Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 26.11.2012


BPatG 26.11.2012 - 29 W (pat) 104/11

Markenlöschungsbeschwerdeverfahren – "GARANT" – teilweise fehlende Unterscheidungskraft -


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
26.11.2012
Aktenzeichen:
29 W (pat) 104/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 062 617 (Lö S 5/11)

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, der Richterin Kortge und der Richterin am Landgericht Uhlmann

beschlossen:

1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26. Juli 2011 wird aufgehoben, soweit die Löschung der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen der

Klasse 36:

Finanzanalysen; alle vorgenannten Dienstleistungen nur im Zusammenhang mit Schuh- und Lederfarben, Schuh- und Lederpflegemitteln, orthopädischen Schuhwaren, Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Schuhwaren, Bekleidungsstücken, Sportgeräten und nicht gegenüber privaten Endverbrauchern

angeordnet worden ist.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

GARANT

3

wurde für Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 41, 42 und 45 am 22. Oktober 2009 angemeldet und am 18. Mai 2010 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen.

4

Am 25. Dezember 2010 ist der Löschungsantrag des Beschwerdegegners eingegangen, mit dem er die Löschung der angegriffenen Marke für die in Klasse 36 registrierten Dienstleistungen begehrt hat mit der Begründung, dass die angegriffene Marke eine glatt beschreibende Angabe darstelle, die zur Bezeichnung dieser Dienstleistungen üblich geworden sei. Versicherungs- und Finanzdienstleister seien Garanten dafür, dass eine Versicherung im Schadensfall bestehe bzw. die Finanzierung übernommen werde. Ferner verwendeten sieben Unternehmen aus dem Versicherungsdienstleistungsbereich den Begriff „Garant“ als Bestandteil ihres Unternehmenskennzeichens. Der Begriff sei aber auch in Bezeichnungen für Versicherungstarife zu finden.

5

Nachdem die Markeninhaberin am 8. Februar 2011 die Dienstleistungsklasse 36 durch teilweisen Verzicht beschränkt hat, ist die angegriffene Marke in Klasse 36 nur noch für folgende Dienstleistungen eingetragen:

6

„Finanzierung von Wareneinkäufen, Gewährung von Betriebsmittelkrediten und Geschäfts-Darlehen; Finanzierungsberatung; Kreditvermittlung und Vermittlung von Versicherungen; Finanzanalysen; Betrieb von EC-Cash-Terminals, nämlich Abwicklung von Geldgeschäften mit EC- und Kreditkarten; alle vorgenannten Dienstleistungen nur im Zusammenhang mit Schuh- und Lederfarben, Schuh- und Lederpflegemitteln, orthopädischen Schuhwaren, Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Schuhwaren, Bekleidungsstücken, Sportgeräten und nicht gegenüber privaten Endverbrauchern“.

7

Die Beschwerdeführerin hat dem ihr am 27. Januar 2011 zugestellten Teillöschungsantrag, der vom Beschwerdegegner auch nach der Beschränkung aufrechterhalten wurde, mit einem am 10. Februar 2011 beim DPMA eingegangenen Schriftsatz widersprochen und die Auffassung vertreten, der Begriff „GARANT“ sei nur im Strafrecht im Zusammenhang mit der sogenannten „Garantenpflicht“ bekannt. Eine Person, die eine Garantie gebe, werde als Garantiegeber bezeichnet. Der Begriff „Garant“ sei veraltet und mehrdeutig.

8

Die Markenabteilung hat mit Beschluss vom 26. Juli 2011 die angegriffene Marke für die Dienstleistungen der Klasse 36 wegen Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gelöscht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Wort „GARANT“ sei seit Jahren ein Fachbegriff im Finanzbereich. Es bezeichne eine Person oder ein Unternehmen, die sich im Rahmen eines Garantievertrages verpflichteten, als Dritte für einen bestimmten Erfolg einzustehen. Das Wort „GARANT" sei insoweit weder sprachunüblich noch veraltet. Bei den Finanzierungsdienstleistungen „Finanzierung von Wareneinkäufen, Gewährung von Betriebsmittelkrediten und Geschäfts-Darlehen" bringe das Kennzeichen zum Ausdruck, dass diese (nur) unter Beteiligung eines Garanten als Sicherheitsgeber erbracht oder angeboten würden. Für die Dienstleistungen „Finanzierungsberatung; Kreditvermittlung und Vermittlung von Versicherungen; Finanzanalysen" eigne sich das Wort „GARANT“ als Schwerpunkt- oder Zielgruppenangabe. Sie könnten entweder unter Beteiligung eines Garanten erbracht werden oder sich an Personen richten, die Interesse daran hätten, als Garant zu fungieren. In Bezug auf die Dienstleistung „Betrieb von EC-Cash-Terminals, nämlich Abwicklung von Geldgeschäften mit EC- und Kreditkarten“ beschreibe das Zeichen, dass diese Dienstleistungen durch einen Garanten besonders abgesichert seien.

