen eine Traktion ermöglicht. Gemäß K13 sollen durch aufrauende Maßnahmen die Reibverhältnisse zwischen Treibscheibe und Treibriemen (Merkmal 4) gegenüber gewalzten („rolling“) Oberflächen verbessert werden, siehe Sp. 1, Zeilen 38 bis 49. Dazu schlägt diese Schrift in Spalte 2, Z. 13 bis 15 eine Oberflächenbearbeitung der Treibscheibenoberfläche durch Sandstrahlen (sand blasting) oder Kugelstrahlen (shot blasting) vor. Mithin schlägt diese Druckschrift ein Verfahren mit dem Merkmal 6 vor. Bei Anwendung dieses Herstellungsverfahrens konnte der Fachmann, der im Rahmen des Konstruktionsprozesses neben den Abmessungen des herzustellenden Gegenstandes - einschließlich der makrogeometrischen Gestaltung - zwingend auch die mikrogeometrische, vom Herstellungsverfahren abhängige Oberflächengestalt vorab als Vorgabe für die Fertigung festzulegen hat, den in K16 genannten Erfolg auch bei Traktionsseilscheiben realistisch erwarten und insbesondere eine weitere Optimierung durch Auswahl genau dieser Herstellungsverfahren gegenüber einem für die gemeinsame Anwendung mit Elastomer-Seilen ansonsten üblichen Herstellungsverfahren unterstellen.

105

Mit diesen Verfahren sind entsprechend den mit K8 dokumentierten fertigungstechnischen Grundlagenkenntnissen des Fachmanns Oberflächenrauheiten mit einer Rauhtiefe von Rz 10 bis 100 Mikrometer erreichbar, vgl. K8, Tabelle 1 auf Seite F26, dort zur Hauptgruppe „Trennen“ das Verfahren „Strahlen“. Diese durch Mittelung erhaltenen Kenngrößen entsprechen aufgrund des dem Praktiker geläufigen Umrechnungsfaktors von 3 bis 20 für die Umrechnung Rz in Ra (s. o. im Abschnitt II/2.1) ungefähr einem Mittenrauwert Ra von 0,5 bis 30 Mikrometer. Damit liegt der mit dem Merkmal 5 beanspruchte Teilbereich der so verstandenen „Umfangsoberflächenrauigkeit“ im Bereich der fachüblich durch diese Verfahren erreichbaren Rauhtiefe. Sie entspricht somit der von der K13 für die Herstellung von Treibscheiben implizit über das Herstellungsverfahren empfohlenen Oberflächenrauheit, die sich bei Anwendung dieser Verfahren zwangsläufig einstellt. Dies gilt auch im Hinblick auf die für die Reibkraftübertragung maßgebliche Umfangsrichtung, weil diese Verfahren eine ungerichtete Oberflächenstruktur ohne Vorzugsrichtung erzeugen. Weil in der Streitpatentschrift ebenfalls keine Besonderheiten hinsichtlich Strahlmittel und Verfahrensführung offenbart sind, kann im Umkehrschluss das Merkmal M5 auch keinen besonderen Teilbereich oder außerhalb des Üblichen liegenden Bereich bezeichnen.

106

Der mit dem Merkmal M5 bezeichnete Bereich kann auch deshalb keine in der Auswahl liegende erfinderische Tätigkeit begründen, weil der Fachmann, der den Vorschlag der K13 aufgrund der dort herausgestellten Vorteile aufgreift, bei Anwendung dieser Herstellungsverfahren den für den konkreten Anwendungsfall jeweils optimalen Wert durch Versuche feststellen kann. Diese Optimierung hinsichtlich Traktion und Verschleiß - die gegenläufig von der Oberflächenbeschaffenheit der Traktionsscheibe gepaart mit einem Aufzugsseil vorgegebener Oberflächenbeschaffenheit beeinflusst wird, gehört zum normalen Können und routinemäßigen Vorgehen des Fachmanns. Somit lag die Auffindung der Lehre des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nahe.

107

Auf die Unteransprüche war nicht einzugehen, da ausweislich der Erklärung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung kein isolierter Schutz hierfür geltend gemacht wurde und das Patent abschließend im Umfang gesonderter Hilfsanträge verteidigt wurde (BPatG GRUR 2009, 46, 49 – Ionenaustauschverfahren; BPatG GRUR 2012, 99 TZ. 92 - Lysimeterstation)

108

2.3 Zum Hilfsantrag 1

109

Der Patentanspruch 1 entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag mit den geänderten Merkmalen 1.1 bis 1.4 (Unterstrichenes zusätzlich eingefügt, Streichungen erkennbar, die unveränderten Merkmale 5 und 6 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag verbleiben als Merkmale 1.5 bis 1.6 unverändert):

110

1.1 Verfahren zum Herstellen einer Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) eines Aufzugsystems (10),

111

1.2 zum Zusammenwirken in welchem die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit einem Aufzugseil (24), welches einen Aufzugfahrkorb (22) und ein Gegengewicht (30) antreibt und aufhängt, zusammenwirkt,

112

1.3 wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) aufweist:

113

1.4 eine Traktionsoberfläche zum Zusammenwirken , welche im Betrieb mit dem Aufzugseil (24) und Antreiben desselben zusammenwirkt und dasselbe antreibt.

