Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 08.05.2018


BGH 08.05.2018 - VIII ZR 71/17

Erneuerbare Energien: Verantwortlichkeit des Betreibers einer Photovoltaikanlage für die Erfüllung seiner Meldepflichten gegenüber der Bundesnetzagentur; Aufklärungspflicht des Netzbetreibers; Rückforderungsanspruch des Netzbetreibers gegen den Anlagenbetreiber bei Nichterfüllung der Meldepflicht


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
08.05.2018
Aktenzeichen:
VIII ZR 71/17
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2018:080518BVIIIZR71.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend BGH, 20. März 2018, Az: VIII ZR 71/17, Beschlussvorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 9. März 2017, Az: 16 U 82/16vorgehend LG Lübeck, 10. August 2016, Az: 9 O 239/15
Zitierte Gesetze
§ 17 Abs 2 Nr 1 Buchst a EEG vom 17.08.2012
§ 25 Abs 1 S 1 Nr 1 EEG vom 29.06.2015
§ 35 Abs 4 S 1 EEG vom 17.08.2012
§ 35 Abs 4 S 3 EEG vom 17.08.2012
§ 52 Abs 3 Nr 1 EEG
§ 57 Abs 5 S 1 EEG vom 21.07.2014
§ 57 Abs 5 S 3 EEG vom 21.07.2014
§ 100 Abs 1 Nr 3 Buchst b EEG vom 22.12.2014

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 9. März 2017 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

1

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 20. März 2018 Bezug genommen. Die Ausführungen der Revision im Schriftsatz vom 24. April 2018 geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.

II.

2

1. Ohne Erfolg macht die Revision in ihrer Stellungnahme zum Hinweisbeschluss des Senats geltend, das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts könne jedenfalls insoweit keinen Bestand haben, als darin von einer Verringerung des EEG-Vergütungsanspruchs des Beklagten auf null für die ab dem 1. August 2014 - dem Tag des Inkrafttretens des EEG 2014 - bis zum 31. Dezember 2014 vorgenommenen Stromeinspeisungen ausgegangen worden ist. Für diesen Zeitraum sei die Einspeisevergütung des Beklagten allenfalls gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 1 EEG 2017 um 20 Prozent zu kürzen. Der Senat habe in seinem Urteil vom 5. Juli 2017 (VIII ZR 147/16, NVwZ-RR 2017, 822 Rn. 38 ff.; bestätigt durch Senatsbeschlüsse vom 19. September 2017 - VIII ZR 232/16, juris Rn. 8, und VIII ZR 281/16, RdE 2018, 75 Rn. 7) zu Unrecht angenommen, dass die in § 52 Abs. 3 Nr. 1 EEG 2017 vorgesehene mildere Sanktion für einen Meldepflichtverstoß des Anlagenbetreibers auf ältere Bestandsanlagen, die- wie die Anlage des Beklagten - im Zeitraum nach dem 31. Dezember 2011 bis zum Inkrafttreten des EEG 2014 am 1. August 2014 in Betrieb genommen worden seien, gemäß der besonderen Übergangsvorschrift des § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EEG 2017 nicht anzuwenden sei, sondern dass es insoweit bei der Verringerung des Vergütungsanspruchs auf null gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EEG 2014 bleibe.

3

Die Revision meint, diese Beurteilung stehe mit der Bestimmung des § 100 Abs. 2 Satz 2 EEG 2017 nicht im Einklang, wonach § 100 Abs. 1 Satz 2 bis 8 auch auf Anlagen nach § 100 Abs. 2 Satz 1 EEG 2017 anzuwenden sei. Durch § 100 Abs. 2 Satz 2 EEG 2017 würden ausdrücklich auch ältere Bestandsanlagen - wie diejenige des Beklagten - in den Schutzbereich der für jüngere Bestandsanlagen geltenden Übergangsbestimmungen einbezogen. Dabei stellt die Revision, ohne dies allerdings näher auszuführen, offenbar insbesondere auf die in § 100 Abs. 2 Satz 2 EEG 2017 (unter anderem) enthaltene Verweisung auf die Vorschrift des § 100 Abs. 1 Satz 5 EEG 2017 ab, wonach die oben genannte Bestimmung des § 52 Abs. 3 EEG 2017 nur für Zahlungen für Strom anzuwenden ist, der nach dem 31. Juli 2014 eingespeist wird, und bis zu diesem Zeitpunkt die entsprechende Bestimmung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in der am 31. Juli 2014 geltenden Fassung (EEG 2012) anzuwenden ist.

4

2. Dieses Vorbringen der Revision ist weder geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der oben genannten Rechtsprechung des Senats zu begründen noch ergibt sich hieraus ein Revisionszulassungsgrund. Auch an der fehlenden Erfolgsaussicht der Revision ändert sich nichts.