9

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, mit der sie beantragt,

10

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26. Juli 2011 aufzuheben.

11

Der Beschwerdegegner beantragt,

12

die Beschwerde zurückzuweisen.

13

Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, der Begriff „Garant“ sei für die Dienstleistungen „Erbringung von Sicherheiten“ unmittelbar beschreibend, aber nicht für die hier streitgegenständliche Vergabe von Krediten. Die notwendigen Sicherheiten für einen Kredit seien nicht vom Kreditgeber, sondern vom Kreditnehmer zu erbringen. Zielgruppe der Kredite seien nicht Garanten, sondern potentielle Kreditnehmer. Auch könne eine Finanzierungsberatung oder eine Finanzanalyse nicht unter dem Aspekt der Beteiligung eines Garanten erbracht werden. Bei dem „Betrieb von EC-Cash-Terminals, nämlich Abwicklung von Geldgeschäften mit EC- und Kreditkarten“ sei fraglich, inwiefern ein Bürge oder Garant daran sinnvoll beteiligt werden könne.

14

Der Beschwerdegegner verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertritt die Auffassung, dass zumindest von einem engen beschreibenden Bezug des Begriffs „GARANT“ zu den hier in Rede stehenden Dienstleistungen auszugehen sei.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

16

Die zulässige Beschwerde ist nur in geringfügigem Maße begründet.

17

Der Eintragung der angegriffenen Marke stand und steht in Bezug auf die in Klasse 36 registrierten Dienstleistungen „Finanzierung von Wareneinkäufen, Gewährung von Betriebsmittelkrediten und Geschäfts-Darlehen; Finanzierungsberatung; Kreditvermittlung und Vermittlung von Versicherungen; Betrieb von EC-Cash-Terminals, nämlich Abwicklung von Geldgeschäften mit EC- und Kreditkarten; alle vorgenannten Dienstleistungen nur im Zusammenhang mit Schuh- und Lederfarben, Schuh- und Lederpflegemitteln, orthopädischen Schuhwaren, Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Schuhwaren, Bekleidungsstücken, Sportgeräten und nicht gegenüber privaten Endverbrauchern“ sowohl zum Zeitpunkt der Eintragung als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle die angegriffene Marke insoweit zu Recht zurückgewiesen hat.

18

In Bezug auf die Dienstleistungen „Finanzanalysen; alle vorgenannten Dienstleistungen nur im Zusammenhang mit Schuh- und Lederfarben, Schuh- und Lederpflegemitteln, orthopädischen Schuhwaren, Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Schuhwaren, Bekleidungsstücken, Sportgeräten und nicht gegenüber privaten Endverbrauchern“ lagen weder zum Zeitpunkt der Eintragung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung Schutzhindernisse vor, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG oder das der Freihaltebedürftigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

19

1.Nach § 50 Abs. 1 MarkenG ist eine Marke zu löschen, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 MarkenG eingetragen worden ist. Im Falle eines Eintragungshindernisses nach § 3, 7 oder 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 MarkenG muss dieses noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde fortbestehen (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Ferner kann bei einem Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 MarkenG eine Löschung nur erfolgen, wenn der Löschungsantrag, der von jedermann gestellt werden kann (§ 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG), innerhalb von 10 Jahren seit dem Tag der Eintragung gestellt worden ist (§ 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).

20

a)Der am 25. Dezember 2010 beim DPMA eingegangene Teillöschungsantrag ist innerhalb der seit dem 18. Mai 2010 laufenden Zehnjahresfrist gestellt worden.

