Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 17.04.2012


BPatG 17.04.2012 - 1 Ni 7/11 (EP)

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsdatum:
17.04.2012
Aktenzeichen:
1 Ni 7/11 (EP)
Dokumenttyp:
Urteil

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 0 737 489

(DE 693 34 226)

hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2012 durch die Präsidentin Schmidt sowie die Richter Voit, Dipl.-Ing. Sandkämper, Dipl.-Ing. Schlenk und Dr.-Ing. Krüger

für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent EP 0 737 489 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 737 849 (Streitpatent), das am 21. April 1993 unter Inanspruchnahme der Prioritäten der US-Patentanmeldungen US 891289 vom 29. Mai 1992 und US 981244 vom 25. November 1992 als Teilanmeldung der europäischen Patentanmeldung EP 0 674 535 angemeldet worden ist. Das Streitpatent wurde am 25. Juni 2008 in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 693 34 226 geführt. Es betrifft ein Rückschlagventil und umfasst 13 Patentansprüche, die insgesamt angegriffen sind. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Englisch wie folgt:

Abbildung

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2

In der deutschen Übersetzung weist Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut auf:

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rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 13 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 737 489 B1 Bezug genommen.

4

Die Klägerin behauptet eine Unklarheit und eine unzulässige Erweiterung des Anspruchs 1, zudem macht sie fehlende Patentfähigkeit in Form mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit geltend und behauptet, der Gegenstand des Streitpatents sei durch sie vorbenutzt worden. Hierzu bietet sie Zeugenbeweis an. Darüber hinaus stützt sie sich unter anderem auf folgende Druckschriften und Dokumente:

5

E2 US 4 934 362

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E7 GB 2 072 516 A.

7

Die Klägerin beantragt,

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das europäische Patent EP 0 737 489 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

9

Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

11

Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin insgesamt entgegen.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe mangelnder Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. 52, 56 EPÜ) und unzulässiger Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. c EPÜ) geltend gemacht werden, ist begründet, da sich der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung nicht als patentfähig erweist.

13

Es bedurfte vorliegend keiner Entscheidung, ob die weiter geltend gemachten Nichtigkeitsgründe bzw. Einwände der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. c EPÜ) und der fehlenden Klarheit (Art. 84, S. 2 EPÜ) begründet sind, da der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung durch den Stand der Technik und die Kenntnisse des hier einschlägigen Fachmanns, eines Diplomingenieurs des Maschinenbaus mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Konzeption und Konstruktion von Atemschutzmasken und vertieften Kenntnissen und Erfahrungen in der Montage und Prüfung derartiger sicherheitsrelevanter Geräte und ihrer Bestandteile, nahegelegt ist (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 56 EPÜ).

I.

14

1. Technischer Hintergrund des Streitpatentgegenstandes

15

Anhand der deutschen Beschreibung und den Fig. 1 bis 4 der Schrift DE 693 34 226 soll der wesentliche Aufbau und die Funktion des Streitpatentgegenstandes dargestellt werden.

16

Das Streitpatent nach dem Anspruch 1 betrifft eine Filterungsgesichtsmaske, die Mund und Nase abdeckt (Halbmaske) mit einem Ausatemventil, und deren poröser bzw. gasdurchlässiger Maskenkörper aus einer Filtrationsschicht (oft mit stoff- oder vliesartigem Aussehen) besteht, d. h. Luft und damit Sauerstoff werden durchgelassen und schädliche Stoffe werden auf der Maskenoberfläche oder in der Filtrationsschicht zurückgehalten.

17

Eine derartige (Einmal-)Maske hat kein getrenntes (oft als Filterpatrone ausgebildetes und auswechselbares) Einatemfilter mit entsprechenden Filtrationsschichten sowie keinen meist aus Gummi bestehenden, gasundurchlässigen Maskenkörper wie andere Maskenbauarten.

18

Damit derartige Maskenkörper mit Filtrationsschichten nicht durch die vom Träger ausgeatmete Luft durchfeuchtet werden, was die Standzeit und Lebensdauer der Filtrationsschicht verringern sowie ein unangenehmes Trageverhalten und eine Erhöhung des Ausatemwiderstandes durch die sich in der Filtrationsschicht sammelnde Feuchtigkeit bewirken würde, werden bei derartigen Masken Ausatemventile angebracht. Diese an der Maske angebrachten Ausatemventile sollen die Ausatemluft möglichst ohne Gegendruck entweichen lassen und somit ein Abheben dieser Masken vom Gesicht des Trägers verhindern. Weiterhin wird durch das Entweichen des größten Teils der Ausatemluft nach Außen eine längere Standzeit der Filtrationsschicht und ein geringerer Ein- und Ausatemwiderstand sowie ein angenehmeres Trageverhalten erreicht.

