(ChemIndMeistPrV 2004)
Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Industriemeister/Geprüfte Industriemeisterin - Fachrichtung Chemie

Ausfertigungsdatum: 15.09.2004


§ 5 ChemIndMeistPrV 2004 Handlungsspezifische Qualifikationen

(1) Der Prüfungsteil "Handlungsspezifische Qualifikationen" umfasst die Handlungsbereiche:

1.
Chemische Produktion;
2.
Organisation, Führung und Kommunikation;
3.
Spezialisierungsgebiete.

(2) Der Handlungsbereich "Chemische Produktion" gliedert sich in folgende Qualifikationsschwerpunkte:

1.
Verfahrens- und Anlagentechnik;
2.
Chemische Prozesse und Verfahren;
3.
Prozessleittechnik.

(3) Der Handlungsbereich "Organisation, Führung und Kommunikation" gliedert sich in folgende Qualifikationsschwerpunkte:

1.
Personalführung und -entwicklung;
2.
Betriebliches Kostenwesen;
3.
Verantwortliches Handeln im Betrieb (Responsible Care);
4.
Qualitätsmanagement;
5.
Information und Kommunikation.

(4) Der Handlungsbereich "Spezialisierungsgebiete" gliedert sich in folgende Wahlqualifikationsschwerpunkte:

1.
Syntheseplanung;
2.
Automatisierungs- und Prozessleittechnik;
3.
Technologie;
4.
Betriebscontrolling.

(5) Im Handlungsbereich "Chemische Produktion" wird unter Berücksichtigung der fachrichtungsübergreifenden Basisqualifikationen die Situationsaufgabe I gemäß Absatz 6 und im Handlungsbereich "Organisation, Führung und Kommunikation" unter Berücksichtigung der fachrichtungsübergreifenden Basisqualifikationen die Situationsaufgabe II gemäß Absatz 7 gestellt. Die Situationsaufgabe I und die Situationsaufgabe II sind so zu gestalten, dass die Qualifikationsschwerpunkte der Handlungsbereiche gemäß Absatz 1 Nr. 1 und 2 mindestens einmal thematisiert werden. Im Handlungsbereich "Spezialisierungsgebiete" ist eine schriftliche Ausarbeitung gemäß Absatz 8 anzufertigen. Die Prüfungsdauer für die Bearbeitung der schriftlichen Situationsaufgabe I beträgt mindestens vier Stunden. Die Prüfungsdauer für die Bearbeitung der schriftlichen Aufgabenstellung in der Situationsaufgabe II beträgt mindestens zwei Stunden und für das Fachgespräch mindestens 30 Minuten, höchstens 45 Minuten; für das Fachgespräch sind 45 Minuten Vorbereitungszeit einzuräumen. Die Prüfungsdauer für die Situationsaufgaben I und II darf insgesamt nicht mehr als acht Stunden betragen. Die Prüfungsdauer für die schriftliche Ausarbeitung im Handlungsbereich "Spezialisierungsgebiete" beträgt mindestens 75 und höchstens 90 Minuten.

(6) Kern der Situationsaufgabe I ist mit etwa zwei Dritteln der Handlungsbereich "Chemische Produktion", wobei der Qualifikationsschwerpunkt "Verfahrens- und Anlagentechnik" den Kernpunkt bilden soll. Qualifikationsschwerpunkte des Handlungsbereiches "Organisation, Führung und Kommunikation" sind mit bis zu einem Drittel integrativ einzubeziehen. Im Einzelnen kann die Situationsaufgabe I folgende Qualifikationsinhalte aus dem Handlungsbereich "Chemische Produktion" mit den Schwerpunkten gemäß den folgenden Nummern 1 bis 3 umfassen:

1.
Im Qualifikationsschwerpunkt "Verfahrens- und Anlagentechnik" soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, verfahrenstechnische Prozesse bei der Herstellung von Produkten unter Berücksichtigung von Arbeitssicherheit, Umweltschutz, Anlagensicherheit sowie Qualitätssicherung planen, organisieren und überwachen zu können. Dazu gehört, unter Berücksichtigung naturwissenschaftlich-technischer und mathematischer Gesetzmäßigkeiten, Zusammenhänge und Optimierungsmöglichkeiten des verfahrenstechnischen Prozesses zu erkennen und zweckentsprechende Maßnahmen einzuleiten. Weiterhin soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, beim Einsatz neuer Maschinen und Anlagenteile sowie bei Veränderung von Stoffen und Stoffparametern die Auswirkungen auf den Verfahrensprozess erkennen und berücksichtigen zu können. In diesem Rahmen können folgende Qualifikationsinhalte geprüft werden:
a)
Erstellen von Mengenströmen und Energiebilanzen,
b)
Beurteilen von Aufbau, Funktionsprinzip und Einsatzmöglichkeiten von Apparaten, Maschinen und technischen Hilfseinrichtungen sowie deren sachgerechter Verwendung,
c)
Auswählen der Maschinen und Anlagebauteile unter Berücksichtigung von Wechselwirkungen zwischen Roh-, Hilfs-, Betriebs- und Werkstoffen,
d)
Mitwirken bei der Auswahl von Maschinen, Apparaten, technischen Hilfseinrichtungen, Energien und Stoffen unter Beachtung von technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten,
e)
Organisieren und Veranlassen von Maßnahmen zur Behebung von Störungen,
f)
Veranlassen der vorbeugenden Instandhaltung sowie Organisieren, Überwachen und Koordinieren von Maßnahmen der Instandhaltung,
g)
Koordinieren und Optimieren des Anfahrens, Betreibens und Abfahrens von Anlagen.
2.
Im Qualifikationsschwerpunkt "Chemische Prozesse und Verfahren" soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, unter Berücksichtigung von naturwissenschaftlich-technischen und mathematischen Gesetzmäßigkeiten, Arbeitssicherheit und Umweltschutz, Anlagensicherheit und Qualitätssicherung, chemische Reaktionen führen sowie produktionstechnische Zusammenhänge und Optimierungsmöglichkeiten der Prozesse erkennen und zweckentsprechende Maßnahmen einleiten zu können. Dazu gehört, die Auswirkungen bei Änderungen der Prozessparameter beurteilen zu können. In diesem Rahmen können folgende Qualifikationsinhalte geprüft werden:
a)
Auswählen produktionstechnischer Einrichtungen und Verfahren unter Beachtung verschiedener Reaktionstypen,
b)
Bewerten und Beurteilen von Stoffen und Stoffgemischen hinsichtlich ihrer Eigenschaften und ihres Gefährdungspotentials,
c)
Erfassen und Berechnen von Stoff- und Energiebilanzen,
d)
Einleiten von Maßnahmen zur rationellen Nutzung von Energie und Ressourcen sowie Führen von Energie- und Stoffströmen,
e)
Führen von chemischen Reaktionen und Auswählen geeigneter Methoden zur Prozesskontrolle,
f)
Beurteilen der Auswirkungen von Prozessen auf die Umwelt und Sicherstellen von Umweltschutzmaßnahmen; Auswählen und Einsetzen geeigneter Verfahren.
3.
Im Qualifikationsschwerpunkt "Prozessleittechnik" soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, unter Berücksichtigung naturwissenschaftlich-technischer und mathematischer Gesetzmäßigkeiten mit Hilfe von mess-, steuerungs- und regelungstechnischen Einrichtungen Prozesse bewerten und optimieren zu können. In diesem Rahmen können folgende Qualifikationsinhalte geprüft werden:
a)
Bewerten und Optimieren des Einsatzes von Messeinrichtungen,
b)
Einsetzen von Steuerungs- und Regelungssystemen zur Prozessoptimierung,
c)
Veranlassen und Organisieren von Maßnahmen zur Behebung von Störungen,
d)
Sicherstellen der Einhaltung von Vorschriften des Arbeits- und Umweltschutzes,
e)
Darstellen von Steuerungs- und Regelungsprozessen.

(7) Kern der schriftlichen Aufgabenstellung in der Situationsaufgabe II ist mit etwa zwei Dritteln der Handlungsbereich "Organisation, Führung und Kommunikation", wobei der Qualifikationsschwerpunkt "Personalführung und -entwicklung" besondere Berücksichtigung finden soll. Qualifikationsschwerpunkte des Handlungsbereiches "Chemische Produktion" sind mit bis zu einem Drittel einzubeziehen. Grundlage des Fachgespräches ist die schriftlich gelöste Aufgabenstellung in der Situationsaufgabe II. Dabei soll unter Einsatz von Präsentationstechniken die Fähigkeit nachgewiesen werden, Arbeitsaufgaben zu analysieren, zu strukturieren und einer begründeten Lösung zuführen zu können. Im Einzelnen kann die Situationsaufgabe II folgende Qualifikationsinhalte aus dem Handlungsbereich "Organisation, Führung und Kommunikation" mit den Schwerpunkten gemäß den folgenden Nummern 1 bis 5 umfassen:

1.
Im Qualifikationsschwerpunkt "Personalführung und -entwicklung" soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, Personal einsetzen, führen, beurteilen und unter Beachtung der Qualifikationsanforderungen des Betriebes geeignete Maßnahmen zur weiteren beruflichen Entwicklung vorschlagen zu können. In diesem Rahmen können folgende Qualifikationsinhalte geprüft werden:
a)
Ermitteln des qualitativen und quantitativen Personalbedarfs,
b)
Auswählen und Einsetzen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen,
c)
Führen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen,
d)
Beurteilen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen nach vorgegebenen Beurteilungssystemen,
e)
Durchführen von Mitarbeitergesprächen und Festlegen von Zielvereinbarungen,
f)
Anfertigen von Stellenbeschreibungen,
g)
Ergreifen von Maßnahmen zur Qualifizierung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
2.
Im Qualifikationsschwerpunkt "Betriebliches Kostenwesen" soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, Kostenverantwortung übernehmen zu können. Dazu gehört, kostenrelevante Einflussfaktoren hinsichtlich der Entstehung von Kosten, der Entwicklung von Kostenstrukturen, der Kalkulation von Kosten sowie der Kostenplanung beurteilen zu können. In diesem Rahmen können folgende Qualifikationsinhalte geprüft werden:
a)
Erkennen und Beurteilen von Zusammenhängen des betrieblichen Rechnungswesens, insbesondere Kostenarten-, Kostenstellen-, Kostenträger- und Prozesskostenrechnung,
b)
Anwenden von Kalkulationsverfahren,
c)
Ermitteln von Zielgrößen, insbesondere Betriebsergebnis, Deckungsbeitrag und Kennzahlen,
d)
Durchführen von Kostenkontrollen,
e)
Einleiten von Maßnahmen zur Kostenbeeinflussung.
3.
Im Qualifikationsschwerpunkt "Verantwortliches Handeln im Betrieb (Responsible Care)" soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, die Vernetzung ökonomischer, ökologischer und sozialer Faktoren berücksichtigen zu können. Dazu gehört, in den Bereichen Arbeits- und Anlagensicherheit sowie Gesundheits- und Umweltschutz im Rahmen gesetzlicher Vorschriften und betrieblicher Vorgaben verantwortlich handeln zu können. In diesem Rahmen können folgende Qualifikationsinhalte geprüft werden:
a)
Überprüfen und Gewährleisten der Arbeits- und Anlagensicherheit sowie des Gesundheits- und Umweltschutzes,
b)
Erkennen von Schwachstellen im Bereich Arbeits- und Anlagensicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz sowie Einleiten vorbeugender Maßnahmen,
c)
Fördern des verantwortlichen Handelns von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Betrieb,
d)
Planen und Durchführen von Unterweisungen zur Arbeits- und Anlagensicherheit sowie zum Gesundheits- und Umweltschutz,
e)
Gewährleisten des Informationsaustausches über sicherheits- und umweltrelevante Vorgänge.
4.
Im Qualifikationsschwerpunkt "Qualitätsmanagement" soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, Methoden und Techniken anwenden zu können, um qualitätsbewusst handeln und das Qualitätsmanagement weiter entwickeln zu können. In diesem Rahmen können folgende Qualifikationsinhalte geprüft werden:
a)
Umsetzen von Kundenforderungen in Qualitätsziele und Qualitätsvorgaben,
b)
Berücksichtigen rechtlicher und betrieblicher Vorgaben und Qualitätsnormen sowie deren Einhaltung im eigenen Verantwortungsbereich sicherstellen,
c)
Beschreiben betrieblicher Prozesse und Vorbereiten von Audits und Zertifizierungen,
d)
Nutzen von Instrumenten des Qualitätsmanagements zur kontinuierlichen Qualitätsverbesserung und Prozessoptimierung.
5.
Im Qualifikationsschwerpunkt "Information und Kommunikation" soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, Methoden und Systeme der Information und Kommunikation im Betrieb anwenden zu können. In diesem Rahmen können folgende Qualifikationsinhalte geprüft werden:
a)
Einsetzen von Planungs- und Steuerungssystemen zur Produktions-, Mengen-, Kapazitäts- und Terminplanung,
b)
Vermitteln von Informationen und Anweisungen der Betriebsleitung,
c)
Durchführen von Unterweisungen und Qualifizierungsmaßnahmen,
d)
Kommunizieren mit Kunden,
e)
Schaffen und Sicherstellen von Rahmenbedingungen für eine effiziente Kommunikation in der Gruppe.