21

b)Die Antragsgegnerin hat dem ihr am 27. Januar 2011 zugestellten Teillöschungsantrag fristgerecht mit einem am 10. Februar 2011 beim DPMA eingegangenen Schriftsatz widersprochen.

2.

22

Die Wortmarke „GARANT“ ist für die Dienstleistungen „Finanzierung von Wareneinkäufen, Gewährung von Betriebsmittelkrediten und Geschäfts-Darlehen; Finanzierungsberatung; Kreditvermittlung und Vermittlung von Versicherungen; Betrieb von EC-Cash-Terminals, nämlich Abwicklung von Geldgeschäften mit EC- und Kreditkarten; alle vorgenannten Dienstleistungen nur im Zusammenhang mit Schuh- und Lederfarben, Schuh- und Lederpflegemitteln, orthopädischen Schuhwaren, Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Schuhwaren, Bekleidungsstücken, Sportgeräten und nicht gegenüber privaten Endverbrauchern“ zwar keine unmittelbare Sachangabe. Das Markenwort steht aber in einem derart engen Bezug zu den vorgenannten Dienstleistungen, dass es sich insoweit nicht als betrieblicher Herkunftshinweis eignet.

a)

23

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; 935 Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; a. a. O. Rdnr.  66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World; a. a. O. – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard;). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH MarkenR 2012, 19 Rdnr. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rdnr. 10 – TOOOR!; a. a. O. – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 - STREETBALL; 778, 779 Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 - My World; a. a. O. – FUSSBALL WM 2006).

24

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; BGH a. a. O. – Die Vision; 825, 826 Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

25

Ausgehend hiervon haben Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard; a. a. O. 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten –Schlechte Zeiten).

26

Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit nicht als betrieblicher Herkunftshinweis eignen, weil sie wegen der funktionellen Nähe vom Publikum nur als Sachangabe (BPatG 29 W (pat) 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 13 f. – print24) oder als beschreibende Angabe wahrgenommen werden (BGH a. a. O. 1102 Rdnr. 23 – TOOOR!; a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Dabei gilt, dass je bekannter der beschreibende Begriffsgehalt für die Ware oder Dienstleistung ist, desto eher wird er auch nur als solcher erfasst, wenn er im Zusammenhang mit der Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung in Erscheinung tritt (BGH a. a. O. 855, 856 Rdnr. 29 - FUSSBALL WM 2006; BPatG GRUR 2007, 58, 60 – BuchPartner).

b)

27

Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt die Wortmarke GARANT für die Dienstleistungen „Finanzierung von Wareneinkäufen, Gewährung von Betriebsmittelkrediten und Geschäfts-Darlehen; Finanzierungsberatung; Kreditvermittlung und Vermittlung von Versicherungen; Betrieb von EC-Cash-Terminals, nämlich Abwicklung von Geldgeschäften mit EC- und Kreditkarten; alle vorgenannten Dienstleistungen nur im Zusammenhang mit Schuh- und Lederfarben, Schuh- und Lederpflegemitteln, orthopädischen Schuhwaren, Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Schuhwaren, Bekleidungsstücken, Sportgeräten und nicht gegenüber privaten Endverbrauchern“ nicht.

aa)

28

Zu den maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen zählen hier nur Unternehmer und Händler, also der Fachverkehr.

bb)

29

Ein „Garant“ ist eine Person, Institution o. Ä., die (durch ihr Ansehen) Gewähr für die Sicherung, Erhaltung o. Ä. von etwas bietet (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]; Duden – Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. 2007 [CD-ROM]). Garant ist auch eine Person, der gemäß Strafrecht eine Garantenpflicht zukommt, aber auch eine Bank/Versicherung, die für einen Kunden (Auftraggeber) eine Garantie gegenüber einem Begünstigten abgibt. Ferner wird mit „Garant“ auch ein Lastkraftwagentyp aus der ehemaligen DDR und eine Rebsorte bezeichnet (http://de.wikipedia.org/wiki/Garant).

cc)