19

Beim Ausatemventil, das beim Einatmen und beim Atemstillstand einerseits sicher schließen soll, um eine Kontamination des Innenraums und des Trägers sicher zu verhindern, andererseits aber einen möglichst geringen Ausatemwiderstand, der sonst zu einer hohen körperlichen Belastung führen kann, aufweisen soll, handelt es sich i. d. R. um ein elastisch gegen seinen Sitz vorgespanntes Rückschlagventil, um in jeder Körperlage eine zuverlässige Funktion sicherzustellen.

20

Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel des Streitpatents, eine Filterungsgesichtsmaske bereitzustellen, die sicher und angenehm zu tragen sein soll. Damit sie sicher ist, sollte die Gesichtsmaske Luftverunreinigungen nicht durch das Ausatemventil in den Innenraum der Gesichtsmaske gelangen lassen, und damit sie angenehm ist, sollte beim Ausatmen ein möglichst großer Prozentsatz der ausgeatmeten feuchten Luft bei minimalem Ausatemwiderstand durch das Ausatemventil strömen können, vgl. Streitpatentschrift (StrPS) Abs. 0003.

21

2. Zur Lösung der dem Streitpatent zugrundeliegenden Aufgabe (vgl. Abs. 0003) wird im Streitpatent nach Anspruch 1 eine Filterungsgesichtsmaske mit folgenden Merkmalen verwendet (Gliederung vom Senat eingefügt):

22

1. Filterungsgesichtsmaske, die Folgendes aufweist:2. einen Maskenkörper (12),

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2.1 der dafür geeignet ist, über die Nase und den Mund einer Person zu passen, und

24

2.2 der eine Filtrationsschicht zum Filtern von Luft aufweist, die durch den Maskenkörper (12) strömt, und

25

3. ein Ausatemventil (14), das am Maskenkörper angebracht ist, wobei das Ausatemventil folgendes aufweist:

26

3.1 einen Ventilsitz (26),3.1.1  der eine Öffnung (32),

27

3.1.2  einen Dichtungssteg mit einer Dichtungsfläche (30), die die Öffnung umgibt, und

28

3.1.3  eine die Klappe haltende Fläche (40) aufweist, und,3.2 eine einzelne flexible Klappe (24),3.2.1  die einen unbeweglichen Abschnitt und3.2.2  einen freien Abschnitt (38) und3.2.3  einen umlaufenden Rand aufweist3.2.3.1  der unbewegliche und3.2.3.2  freie Abschnitte aufweist,

29

3.2.4  wobei der unbewegliche Abschnitt des umlaufenden Rands mit dem unbeweglichen Abschnitt der flexiblen Klappe in Zusammenhang steht, um während des Ausatmens im Wesentlichen in derselben Position zu bleiben, und

30

3.2.5 wobei der freie Abschnitt des umlaufenden Rands mit dem einen freien Abschnitt der flexiblen Klappe in Zusammenhang steht, um während des Ausatmens beweglich zu sein,

31

3.2.6  wobei der freie Abschnitt des umlaufenden Rands unter dem unbeweglichen Abschnitt angeordnet ist, wenn das Ventil in einer aufrechten Position von vorn betrachtet wird,

32

4. wobei die flexible Klappe (24) außerhalb des Bereichs, der von der Ventilöffnung eingeschlossen wird, an der die Klappe haltenden Fläche am Ventilsitz befestigt ist,5. wobei die die Klappe haltende Fläche und die Dichtungsfläche relativ zueinander konfiguriert und angeordnet sind,

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5.1 damit, bei Betrachtung in einer geschlossenen Position von der Seite aus, eine im Querschnitt konkave Krümmung mindestens des einen freien Abschnitts der flexiblen Klappe vorgesehen ist,5.2 wobei die Spitze der konkaven Krümmung stromaufwärts zu der Fluidströmung durch die Öffnung relativ zu äußeren Enden der konkaven Krümmung angeordnet ist,5.3 wobei es die Konfiguration und die relative Positionierung der die Klappe haltenden Fläche und der Dichtungsfläche auch ermöglicht, dass der eine freie Abschnitt der flexiblen Klappe gegen die Dichtungsfläche gedrückt wird, wenn ein Träger der Maske weder einatmet noch ausatmet, und ermöglicht,

34

5.4 dass der eine freie Abschnitt der flexiblen Klappe während des Ausatmens von der Dichtungsfläche gehoben wird.

