Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und -Organisationsverordnung (WpDVerOV)
Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen

Ausfertigungsdatum: 17.10.2017


§ 6 WpDVerOV Zuwendungen

(1) Als geringfügige nichtmonetäre Vorteile im Sinne des § 64 Absatz 7 des Wertpapierhandelsgesetzes kommen, sofern sie die in § 64 Absatz 7 Satz 2 Nummer 1 und 2 des Wertpapierhandelsgesetzes genannten Voraussetzungen erfüllen, insbesondere in Betracht:

1.
Informationen oder Dokumentationen zu einem Finanzinstrument oder einer Wertpapierdienstleistung, sofern sie allgemein angelegt oder individuell auf die Situation eines bestimmten Kunden abgestimmt sind;
2.
von einem Dritten erstellte schriftliche Materialien, die von einem Emittenten oder potenziellen Emittenten aus dem Unternehmenssektor in Auftrag gegeben und vergütet werden, um eine Neuemission des betreffenden Emittenten zu bewerben, oder bei dem der Dritte vom Emittenten oder potentiellen Emittenten vertraglich dazu verpflichtet ist und dafür vergütet wird, derartiges Material fortlaufend zu erstellen, sofern
a)
die Beziehung zwischen dem Dritten und dem Emittenten in dem betreffenden Material unmissverständlich offengelegt wird und
b)
das Material gleichzeitig allen Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die daran interessiert sind, oder dem Publikum zur Verfügung gestellt wird;
3.
die Teilnahme an Konferenzen, Seminaren und anderen Bildungsveranstaltungen, die zu den Vorteilen und Merkmalen eines bestimmten Finanzinstruments oder einer bestimmten Wertpapierdienstleistung abgehalten werden;
4.
Bewirtungen, deren Wert eine vertretbare Geringfügigkeitsschwelle nicht überschreitet.

(2) Eine Zuwendung ist darauf ausgelegt, die Qualität der Dienstleistung für den Kunden im Sinne des § 70 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Wertpapierhandelsgesetzes zu verbessern, wenn

1.
sie durch die Erbringung einer zusätzlichen oder höherwertigen Dienstleistung für den jeweiligen Kunden gerechtfertigt ist, die in angemessenem Verhältnis zum Umfang der erhaltenen Zuwendung steht, wie beispielsweise
a)
die Erbringung einer Anlageberatung, bei der es sich nicht um eine Unabhängige Honorar-Anlageberatung handelt, auf Basis einer breiten Palette geeigneter Finanzinstrumente und unter Zugang zu einer solchen, einschließlich einer angemessenen Zahl von Instrumenten, die von Anbietern oder Emittenten stammen, die in keiner engen Verbindung zum Wertpapierdienstleistungsunternehmen stehen,
b)
die Erbringung einer Anlageberatung, bei der es sich nicht um eine Unabhängige Honorar-Anlageberatung handelt, in Kombination mit
aa)
dem Angebot an den Kunden, mindestens einmal jährlich zu beurteilen, ob die Finanzinstrumente, in die der Kunde investiert hat, weiterhin für diesen geeignet sind, oder
bb)
einer anderen fortlaufenden Dienstleistung mit wahrscheinlichem Wert für den Kunden, beispielsweise einer Beratung über die optimale Strukturierung des Vermögens des Kunden,
c)
die zu einem wettbewerbsfähigen Preis erfolgende Gewährung von Zugang zu einer breiten Palette von Finanzinstrumenten, die geeignet sind, den Bedürfnissen des Kunden zu entsprechen, darunter eine angemessene Zahl von Instrumenten, die von Anbietern oder Emittenten stammen, die in keiner engen Verbindung zum Wertpapierdienstleistungsunternehmen stehen, in Kombination mit
aa)
der Bereitstellung von Hilfsmitteln, die einen Mehrwert aufweisen, wie etwa objektiven Informationsinstrumenten, die dem betreffenden Kunden bei Anlageentscheidungen helfen oder ihm die Möglichkeit geben, die Palette der Finanzinstrumente, in die er investiert hat, zu beobachten und anzupassen, oder
bb)
der Übermittlung periodischer Berichte über die Wertentwicklung sowie die Kosten und Gebühren der Finanzinstrumente,
d)
das Ermöglichen eines verbesserten Zugangs zu Beratungsdienstleistungen, etwa durch die Bereitstellung eines weitverzweigten Filialberaternetzwerkes, das für den Kunden die Vor-Ort-Verfügbarkeit qualifizierter Anlageberater auch in ländlichen Regionen sicherstellt,
2.
sie nicht unmittelbar dem annehmenden oder gewährenden Wertpapierdienstleistungsunternehmen, dessen Gesellschaftern oder Beschäftigten zugutekommt, ohne zugleich einen konkreten Vorteil für den jeweiligen Kunden darzustellen, und
3.
sie durch die Gewährung eines fortlaufenden Vorteils für den betreffenden Kunden in Relation zu einer laufenden Zuwendung gerechtfertigt ist.
Eine Zuwendung verbessert die Qualität der Dienstleistung für den Kunden nicht, wenn die Dienstleistung dadurch in voreingenommener Weise oder nicht im besten Kundeninteresse erbracht wird. Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen die Vorgaben nach Satz 1 und 2 fortlaufend erfüllen, solange sie die Zuwendung erhalten oder gewähren.

(3) Zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 70 Absatz 1 Satz 2 des Wertpapierhandelsgesetzes müssen Wertpapierdienstleistungsunternehmen

1.
ein internes Verzeichnis aller Zuwendungen führen, die sie im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen von einem Dritten erhalten, und
2.
aufzeichnen,
a)
wie die erhaltenen oder gewährten Zuwendungen, oder Zuwendungen, deren Erhalt oder Gewährung beabsichtigt ist, die Qualität der Dienstleistungen für die betreffenden Kunden verbessern und
b)
welche Schritte unternommen wurden, um die Erfüllung der Pflicht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln, nicht zu beeinträchtigen.