114

Es kann dahingestellt bleiben, ob der geänderte Anspruch zulässig ist, insbesondere ob er im Hinblick auf die Aufnahme weiterer kategoriefremder Sachmerkmale, die keine weitere Ausgestaltung des Verfahrens bewirken den Anforderungen des Art. 84 EPÜ an einen deutlichen und knapp gefassten Patentanspruch, genügt (BGH GRUR 2010, 709 - Proxyserversystem).

115

Denn auch in der beschränkten Fassung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ist die Lehre des Streitpatent nahegelegt und deshalb nicht patentfähig. Denn die Änderungen erschöpfen sich in Sachmerkmalen, die das Verfahren über die Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag hinaus nicht näher und unterscheidungsfähig definieren bzw. als mittelbare Eignungskriterien für das beanspruchte Verfahren (vgl. II.1) keine Bedeutung haben und deshalb auch keine weitere Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik leisten. Eine Aufzugstraktionsseilscheibe, die nach der Definition des geltenden Anspruchs 1 für die Traktion eines Seils mit unmittelbar anhängenden Gegengewicht und Aufzugsfahrkorb dient, müsste zwar unter Umständen anders dimensioniert und zur Aufnahme größerer Kräfte anders gestaltet sein als eine Traktionsseilscheibe für den mittelbaren Antrieb eines Förderseils zur Mitnahme eines gesonderten, lediglich über eine Umlenkrolle geführten Tragseils mit daran anhängendem Aufzugskorb und Gegengewicht. So bezeichnet die K16 für das in Figur 1 dargestellte Ausführungsbeispiel mit dem Tragseil 3 („suspension rope“) und dem Förderseil 5 („hoisting rope“) den Vorteil (nochmals) kleinerer Treibscheiben in Verbindung mit flachbandförmigen Seilen („flat band-like shape of the rope), weil bei einem derartigen Aufzugssystem nur geringere Antriebsdrehmomente erforderlich sind, vgl. Seite 4, Zeile 25 bis Seite 5, Zeile 11. Das physikalische Wirkprinzip der reibschlüssigen Krafteinleitung von der Scheibe in den Riemen bleibt von dieser gestalterischen Maßnahme unberührt und wirkt sich bei einer Traktionsseilscheibe wie einer Umlenkseilscheibe gleich aus.

116

Weil die K16 die Verwendung von kunststoffummantelten Riemen u. a. mit flachem Querschnitt ausdrücklich auch zur Verwendung als Tragseil vorschlägt („The suspension ropes can also be made of synthetic fibres and they may consist of […] only one flat rope“) - vgl. Seite 10, Zeilen 7 bis 19 im Zusammenhang mit Seite 4, Zeilen 2 bis 10 -, war der Fachmann jedenfalls veranlasst, auch bei der Konstruktion einer Aufzugtraktionsseilscheibe entsprechend Merkmal 1.1 für die Anwendung Traktionsseilscheibe in einem Aufzugssystem entsprechend Merkmal 1.2 die Oberflächenbeschaffenheit der Traktionsoberfläche durch Festlegung des Fertigungsverfahrens nach den hergebrachten Regeln des Ingenieurwesens konstruktiv festzulegen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vorstehenden Ausführungen zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag verwiesen.

117

Der Hilfsantrag 1 konnte danach keinen Erfolg haben.

118

2.4 Zum Hilfsantrag 2

119

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 mit dem gegenüber Merkmal 1.2 geänderten Merkmal 2.2 (Unterstrichenes zusätzlich eingefügt, Streichungen erkennbar):

120

2.2 zum Zusammenwirken in welchem die Aufzugtraktionsaufzugseilscheibe (10; 40) mit einem Aufzugseil (24), welches einen Aufzugfahrkorb (22) und ein Gegengewicht (30) antreibt und aufhängt, zusammenwirkt, wobei das Aufzugseil (24) aus einer Mehrzahl von Zug-tragenden Litzenelementen, die in einer einheitlichen Isolationshülle enthalten sind, gemacht ist.