35

3. Unklarheit und unzulässige Erweiterung

36

3.1 Aufgrund der Zeichnungs- und Beschreibungsunterlagen des Streitpatents werden die nachfolgenden Fachbegriffe definiert:

37

- Unter einem freien Abschnitt gemäß Merkmal 3.2.1 wird der Teil einer (Ventil-)Membran oder Ventilklappe verstanden, der sich vom Dichtsitz abheben kann, so dass im entstehenden Spalt zwischen Dichtsitz und Ventilklappe die Luft durchströmen kann.- Unter einem unbeweglichen Abschnitt gemäß Merkmal 3.2.2 wird der Teil einer Membran verstanden, der sich vom Dichtsitz nicht abhebt, so dass auch bei Öffnung des Ventils dort kein Spalt entsteht und keine Luft durchströmen kann. An diesem Abschnitt ist die Membran i. d. R. befestigt.

38

- Unter Ventilsitz (26) nach dem Streitpatent wird derjenige Teil des Ventilkörpers verstanden, der sich außerhalb der Durchflussöffnung(en) für die Ausatemluft und des sie umgebenden Dichtungssteges befindet und auf dem die Ventilmembran aufliegt und abdichtet (Abs. 0022).- Ein Dichtungssteg ist eine erhabene linienförmige Kontur auf der Dichtfläche, die die Durchflussöffnung für die Ausatemluft umgibt und an der aufgrund der kleineren Fläche der höchste Anpressdruck der Membran gegen den Dichtkörper besteht (Linienpressung).- In Merkmal 3.2.6 wird mit dem Begriff … „unter dem unbeweglichen Abschnitt“ … und … „in einer aufrechten Position“ … ein Ort bezeichnet, der bei Ausrichtung der Maske mit der Nasenkontur oben, also in Normallage, sich unterhalb des unbeweglichen Abschnitts befindet.- Unter „konkaver Krümmung“ der flexiblen Klappe im Sinn von Merkmal 5.1 wird die in Fig. 3 gezeigte Krümmung zur Außenseite der Maske hin verstanden, bei der der Scheitel der Krümmungskurve, von der Seite betrachtet, dem Mund näher ist, also stromaufwärts (des Ausatemluftstroms), als das (weiter unten angebrachte) freie Ende der Membran.

        

39

3.2 Im Merkmal 3.2.6 kann der Senat im Zusammenhang mit den übergeordneten Merkmalen 3 und 3.2 (ein Ausatemventil (14), das am Maskenkörper angebracht ist, wobei das Ausatemventil folgendes aufweist: ... eine einzelne flexible Klappe (24), wobei der freie Abschnitt des umlaufenden Rands unter dem unbeweglichen Abschnitt angeordnet ist, wenn das Ventil in einer aufrechten Position von vorn betrachtet wird) keine Unklarheit erkennen, denn unter „aufrechter Position“ versteht der Fachmann und auch der sachverständige Leser eine Lage der Maske, bei der die „Nasenöffnung“ oberhalb der „Mundöffnung“ der Maske ist (in Fig. 1 dargestellt).

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3.3 Eine unzulässige Erweiterung sieht der Senat im Merkmal 5.1 nicht, da auch aufgrund der technischen Einfachheit des Ventilsitzes und der Ventilklappe (Membran) für den Fachmann klar ist, dass bei derartigen Ventilen im geschlossenen Zustand, also insbesondere bei Einatmung, sowohl Ventilsitz als auch Ventilklappe eine korrespondierende konkave Krümmung aufweisen müssen, um dicht zu sein. Bei unvollkommenem Schließen des Ventils wäre sonst eine stetige Leckage und damit Kontaminationsgefahr vorhanden, was dem Sinn eines Ausatemventils bei Atemschutzmasken widerspricht.