5

a) Der Senat hat sich in seinem Urteil vom 5. Juli 2017 (VIII ZR 147/16, aaO Rn. 38-47) ausführlich mit der - von der Revision erneut aufgeworfenen - Frage befasst, ob die oben genannte Vorschrift des § 52 Abs. 3 Nr. 1 EEG 2017 auch auf ältere Bestandsanlagen, die - wie die Anlage des Beklagten - im Zeitraum nach dem 31. Dezember 2011 bis zum Inkrafttreten des EEG 2014 am 1. August 2014 in Betrieb genommen worden sind, Anwendung findet. Hierbei hat der Senat die für diese Fallgestaltung in Betracht kommenden Übergangsvorschriften des § 100 Abs. 1 und 2 EEG 2017 umfassend - einschließlich des von der Revision angeführten § 100 Abs. 2 Satz 2 EEG 2017 - geprüft.

6

Er ist - in Übereinstimmung mit der von der Revisionserwiderung im dortigen Verfahren vertretenen Auffassung - zu der Beurteilung gelangt, dass § 100 Abs. 1 Satz 5 EEG 2017 weder unmittelbar noch im Wege der in § 100 Abs. 2 Satz 2 EEG 2017 enthaltenen (allgemeinen) Verweisung zur Anwendung kommt, weil der Gesetzgeber in § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EEG 2017 für die oben genannten älteren Bestandsanlagen eine besondere, gegenüber den vorbezeichneten Bestimmungen speziellere Übergangsvorschrift geschaffen hat, wonach für diese Anlagen weiterhin die schärfere Sanktion des EEG 2014 anzuwenden ist, solange der Anlagenbetreiber seiner fortbestehenden, bereits aus dem EEG 2012 erwachsenen Meldepflicht gegenüber der Bundesnetzagentur nicht nachgekommen ist (siehe hierzu Senatsurteil vom 5. Juli 2017 - VIII ZR 147/16, aaO Rn. 45 ff.). Diese Auffassung hat der Senat in seinen Beschlüssen vom 19. September 2017 (VIII ZR 232/16, aaO, und VIII ZR 281/16, aaO) bestätigt. Er hält an ihr auch nach nochmaliger Überprüfung fest.

7

b) Vergeblich beruft sich die Revision zur Unterstützung der von ihr vertretenen Auffassung auf vereinzelte Stimmen in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der Literatur (AG Ratzeburg, Urteil vom 8. Dezember 2017 - 17 C 733/16, n.v., abrufbar unter https://www.clearingstelle-eeg-kwkg.de/files/AG_Ratzeburg_171208_17_C_733-15.pdf; Vieweg-Puschmann, ZNER 2018, 40; vgl. auch die von der Revision nicht angeführte Kommentierung von Hennig/Ekardt in Frenz/Müggenborg/Cosack/Henning/Schomerus, EEG, 5. Aufl., § 52 Rn. 21, 63). Vereinzelte kritische Stimmen, denen - wie hier keine neuen, maßgeblichen Argumente zu entnehmen sind, geben keine Veranlassung, einen Revisionszulassungsgrund zum Zwecke einer nochmaligen Befassung des Senats mit der von ihm bereits entschiedenen Rechtsfrage anzunehmen (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 25. September 2007 - VI ZB 22/07, NJW-RR 2008, 374 Rn. 9; vom 8. Februar 2010 - II ZR 156/09, NJW-RR 2010, 978 Rn. 3; vom 18. Februar 2010 - IX ZR 61/09, NJW-RR 2010, 860 Rn. 3; vom 18. Oktober 2012 - IX ZR 71/11, juris Rn. 2; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 15. Aufl., § 543 Rn. 5a).

8

c) Ebenfalls ohne Erfolg beruft sich die Revision auf Ausführungen zu § 100 Abs. 2 Satz 2 EEG 2017, die in der Begründung des Entwurfs des - nach dem EEG 2017 in Kraft getretenen - Gesetzes zur Förderung von Mieterstrom und zur Änderung weiterer Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2532) enthalten sind. Der Gesetzgeber hat im Rahmen dieses Gesetzes auch zwei redaktionelle Änderungen des § 100 EEG 2017 vorgenommen und dieser Vorschrift die neuen Absätze 7 bis 9 angefügt. Diese Änderungen betreffen zwar nicht die hier in Rede stehenden Übergangsbestimmungen des § 100 EEG 2017. Die Begründung des vorgenannten Gesetzentwurfs enthält allerdings in diesem Zusammenhang, worauf die Revision insoweit zutreffend hinweist, auch folgende allgemeine Ausführungen zu § 100 Abs. 2 Satz 2 EEG 2017 (BT-Drucks. 18/12355, S. 24):

"Auch die Änderung in § 100 Absatz 2 Satz 2 EEG 2017 berichtigt ein redaktionelles Versehen. Im dort in Bezug genommenen § 100 Absatz 1 EEG 2017 wurden im letzten Gesetzgebungsverfahren kurzfristig zwei Sätze hinzugefügt, dies wird in dem Verweis nun nachgezogen, so dass er sich vollständig auf die Sätze 2 bis 8 erstreckt.