30

Im Zusammenhang mit den vorgenannten Dienstleistungen ist „Garant“ die Bezeichnung eines Garantie- bzw. Sicherheitsgebers. Die Garantie gehört zu den bürgschaftsähnlichen Kreditsicherheiten. Bei einer Garantie beauftragt eine natürliche oder juristische Person, die aus einem Rechtsgeschäft eine Verpflichtung zu erfüllen hat (Auftraggeber), eine dritte Partei (Garant), eine Garantie zugunsten eines Dritten (Begünstigter) auszustellen.

dd)

31

Die Aussagekraft des Begriffs „Garant“ in Alleinstellung ist in der Regel gering. Er wird sprachüblich stets mit einem Zusatz verwendet, aus dem sich ergibt, wofür garantiert werden soll („Garant für ...“). Ohne einen solchen Zusatz bleibt offen, auf welches konkrete Merkmal oder auf welche konkrete Eigenschaft der mit „Garant“ bezeichneten Ware oder Dienstleistung sich der Hinweis beziehen soll. Der fehlende konkret-inhaltliche Bezug darf auch nicht hinzugedacht werden. Solche Ergänzungen verändern das Zeichen, das ausschließlich in seiner eingetragenen Gesamtheit Gegenstand der Prüfung ist (vgl. BGH GRUR 2011, 65, 66 Rdnr. 10 - Buchstabe T mit Strich). Aus diesem Grund ist das Wort in Alleinstellung als Angabe hinsichtlich der Art, der Beschaffenheit oder Bestimmung von Waren oder Dienstleistungen grundsätzlich ungeeignet und dementsprechend auch ungebräuchlich (BPatG 32 W (pat) 138/96 – GARANT; BPatG 26 W (pat) 28/96 – GARANT).

ee)

32

Allerdings stellt das Substantiv „Garant“ im hier betroffenen Finanzbereich einen gängigen Fachbegriff dar (vgl. Anlagen zum angefochtenen Beschluss, Bl. S49 – S63 VA). Als so bezeichnete Garanten „treten vor allem Banken in Erscheinung, und zwar durch Übernahme von Garantien und Bürgschaften, durch Eröffnung oder Bestätigung von Akkreditiven etc. Außerdem übernehmen die Kreditversicherungsgesellschaften im Rahmen ihrer Kautionsversicherung Avale (Bürgschaften, Garantien und Bonds). Im Einzelfall sind es neben den Banken und den Spezialversicherern auch Industrie- und Handelsunternehmen, die z.B. für ihre Tochter- oder Schwestergesellschaften Garantien und Ähnliches stellen“ (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/garanten.html).

33

aaa)

34

Ein in der Finanzbranche als Garant bezeichneter Garantie- bzw. Sicherheitsgeber spielt im Rahmen von Finanzierungen, Kreditvergaben, Finanzierungsberatung sowie Kredit- und Versicherungsvermittlung eine ganz erhebliche Rolle, weil bei fast jeder Kreditvergabe Sicherheiten gestellt werden müssen, mit denen die Rückzahlung von Darlehen garantiert wird. Insoweit ist Gegenstand einer Finanzierungsberatung auch, welche Sicherheiten bzw. welche Sicherheitsgeber, also Garanten, gewählt werden sollen. Ferner gibt es Bürgschaftsversicherungen, bei denen eine Versicherungsgesellschaft als Bürge gegenüber einem Gläubiger eines Dritten, des Hauptschuldners, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten, der Hauptschuld, einsteht. Die Frage der Sicherheiten und des Garanten steht hier derart stark im Vordergrund, dass das angesprochene Fachpublikum in der Wortmarke „GARANT“ im Zusammenhang mit den vorgenannten Finanzdienstleistungen keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen, sondern es, weil in einem engen Sachbezug zu ihnen stehend, nur als Fachbegriff wahrnehmen wird.

35

bbb)

36

Auch zur Dienstleistung „Betrieb von EC-Cash-Terminals, nämlich Abwicklung von Geldgeschäften mit EC- und Kreditkarten“ stellt die Wortmarke „GARANT“ gegenüber dem angesprochenen Fachverkehr einen derartigen, engen Sachbezug her.