41

Deshalb ist bei einer nicht zentral, also innerhalb der Ausatemöffnung des Ventils, befestigten Klappe bei entsprechender Verformbarkeit deren äußere Befestigung hier ohne Belang, mit der Einschränkung, dass, wie dem Fachmann aus seinem technischen Grundwissen bekannt ist, es i. d. R. nicht sinnvoll ist, das Gewicht der Membran in Öffnungsrichtung wirken zu lassen, da zur sicheren Funktion dann eine entsprechend größere elastische Vorspannung notwendig wäre, die zu einem entsprechend größeren Ausatemwiderstand führen würde. Aufgrund dieser Überlegungen ist eine oben vorgesehene Befestigung naheliegend, da hier in den meisten Gebrauchslagen der Maske, also auch beim Neigen des Kopfes, das Membrangewicht das Schließen unterstützt.

II.

42

1. Der beanspruchte Gegenstand gemäß Anspruch 1 mag neu sein (Art. 54 Abs. 1 und 2 EPÜ) und auch gewerblich anwendbar. Er ist aber durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nahe gelegt (Art. 56 EPÜ), da die zum Prioritätszeitpunkt bekannten Lösungen dem Fachmann Veranlassung gaben, den mit dem Streitpatent vorgeschlagenen Lösungsweg zu beschreiten.

43

1.1 Für die Beurteilung, ob eine beanspruchte Lösung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist von dem auszugehen, was der Gegenstand der Erfindung in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen Zusammenhang (BGH GRUR 2007, 1055, Tz. 28 - Papiermaschinengewebe) gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet (BGH GRUR 2010, 607, Tz. 18 - Fettsäurezusammenhang; BGH GRUR 2010, 602, Tz. 27 - Gelenkanordnung). Dabei können für die Beantwortung der Frage, ob die beanspruchte technische Lehre für den angesprochenen Fachmann im Zeitpunkt der Anmeldung bzw. im Prioritätszeitpunkt nahelag, nicht nur der sogenannte "nächstliegende" Stand der Technik, sondern verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein, wobei bereits die Wahl dieses Ausgangspunkts der Rechtfertigung bedarf. Diese liegt in der Regel in dem Bemühen des Fachmanns, für einen bestimmten Zweck eine bessere Lösung zu finden, als sie der bekannte Stand der Technik zur Verfügung stellt (BGH GRUR 2009, 382 Olanzapin; BGH GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger).

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1.2 Der bekannte Stand der Technik, wie er in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents (vgl. StrPS, Abs. 0002) angeführt ist, wird beispielsweise durch die Schrift E7, Fig. 1 und 2 und zugehörige Beschreibung (S. 2, linke Spalte, Z. 33 bis 50) aufgezeigt.

45

Dort wird eine Filtergesichtsmaske entsprechend den Merkmalen 1 bis 3 mit einem Ausatemventil, das am Maskenkörper angebracht ist, aufgezeigt.

46

Das dort beschriebene Ausatemventil weist gemäß Fig. 2 und Beschreibung Seite 2, li. Sp., Z. 33 bis 50 einen Ventilsitz und eine einzeln flexible Klappe entsprechend den Merkmalen 3.1 bis 3.2.6 auf, wobei die flexible Klappe entsprechend Merkmal 4 außerhalb und oberhalb des Bereichs der Ventilöffnung befestigt ist („cantilever-Anordnung“). Auch sind, wie dem Fachmann aus seinem Grundlagenwissen bekannt ist, die die Klappe haltende Fläche und die Dichtfläche entsprechend Merkmal 5 relativ zueinander konfiguriert und angeordnet. Dadurch soll ein sicheres Funktionieren des Ventils gewährleistet werden, so dass entsprechend den Merkmalen 5.3 und 5.4 ein geschlossenes Ventil bei „Atemstillstand“, wenn also weder ein- noch ausgeatmet wird, sowie beim Einatmen des Maskenträgers bewirkt wird und beim Ausatmen ein Abheben der flexiblen Ventilklappe von der Dichtungsfläche gewährleistet ist.

47

Eine von der Seite gesehen konkave Krümmung der flexiblen Ventilklappe mit einer Spitze “stromaufwärts der Fluidströmung“, also in Richtung des Gesichts des Trägers entsprechend den Merkmalen 5.1 und 5.2 ist aus der E 7 nicht bekannt, vielmehr wird im dortigen Ausführungsbeispiel nach der Fig. 2 eine ebene Klappe gezeigt.