Wie schon bisher verweist § 100 Absatz 2 Satz 2 EEG 2017 auf § 100 Absatz 1 Satz 5 und 6 EEG 2017. Damit wird die mit dem EEG 2017 neu geregelte Rechtsfolge für den Fall der Nichtregistrierung auch auf Zahlungen für sämtlichen Strom, der nach dem 31. Juli 2014 eingespeist wurde, angewandt (mit Ausnahme der in § 100 Absatz 1 Satz 6 geregelten Fälle[n]). Unerheblich ist dabei, wann die Anlage, in der der Strom erzeugt wurde, in Betrieb ging und welchen Meldepflichten (z. B. denen des EEG 2012 oder des EEG 2014) sie damit unterlag oder unterliegt. Diese Meldepflichten bestehen weiter, Verstöße dagegen ziehen aber nur für Einspeisungen bis zum 31. Juli 2014 die Rechtsfolgen nach den früheren Bestimmungen nach sich."

9

Diese Ausführungen weisen zwar - bei isolierter Betrachtung - in die Richtung der von der Revision vertretenen Auslegung des § 100 Abs. 2 Satz 2 EEG 2017. Sie vermögen jedoch aus mehreren Gründen die Richtigkeit der vom Senat in seinem Urteil vom 5. Juli 2017 (VIII ZR 147/16, aaO Rn. 38 ff.) vorgenommenen und in den Beschlüssen vom 19. September 2017 (VIII ZR 232/16, aaO, und VIII ZR 281/16, aaO) bestätigten Auslegung der Übergangsvorschriften des § 100 EEG 2017, namentlich des § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b und Satz 2 sowie des § 100 Abs. 1 Satz 5 EEG 2017, nicht in Zweifel zu ziehen.

10

Die Revision verkennt bei ihrer gegenteiligen Sichtweise bereits im Ausgangspunkt, dass es sich um Ausführungen des Gesetzgebers in der Begründung eines gegenüber dem EEG 2017 späteren Gesetzes handelt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und auch des Senats sind einer nachträglichen verbindlichen Auslegung eines Gesetzes durch den Gesetzgeber Grenzen gezogen, weil hierzu letztlich in aller Regel die rechtsprechende Gewalt berufen ist (vgl. nur Senatsurteile vom 4. November 2015 - VIII ZR 244/14, NVwZ-RR 2016, 172 Rn. 26; vom 6. Mai 2015 - VIII ZR 56/14, BGHZ 205, 228 Rn. 21; vom 4. März 2015 - VIII ZR 110/14, WM 2015, 1344 Rn. 41; vom 19. November 2014 - VIII ZR 79/14, NJW 2015, 873 Rn. 37; BVerfGE 126, 369, 392; 135, 1, 15; jeweils mwN).

11

Hinzu kommt, dass der vorstehend genannten Passage der Begründung des Gesetzentwurfs nicht zu entnehmen ist, vor dem Hintergrund welcher Überlegungen sich der Gesetzgeber - anders als bei Erlass des EEG 2017 nunmehr zu diesen Ausführungen zum Inhalt und zur Reichweite der Verweisung in § 100 Abs. 2 Satz 2 EEG 2017 veranlasst sah. Vor allem aber ist nicht zu erkennen, wie die seitens des Gesetzgebers nunmehr geäußerte Auslegung dieser Vorschrift mit dem - unter Zugrundelegung dieser Auslegung gegenteiligen - Inhalt der speziellen, eigens für Fallgestaltungen wie hier geschaffenen Übergangsvorschrift des § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EEG 2017 und mit den im Urteil des Senats vom 5. Juli 2017 (VIII ZR 147/16, aaO) im Einzelnen dargestellten Ausführungen der Gesetzesbegründung des EEG 2017 in Einklang zu bringen sein sollte.

12

Die von der Revision vertretene und in der Begründung des vorgenannten Gesetzentwurfs anklingende Auslegung hätte - was auch die von der Revision angeführten oben (unter II 2 b) genannten kritischen Stimmen außer Betracht lassen - zur Folge, dass die Übergangsvorschrift des § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EEG 2017 dann nicht nur in einem unauflöslichen Widerspruch zu § 100 Abs. 2 Satz 2 EEG 2017 stünde, sondern inhaltlich bedeutungslos und damit überflüssig wäre (dies einräumend auch Hennig/Ekardt in Frenz/Müggenborg/Cosack/Henning/Schomerus, aaO Rn. 63). Dies wiederum widerspräche der Gesetzessystematik und stünde auch nicht im Einklang mit dem aus dem Wortlaut und den Gesetzesmaterialien des EEG 2017 zu entnehmenden Sinn und Zweck der vorbezeichneten Bestimmungen.

Dr. Milger     

        

Dr. Achilles     

        

Dr. Schneider

        

Dr. Bünger      

        

Kosziol