121

Auch in der beschränkten Fassung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist das Streitpatent nicht patentfähig. Das geänderte Merkmal 2.2 betrifft den Aufbau des Aufzugsseils, der für das patentgemäße Herstellungsverfahren wie auch für die nach diesen Anweisungen oberflächenbearbeitete Traktionsseilscheibe keine Änderungen impliziert, die diese unterscheidbar machen könnten von Scheiben - bzw. deren Herstellung -, die dem Fachmann bereits durch die K16 i. V. m. dem Inhalt der K13 nahegelegt sind. Im Übrigen definiert die K16 das Optimierungsziel einer verbesserten Traktion ja gerade beispielhaft für die Anwendung eines Seils entsprechender Ausbildung. Dort wird in Fig. 2 und zugehöriger Beschreibung Seite 7, Abs. 2 ein Aufzugsseil im Schnitt aufgezeigt, dessen Zug-tragende Litzenelemente, dort als „load bearing strands 13“ bezeichnet, in einer einheitlichen Isolationshülle (sheat 14) enthalten sind. Mithin gelten vorstehende Ausführungen zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 sinngemäß; der Hilfsantrag 2 konnte danach ebenfalls keinen Erfolg haben.

122

2.5 Zum Hilfsantrag 3

123

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 mit dem geänderten Merkmal 3.2 (Unterstrichenes zusätzlich eingefügt, Streichungen erkennbar):

124

3.2 zum Zusammenwirken in welchem die Aufzugtraktionsaufzugseilscheibe (10; 40) mit einem Aufzugseil (24), welches einen Aufzugfahrkorb (22) und ein Gegengewicht (30) antreibt und aufhängt, zusammenwirkt, wobei das Aufzugseil (24) aus einer Mehrzahl von Zug-tragenden Litzenelementen, die in einer einheitlichen elastomeren Isolationshülle enthalten sind, gemacht ist.

125

Auch in der beschränkten Fassung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 durch Einfügung des Wortes „elastomeren“ ist das Streitpatent nicht patentfähig, weil das hinzugekommene Erzeugnismerkmal keine Änderung der von der Kategorie auf ein Herstellungsverfahren mit den Merkmalen 5 und 6 gerichteten Lehre bedingt. Im Übrigen benennt die K16 Polyurethan als Werkstoff für die Umhüllung (vgl. Seite 7, Abs. 2, Zeilen 18 und 19), ein dem Fachmann allgemein bekanntes Elastomer für technische Anwendungen.

126

Mithin gelten vorstehende Ausführungen zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 sowie 2 sinngemäß; der Hilfsantrag 3 konnte danach ebenfalls keinen Erfolg haben.

127

2.6 Zum Hilfsantrag 4

128

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 mit dem aus Hilfsantrag 2 bekannten geänderten Merkmalen 4.2 und 4.4 (Unterstrichenes zusätzlich eingefügt, Streichungen erkennbar):

129

4.2 zum Zusammenwirken in welchem die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit einem elastomerbeschichteten Aufzugflachseil (24), welches einen Aufzugfahrkorb (22) und ein Gegengewicht (30) antreibt und aufhängt, zusammenwirkt,

130

4.4 eine Traktionsoberfläche zum Zusammenwirken, welche im Betrieb mit dem elastomerbeschichteten Aufzugflachseil (24) und Antreiben desselben zusammenwirkt und dasselbe antreibt.

131

Aus vorstehenden Ausführungen zu diesen hier im geltenden Anspruch 1 zusammengefassten Merkmalen der bezogenen Ansprüche 1 der jeweiligen Anträge folgt unmittelbar, dass die die erzeugnistechnische Ausgestaltung des Seils betreffenden Merkmalsangaben dem beanspruchten Verfahren nichts hinzufügen. Sie definieren zwar mittelbar das nach dem Verfahren hergestellte Erzeugnis insoweit näher, als die durch Kugelstrahlen oder Sandstrahlen (Merkmal 6/6.6) erzeugte Oberfläche für ein Zusammenwirken mit einem Aufzugsflachseil (Merkmal 4.4) geeignet sein muss. Die mikrogeometrische Oberflächenbeschaffenheit ist durch die benannten Fertigungsverfahren indes unabhängig von deren makrogeometrischer Gestalt zu erzeugen, weil es nur auf die Rauigkeit der Kontaktfläche ankommt.