48

In dieser Schrift wird dem Fachmann weiterhin der Vorschlag gemacht, bei einer eventuelle Leckage des Ventils durch eine Vorkammer das Einatmen gefährlicher Stoffe zu verhindern, was im Umkehrschluss bedeutet, dass beim dort beschriebenen Ventil zumindest in gewissen Situationen ein sicheres Schließen nicht unter allen Umständen gewährleistet erscheint.

49

Jedoch ist dem Fachmann aus seinem technischen Grundwissen bekannt, dass die in der E7 vorgeschlagene Vorkammer (vgl. Beschreibung S. 1, linke Spalte, Z. 58 bis 64) schon aufgrund des notwendigen Volumens (unter körperlicher Beanspruchung mehrere Liter je Atemzug) eine Behinderung des Maskenträgers sowie eine Erhöhung des Ausatemwiderstandes und „Verkomplizierung“ der Maske nach sich zieht. Er wird deshalb diese eher theoretische Möglichkeit, im Gegensatz zur in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung der Patentinhaberin, nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, sondern bei der Konzeption und Auslegung des Ventils am mit Klappenventilen erreichbaren und auch auf diesem Fachgebiet stets angestrebten minimal erreichbaren Ausatemwiderstand orientieren und im Stand der Technik, hier insbesondere bei Atemschutzmasken, nach Ventilen mit einer flexiblen Ventilklappe suchen, die eine weitere Verbesserung des Öffnungs- und Schließverhaltens und insbesondere der Funktionssicherheit bei derartigen Ventilen versprechen.

50

Bei einer derartig zielgerichteten Recherche stößt er zweifellos auf die Schrift E2, die ein Ausatemventil für eine Filterungsgesichtsmaske entsprechend den Merkmalen 1 bis 2.1 aufweist (vgl. Fig. 1 i. V. m. Beschr. Sp. 1, Z. 5 bis 22). Weiterhin ist das dortige Ausatemventil (exhalation valve 14) am Maskenkörper angebracht und weist sowohl einen Ventilsitz (ventil seat 16) wie auch eine Öffnung („orifice within the seal ridge 18“ hier unterteilt in „six ports 21“) sowie einen Dichtungssteg (seal ridge 18) und eine die Ventilklappe (flap 24) haltende Fläche (central bridge 19) entsprechend den Merkmalen 3 bis 3.1.3 auf (Fig. 2 und 3 und Beschreibung Sp. 4, Z. 11 bis 25).

51

Dass dort nicht nur ein von der Patentinhaberin als „Schmetterlingsventil“ bezeichnetes Ventil mit Mittelsteg und jeweils seitlich davon angebrachten Klappen (Fig. 2) offenbart ist, sondern auch eine einzelne flexible Klappe mit nur einem freien Abschnitt und somit auch einem unbeweglichen (Befestigungs-)Abschnitt als Ventil im Sinn der Merkmale 3.2 bis 3.2.3.1) verwendet werden kann, wird dem Fachmann in Sp. 3, Z. 44 bis 46 und Z. 50 bis 52 („the free end …“) dargelegt, auch wenn in der Druckschrift E2 aus nicht näher erläuterten Gründen eine zweiseitige Klappe präferiert wird (Beschr. Sp. 3, Z. 46 bis 49). Bei derartigen Ventilen ist jedoch die Anpassung an den praktischen Bedarfsfall insbesondere für die nach den üblichen Dimensionierungsregeln auszuwählenden Querschnitte der Ausatemöffnung(en) und somit auch für die Zahl der dafür notwendigen Ventilklappen eine übliche fachliche Maßnahme.

52

Ein in Rede stehendes Ventil mit einseitiger loser Klappe bedingt technisch zwangsläufig auch die Merkmale 3.2.4 und 3.2.5, die die Funktion der Teile zueinander beschreiben, sowie Merkmal 4.

53

Auch die Merkmale 5 bis 5.3 sind aus der E2 bekannt, vgl. die gedanklich an der Linie 3-3 halbierte Darstellung des Ausatemventils (Einzelklappe) i. V. m. der Beschreibung Sp. 3, Z. 44 bis 60 und Sp. 4, Z. 15 bis 25, die ausführt, dass gemäß Merkmal 5.1 eine konkave Krümmung (parabolic profile) von Membran und Ventilsitz vorhanden ist (Sp. 4), deren Spitze (hier: Scheitelpunkt, „apex“) entsprechend Merkmal 5.2 stromaufwärts zu der Fluidströmung angeordnet und damit dem Mund zugewandt ist (Sp. 3, Z. 53 bis 57). Die Merkmale 5.3 und 5.4 des Streitgegenstands beschreiben lediglich die selbstverständliche Funktion eines Ausatemventils bei einer Atemschutzmaske, das sicher schließen soll und lediglich beim Ausatmen mit geringem Ausatemwiderstand öffnet (E2, Sp. 3, Z. 53 bis 60).