37

EC ist die Abkürzung für „electronic cash“. Damit wird ein deutsches Zahlungsverfahren bezeichnet, „bei dem der Käufer den Kaufpreis mittels Bankkundenkarte und Eingabe der persönlichen Identifikationsnummer (PIN) am Point of Sale (POS)-Terminal bezahlt. Die positive Onlineautorisierung durch die Autorisierungszentrale, welche die Prüfung der PIN, der Echtheit der Karte, einer eventuellen Sperre und der Deckung umfasst, garantiert dem Händler die unbedingte Zahlung. Die endgültige Belastung erfolgt im Interbank-Clearing zwischen Händlerbank und kartenausgebender Bank“ (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/electronic-cash.html). Die dem Händler gegenüber abgegebene Zahlungsgarantie, die von einem Garanten, regelmäßig einer Bank, abgegeben wird, steht hier sogar im Mittelpunkt des electronic cash-Verfahrens. Das Gleiche gilt für Kreditkarten, weil es sich bei ihnen ebenfalls um Zahlungskarten handelt, „die zur Bargeldbeschaffung an Geldausgabeautomaten und zur bargeldlosen Zahlung eingesetzt“ werden. „Das die Kreditkarte akzeptierende Vertragsunternehmen erhält den Betrag vom Kreditkartenunternehmen unter Abzug eines Disagios. Das Kreditkartenunternehmen belastet den Karteninhaber mit der Summe aller Transaktionsbeträge (Sammelaufstellung) einer Abrechnungsperiode (vielfach ein Monat)“ (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/kreditkarte.html). Das Kreditkartenunternehmen tritt also dem akzeptierenden Vertragsunternehmen gegenüber als Garant auf.

c)

38

Da es bereits an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob der angemeldeten Bezeichnung insoweit auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an seiner freien Verwendbarkeit entgegen steht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

3.

39

Anders ist die Situation bei den Dienstleistungen „Finanzanalysen; alle vorgenannten Dienstleistungen nur im Zusammenhang mit Schuh- und Lederfarben, Schuh- und Lederpflegemitteln, orthopädischen Schuhwaren, Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Schuhwaren, Bekleidungsstücken, Sportgeräten und nicht gegenüber privaten Endverbrauchern“.

a)

40

Die Finanzanalyse ist eine „Untersuchung zur Gewinnung von Aussagen über die wirtschaftliche Lage, besonders im Hinblick auf künftige Erfolgsermittlung und Zahlungsfähigkeit (Liquidität) von Unternehmen“, die „auf Daten der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), des Geschäftsberichts, der Branche und der konjunkturellen Entwicklung“ basiert (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/finanzanalyse.html). Dabei geht es also um eine systematische Aufbereitung von Informationen über die finanzielle Situation (http://de.wikipedia.org/wiki/Finanzanalyse; www.duden.de). Im Rahmen dieser Dienstleistung, die den finanziellen Status quo eines Unternehmens untersucht, wird die Frage eines Sicherheitsgebers, also eines Garanten, wenn überhaupt, nur ganz am Rande thematisiert, so dass ein hinreichend enger sachlicher Bezug zwischen der streitgegenständlichen Marke und der Dienstleistung „Finanzanalyse“ nicht festgestellt werden kann. Eine Sachaussage dahingehend, dass der Anbieter als Garant für die Richtigkeit der Finanzanalyse einsteht, kann dem Markenwort „GARANT“, wie bereits eingehend dargelegt, ohne den entsprechenden Zusatz nach der Präposition „für“ nicht entnommen werden. Der Marke kann daher für „Finanzanalysen“ nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

b)

41

Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der vorgenannten Dienstleistungen kann bei der streitgegenständlichen Wortmarke auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden.

4.

42

Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zuzulassen, weil bisher die grundsätzliche Rechtsfrage noch nicht eindeutig höchstrichterlich geklärt ist, unter welchen Voraussetzungen ein enger beschreibender Bezug (BGH GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2009, 949, 951 Rdnr. 23 – My World; GRUR 2008, 710, 711 Rdnr. 16 – VISAGE) bzw. ein hinreichend enger Bezug (BGH GRUR 2010, 1100, 1102 Rdnr. 23 - TOOOR!) im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG angenommen werden kann. Diese Frage ist auch in der Entscheidung zu My World offen geblieben und in der Entscheidung zu „Starsat“ (BGH, - I ZB 22/11, GRUR 2012, 1143 ff.) fehlen hierzu Ausführungen.