132

Bei der Bearbeitung einer in ihrer Form für Flachseile angepassten Scheibe ist die Strahleinrichtung zur Bearbeitung der in diesem Fall zylindrischen Umfangsfläche insgesamt zwar anders auszurichten als beim Sandstrahlen der Flankenseiten einer V-förmigen Nut - unter der Voraussetzung jeweils gleicher Strahlrichtung relativ zum bearbeiteten Oberflächenabschnitt. Selbst wenn man hierin ein implizit definiertes Abgrenzungsmerkmal für das beanspruchte Verfahren gegenüber dem Stand der Technik gemäß K13 sähe, ergibt sich keine Besonderheit, die eine erfinderische Tätigkeit begründen könnte. Denn diese Anpassung an den praktischen Bedarfsfall - hier beim Herstellen einer für das Zusammenwirken mit einem Flachseil konzipierten Seilscheibe wie aus K16 bekannt - nimmt der mit der Herstellung nach den Vorgaben des Fachmanns betraute Facharbeiter im Rahmen seiner handwerklichen Fähigkeiten vor.

133

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf vorstehende Ausführungen zu den anderen Anträgen verwiesen. Mithin konnte der Hilfsantrag 4 danach ebenfalls keinen Erfolg haben.

134

2.7 Zum Hilfsantrag 5

135

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 mit den geänderten Merkmalen 5.2, 5.3 und 5.7 (Unterstrichenes zusätzlich eingefügt, Streichungen erkennbar):

136

5.2 zum Zusammenwirken in welchem die Aufzugtraktionsaufzugseilscheibe (10; 40) mit einem Aufzugseil (24), welches einen Aufzugfahrkorb (22) und ein Gegengewicht (30) aufhängt und antreibt, zusammenwirkt,

137

5.3 wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) aufweist versehen wird mit:

138

5.7 und wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit dem Aufzugseil (24) in Traktionseingriff gebracht wird, um den Aufzugfahrkorb (22) und das Gegengewicht (30) anzutreiben und aufzuhängen.

139

Auch in der beschränkten Fassung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 ist das Streitpatent nicht patentfähig.

140

Mit den Änderungen gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist lediglich der Aufbau im Sinne des bereits zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag gebotenen Verständnisses klargestellt. Die Darlegungen dort zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit gelten insoweit gleichermaßen. Somit konnte der Hilfsantrag 5 ebenfalls keinen Erfolg haben.

141

2.8 Zum Hilfsantrag 6

142

Patentanspruch 1 Hilfsantrag 6 entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 mit dem im Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 benannten Merkmal 2.2. Es gilt deshalb das dazu in den Hilfsanträgen 5 und 2 Gesagte, mithin ist die solchermaßen über diese Merkmalsangaben definierte Lehre nicht patentfähig mangels zugrundeliegender erfinderischer Tätigkeit. Somit konnte der Hilfsantrag 6 keinen Erfolg haben.

143

2.9 Zum Hilfsantrag 7

144

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 mit dem im Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 angeführten Merkmal 3.2. Die jeweiligen Ausführungen hierzu gelten sinngemäß, mithin konnte auch der Hilfsantrag 7 keinen Erfolg haben.

145

2.10 Zum Hilfsantrag 8

146

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 8 entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 mit dem aus Hilfsantrag 5 bekannten Merkmal 5.3 sowie dem Merkmal 8.7:

147

8.7 und wobei die Aufzugtraktionsseilscheibe (10; 40) mit dem elastomerbeschichteten Aufzugflachseil (24) in Traktionseingriff gebracht wird, um den Aufzugfahrkorb (22) und das Gegengewicht (30) anzutreiben und aufzuhängen.

148

Wie aus den umfassenden Darlegungen in vorstehenden Abschnitten 1 bis 2.2 sowie 2.6 und 2.7 folgt, ist es für den Reibkontakt in der Berührfläche und hierbei insbesondere für die Erzeugung einer definierten Oberflächenrauigkeit der Traktionsscheibenoberfläche entsprechend den Merkmalen 5 und 6 völlig belanglos, ob ein Aufzugsflachseil wie aus K16 bekannt nun ummantelt oder beschichtet ist, zumal diese Druckschrift auch die Alternative einer Beschichtung anspricht, vgl. Spalte 5, Zeile 5 („coated with various materials“) bzw. Anspruch 3 („having a sheath of plastic material“). Im Übrigen gelten die entsprechenden Ausführungen zu den jeweiligen Merkmalen des geltenden Anspruchs 1 sinngemäß, mithin konnte auch der Hilfsantrag 8 keinen Erfolg haben.

149

3. Unteransprüche der jeweiligen Fassungen

150

Mit Patentanspruch 1 fallen auch die abhängigen Ansprüche der jeweiligen Fassungen nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen, da die Beklagte erklärt hat, diese nicht gesondert verteidigen zu wollen. Dass die zusätzlichen Merkmale, die in den verteidigten Fassungen der auf den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 8 rückbezogenen Unteransprüche vorgesehen sind, aufgrund eines etwaigen eigenen erfinderischen Gehalts zu einer anderen Beurteilung der Patentfähigkeit hätten führen können, ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

III.

151

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.