54

Durch eine fachmännische Kombination einer Filterungsgesichtsmaske nach der Schrift E7, mit einem sich über Nase und Mund erstreckenden luftdurchlässigen Maskenkörper und einem über der Ausatemöffnung befestigten Klappenventil mit niedrigem Ausatemwiderstand, aber verbesserungsfähigem Schließverhalten und einem aus der Schrift E2 zur Verwendung bei Atemschutzmasken bekannten Ausatemventil mit verbessertem Schließverhalten ergibt sich in naheliegender Weise eine Filterungsgesichtsmaske mit verbessertem Ausatemventil ohne Abstriche an Ausatemwiderstand, Sicherheit und Lebensdauer der Maske und des Ventils.

55

Deshalb ist der Anspruch 1 gegenüber einer aus obigen Gründen naheliegenden Kombination der Schriften E7 und E2 mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.

56

Die Entgegenhaltungen E2 und E7 waren auch im europäischen Prüfungsverfahren berücksichtigt worden. Mit Bescheid vom 23. Juni 2006 war der Anmelderin die Auffassung der Prüfungsabteilung mitgeteilt worden, es sei naheliegend, für einen Fachmann, das aus der E2 (D1) bekannte Ventil in der aus der E7 (D2) bekannten Filterungsgesichtsmaske einzusetzen und so ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen. Nach weiteren Änderungen der Ansprüche durch die Anmelderin und Durchführung einer nichtöffentlichen Anhörung wurde das Patent schließlich antragsgemäß erteilt, so dass hinsichtlich der Frage des Beruhens des Gegenstandes des Anspruchs 1 auf erfinderischer Tätigkeit lediglich die Argumentation der Anmelderin, nicht aber eine Begründung der Prüfungsabteilung des EPA bekannt ist.

57

2. Unteransprüche

58

Mit dem Patentanspruch 1 fallen noch nicht die abhängigen angegriffenen Ansprüche 2 bis 13, da die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat pauschal erklärt hat, diese gesondert verteidigen zu wollen, da sie in einzelnen Unteransprüchen erfinderische Inhalte sehe.

59

Die in den weiteren abhängigen angegriffenen Ansprüchen 2 bis 13 beschriebenen Merkmale sind jedoch lediglich einfache konstruktive oder handwerkliche Maßnahmen ohne erfinderische Bedeutung, die der Fachmann überall dort anwendet, wo sie ihm notwendig oder sinnvoll erscheinen und die aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik auch bekannt oder zumindest nahegelegt sind.

60

Die Merkmale der Ansprüche 2 und 6 bis 8 sind aus der Schrift E7, siehe Fig. 1, 2 und Anspruch 1, sowie Beschreibung S. 1, li. Sp. Z. 39 bis 44 und S. 2, li. Sp. Z. 33 bis 50 bekannt.

61

Aus der Schrift E2 siehe Fig. 2 und Anspruch 1, sowie Beschreibung Sp. 3, Z. 44 bis 60 sowie Sp. 4, Z. 15 bis 24 und 32 bis 54 sind die Merkmale der Ansprüche 5, 7 und 8 bekannt.

62

Die Merkmale des Anspruchs 13 ergeben sich bei Verwendung des aus der E2 bekannten Ventils in der in E7, Fig. 2 dargestellten Einbaulage.

63

Die Ansprüche 3, 4 und 9 bis 12 erschöpfen sich in fachnotorischen Bemessungs- und Optimierungsangaben, für die eine erfinderische Bedeutung für den Senat nicht erkennbar ist und deren Größenordnung aufgrund der Beispiele in der E2 für den Fachmann zumindest nahegelegt ist.

64

Auch für eine beliebige Kombination dieser in den Unteransprüchen beschriebenen sowohl handwerklich wie auch konstruktiv überschaubaren Merkmale miteinander oder mit den Merkmalen des Anspruchs 1 war für den Senat eine erfinderische Tätigkeit nicht erkennbar.

III.

65

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.