(8) Im Handlungsbereich "Spezialisierungsgebiete" ist in Form einer anwendungsbezogenen schriftlichen Ausarbeitung, die eine oder mehrere Aufgaben umfassen soll, zu prüfen. Dabei soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, diese analysieren, strukturieren und einer begründeten Lösung zuführen zu können. Der Prüfungsteilnehmer oder die Prüfungsteilnehmerin bestimmt einen der nachfolgend genannten Wahlqualifikationsschwerpunkte, in dem geprüft werden soll. In der Ausarbeitung sind alle Qualifikationsinhalte des ausgewählten Schwerpunktes zu berücksichtigen. Im Einzelnen kann die Ausarbeitung folgende Qualifikationsinhalte des Handlungsbereiches "Spezialisierungsgebiete" mit den Schwerpunkten gemäß den folgenden Nummern 1 bis 4 umfassen:

1.
Im Wahlqualifikationsschwerpunkt "Syntheseplanung" soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, chemische Reaktionen optimieren zu können. In diesem Rahmen werden folgende Qualifikationsinhalte geprüft:
a)
Planen von Synthesen,
b)
Beurteilen der Abläufe von elektrochemischen Reaktionen und Mechanismen organischer Reaktionen,
c)
Beurteilen von Möglichkeiten zur Beeinflussung von chemischen Reaktionen,
d)
Beschreiben der Abläufe bei homogener und heterogener Katalyse.
2.
Im Wahlqualifikationsschwerpunkt "Automatisierungs- und Prozessleittechnik" soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, Prozessleitsysteme zur Produktion oder Verarbeitung von Stoffen und Stoffgemischen einsetzen und optimieren zu können. In diesem Rahmen werden folgende Qualifikationsinhalte geprüft:
a)
Mitwirken bei der Auswahl von Steuerungs-, Regelungs- und Prozessleitsystemen,
b)
Sicherstellen der Kommunikation an der Schnittstelle zwischen Verfahrenstechnik und Prozessleittechnik unter Beachtung der Hierarchieebenen des Systems,
c)
Optimieren von Steuerungs-, Regelungs- und Prozessleitsystemen.
3.
Im Wahlqualifikationsschwerpunkt "Technologie" soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, die Entwicklung einer Produktionskette, ausgehend vom Rohstoff bis zum Produkt, darstellen zu können. In diesem Rahmen werden folgende Qualifikationsinhalte geprüft:
a)
Umsetzen vom Labor- in den Produktionsmaßstab (Scale up) und Entwickeln von Lösungsvorschlägen bei Problemen,
b)
Bewerten der Substitution von Roh-, Hilfs-, Betriebs- und Werkstoffen,
c)
Auswählen von geeigneten Verfahrensvorschlägen zum Führen von technologischen Prozessen sowie zur Produktaufarbeitung und -modifikation.
4.
Im Wahlqualifikationsschwerpunkt "Betriebscontrolling" soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, betriebswirtschaftlich handeln zu können. In diesem Rahmen werden folgende Qualifikationsinhalte geprüft:
a)
Darstellen betriebswirtschaftlicher Abläufe anhand von Geschäftsprozessen und Wertschöpfungsketten sowie Entwickeln von Optimierungsvorschlägen,
b)
Nutzen betriebswirtschaftlicher Kennzahlen als Informations- und Steuerungsinstrument, insbesondere unter Beachtung von produktionswirtschaftlichen, personalwirtschaftlichen und logistischen Aspekten,
c)
Ergreifen von Maßnahmen zur Kosten- und Leistungsbeeinflussung.

(9) Ist in der schriftlichen Situationsaufgabe I gemäß Absatz 6 oder in der schriftlichen Ausarbeitung gemäß Absatz 8 eine mangelhafte Prüfungsleistung erbracht worden, ist eine mündliche Ergänzungsprüfung anzubieten. Bei einer oder mehrerer ungenügender schriftlicher Prüfungsleistungen ist eine Ergänzungsprüfung nicht anzubieten. Die Ergänzungsprüfung soll handlungsspezifisch und integriert durchgeführt werden und nicht länger als 20 Minuten dauern. Die Bewertung der schriftlichen Prüfungsleistung und die der mündlichen Ergänzungsprüfung werden zu einer Bewertung der Prüfungsleistung zusammengefasst. Dabei wird die Bewertung der schriftlichen Prüfungsleistung doppelt gewichtet.